Supersport 300 Aufsteiger gewinnt Abbruch-Rennen nach Wolkenbruch
Drei Sekunden vor 15:16 Uhr am 19. September 2020 erfolgte der Start zum ersten von 2 Rennen der 6. von neun WM-Runden der verkürzten Corona-Saison. Exakt neun Sekunden später durfte Raffaele de Rosa (MV Agusta) aus der Boxengasse ins Rennen gehen. Der Italiener wurde damit für den Abschuss von Jules Cluzel (GMT94 Yamaha) in Aragon bestraft, als er bei einem zu optimistischen Überholversuch selbst zu Sturz kam und den Franzosen dabei mitgerissen hatte. Cluzel fehlte damit als WM-Zweiter infolge doppeltem Unterschenkelbruch und wurde durch Kyle Smith für die Rennen von Barcelona ersetzt. Dieser sollte im 1. WSSP 600 Rennen auf dem Circuito de Catalunya ein abwechslungsreiches Abenteuer erleben.
Der Beginn des Chaos-Rennens von Barcelona
Nach dem Start übernahm Corentin Perolari vor Lucas Mahias, Andrea Locatelli und Phillip Öttl die Führung. Doch bereits am Ende der 1. Runde ging Locatelli an den beiden Franzosen vorbei und ging an die Spitze. Die zwei Gallier gaben jedoch nicht auf und kämpften sich im 2. Umlauf gefolgt vom Deutschen wieder am Italiener vorbei. Während Danny Webb in Kurve 4 weit ging, einen Sturz aber verhindern konnte, crashte der nachfolgende Indonesier Galang Hendra-Pratama in derselben Ecke. Die vier Kampfhähne an der Spitze wechselten sich öfters in der Führung ab. Mit einer besten Runde in 1:45,869 min konnte sich Locatelli ab Runde drei leicht absetzen und führte zwei Umgänge später vor Öttl und Mahias, während Perolari P4 an den jungen Spanier Manuel Gonzalez verlor und von Kyle Smith unter Druck geriet. In der 6. Runde wurde der junge Deutsche wieder von seinem französischen Puccetti Kawasaki Teamkollegen überholt. Locatelli hatte bereits einen Sicherheitsabstand von etwas über 2 Sekunden auf seine Verfolger. Der aus der Boxengasse gestartete Raffaele De Rosa lag mit seiner MV Agusta bereits auf Position 13.
Der Regen setzte ein und sorgte für ein Chaos
In der 7. Runde lag Locatelli bereits 2,7 Sekunden vor den beiden Puccetti Kawasaki Teamkollegen. Nur einen Umlauf später übernahm der als Ersatz von Jules Cluzel von GMT94 Yamaha eingesetzte Kyle Smith Position 4 vor Youngster Gonzalez. Eine Runde später fielen die ersten Regentropfen und der Leader reduzierte seine Geschwindigkeit deutlich, um nicht auf der immer nasser werdenden Piste abzufliegen. Ab dem 10. Umgang ging es drunter und drüber. Nacheinander gingen Lucas Mahias und Kyle Smith am bis dahin führenden Italiener vorbei. Eine Runde später wurde der Regen intensiver und wenig überraschend ging prompt der Engländer bei schon beinahe unfahrbaren Verhältnissen an die Spitze. Während eine Runde davor zahlreiche Fahrer an die Boxen gefahren waren, verpasste der weiter im Rennen verbliebene Philipp Öttl Kurve 1. Als einen Umlauf später die Schleusen am Himmel noch weiter öffneten, waren bis auf Andi Verdoia und Kevin Manfredi bereits sämtliche anderen Piloten zum Reifenwechsel an die Box gefahren. Etwas über 21 Minuten nach dem Start erfolgte der Abbruch durch rote Flaggen.
Resultat 1. Rennen von Barcelona
WM-Stand nach dem ersten Rennen der drittletzten WM-Runde
Das 2. Rennen am Sonntag
Locatelli sichert sich den Titel mit Sieg Nr. 10
Im Vorfeld war bereit klar, dass Andrea Locatelli (Bardahl Evan Bros) sich mit einem Sieg bereits in der drittletzten WM-Runde vorzeitig den Titel sichern konnte. Deshalb fuhr der aus der Moto2 auf diese Saison in die Supersport 600 WM gewechselte Italiener auch voll auf Sieg. Selbst die sich vor allem in der Anfangsphase des Rennens noch stark wehrenden Puccetti Kawasaki Teamkollegen Philipp Öttl und Lucas Mahias konnten ihn am Ende auch nicht davon abhalten. Letztlich gewann Locatelli im elften Rennen der Saison bereits zum zehnten Mal. So eine Dominanz gab es in der Geschichte der WSSP bisher noch nie. Mahias belegte mit knapp über 2 Sekunden Rückstand auf den Sieger Platz 2 vor Öttl, dem bis ins Ziel seinerseits gut zwei Sekunden auf den Franzosen fehlten.
Pech für Patrick Hobelsberger – Sturz von Can Öncü
Kurz nach dem Start touchierte Patrick Hobelsberger (Dynavolt Honda) den mit Problemen an seiner Maschine die Hand hebende Can Öncü auf der Zielgeraden. Der junge Bayer kam dadurch ebenso zu Fall wie der Türke, dessen Kawasaki danach noch führerlos die ganze Zielgerade weiterfuhr. Für beide gestürzten war das Rennen natürlich damit gelaufen. Hobelsberger schrieb damit den zweiten Nuller an diesem Wochenende, während Öncü im ersten Rennen noch mit Platz 12 vier Punkte geholt hatte. Weitere Sturzopfer waren in Kurve 10 der Indonesier Hendra Pratama, sowie Kyle Smith (GBR) und Gutierrez Iglesias (SPA), die beide in Kurve 5 abflogen, nachdem sie sich in die Quere gekommen waren.
Resultat 2. Rennen von Barcelona
Geschichtsträchtiger Moment mit deutscher Beteiligung
Es war ein geschichtsträchtiges Rennen beim zweiten Lauf der Supersport 600 Weltmeisterschaft. Zum ersten Mal seit 1999 diese Kategorie als Weltmeisterschaft ausgetragen wurde, dominierte ein Fahrer von Beginn an derart überlegen wie Andrea Locatelli. Als Nachfolger des amtierenden Weltmeisters Randy Krummenacher und Federico Caricasulo, der nach dem Vize-Titel in die WSBK aufgestiegen war, verteidigte der Italiener für das Bardahl Evan Bros Team den WM-Titel. Die Art und Weise wie er dies tat, erinnerte in vielen Zügen an den 5-fachen Weltmeister Jonathan Rea. Trotz mit Jules Cluzel (GMT94 Yamaha), Lucas Mahias, Philipp Öttl (beide Puccetti Kawasaki), Isaac Viñales (Kallio Yamaha), Raffele der Rosa (MV Agusta) und weiteren starken Kontrahenten ernsthafter Konkurrenz, setzte sich Locatelli von Beginn an souverän durch. Der aus Alzano Lombardo (nordöstlich von Bergamo) stammende Italiener kam wie zahlreiche seiner Vorgänger aus der Moto2. In Barcelona machte er dann drei Runden vor Schluss bereits den Sack zu und sicherte sich vorzeitig den WM-Titel.
Sensationelles Rennen von Philipp Öttl
Der junge Bayer zeigte von Beginn an, dass im zweiten Rennen mit ihm zu rechnen war. Nach der ersten Runde lag Philipp Öttl vor Corentin Perolari (GMT Yamaha), Teamkolleg Lucas Mahias (Kawasaki Puccetti Racing) und Andrea Locatelli in Führung. Doch die anderen Fahrer gaben sich nicht geschlagen und es entbrannte ein harter Kampf und die Spitze, bei welchem Phillip in der achten und neunten Runde erneut als erster über die Ziellinie fuhr. Einen Umlauf später gelang es Locatelli dann zum ersten Mal, die Ziellinie als Leader zu überqueren. Ab nun konnte sich der Italiener leicht absetzen und drei Runden später kam auch Mahias am Deutschen vorbei. Am Ende kreuzte Öttl das Ziel etwas über 4 Sekunden hinter Sieger Locatalli und dem Zweitten Lucas Mahias auf dem hervorragenden dritten Platz. Nach dem Pech durch den Renn-Abbruch infolge Starkregens am Vortag genau die richtige Motivations-Spritze für den Bayern. Weil er einen Deut zu spät in die Box gefahren war, wurde es für ihn im ersten Rennen vom Samstag nur Platz 8.
Das Feedback von Philipp Öttl zum zweiten Rennen am Sonntag
„Es war ein harter Job. Ich habe mich für den superweichen Reifen entschieden, aber zehn Runden vor dem Ziel hatte ich das Gefühl: „OK, er beginnt sich aufzuweichen.“ Dann rutschte ich nur herum, versuchte aber, so viel Grip wie möglich aufzubauen. Es war eine sehr schwere Aufgabe, aber ich bin glücklich. Wir haben auch ein 2-3 mit Kawasaki gemacht und ich denke, ich habe an diesem Wochenende viel gelernt. In den letzten beiden Rennen hatten wir nicht genug Glück, um auf dem Podium zu stehen, aber am Sonntag fühlte es sich wirklich gut an. “