
Schlechter Start für Rea ins Heim-Wochenende
Ausgerechnet Yamaha Neuzugang Jonathan Rea saß die meiste Zeit im ersten Freien Training in seiner Box, während an seiner Yamaha R1 gewerkelt wurde. Mittlerweile versteht man, weshalb sehr viele WSBK Fans und Beobachter der festen Überzeugung sind, der Nord-Ire und das Werksteam in Blau passen nicht zusammen und daraus werde nichts. Weshalb derart viel wertlose Zeit verpasst wurde, spielt vermutlich nur eine untergeordnete Rolle beim Fehlstart in seine wichtigste Runde der Saison. Diese begann mit sehr viel Sturzpech und Verletzungen, wenn auch glücklicherweise ohne gravierende Folgen. Dass es nun aber auch sein Team in Zusammenarbeit mit ihm nicht schafft, dem 6-fachen Rekordweltmeister für das FP1 ein gut vorbereitetes Motorrad hinzustellen, löst selbst bei der Konkurrenz im Paddock Stirnrunzeln aus. Sein ehemaliger Markenkollege Toprak Razgatlioglu auf der anderen Seite war trotz einer Trainings-Verletzung vor seiner Anreise nach England auf Anhieb die Bestzeit am Freitagmorgen gefahren. Krasser könnten die Unterschiede zwischen den beiden ehemalig härtesten Kontrahenten derzeit kaum sein, während die wohl schlimmste Saison in der Karriere von Johnny Rea aktuell erst ins zweite Drittel geht.

Seltsames Versteckspiel des zweifachen amtierenden Weltmeisters
Das Katz und Maus Spiel von Alvaro Bautista über die eventuelle Fortsetzung seiner Karriere sorgt nicht nur im Paddock für Kopfschütteln und wenig Verständnis. Der spanische Winzling blockiert damit ganz bewusst und offenbar höchst eigensinnig sämtliche Transfer-Verhandlungen diverser Teams mit anderen Piloten, sowie natürlich den Entscheid für das Ducati-Werksteam, sollte er sich für den Rücktritt nach dieser Saison entscheiden. Womöglich als seine Revanche für das Jahr 2019, als ihm Ducati laut seiner Meinung nach dem verpassten Titel aufgrund vieler selbstverschuldeter Stürze einen aus seiner Sicht akzeptablen Vertrag für eine Verlängerung verweigert hatte. Alvaro wechselte deshalb überraschend zum Honda Werksteam und wurde trotz schnellem Motorrad aus sportlicher Sicht damit für zwei Jahre nur noch als Nebendarsteller in der WorldSBK wahrgenommen. Zwei dritte Plätze waren 2020 und 2021 das Höchste der Gefühle, während Scott Redding auf seiner Werks-Ducati vor allem in seinem ersten Jahr bei den Roten brillierte und Rea bis zum Finale in Estoril im Titelkampf forderte.

Verlust eines semi-Werksteams wirft dunkle Schatten
Mindestens genauso schade wie das sportlich und punkto Teamgeist fragwürdige Verhalten von Bautista ist auch die am Tag nach der vierten Runde in Misano veröffentlichte Rücktrittsmeldung des Kunden-Werkteams Bonovo Action von BMW. Die blau-weißen haben über ihren niederländischen Manager Marc Bongers bereits klargestellt, dass es aus diesem Grund künftig kein zweites BMW Werksteam, als welches Bonovo Action bezeichnet wurde, mehr geben wird. Was mit Scott Redding, welcher mit dem deutschen Hersteller sogar noch einen Vertrag bis 2025 hat und dessen Teamkollegen Garrett Gerloff werden soll, ließ der BMW Verantwortliche wenig überraschend jedoch offen. Während der Engländer auf eine Lösung seitens BMW wartet, dürfte sich der Texaner nach einem neuen Team umschauen müssen. Mit seiner mehr als überzeugenden Leistung im FP1 am Freitagmorgen dürfte Gerloff zumindest bei vielen Teams, deren Plätze für 2025 noch nicht definitiv vergeben sind, kräftig Eindruck gemacht haben. Bis auf Toprak und den überraschenden Ducati Privatpiloten Danilo „Petrux“ Petrucci liess Garrett im ersten freien Training sämtliche Konkurrenten hinter sich, darunter natürlich zahlreiche Werksfahrer.

Fazit des ersten Tages in Donington Park
Ob überhaupt ein Konkurrent den 3-fachen Sieger der vierten WSBK Runde von Misano ernsthaft wird gefährden können, erscheint vor dem ersten Tag des Donington Wochenendes fragwürdig. Toprak reitet aktuell auf einer Welle, als gelinge ihm alles und selbst eine Fußverletzung aus dem Training scheint den türkischen Ausnahmekönner nicht einzubremsen. Das sinnlose und auch höchst fragwürdige PR-Theater seines Managers Kenan Sofuoglu, welchem sich Razgatlioglu sogar anschloss, als die beiden öffentlich einen Wechsel in die MotoGP als denkbar ankündigten, ist mittlerweile kleinlaut wieder abgeblasen. Dies war nur logisch, da per 2024 ein Vertrag mit BMW für zwei Jahre abgeschlossen wurde, aus welchem auch ein Toprak nicht einfach nach Belieben aussteigen kann. Zudem bildet sich sein Manager ein, bei einem eventuellen Wechsel in die Prototypen-Weltmeisterschaft auf einem Werksteam zu bestehen, was bei der Mehrheit der Fans und im Paddock als Zeichen von Größenwahn interpretiert wurde. Mittlerweile klarer Favorit im Titelkampf der WorldSBK wird man sich vorerst auf den Kampf um die Weltmeisterschaft und eine Fortsetzung im Folgejahr konzentrieren müssen. Dies ist auch gut so. Jonathan Rea hingegen hat ganz andere Probleme. Ihm ist zu gönnen, sollte er am Wochenende endgültig aus seinem Tief finden und endlich ernsthaft um den Kampf ums Podium eingreifen zu können.


Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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