
Katastrophaler WorldSBK Saisonauftakt in Australien
Wer sich die Zusammenfassung vom Training der Dorna via deren Portal (worldsbk.com) am Dienstag vor dem ersten Rennwochenende ansah, wusste bereits im Voraus was ihm als WSBK Fan bevorstehen sollte. Eigentlich müsste die Dorna von Ducati für diesen Werbefilm eine beträchtliche Summe Geld erhalten. War doch das Fazit dieses Beitrags, dass mit Ausnahme des amtierenden Weltmeisters sämtliche Haupt-Darsteller die Marke aus Borgo Panigale (einem Vorort von Bologna) vertraten. Rekordweltmeister Johnny Rea war nach dem ersten Testtag schon gar nicht mehr dabei und dürfte wie bereits im Vorjahr auf seiner Yamaha R1 auch diesmal lediglich eine Nebenrolle spielen. Mit Ausnahme von Toprak Razgatlioglu (BMW M-1000RR) dürfte dies auch für den Rest der Gegnerschaft von Ducati gelten. Dies zeigte nicht nur das Dorna-Video, sondern letztlich auch das Geschehen am ersten Rennwochenende auf der wunderschönen Strecke von Phillip Island. Wahrhaft katastrophal für den Sport ist vor diesem Hintergrund natürlich, dass die Leistungen der Piloten dabei eine völlig untergeordnete Rolle spielen. Bereits im ersten Rennen fuhr Aruba.it Ducati Werksfahrer Nicolo Bulega innert weniger Runden einen Vorsprung heraus, welcher an den ersten Lauf von 2019 in Donington erinnert. Nur mit dem Unterschied, dass es damals in England stark regnete und Ausnahmekönner Jonathan Rea auf seiner Kawasaki ZX-10RR die gesamte Konkurrenz damals in Grund und Boden fuhr. In diesem Fall war es aber der Pilot, welcher den Unterschied machte.

Die Tops und Flops der ersten Runde in Down Under
Das beste Beispiel für die Überlegenheit von Ducati zum Saisonbeginn 2025 lieferte Scotty Redding. Der in der letzten Saison auf seiner BMW auf offiziell gleichwertigem Material wie der überlegene Weltmeister absolut chancenlose Engländer kämpfte mit der Ducati prompt in jedem Lauf ums Podium. Dies trotdem er statt wie 2024 bei Bonovo Action eine BMW Werksmaschine fuhr und nun im selben Team lediglich als einer von vielen Privatfahrern antritt! Der Vizeweltmeister von 2020 ist wie verwandelt und schaffte es in jedem Lauf von Australien in die Top 5. Mit demselben Motor wie im Vorjahr kämpft hingegen Alex Lowes als Gesamtsieger 2024 an selber Städte trotz angeblich hervorragendem Bimota-Chassis auf verlorenem Posten. Statt 50 Punkte im Vorjahr reichte es für den schnellen Mann aus Lincoln diesmal für kümmerliche 19 Zähler. Andrea Locatelli auf der besten Yamaha schaffte nur drei Punkte mehr, nachdem er 2024 auf seiner R1 noch zwei Podestplätze geholt hatte und auch im letzten Lauf bis zu seinem Sturz um Position zwei gekämpft hatte. Etwas besser, aber für seine Ansprüche trotzdem ungenügend. lief es für seinen GYTR GRT Yamaha Teamkollegen Dominique Aegerter.Für je drei zwölfte Plätze gab es insgesamt acht Punkte, weil dies nur über die volle Distanz belohnt wird. Ein klares Indiz, weshalb man nicht wie es die FIM, Dorna und fast alle Medienleute stets tun, Erfolge in Sprintrennen den Ergebnissen traditioneller Läufe einfach gleichzusetzen und einfach alle Siege zusammenzuzählen. Bei der MotoGP hindert sie alle der Status Grand Prix für Sonntagsrennen daran, diesen alle Statistiken verfälschenden Fehler zu begehen.

Schwarzer Sonntag für den Lokalmatador, BMW und Kawasaki
Remy Gardner war unbestritten der Pechvogel des Wochenendes bei seinem Heim-Event. Einem Crash in Kurve 4 am Samstagnachmittag folgte zwar ein Top-Ten Resultat im Sprintrennen, aber dafür gab es leider keine Punkte. Am Nachmittag stürzte der schnelle Australier in Turn 1 kurz vor Ende des Rennens. Toprak Razgatlioglu fing nach Platz 2 im ersten Rennen am Sonntag einen seiner schwärzesten Tage ein. Nach einem Fehler im Sprintrennen verpasste er die Punkteränge und im letzten Lauf fiel er durch technischen Defekt an seiner BMW M-1000RR aus, während sein Teamkollege Michael van der Mark als Vierzehnter am Sonntagnachmittag seine einzigen 2 Punkte holte. Nur für einen Zähler mehr reichte es im selben Lauf bei Kawasaki Neuzugang Garrett Gerloff. Der US-Boy war nach schlechtem Qualifying im ersten Rennen in Kurve 4 ausgeritten und fiel danach mit technischen Proglemen aus. Am Sonntag wurde er von Honda Testfahrer Tetsuta Nagashima erneut im „Miller-Corner“ zum Sturzopfer, wonach es am Nachmittag mit P13 für die einzigen 3 Punkte beim Saisonauftakt reichte.

Bilanz des einseitigen Auftakts der WorldSBK
Weil Ducati das Lieblingskind von Dorna und FIM ist und bleibt, leidet auch diese Saison der sportliche Wert der seriennahen Weltmeisterschaft unter einer erdrückenden Leistungsüberlegenheit aufgrund eines stets zugunsten der italienischen Marke ausgelegten Reglements. Natürlich hat dies für einige Fans auch seine guten Seiten, weil beispielsweise wir uns so teure Reisen wie bis noch kurz vor der Pandemie nach Australien derzeit getrost ersparen können. Wer als Besucher jedoch viel Geld für dieses höchst einseitige Spektakel ausgibt, kann sich angesichts des fehlenden Kampfs um Siege wie in der ersten WSBK Runde erlebt, schnell betrogen fühlen. Wenn wir gerade bei diesem Thema sind, hier noch ein Vergleich mit sehr erstaunlichen Preisunterschieden, welche aus unserer Sicht an Wucher grenzen. Ausgerechnet im Ducati-Land Italien, aber auch in wirtschaftlich schwachen Nationen wie Tschechien, Ungarn und mit Estoril Portugal finden sich die schlechtesten Beispiele, was Ticketpreise für ein WorldSBK Wochenende mit Paddock Zugang betrifft. Nachfolgend unsere Grafik mit in Euro umgerechneten Preisen im Fall von Australien, Donington, Most und Ungarn mit dem letztes Jahr ausgefallenen Balaton Ring.

Hoffnung auf die Fahrerstrecken
Zum Glück haben wir den Flug nach Portugal nicht bereits gebucht. Was den Gegnern von Bulega und Bautista auf der endlos langen Geraden des Autodromo do Algarve droht, sah man bereits auf der schnellen Strecke von Phillip Island, als zum Beispiel der kleine Spanier auf der Start-Zielgeraden gleichzeitig mehrere Gegner spielerisch leicht überholte. Wir haben aufgrund der Mehrleistung der Ducati Panigale V4R gegenüber den Konkurrenzfabrikaten auch für Misano, Aragon und Estoril einige Bedenken. Selbst Assen, das ausserdem zu einem wie viel zu oft völlig irrsinnigen Zeitpunkt viel zu früh im Jahr im Kalender steht, könnte aufgrund seiner vielen schnellen Passagen zu viele Nachteile für die Gegnerschaft von Ducati mit sich bringen. Die neuesten Kurse der WorldSBK sehen wir etwas zwiespältig. Während Balaton ähnlich wie die Strecke von Cremona im Flachland liegt, sind aus unserer Erfahrung vor allem Donington Park, Jerez und Magny-Cours höchst empfehlenswert für einen Besuch. Gerade dort stehen aufgrund der kurzen Geraden die Aussichten für ausgeglichenere Kräfteverhältnisse in der Superbike Weltmeisterschaft durchaus gut.

Üble Bilanz nach der ersten von 12 WSBK-Runden
Die Saison 2025 ist beileibe nicht die erste, in welcher man den Eindruck hat, FIM und Dorna tun alles erdenkliche dafür, dass sich die Ducati Erfolge weiterhin kräftig vermehren. Bisher erwiesen sich sämtliche Reglements-Anpassungen in Realität als reine Augenwischerei, was einige für höhere Ausgeglichenheit im Starterfeld dringend notwendigen Massnahmen betrifft. Paradebeispiel für die geradezu lächerliche Wirknugslosigkeit ist die Auslegung des Minimalgewichts am Beispiel von Alvaro Bautista auf seiner Werks-Ducati. Seine seit 2024 vorgeschriebenen drei Kilogramm Zusatzgewicht hinderten den spanischen Rennzwerg weder im Vorjahr noch in Phillip Island auch nur im Geringsten daran, auf den Geraden an seiner Konkurrenz förmlich vobeizufliegen. Wie es der Konkurrenz von Ducati im Lauf der Saison gelingen soll, ihren Leistungs-Rückstand aufzuholen, beschäftigt die neutralen WSBK Fans derzeit bestimmt am aller meisten. Höchst ungünstig für das Marketing von BMW zudem die Aussage ihres Aushängeschilds Toprak, der am Australien-Wochenende darüber jammerte, dass er nun den Serienrahmen der M-1000RR verwenden müsse. Wir hatten davor immer gedacht, dieses Motorrad sei nebst der Ducati Panigale V4R für Einsätze auf Rennstrecken eines der besten Angebote. Genauso schlechte Werbung war für Pirelli als Reifen-Standardausrüster, dass wie im Vorjahr zum zweiten Mal die Rennen von WSBK und WorldSSP mit einem Zwangs-Reifenstopp abgehalten wurden, weil angeblich die Pneus keine 20, respektive 18 Runden durchalten. Auch als Sicht vieler Piloten ein absolut schlechter Witz.

Die WorldSSP – neue Topklasse der seriennahen Weltmeisterschaft
WorldSBK Rookie Bahattin Sofuoglu fuhr im zweiten Rennen eine schnellste Runde von 1:30.051 und der Türke verpasste den letzten WM-Punkt um lediglich einen Rang. Tom Booth-Amos war mit 1:32.685 auf der PTR Triumph Factory Racing Triumph Street Triple RS 765 nur etwas mehr als zweieinhalb Sekunden langsamer. Damit bewies die WorldSSP auf der schnellen Strecke von Phillip Island mit einem Schnitt von über 175 Km/h sehr eindrücklich, wie leistungsfähig diese Motorräder trotz deutlich weniger Leistung als die 1000 cm³ Maschinen der WSBK sind. Seit dem Rückzug von Ducati mit ihrer Werks Panigale V2 nach der Saison 2024 ist in der mittleren Klasse eine Ausgeglichenheit zu beobachten, die sportlich äusserst wertvolle Rennen garantiert. Die Markenvielfalt im Zwischenklassement spricht dabei eine deutliche Sprache. Während die ersten 7 in der WSBK mit einer Ausnahme auf Ducati unterwegs sind, ist bei der WorldSSP mit Triumph, Yamaha, MV Agusta, Kawasaki und Ducati für viel Spannung gesorgt. Dank dem schnellen Japaner Kaito Toba auf der Honda CBR-600RR vom PETRONAS MIE Honda Racing Team ist selbst der sechste Hersteller mit aktuell P11 nur eine Position von den Top Ten entfernt. So würden sich die meisten Fans die WorldSBK wünschen, aber davon sind wir leider auch diese Saison wieder um Lichtjahre entfernt.


Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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