Die neue BMW M-1000RR soll die Probleme lösen, welche die Blau-Weißen seit ihrer Werksseitigen Rückkehr mit ihrem Bike hatten. Einige Skeptiker zweifeln daran, auch weil die Saisonvorbereitung von BMW mit sehr spätem Testbeginn einige Fragen aufwarf.

Wo steht BMW vor dem ersten Rennen 2021?

Als BMW früh in der letzten Saison die neue M-1000RR ankündigte, wurde manch Betrachter klar, weshalb Michael van der Mark bei den Blau-Weißen davor unterschrieben hatte. Wir hatten am 24. September 2020 die ersten offiziellen Bilder von der vielversprechenden Waffe auf unserer Seite veröffentlicht. Überraschend und für den Niederländer bestimmt auch sehr enttäuschend, fehlte dieses Bike jedoch im Herbst und BMW nahm sogar an den November-Tests in Jerez nicht einmal mit Tom Sykes teil. Erst im Dezember durfte Michael van der Mark zum ersten Mal auf seinem neuen Arbeitsgerät Platz nehmen und auf einer Teststrecke bei Marseille bei garstigen Temperaturen einige Runden drehen. Das Deutsch-Englische Team war im Winterhalbjahr auch das Letzte, welches für Tests auf die Rennstrecke ging.

Ob der eher finstere Blick von „Magic Michael“ in der BMW Box ein schlechtes Zeichen für den Saisonbeginn ist, wissen wir erst in knapp zwei Wochen. Von Mitte Oktober bis im Frühling zu warten, bis er das erste Mal mit der neuen BMW auf die Rennstrecke durfte, war für den Mann aus Gouda bestimmt eine harte Geduldsprobe (© BMW Motorrad WorldSBK).

Die Eigenbrötler – bereits im zweiten Jahr seit ihrer Rückkehr
Kaum jemand verstand, weshalb im Vorjahr BMW auf die Aragon Tests verzichtet hatte, an welchen sie die einzigen Abwesenden waren. Stattdessen testete man damals mit Sykes und Laverty auf der S-10000RR auf dem Lausitzring. Prompt waren die beiden beim einzigen Doppelrennen der WorldSBK Geschichte im ersten Corona-Jahr absolut chancenlos. Nicht wenige im Paddock machten sich danach über die Blau-Weißen und deren „Fehlstrategie“ lustig. Nach dem zweiten Jahr seit ihrer Rückkehr waren sie auch 2021 wieder das letzte Werksteam, was auf die Strecke ging. In Jerez de la Frontera und danach Barcelona tönte es noch zuversichtlich, aber in Aragon schienen alle ihre Probleme zu haben.

Michael van der Mark in Aragon auf der neuen M-1000RR – das Testprogramm im Motorland war beim Niederländer derart voll mit Komponenten- und Funktionstests, dass laut seiner Aussage nicht einmal mehr die Zeit für die Jagd auf eine schnelle Runde blieb. Nach perfekter Vorbereitung tönt dies definitiv nicht (© BMW Motorrad WorldSBK).

Der Mann aus Huddersfield und seine Markenkollegen – in Aragon mit erstaunlich viel Rückstand
Bei Tom Sykes ist alles ausserhalb der Top 3 nach einer Zeitenjagd alarmierend. Nicht umsonst erbte er von Troy Corser nach dessen Rücktritt den Titel des „Mister Superpole“. Über eine schnelle Runde bezeichnete ihn auch sein ehemaliger Teamkollege Jonathan Rea als wahres Tier. Bedenkt man dazu, dass auch Eugene Laverty in dieser Disziplin zu den besten gehört, müssen sich die BMW-Fans wohl sorgen, bevor die Saison in Aragon gestartet wird. In Magny-Cours waren Eugene und Tom auf Pole und P2 gefahren. Bevor sie durch den Fehler des Engländers gemeinsam in Kurve 1 gestürzt waren, gehörten die beiden zu den Mitfavoriten für das Podest. Nun liegen sie, wie nachfolgende Zusammenfassung der Aragon-Testzeiten mit den BMW Fahrern in Rotschrift zeigt, gemeinsam mit Jonas Folger erstaunlich weit hinten.

Die Übersicht der Aragon Tests bis 7. Mai, ohne die HRC Honda Zeiten (da nicht bekannt gegeben):
1. Jonathan Rea (GB), Kawasaki, 1’48,528 (absoluter Rundenrekord aus 2020: 1’48,860 von J. Rea)
2. Scott Redding (GB), Ducati, 1’48,780
3. Alex Lowes (GB), Kawasaki, 1’49,182
4. Michael Ruben Rinaldi (I), Ducati, 1’49,205
5. Garrett Gerloff (GRT Yamaha), 1’49,439
6. Chaz Davies (GB), Ducati, 1’49,610 min
7. Toprak Razgatlioglu (TR), Yamaha, 1’49,763
8. Tom Sykes (GB), BMW, 1’49,857
9. Andrea Locatelli (I), Yamaha, 1’50,257
10. Eugene Laverty (IRL), BMW, 1’50,604
11. Michael van der Mark (NL), BMW, 1’50,781
12. Jonas Folger (D), BMW, 1’50,815
13. Axel Bassani (I), Ducati, 1’51,146
14. Kohta Nozane (JAP), Yamaha, 1’51,277
15. Isaac Vinales (E), Kawasaki, 1’51,724
16. Chris Ponsson (Alstare Yamaha), 1’52,269

Jonas Folger auf der neuen BMW – sein Ziel sind laut eigener Aussage zunächst Top Ten Resultate und nach Möglichkeit auch einige Akzente zu setzen im Lauf der Saison. Viel wird bei seiner Leistung auch von der Performance seines Bikes abhängen (© BMW Motorrad WorldSBK).

Kann BMW das Blatt wenden und vorne mitkämpfen?

Mit dem Werksteam und den beiden Privatteams hört man viel Positives von den Fahrern zur neuen Situation bei BMW mit nun vier Fahrern auf der neuen M-1000RR. Umgekehrt gab sich Jonas Folger nach den Aragon Tests ziemlich ratlos, was seinen deutlichen Rückstand betraf. Wir sind traditionell bei den letzten, sobald es darum geht, aus Testzeiten voreilige Schlüsse zu ziehen. Viel zu oft machen Journalisten diesbezüglich jedes Jahr denselben Fehler, siehe vor WSBK-Auftakt Australien im Vorjahr und MotoGP in Losail vor knapp 2 Monaten. Bis auf unserer Seite fand Johann Zarco vor dem 1. Rennen der Prototypen kaum ernsthaft Erwähnung, aber aus Katar reiste der schnelle Franzose prompt als WM-Leader nach Europa zurück. Wir hoffen, dass wir uns damit täuschen, aber bezüglich der ersten Runden bleiben wir bei BMW noch skeptisch. Zusammen mit deren Fans würden wir uns trotzdem freuen, wenn sie im 3. Jahr seit der Rückkehr in die WSBK wieder um Podestplätze mitkämpfen können.

Tom Sykes (BMW M-1000RR) – der Engländer ist hinter Jonathan Rea der zweit-erfolgreichste derzeit noch aktive Fahrer und liegt mit 34 Siegen knapp vor Chaz Davies mit 32 in der Statistik auf Platz 5. Wenn die Ampeln in Aragon das erste Mal ausgehen, nützen ihm diese eindrücklichen Zahlen jedoch nichts, auf BMW gewann er bisher noch nie.

>Aragon Vorschau: siehe separaten Bericht auf dieser Seite.

Tom Sykes und Eugene Laverty im April 2019 von uns in der Startaufstellung in Aragon fotografiert – ein Jahr später wurden sie Markenkollegen. Die beiden gehören vor Saisonstart 2021 zu den größten Fragezeichen in der WSBK. Letzterer erst recht, weil Laverty erst in letzter Minute zum ersten Mal auf seiner M-1000RR fahren konnte.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).