
Runde 3 geprägt von typischem Aprilwetter
Dass die Dorna ihren Sitz in Spanien hat, entschuldigt deren Planungsfehler in der WorldSBK und MotoGP keinesfalls. Wer in Assen wie wir vor Ort war und viel zu oft frierend zuschaute, wie bei den grenzwertigen Bedingungen die Piloten mit Kälte und Nässe oft fast mehr kämpfen mussten, als mit ihren Gegnern, der kann sich über die völlig unsinnige Ansetzung der niederländischen Superbike Weltmeisterschaftsrunde nur wundern. Zum Glück für die mehrheitlich einheimischen Besucher hatten deren Lokalmatadoren trotz übler Verhältnisse für viel Abwechslung und am Ende sogar riesigen Jubel ausgelöst. Im Vorjahr hatte ein böser Sturz von Michael van der Mark im zweiten Rennen nach einem Oberschenkelbruch für eine längere Zwangspause gesorgt. Diesmal sollte es jedoch für den 4-fachen Sieger der 8 Stunden von Suzuka, dem wohl prestigeträchtigsten Rennen in Japan, wesentlich besser laufen. Aber wie so oft war es auch in Assen sein neuer BMW-Teamkollege Razgatlioglu, welcher am Ende der dritten Runde für die Schlagzeilen des Tages in den internationalen Berichterstattungen verantwortlich war.

Das einseitige Sprintrennen zum Auftakt des Sonntags
Nach dem ersten Drittel des achten von 36 für die Saison 2024 geplanten Läufen war wie so oft seit 2022 die Spannung leider bereits verflogen, wenn es um die Frage ging, welches Motorrad am Ende gewinnen würde. Aber für die Konkurrenz von Aruba.it Ducati kam es gar noch frustrierender. Von Startplatz sieben aus war der Teamkollege des nach vier Runden bereits einsam an der Spitze liegenden Nicolo Bulega bis dahin immer noch auf P7 liegend. Der Italiener lag mit fast 2 Sekunden vor seinem nächsten Verfolger Jonathan Rea, als Alvaro Bautista begann, die Vorteile seiner Panigale V4R in Beschleunigung und Top-Speed gnadenlos auszunutzen. Er benötigte nur drei Umgänge, um die vor ihm liegenden Spitzenpiloten auf ihren, mit Ausnahme von Ducati Privatpilot Sam Lowes, gegnerischen Fabrikaten dabei wie Statisten aussehen zu lassen. Nur zwei Runden später überholte der Spanier dazu auch seinen Stallkameraden. Sportlich war das Ganze natürlich eine Farce, als der amtierende Weltmeister dabei Rundenzeiten fuhr, welche am Beispiel der Schlussrunde um über 2 Sekunden schneller waren, als die des viertplatzierten Remy Gardner (Yamaha R1).

Knapp verpasstes erstes Yamaha Podium für Jonathan Rea
Für den Rekordweltmeister war es eine weitere frustrierende Erfahrung, mitansehen zu müssen, wie beide Werks-Ducatis ihr eigenes Rennen fuhren. Wie von uns bereits 2019 vor Ort in BuriRam beobachtet, sah es aus, als würde Aruba.it Ducati Werkspilot Bautista mit MotoGP Maschinen gegen die Konkurrenz auf Superbikes antreten. Noch schlimmer für den Nord-Iren war in Assen wohl, dass er noch zwei Runden vor Schluss immerhin auf Position 3 lag, um am Ende noch von Alex Lowes und Remy Gardner geschnappt zu werden. Doch es sollte für Johnny nachmittags leider noch schlimmer kommen. Werks-Yamaha Kollege Andrea Locatelli kam als sechster zum dritten Mal in Folge hinter dem Rekordweltmeister ins Ziel. Hinter dem Italiener schlug Rookie Sam Lowes (ELF Marc VDS Racing Team Ducati) als bester Privatfahrer völlig überraschend die beiden Werks-BMW von van der Mark und Toprak, die wie alle anderen den SCQ-Reifen fuhren, damit aber überhaupt nicht klarkamen, weil ihr Team beim Setup der Maschinen offensichtlich arg daneben gegriffen hatte.



Türkischer Sensationssieg am Sonntagnachmittag
Dem Ausnahmetalent Toprak war bereits im Vorjahr zu verdanken, dass Bautista auf der MotoGP Replica von Ducati wenigstens ein paar Mal nicht einsam an der Spitze allen anderen uneinholbar davonzog. Der Türke hatte in Assen noch nie gewonnen, während Jonathan Rea auf Honda und Kawasaki hier die WSBK-Rekordzahl von 17 Siegen erreichte. Auf der Yamaha reichte es bisher erst für die Superpole. Razgatlioglu war nach seinem desaströsen neunten Rang im Sprintrennen am Nachmittag und dem verpassten Sieg am Samstag infolge vorzeitigem Abbruch jedoch so motiviert wie noch selten. Obwohl es zuerst danach aussah, als könnte Bautista wie am Morgen im Tissot Sprint-Race davonziehen, gelang dies dem Spanier im letzten Rennen jedoch nicht. Dies war anfänglich in erste Linie Remy Gardner zu verdanken, der sich von Alvaro einfach nicht abschütteln lassen wollte. Toprak musste zunächst erst einmal von Startplatz 9 nach vorne kommen, wofür der BMW Neuzugang jedoch nur drei Runden benötigte, bis er im Wind-Schatten des Australiers auftauchte. Drei Umgänge später begann er sich bei schwierigsten Bedingungen mit streckenweise einsetzendem Regen mit Bautista um die Führung zu streiten, der zeitweise auch von Gardner unter Druck gesetzt und überholt wurde. Am Ende siegte der Türke unter dem Jubel der vielen angereisten Landsleute vor Titelverteidiger Bautista.


Remy Gardner rettet die Yamaha Ehre im zweiten Lauf
Nachdem Jonathan Rea auf den SC-0 Reifen gesetzt hatte, statt auf den SC-X brachte sich der Nord-Ire womöglich um die Chance, in den Kampf um ein Podium einzugreifen. Dies zumindest seine Einschätzung nach dem Rennen, das für ihn nach einem Zwischenfall mit Alex Lowes auf dem zweitletzten Platz endete. Sein vormaliger Teamkollege hatte in Kurve 1 versucht, ihn zu überholen und kam dabei zu Sturz, wobei er auch Rea in Mitleidenschaft zog und dieser sich danach im Kiesbett wiederfand. In der Zwischenzeit kämpften Locatelli und Gardner um das Podium, wobei sich der Australier durchsetzte und seinem bisher besten Wochenende in der WorldSBK mit dem ersten Podestplatz die Krone aufsetzte. In Australien noch bester Yamaha Pilot, wurder der Italiener von Gardner in Assen deutlich in den Schatten gestellt und auch Rea kam seit Lauf 2 in Barcelona jedesmal vor Locatelli ins Ziel. Mit Ausnahme natürlich des unverschuldet erlittenen Pechs im letzten Rennen vor der langen Zwangspause der Superbike Weltmeisterschaft, welche nun bis Mitte Juni dauern wird.


Die Situation vor der viel zu langen Frühlingspause der WSBK
Nur am Rande noch vermerkt hier der Hinweis, wie sich das Wetter laut Prognose zwei Wochen später am ersten Maiwochenende in Assen präsentieren würde. Bei 18 bis 21 Grad Celsius Sonnenschein und selbst bei Regen am Montag noch erträgliche 16 Grad, somit ähnliche Temperaturen wie am letzten Samstag und Sonntag im April vorhergesagt wind. Bis es in Misano nun weitergeht, gibt es dank der miserablen Planung von Dorna und FIM nun eine fast unerträglich lange Pause von beinahe zwei Monaten. In einem späteren Artikel werden wir noch einen ausführlichen Rückblick über das erste Saisondrittel verfassen. Gegenüber dem Vorjahr, als Bautista beinahe nach Belieben siegte und nur vier verschiedene Piloten gewannen (2022 waren es gar nur deren drei) eine deutliche Verbesserung. Bereits fünf unterschiedliche Siegern verhinderten damit zumindest einen Einheitsbrei, wie in der bis dahin einseitigsten Saison der Superbike Weltmeisterschaft im Vorjahr. Dass die Gegner von Ducati vor der nächsten Runde in Misano auf dieser Strecke noch testen gehen werden, dürfte ihnen wenig bringen. Die italienische Marke wird dort mit ihrem Werksteam gnadenlos dominieren und selbst deren Privatfahrer wie zum Beispiel Iannone werden auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli an der Adria nur schwer zu schlagen sein.

Chaotischer zweiter Lauf der Supersport Weltmeisterschaft
Genau wie davor beim letzten Rennen der WorldSBK wurde auch die WSSP bei höchst grenzwertigen Bedingungen ausgetragen. Bei derartigen Verhältnissen, wie sie beim Start herrschten, wird üblicherweise sonst meist unterbrochen. Im Bereich von Kurve 1 begann es bereits heftig zu regnen, als die Piloten ins Rennen geschickt wurden und weil alle auf Slicks unterwegs waren, konnte der Boxenstopp zum Wechsel auf Profilreifen nur eine Frage der Zeit sein. Zumindest war dies für jeden erkennbar, der zum Himmel blickte und dort die dunklen Wolken sah. Die Rennleitung schien dies nicht zu interessieren, diese Herren müssen ja nicht Kopf und Kragen auf Motorrädern riskieren. Angeführt von Niki Tuuli bereits in Runde 1 kamen bei zunehmendem Regen immer mehr in die Box, an welcher im Minimum eine Minute und 16 Sekunden für den Radwechsel vorgeschrieben war. Je zwei Australier, Italiener und Franzosen, dazu wie erwartet auch der Engländer John McPhee bestimmten als letzte auf Slicks anfänglich die Zeitenliste, bis letzterer bereits in der zweiten Runde in Kurve 16 abflog. Dasselbe Schicksal ereilte auch den Australier Luke Powers einige Umgänge später.

Niederländischer Sieg unter dem Jubel des Publikums
Der Finne Tuuli wurde bei auftrocknender Strecke für seinen frühen Boxenstopp nur begrenzt belohnt. Er litt gegen Ende des zweiten Laufs unter nachlassendem Grip auf seinen Regenreifen und konnte die früh erkämpfte Führung nicht ins Ziel bringen. Diese hatte ab Runde 15 von 18 von ihm Lokalheld Glenn van Straalen unter frenetischem Jubel seiner vielen Landsleute auf den Tribünen übernommen und liess sich bis zur Zielflagge die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Für das nahe der Strecke domizilierte Ten Kate Team mit Hauptsponsor Pata natürlich ein besonders erlösendes Resultat. Seit der Reglementsänderung wirkt das Yamaha Team, für welches der Schweizer Aegerter 2021 und 2022 den WSSP 600 Titel holte, alles andere als dominierend. Wie in der WSBK übernahm seit 2023 jedoch mehr oder weniger zufällig ausgerechnet Aruba.it Ducati, das Werksteam der Italienischen Firma, welche offenbar bei FIM und Dorna besonders viele Freunde zu haben scheint. Anders lässt sich die Überlegenheit von Nicolo Bulega auf der rot lackierten Panigale V2 für viele nur schlecht erklären, gerade weil auch die Panigale V4R dank ihrer Bevorzugung mit höherer Maximaldrehzahl als die WorldSBK Konkurrenz schon länger bevorteilt wird.


Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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