Redding vor Davies und Rea
Polesetter Jonathan Rea hatte mit seiner Kawasaki ausnahmsweise einen schlechten Start. Überraschend war es sein Teamkollege Alex Lowes, der von Startplatz 4 vor Loris Baz (Yamaha) nach dem Erlöschen der roten Ampeln in Führung preschte. Doch nach wenigen Kurven hatte der Weltmeister den anfänglich dritten Scott Redding (Ducati) überholt und bis zur ersten Zieldurchfahrt bereits die Führung vor Lowes übernommen. Doch Letzterer wurde in Runde 3 am Ende der unendlich langen Geraden ein Opfer des höheren Topspeeds des hinter ihm liegenden Scott Redding. Dies war für die Rea Fans bereits ein ungutes Zeichen, da es dem Nord-Iren nicht gelang, den Engländer danach deutlich zu distanzieren. Alex Lowes tat, nachdem er von „Scottie“ überholt wurde, was er bereits im FP2 am Vortag geleistet hatte und flog spektakulär ab. Chaz Davies war der Pilot, der sich im Rennen von Startplatz 9 am weitesten nach vorne arbeiten konnte. Kurz nach einem Fehler des mittlerweile hinter Redding zurückgefallenen Rea konnte er diesen überholen und belegte am Ende hinter seinem Teamkollegen Platz 2.
Yamaha chancenlos
Genauso wie Ausnahmekönner Jonathan Rea hatten die Yamaha Piloten über die Distanz keine Chance gegen die Werks-Ducatis und mussten sich gar noch Michael Ruben Rinaldi auf der privaten Goeleven Panigale V4R MotoGP Replica geschlagen geben. Von Michael van der Mark (Pata Yamaha) konnte man unter diesen Umständen nicht mehr erwarten, mit Platz 4 hielt er den Schaden so weit noch in Grenzen. Sein von diversen voreiligen Journalisten vor Saisonbeginn bereits als WM-Mitfavorit hochstilisierter Teamkollege Toprak Razgatlioglu landete nur auf P5 vor Loris Baz (Ten Kate Yamaha). Der Rückstand der beiden von 18.851 und über 20 Sekunden auf Sieger Redding gibt definitiv zu denken. Im GRT Yamaha Junior Team hielt diesmal Federico Caricasulo mit Platz 9 die Fahnen hoch, während Garret Gerloff in Turn 5 gecrasht war. Der Italiener zeigt seit Portimão einen klaren Aufwärtstrend. Nach dem 1. Rennen in Aragon liegt aber noch der US-Boy mit 22 Punkten und damit 3 Zählern Vorsprung auf ihn in der WM vorne.
Honda bescheiden – BMW im Jammertal
Bei HRC Honda kam mit Leon Haslam auf Rang 10 nur einer der beiden Piloten ins Ziel. Teamkollege Alvaro Bautista hingegen beendete seine Hoffnungen auf Platz 6 liegend in der dreizehnten Runde in Kurve 3 im Kiesbett. Trotz guter Ausgangslage war somit das Top Ten Ergebnis die einzige Ausbeute des Honda Werksteams. Von derartigen Problemen ist BMW noch weiter weg. Nach dem Crash von Tom Sykes in der Superpole startete er nur von P14. Im Rennen fuhr er nach achteinhalb Minuten an die Box, aus die Maus. Die ersten 3 Runden hatte der Engländer noch auf Platz 11 gelegen. Beinahe schon grotesk das Ungeschick von Eugene Laverty, der bereits auf dem Weg zur Startaufstellung gestürzt war. Im Rennen konnte sich der Nord-Ire von Startplatz 18 nur um zwei Ränge verbessern und somit blieb BMW im 1. Lauf in Aragon punktelos.
Ergebnis 1. Rennen Aragon
Das Superpole Race
Redding nahm den Mund zu voll – von Rea deutlich geschlagen
Polesetter Jonathan Rea hatte mit seiner Kawasaki am Vortag ausnahmsweise einen schlechten Start gehabt, was sich im Superpole Race nicht mehr wiederholen sollte. Am Ende hatte Scott Redding vor Chaz Davies (beide Aruba.it Ducati) und dem Nord-Iren gewonnen und nahm danach den Mund etwas zu voll. Beim Interview am Samstag meinte „Scotty“ keck, wieso solle er auch nicht gleich noch weitere 5 Mal beim Doppelwochenende in Aragon gewinnen. Wenig überraschend war es jedoch nach dem Start das Kawasaki Ass, der nur gerade eine Kurve lang nicht an der Spitze lag, bevor er Ernst machte. Anfänglich konnte ihm der Ten Kate Yamaha Pilot Loris Baz als Spitzenreiter bis zur ersten Kurve danach noch folgen. Aber je länger das Rennen dauerte, umso mehr Gegner schnappten sich den Franzosen im Lauf der 10 Runden. Am Ende gewann der Weltmeister überlegen mit 2,635 Sekunden Vorsprung auf den beim Interview diesmal deutlich kleinlauteren Scott Redding.
Yamaha wird „Magic Michael“ noch vermissen
Wir hatten bereits nach dem 1. Rennen am Samstag auf die bescheidene Vorstellung von Pata Yamaha Neuzugang Toprak Razgatlioglu hingewiesen. Der von vielen voreiligen Journalisten und vermeintlichen Experten nach einer guten 2. Saisonhälfte 2019 bereits als kommender Weltmeister gehandelte Türke wurde nur siebter. Umso schmerzlicher wird man den Abgang von „Magic Michael“ van der Mark im nächsten Jahr im Yamaha Werks-Team vermissen. Der Mann aus der Käsestadt Gouda fuhr ein sensationelles Rennen. Mit etwas besserem Topspeed hätte sich der Niederländer sogar Scott Redding geschnappt. Trotzdem kann Michael mit Rang 3 und vor allem seiner Leistung definitiv zufrieden sein. Toprak hingegen muss sich langsam Gedanken machen, wie er wieder auf die Spur findet. Platz 7 ist für den auch laut Rea talentiertesten der unter 30-jährigen WorldSBK Piloten schlicht zu wenig.
Das absolute BMW-Desaster – der 2. Akt in Aragonien
Tom Sykes hatte sich offenbar in Kurve 8 komplett vertan, als er von weit links der Strecke kommend wieder wild und unkontrolliert auf die Ideallinie zurückruderte. Egal unter welchem Druck ein Fahrer steht, aber dafür gibt es in diesem ansonst bereits ausreichend gefährlichen Sport keine Entschuldigung. Der Engländer nahm auf die herannahenden hinter ihm liegenden Fahrer dabei jedenfalls absolut keine Rücksicht. Leandro „Tati“ Mercado (Motocorsa Racing Ducati Panigale V4R) hatte somit keine Chance, dem O-beinigen 35-jährigen Haudegen aus Huddersfield auszuweichen. Es kam zur Kollision, bei welcher sich der Argentinier durch seinen Sturz sichtlich arg wehtat, während Sykes weiterfahren konnte. Ob sein 15. Platz wirklich Bestand haben wird, wagen wir angesichts der Bilder zu bezweifeln. Punkte gibt es im Sprintrennen dafür jedoch sowieso keine. Sein Teamkollege und Pechvogel vom Dienst Eugene Laverty hatte am Vortag schon auf der „Sighting Lap“ einen Sturz zu beklagen, weil seine Bremsen versagten. Der Nord-Ire blieb auch im Superpole Rennen wie im 1. Rennen danach punktelos und muss auf Lauf 2 am Nachmittag hoffen.
Die Top Ten
Alvaro Bautista fuhr wie van der Mark ein schlicht sensationelles Rennen. der HRC Honda Werkspilot schnappte sich nach Startplatz 7 bis ins Ziel gleich mehrere höher gehandelte Gegner. Mit nur eineinhalb Sekunden Rückstand auf Platz 3 gelang dem kleinen Spanier das bisher beste Resultat mit der brandneuen Honda CBR-1000RR-R. Auch Ducati Werkspilot Chaz Davies fuhr ähnlich stark und kämpfte sich wie bereits am Vortag Platz um Platz nach vorne. Auf Rang 3 von Magic Michael fehlten dem Waliser am Ende nur knappe 2 Sekunden. Trotzdem ist er mit P5 zufrieden, wodurch er für Lauf 2 am Nachmittag eine deutlich bessere Startposition damit erkämpfte. Für Alex Lowes (Kawasaki) ist Platz 6 definitiv kein Quell der Freude, doch immerhin blieb der bald 30-jährige aus Lincoln im Gegensatz zum 1. Rennen am Samstag diesmal sitzen. Hinter Razgatlioglu auf P7 komplettierten Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati), Loris Baz auf der drittbesten Yamaha und Leon Haslam (HRC Honda) die Top Ten.
Einige Tops und Flops
Nach seinem Sturz am Vortag ist Garrett Gerloff (GRT Yamaha) mit P13 zumindest wieder ins Ziel gekommen. Zwei Plätze vor ihm sein Teamkollege Federico Caricasulo, der tags zuvor noch 2 Positionen weiter vorne ins Ziel gekommen war. Gerne weiter vorne als auf Rang 12 wäre Xavi Fores (Kawasaki Puccetti Racing) bei seinem Heimrennen platziert gewesen, doch er hat am Nachmittag wie alle andern nochmals eine neue Chance. Nachdem er wie Gerloff am Samstag gestürzt war, schaffte es Maximilian Scheib diesmal mit Platz 14 zumindest in die Top fünfzehn. Im zweiten Lauf am Nachmittag würde dies zumindest für den letzten WM-Punkt reichen. Im SP-Race werden jedoch nur für die ersten 9 Plätze Zähler verteilt. Läster- und Großmaul Marco Melandri hingegen blamiert sich meist Rennen für Rennen. Wie er selbst vor seiner Rückkehr zu Protokoll gegeben hatte, gibt es dafür infolge hervorragendem Team und Material keine Entschuldigung. Seinem Arbeitgeber Barni Ducati nützt dies nach seinem fünft letzten Platz jedoch rein gar nichts, sie hatten sich vom kleinen Italiener deutlich mehr erwartet.
Ergebnis Superpole Race Aragon
Aufgrund seiner hirnlosen Aktion, die definitiv bestraft gehört, haben wir Tom Sykes (BMW) in roter Schrift aufgeführt. Sollte die Race Commission in diesem Fall keine empfindliche Busse aussprechen und den Engländer auf Platz 15 bestätigen, wäre dies ein Skandal. So kurz nach den krassen Fehlentscheidungen der Herren Spencer und Konsorten von Spielberg in der MotoGP hoffen wir jedoch nicht, dass sich die FIM weitere derartige Peinlichkeiten erlaubt.
WM-Stand Motul WorldSBK
Das 2. Rennen am 1. Aragon-Wochenende
Der amtierende Weltmeister stopfte Redding das Maul
Polesetter Jonathan Rea war nach Scott Reddings Sieg am Vortag alles andere als der Favorit für Lauf 2 am Sonntag. Trotz des Triumphs des Kawasaki Piloten im Superpole Race am Morgen hatte auch Eurosport Kommentator Lenz Leberkern sich bereits vor dem 2. Rennen festgelegt: Ducati Ass Scott Redding werde das Motorland Aragon als WM-Leader verlassen. Nach dem Start zog der 5-fache Weltmeister jedoch einmal mehr unwiderstehlich davon und sein aktuell härtester Kontrahent im Kampf um den WM-Titel 2020 hatte deutlich Mühe ihm zu folgen. Noch schlimmer für Redding, er verlor sogar Position um Position und fand sich innert 3 Runden plötzlich nur noch an fünfter Stelle wieder. Dies sah nun weniger nach dem aus, was er noch im Sieger-Interview nach dem 1. Rennen am Vortag rhetorisch von sich gegeben hatte: „Wieso kann ich nicht gleich die nächsten 5 Rennen gewinnen, nachdem heute alles derart prima zusammenpasste..“. Diesmal sollte sich jedoch sein Teamkollege Chaz Davies als der stärkere der beiden Werks-Ducati Piloten erweisen. Ihm und einem Fehler von Rea war es auch zu verdenken, dass der 2. Lauf kurz vor dem Ende noch zu einem Thriller wurde.
Plötzliche Spannung nach einem Fehler des Weltmeisters
Nachdem Rea die erste Runde mit 0,482 Sekunden Vorsprung auf Redding zurückgelegt hatte, waren es nur einen Umlauf später bereits 1,460 auf den zweiten Michael van der Mark (Pata Yamaha). Auf Platz 3 lag zur Überraschung fast aller Beobachter Alvaro Bautista noch vor Scott Redding. Der HRC Honda Pilot sollte diese Position nur kurz abgeben, bevor er sie sich wieder zurückeroberte und diese bis ins Ziel zu verteidigen vermochte. Wie bereits in den Rennen zuvor war Chaz Davies (Aruba.it Ducati) der Fahrer, welcher nach Startplatz 6 am meisten Boden auf den Führenden gutmachen konnte. Innert 4 Runden lag er bereits auf P2 und begann, den Leader auf seiner Kawasaki zu verfolgen. Bis zur fünft letzten Runde lag jedoch immer der Weltmeister mit etwas über einer Sekunde Vorsprung an der Spitze. Doch dann machte Johnny Rea einen seiner wenigen Fehler und verpasste eine Kurve, wodurch er sich nach eigener Aussage im späteren Interview schon beinahe stürzen sah. Davies war nun an ihm dran und konnte sogar in Kurve 1 kurz vorbeigehen. Aber das Kawasaki Ass konterte sofort und konnte sich sogar wieder etwas von Chaz frei fahren. Es wurde zu einem der überzeugendsten Siege des 5-fachen Weltmeisters in seiner Karriere. Und die Moral von der Geschicht: Auch ein Lenz Leberkern kann und darf sich einmal irren.
Packende Kämpfe beim 3. WSBK-Rennen des Wochenendes
Nachdem sich Scott Redding, Michael van der Mark (Pata Yamaha) und Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) auf den Rängen 4 bis 6 etabliert hatten und ungefährdet ihre Runden zogen, ging es dahinter laufend drunter und drüber. Anfänglich konnte der Ten Kate Yamaha Pilot Loris Baz mitmischen, doch der Franzose flog in Kurve 15 ab. Um Platz 7 entbrannte sich ab Runde fünf ein erbitterter Kampf zwischen sechs Fahrern. Am öftesten die Nase vorne hatte dabei Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha). Aber auch Reas Teamkollege Sam Lowes und etwas überraschend Topraks Nachfolger im Puccetti Kawasaki Team, Xavi Fores führten die sechs Kampfhähne zwischendurch an. Erfreulicherweise mischten auch Garrett Gerloff (GRT Yamaha) und Leon Haslam (HRC Honda) in dieser Gruppe herzhaft mit. Der schwächste in diesem Pulk, in welchem es laufend drunter und drüber ging, war erstaunlicherweise Tom Sykes mit seiner BMW S1000-RR. Weiter vorne als auf P10 sah man ihn im 2. Lauf nie.
Wie Haslam Red Bull Media Lügen strafte
Am Ende war es Leon Haslam, der Red Bull Media mit seinem siebten Platz Lügen strafte. Von diesen Besserwissern hatte doch einer noch letztes Jahr ernsthaft behauptet, die Zeit des Engländers als WSBK Spitzenfahrer sei schon lange vorbei. Umgekehrt wurde dort Marco Melandri kürzlich nach ein paar kümmerlichen WM Punkten in den höchsten Tönen gelobt. Doch nun besiegte Leon mit seiner nagelneuen Honda CBR-1000RR-R die von den Red Bullis zu Saisonbeginn bereits vorschnell als WM-Mitfavoriten gehandelten Toprak Razgatlioglu und Alex Lowes nach langem und zähem Kampf gleich beide. US-Boy Gerloff noch vor Fores und Sykes bot erneut eine mehr als erfreuliche Leistung und stellte damit erneut seinen GRT Yamaha Teamkollegen Federico Caricasulo in den Schatten. Dieser wurde hinter Sykes und vor dessen BMW Teamkollegen Eugene Laverty nur dreizehnter. Der letzte WM-Punkt ging an den Chilenen Maximilian Scheib (ORELAC Racing VERDNATURA Kawasaki), von dem wir und sein Team am nächsten Wochenende eine Steigerung erwarten.
Kaum mehr erwähnenswert – die Leistung eines kleinen Italieners
Die Rede ist von einem, der in seiner besten Zeit mit seiner Nummer 33 sogar einmal in der MotoGP durchaus erfolgreich mit dabei gewesen war. Nachdem er 2019 im ersten Rennen von Donington von Jonathan Rea überrundet worden war, hatte er seinen Rücktritt bekannt gegeben. Danach amtete er mehrheitlich als Lästermaul und notorischer Besserwisser in diversen Foren und Medien. Bei Barni Ducati kehrte er überraschend zurück, als diese einen Ersatz für Jordi Torres aufgrund der Corona-Krise suchen mussten. Aufgrund dessen Terminkollision mit einem anderen Vertrag für die spanische Meisterschaft kam vor dem Saison-Neustart in Europa die einvernehmliche Trennung. Sein Ersatzpilot wurde der hochdekorierte kleine Italiener, der an diesem Wochenende allerdings nur lächerliche 2 Punkte errang. Als Marco Melandri acht Runden vor Schluss mit technischen Problemen aufgab, lag er nur auf dem enttäuschenden 14. Rang. Gestartet war er gar nur von P18, er bot in Portugal und Aragonien schlicht nur ein Bild des Jammers.
Ergebnis Lauf 2 Aragon
WM-Stand Motul WorldSBK
Gegenüber dem Vortag gab es nach dem Superpole Race keine Verschiebungen. Nach dem 2. Rennen übernahm hingegen dann wieder der Weltmeister die Führung im Zwischenklassement von Scott Redding und Alvaro Bautista machte zuungunsten von Loris Baz einen Platz gut. Genauso überholte Haslam BMW Pilot Sykes und Garrett Gerloff übernahm P12 von Xavi Fores. Marco Melandri verlor zudem eine Position an Federico Caricasulo. Nach Halbzeit in der verkürzten Corona-Saison sieht es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Johnny Rea und Scotty Redding aus. Natürlich haben aber zumindest die ersten 6 im WM-Zwischenklassement noch reelle Titelchancen.