Unsere Aufnahme von 2019 am Grand Prix von Italien in Mugello mit Kurve 1 San Donato. Bereits einige Tage vor der für das GP Wochenende 2024 angekündigten offiziellen Verlautbarung steht die Entscheidung für die Fahrerwahl fest, wie uns ein italienischer Freund verriet. Die Lösung des angeblichen Problems lag allerdings bereits länger auf der Hand.

Ducati-Fahrerwahl gelöst – Plan für 2025 steht

Nachdem Ducati Neuzugang Marc Marquez allerdings öffentlich bekannt gegeben hatte, nicht auf einem Werksteam zu bestehen, sondern lediglich Werksmaterial für die Saison 2025 anstrebt, lag die Lösung des Problems mit der Platzierung von Jorge Martin, Enea Bastianini und dem katalanischen Ausnahmekönner bereits auf der Hand. Um den aktuellen WM-Leader Martin nicht zu verlieren, übernimmt er den Platz von Enea Bastianini und Marquez erhält für kommende Saison eine aktuelle Werksmaschine bei Pramac. Dabei kann der 6-fache Weltmeister auch wie gewünscht seinem langjährigen Helmsponsor Red Bull die Treue halten, was beim Ducati Lenovo Werksteam aufgrund dessen Liaison mit Monster Energy ein Hindernis dargestellt hätte. Bastianini darf weiterhin auf Werksmaterial zählen und soll als Teamkollege von Marc anstelle des enttäuschenden Franco Morbidelli antreten. Offen ist derzeit höchstens noch, ob er anstelle von Alex Marquez bei Gresini Ducati Teamkollege von Rookie Fermin Aldeguer wird und damit doch noch ein Gnadenbrot erhält. Aber die wichtigsten Würfel sind längst gefallen und Ducati verliert damit keinen der drei nebst Bagnaia wichtigsten Fahrer aus ihren Diensten.

Jorge Martin (links) und Johann Zarco bei der Fahrerpräsentation für die Saison 2021. Der schnelle Franzose belegte damals zum Jahresende die seiner Startnummer entsprechende Position und Martin wurde zweimal nacheinander WM-Neunter. Im Jahr danach veränderte sich die Situation, als Zarco erneut Rang 5 holte, der Spanier hingegen Vizeweltmeister wurde.

Warum es so lange dauerte lag auf der Hand

Weshalb Ducati CEO Claudio Domenicali noch kurz nach dem GP von Katalonien von einer schwierigen Entscheidung bezüglich der Fahrerbesetzung sprach, ist nur schwer nachvollziehbar. Wie es bereits die Spatzen schon von den Dächern Norditaliens pfeifen, war zu diesem Zeitpunkt deren Wahl jedenfalls längst getroffen und der Verantwortliche aus Borgo Panigale bei Bologna streute der Öffentlichkeit am 28. Mai 2024 lediglich Sand in die Augen. Viel schwieriger als die Fahrerfrage waren die Lösungen mit den verschiedenen Sponsoren und selbstverständlich auch die Gagen der Piloten. Aber längst lag natürlich bereits auf der Hand, dass Marc Marquez sich nicht auf ein neues Abenteuer mit KTM, Aprilia oder gar seinem langjährigen Arbeitgeber Repsol Honda einlassen wollte. Vizeweltmeister Jorge Martin verlieren, war für Ducati verständlicherweise keine Option und Bastianini auf aktuellem Material ins beste Kunden-Team des Vorjahres zu versetzen, sollte nicht als Degradierung verstanden werden. Letztlich war gerade beim Italiener als vierfachem Grand Prix Sieger der Saison 2022 bei Gresini Ducati schon seit geraumer Zeit in Diskussion, ob er ohne den Druck als Werkspilot womöglich wieder an seine Erfolge von vor zwei Jahren anschließen kann, als er Dritter in der Endabrechnung wurde.

Francesco „Pecco“ Bagnaia im Kiesbett von Kurve 5 des Circuito de Cataluña – nach seinem dritten Crash bei einem Sprintrennen in Folge. Die Fehleranfälligkeit des aus Turin stammenden Italieners ist mittlerweile bald sprichwörtlich. Deshalb kann es sich Ducati nicht leisten, für 2025 auf die Dienste von WM-Leader Martin oder Ausnahmekönner Marc Marquez zu verzichten.

Es gibt nur einen Marc Marquez

Wir hatten bereits kürzlich darauf hingewiesen, dass die vorzeitige Beweihräucherung von Rookie Pedro Acosta sinnlos und vor allem auch absolut falsch ist. Mit seinen Anfängerfehlern beim GP von Frankreich in Le Mans und danach auch beim Grand Prix von Katalonien in Kurve 10 bewies der nun 20-jährige leider deutlich, wie recht wir damit lagen. Der von den Medien und der Öffentlichkeit ausgeübte Druck auf das zweifellos hoch begabte junge KTM Talent ist definitiv zu groß, weshalb er zu oft über sein Limit geht und Stürze die logische Konsequenz davon sind. Speziell in seiner Heimat war es für den jungen Mann aus Murcia ein arger Dämpfer, im Sprintrennen ausgerechnet von Ausnahmetalent und Vorbild Marc Marquez auf dessen letztjähriger Ducati in der Schlussrunde ausgebremst und überholt zu werden. Der 6-fache Weltmeister leistete an den letzten beiden beinahe Unmögliches, als er von Startplatz 13 (in Le Mans) und 14 (in Katalonien) viermal in Folge aufs Podest fuhr. Um den sinnlosen Vergleich von Pedro mit Marc und einigen Rookies der Vergangenheit in der Königsklasse zu verdeutlichen, haben wir nachfolgend eine Statistik zusammengestellt, die für sich spricht. Hierbei handelt es sich um eine Rangliste nach dem Kriterium, bei welchem Rennen der erste Sieg herausgefahren wurde.

  1. Max Biaggi 1998: Race 1 in Suzuka (JAP)
  2. Jarno Saarinen 1973: Race 1 in Le Castellet (FRA) & Race 2 (Salzbrugring/AUT)
  3. MM93 2013: Race 2 in Austin (USA)
  4. Brad Binder 2020: Race 3 in Brno (CZE)
  5. Jorge Lorenzo 2008: Race 3 in Estoril (POR)
  6. Kenny Roberts sen. 1978: Race 3 – Salzburgring (AUT)
  7. Dani Pedrosa 2006: Race 4 in Shanghai (CHN)
  8. Freddie Spencer 1982: Race 7 in Spa-Francorchamps (BEL)
  9. Pat Hennen 1976: Race 8 in Imatra (FIN)
  10. VR46 2000: Race 9 – Silverstone (GB)
  11. Jorge Martin 2021: Race 10 in Spielberg (AUT)
  12. Luca Cadalora 1993: Race 10 – Donington (GB)
  13. Wayne Rayney 1988 Race 12 – Donington (GB)
  14. John Kocinski 1991: Race 15 in Shah Alam (MAL)
    ? Pedro Acosta 2024 (after GP Catalunya with 12 Races / 6 Grand Prix)

Die großen Verlierer der letzten beiden Runden

Es wirkte auf viele Beobachter trotzig, was Pit Beirer zur Fahrerfrage und möglichen Verpflichtung von Marc Marquez und Jorge Martin für 2025 auf Anfrage des Dorna-Interviewers zur Antwort gab. Der nicht aus dem Grand Prix Sport stammende ehemalige Motocross-Vizeweltmeister bis 250 cm³ wollte partout von einer möglichen Verpflichtung des aktuellen WM-Leaders, sowie auch des 6-fachen Weltmeisters in der MotoGP nichts wissen. Der KTM Motorsportchef betonte lieber ausdrücklich, sein Werk sei mit den aktuellen 4 Piloten absolut zufrieden und vertraue lieber auf deren Fähigkeiten. Dass ausgerechnet sein Chef Pierer noch im Vorjahr deutliches Interesse an Marquez öffentlich gemacht hatte und Jorge Martin eigentlich bis 2020 ein Eigengewächs der Orangen gewesen war, bevor er ihn aufgrund einer fatalen Fehleinschätzung verlor, schien er dabei vergessen zu haben. Der Spanier war nur zu Ducati „geflüchtet“, weil Beirer ihn damals zu einer weiteren Moto2 Saison bei Ajo-KTM überreden wollte und wurde danach in der Königsklasse sofort zu einem der besten Rookies der letzten Jahrzehnte.

Ajo-KTM Moto2 Pilot Jorge Martin im zweiten Rennen von Aragon im ersten Corona-Pandemie-Jahr 2020. Aufgrund einer drastischen Fehleinschätzung der Realität vertraute Pit Beirer darauf, den Spanier halten und auf die Saison 2022 für einen MotoGP Einstieg bei KTM vertrösten zu können. Bereits 2021 in dessen Rookie Saison beim Saison-Auftakt für Pramac Ducati begriffen die Orangen, welches Juwel sie damit verloren hatten.

Kaum WM-Chancen für KTM – auch im achten MotoGP Jahr

Statt wie 2016 vor dem MotoGP-Einstieg noch offiziell angekündigt, ab der dritten Saison auf Titeljagd zu gehen, scheint KTM die Jagd auf den Titel weiterhin freiwillig aufzugeben. Als Teamkollege für Red Bull KTM Werkspilot Brad Binder auf die Saison 2023 den Aussie Jack Miller zu verpflichten, war nicht nur eine sehr wagemutige, sondern für viele Beobachter und Experten absolut törichte Entscheidung. Nebst dem bereits als Crash-Piloten verschrienen Südafrikaner noch ein Exemplar derselben Gattung dazu zu holen, dürfte stets desaströs enden. Kurzfristig anfänglich sogar auf WM-Zwischenrang zwei, rutschte Binder in Katalonien bereits auf die achte Position ab. Nachdem er seinen Sturz im Tissot Sprint-Race von Barcelona selbst mit den Worten kommentierte, er bevorzuge einen Sturz in Führung liegend der Ankunft auf einem fünfzehnten Rang, braucht dies auch nicht weiter zu verwundern. Miller liegt auf Zwischenrang 15 bereits aussichtslos zurück und Rookie-Hoffnung Acosta glänzte zuletzt mit Anfänger-Fehlern, womit auch er bei mittlerweile 72 Punkten Rückstand auf WM-Leader und Ex-KTM Mann Jorge Martin liegt. Dessen Team-Kollege Augusto Fernandez schaffte es in den ersten 6 Runden erst viermal in die Punkte und die Top-Ten lagen stets außerhalb seiner Möglichkeiten. Trotz konkurrenzfähigem Material leider ein wahres Desaster für KTM, wie viel zu oft in der Vergangenheit. Ginge es in der MotoGP zu wie im Spitzen-Fußball, würde Pit Beirer wohl schon lange Strick-Kurse belegen oder sich im Motocross versuchen zu engagieren.

Bruchpilot und Publikumsliebling Jack Miller – hier noch in den Diensten von Pramac Ducati, bevor er auf die Saison 2020 ins Ducati Lenovo Werksteam befördert wurde. Statt der Relegation ins Kundenteam der Italiener für 2023 unterschrieb der Australier überraschend bei KTM. Man brauchte kein Experte zu sein, um sein Scheitern in orangen Farben im WM-Kampf vorauszusehen, weil es dem Australier schlicht an der für einen Titel notwendigen Konstanz fehlt, da er schlicht viel zu oft seine Rennen im Kiesbett beendet.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).