1988 – das erste Jahr der Superbike Weltmeisterschaft
In den Vereinigten Staaten von Amerika war die Superbike Kategorie schon lange Kult. Dieser Klasse verdankten auch die 200 Meilen von Daytona ihre Wiederbelebung, nachdem die Zeit der Zweitakter ab 1985 durch die Einführung der Superbike Kategorie vorbei war. In der AMA war bereits seit den früheren 1980-er Jahren diese Klasse äußerst populär geworden. Die bekanntesten Fahrer dieser nationalen Meisterschaft waren Freddie Spencer und Eddie Lawson, welche beide danach im Grand Prix Sport für Furore und mehrere Titel sorgen sollten. In Europa gab es bereits Rennen wie die 200 Meilen von Imola, bei welchem sich nach Beerdigung der Formel 750 WM auf Ende der 70-er Jahre ab 1986 die Viertakt-Superbikes auch auf dem alten Kontinent immer beliebter wurden.
Die Einführung der Superbike Weltmeisterschaft
Auf die Saison 1988 zogen die Europäer nach und mit der Superbike WM wurde eine Kategorie ins Leben gerufen, die für seriennahe Bikes bis 750 cm³ mit Vierzylinder Viertakt-Motoren ins Leben gerufen wurde. Dazu waren Zweizylinder-Motoren bis 1000 cm³ zugelassen. 16 Jahre später wurde das Hubraumlimit auf einen Liter auch für 4-Zylinder Motoren angepasst. Dies führte natürlich zu Problemen für die V2-Triebwerke von Ducati und Aprilia mit der berühmten RSV Mille und der RSV 1000R, bei diesem Reglement mitzuhalten. Seit 2008 dürfen daher die Zweizylinder-Motoren bis 1200 cm³ Hubraum haben. KTM stieg aber trotzdem nie werksseitig in die WSBK ein und Ducati kam per 2019 mit der Panigale V4R, womit seither keine V2-Aggregate mehr in der seriennahen Weltmeisterschaft auftauchten.
Der Gründer der WorldSBK
Der US-Amerikanische Ex-Rennfahrer Steve McLaughlin war in Zusammenarbeit mit der FIM der Mann, der diese erfolgreiche Rennserie gegründet hatte und 1988 die Veranstaltungsrechte innehatte. Der aus Santa Ana stammende Kalifornier war 1976 US-Vizemeister in der Superbike Meisterschaft gewesen.
Der fragwürdige Modus zu Beginn und die baldigen Änderungen
Von Beginn an war das Konzept dieser WM, dass jeweils der Gesamtsieger in zwei Läufen eruiert wird. Anfänglich wurden sogar die Resultate noch zusammengezählt, doch nach dem ersten Event setzte sich eine Zählweise pro Lauf durch. Zuerst mit halben Punkten Pro Rennen und ab dem Jahr 1989 erhielt der Sieger 20 Punkte. Platz zwei gab deren 17 und für Rang drei wurden damals 15 Zähler gutgeschrieben. Die restliche Zählweise entsprach dem Prinzip wie heute. Ab 1995 kam die seither unveränderte Methode, wie sie auch seit 1993 in der Motorrad-WM (seit 2002 MotoGP mit Viertakt-Motoren anstelle der 500 cm³ Zweitakter) zum tragen. Seit 2016 gab es zudem ein neues Format mit je einem Rennen am Samstag und dem zweiten am Sonntagnachmittag.
Das Superpole Race – erst ab 2019
Erst im 32. Jahr kam ein Zusatzrennen, in welchem über 10 Runden am Sonntagmorgen halbe Punkte vergeben werden. Beim Superpole Race erhalten allerdings nur für die besten 9 Fahrer WM-Punkte. Diese Reihenfolge bestimmt seither auch die Startaufstellung für das 2. Rennen. Davor mussten die besten 9 Fahrer des ersten Laufs immer in umgekehrter Reihenfolge ihres Zieleinlaufs für das 2. Rennen starten. Eine reichlich fragwürdige Handicap-Formel, welche in der Motorrad-WM und MotoGP so nie zur Anwendung kam und glücklicherweise nach 2018 aufgegeben wurde. Nachfolgend die Statistik der Superpole-Race Sieger der ersten 2 Jahre seit Einführung des Sprintrennens (2019 bis 2020), mit einem klaren und wenig überraschenden Dominator.
Rider | SP-Race | Race | Total |
Jonathan Rea | 11 | 88 | 99 |
Alvaro Bautista | 5 | 11 | 16 |
Toprak Razgatlioglu | 2 | 3 | 5 |
Scott Redding | 1 | 4 | 5 |
Kalender der ersten Superbike Weltmeisterschaft 1988
Bei der Premiere waren es nur 9 Runden und die Wahl der Austragungsorte war dazu recht exotisch. Immerhin drei Rennen fanden in Übersee statt und dazu eines hinter dem „eisernen Vorhang“ vor den Toren der Donaustadt Budapest. Der frühe Termin für den Saisonauftakt von Donington Park war recht optimistisch gewählt, da anfangs April die Temperaturen in England oft weniger optimal sind. Man kann sich auch vorstellen, wie die weiten Reisen nach Japan, Australien und Neuseeland manchen Privatfahrer abgeschreckt haben. In erster Linie war diese WM jedoch auf Wunsch der japanischen Werke eingeführt worden.
Entry List Superbike Donington 1988
Wie man der offiziellen Liste entnehmen kann, waren sowohl sämtliche Fabrikate von Rang und Namen vertreten, wie auch zahlreiche Spitzenfahrer der damaligen Zeit. Joey Dunlop speziell vorzustellen war in den 80-er Jahren genauso wenig notwendig, wie beispielsweise Virginio Ferrari. Sie waren Rennsport-Idole ihrer Zeit, hier sicherheitshalber aber kurz die wichtigsten Erfolge des Italieners:
1978 – Italienischer 500-cm³-Meister auf Suzuki
1978 – Italienischer 750-cm³-Meister auf Yamaha
1979 – 500-cm³-Vize-Weltmeister auf Suzuki
1985 – Italienischer F1-Meister auf Ducati 750 F1
1987 – TT-F1-Weltmeister auf Bimota YB4 R.
Lange Liste bekannter Namen
Weitere Illustre Namen wie Marco Lucchinelli, Davide Tardozzi, Stéphane Mertens, Robert Dunlop, Fabrizio Pirovano und viele weitere zumindest national sehr bekannten Namen zierten die Entry-List von Donington. Dazu mit dem dreifachen AMA-Superbike Meister Fred Merkel, Bubba Shobert und Doug Polen Spitzenfahrer aus den USA. Als Sahnehäubchen traten auch starke Fahrer aus Australien und Neuseeland an, ein Teil davon nur bei den Rennen in ihrer Region, was insbesondere auch für die japanischen Teilnehmer galt.
Zahlreiche Importeure engagierten sich vorbildlich
Die lange Liste der teilnehmenden Teams unterstreicht auch, wie viele nationalen Importeure sich damals im Spitzen-Rennsport engagierten. Heute kommen einem beinahe die Tränen, wenn man dieses breite Engagement genauer unter die Lupe nimmt. Insbesondere auch aus deutscher Sicht war schlicht sensationell, wie breit abgestützt die Vertretung im Vergleich zu heute in dieser Zeit war. Ein Fahrer vom Format eines Markus Reiterberger, Sandro Cortese, Jonas Folger oder Philipp Öttl hätte damals definitiv die Qual der Wahl gehabt.
Der Saisonstart der ersten Superbike Weltmeisterschaft
Auftaktsieger Tardozzi schreibt Geschichte und verpasst trotzdem WM-Punkte
Der erste Lauf zur Superbike Weltmeisterschaft wurde am 3. April 1988 in Donington ausgetragen. Davide Tardozzi gewann dieses Rennen auf Bimota vor Marco Lucchinelli (Ducati) und TT-Legende Joey Dunlop (Honda). Den zweiten Lauf entschied Lucchinelli für sich, während Tardozzi eine Runde vor Schluss stürzte und danach wurden die Runden und Zeiten addiert. Der später als Ducati Teamchef noch wesentlich erfolgreichere damalige Fahrer flog so aus der Wertung, was natürlich völliger Unfug war.
Viele Ausfälle prägten den Serien- und Saisonauftakt in England
Insgesamt sahen ganze 10 Fahrer im ersten Rennen die Zielflagge nicht, deren 6 davon durch Sturz. Dadurch verlor beispielsweise auch der Kanadier Michel Mercier (Suzuki) als zehnter im ersten Lauf aufgrund seines crashes 19 Runden vor Schluss seine WM-Punkte. Genauso dessen Landsmann Rueben McMurter (Yamaha), der nach P13 im 1. Lauf die Zielflagge um einen Umgang verpasst hatte.
Dringend verbessertes Reglement für die zweite Runde
Natürlich konnte ein solch fragwürdiges und ungerechtes Reglement nicht fortgesetzt werden. Daher wertete man bereits ab der zweiten WM-Runde die Läufe einzeln, allerdings im ersten Jahr noch mit halben Punkten. Selbstverständlich war auch dies ziemlicher Unfug, weshalb ab1989 jeder Lauf voll gezählt wurde.
Reglements-Änderungen im Detail:
– Die erste Runde (Donington) wurde in zwei Runden bestritten, was zu einer kumulativen Klassifizierung führte.
Punkteskala: 20, 17, 15, 13, 11, 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1.
– Die französische Veranstaltung wurde wegen eines zu vollen Terminkalenders auf eine einzige Runde reduziert.
Punkteskala: 20, 17, 15, 13, 11, 10, 9,8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1.
– Die anderen Ereignisse, die in zwei Runden ausgetragen werden, führen dazu, dass für jede Runde separate Punkte vergeben werden.
Punkteskala: 10, 8,5, 7,5, 6,5, 5,5, 5,4,5, 4, 3,5, 3, 2,5, 2, 1,5, 1, 0,5.
Die 2. WM-Runde auf dem Hungaroring
Der gesamtzweite von Donington Fred Merkel auf der Honda RC30 teilte sich je einen Laufsieg mit Adrien Morillas auf Kawasaki. Dem Franzosen gehörte dank einem vierten Platz im 1. Rennen auch der Gesamtsieg vor Davide Tardozzi, Stéphane Mertens (beide Bimota) und Merkel. Nachfolgend die ersten 20 des 1. Laufs auf dem Hungaroring.
WM-Runde 3 auf dem Hockenheimring
Kein Glück für den WM-Leader
Fred Merkel reiste als WM-Leader nach Hockenheim, aber der Sonnyboy aus Kalifornien musste sich im 1. Rennen mit P17 begnügen und stürzte im 2. Lauf eine Runde vor Schluss. Dafür schlug die grosse Stunde für Davide Tardozzi auf der Bimota, der von einem der besten Fahrwerke, verbunden mit einem der besten Motoren dieser Zeit pilotierte. Die vordersten Platzierungen waren im 1. Lauf sehr international verteilt. Hinter dem Italiener wurde mit Bouheben ein Franzose zweiter vor dem Portugiesen Vieira auf P3. Vierter wurde der Schweizer Weibel vor dem Engländer Burnett als fünftem und dem Nord-Iren Joey Dunlop, welcher eine der bedeutendsten Legenden der TT wurde.
Die 4. WM-Runde in Österreich
1988 noch unter dem Namen Österreichring und besser als heute
Der Österreichring bei Spielberg war damals eine paradiesische Strecke. Kein Vergleich mit dem eckigen Layout, welches den heutigen Red Bull Ring zu einer der umstrittensten Strecken der MotoGP macht. Mit seit letztem Umbau 2011 drei durch enge Ecken getrennten reinen Vollgas-Etappen und nur gerade einem wirklich interessanten letzten vierten Teil mit flüssigeren Kurven wurde einiges verschlechtert. Die Durchschnittliche Geschwindigkeit lag zwar damals schon bei knapp unter 180 km/h, aber damit immerhin noch etwas unter dem Hockenheimring in jener Zeit.
Italienische Sieger beim österreichischen Rennen
Die beiden Laufsiege teilten sich der ehemalige 500 cm³ Star Marco Lucchinelli (Ducati 851) und Davide Tardozzi auf der Bimota YB4. US-Boy Fred Merkel stürzte in der ersten Runde in Lauf 1 und kam im 2. Rennen nicht über Platz 8 hinaus. Die Verhältnisse waren im zweiten Lauf etwas schwieriger, weil es feucht geworden war und die Strecke nicht ganz trocken war.
Tardozzi mit deutlichem Vorsprung kurz vor Saisonmitte
Der junge Mann aus Ravenna hatte mit seinem bereits dritten Laufsieg der Saison und einem 5. Platz im ersten Lauf seinen Vorsprung in der WM ausgebaut und Lucchinelli lag nun punktgleich mit Pirovano auf Platz 2. Fred Merkel hingegen war nach seiner ursprünglichen WM-Führung nun auf den 4. Zwischenrang abgerutscht. Noch waren aber 5 Events ausstehend und daher waren noch viele Verschiebungen möglich.
Der Abstecher für WM-Runde 5 in Sugo (Japan)
Beim Event im japanischen Sugo setzten sich viele einheimischen Piloten gut in Szene. Die Strecke war feucht, als der erste Lauf gestartet wurde, aber es war am abtrocknen. Durch den Kanadier Gary Goodfellow kam es zum ersten Sieg für eine Suzuki in der neu lancierten WorldSBK im 1. Rennen. Zweiter wurde Fred Merkel auf seiner Honda vor einer weiteren Suzuki des Japaners Oshima, Mertens (Bimota) und einem weiteren Lokalhelden namens Watanabe auf der besten Yamaha.
Der Australier Rob Phillis wurde sechster vor einem jungen Neuseeländer. Sein Name ist Aaron Slight und sein Name sollte noch für viele Jahre oft in den Resultatblätten zu finden sein. Weil Tardozzi und Pirovano gestürzt waren und Lucchinelli hinter den vielen Wildcard-Piloten nur zwölfter wurde, konnte Merkel wieder deutlich an Boden auf die Führenden in der WM gutmachen.
Das zweite Rennen mit einem interessanten Sieger
Ein Australier namens Michael Doohan gewann auf Yamaha den zweiten Lauf. Moment, da war doch was? Richtig, unter dem Vornamen Mick sollte der junge Mann aus Down Under einige Jahre später auf Honda der 500 cm³ Motorrad-Weltmeisterschaft seinen Stempel aufsetzen. Tardozzi blieb diesmal sitzen und wurde hinter dem Japaner Iwahashi und dem Neuseeländer Goodfellow vierter. Auch Pirovano sah die Zielflagge, aber nur auf Rang 10, direkt vor Merkel. Gestürzt war diesmal hingegen Marco Lucchinelli.
Das zweite Halbjahr: http://www.motoracers.eu/wsbk-wie-alles-begann-2/
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