
Ein erster Ausblick zum Europa-Auftakt der MotoGP
Wer die Rennen von Losail noch im Hinterkopf hat, sollte nun den imaginären „Reset-Knopf“ drücken. Nicht nur wir gehen davon aus, dass mit den Europa-Rennen eine völlig andere Welt beginnt. Den Anfang macht mit dem Autodromo do Algarve eine Strecke, die im Vorjahr nur durch die Corona-Pandemie in den Kalender rutschte. Aber wie in der WorldSBK gab es kaum negative Kommentare dazu unter den Fahrer. Somit kehrt auch im zweiten Covid19-Jahr die wunderschöne Strecke nahe der Küstenstadt Portimão wieder in den Fokus zurück. Deshalb und weil die aktuellen Prognosen Temperaturen von unter 20 Grad Celsius ankündigen, wird es eine komplett andere Welt als in Katar. Es ist auch kaum damit zu rechnen, dass es einen neuen Rekord wie im 2. GP von Losail geben wird, als die ersten 15 Fahrer im Ziel nur 8,928 Sekunden trennten. Im Vorjahr fehlten dem auf P4 die Zielflagge kreuzenden Pol Espargaró über zwölfeinhalb Sekunden auf den Sieger.

Die Fahrer der MotoGP und ihre Ausgangslage vor dem GP von Portugal
Johann Zarco (Pramac Ducati) – der WM-Leader: Auch nach Startnummer sortiert, hätten wir mit ihm begonnen. Im Winter bereits hatten wir betont, dass man den schnellen Franzosen keinesfalls unterschätzen sollte. Nun war er in Losail zweimal bester Ducati Pilot und führt die WM an. Viele vermeintlichen Experten waren davon völlig überrascht. Dabei reicht ein Blick in seine Vergangenheit, um festzustellen, dass er in Moto2 und MotoGP der bisher erfolgreichste aller Ducati Piloten ist. Letzte Saison war er auf der Vorjahres-Ducati auf dem Autodromo do Algarve in den Top Ten, Miller hingegen auf P2. Neuerdings wäre kaum jemand verwundert, käme es 5 Monate später umgekehrt, so einfach ist es mit der Einschätzung zu ihm.

Fabio Quartararo (Monster Energy Yamaha) – WM-Zweiter: Nach Platz 5 beim Saisonauftakt war für uns klar, dass dies keine Katastrophe für den jungen Mann aus Nizza war. Mit seinem Sieg im 2. Rennen und dem zweiten Zwischenrang unterstrich er dies eindrücklich. Beim Franzosen wird nun viel davon abhängen, wie gut die Yamaha ab dem Portugal GP funktioniert. Sein vierter Sieg der Karriere bewies zumindest eindrücklich, dass Fabio wieder da ist und vor Selbstvertrauen strotzt.
Maverick Viñales (Monster Energy Yamaha) – punktgleich mit Fabio: Der oft als Wundertüte verschriene Katalane fuhr auch im zweiten Rennen in Katar stark. Wie Quartararo hat er nun einen Sieg und 5. Platz auf dem Konto. Nun gilt auch für ihn, jedes Mal das Optimum aus der Yamaha zu holen. Im Gegensatz zu Suzuki sollte dies auch im Qualifying möglichst immer klappen. Dazu gilt es aber auch, das Phantom der Probleme im Rennen aus dem Vorjahr endgültig zu verdrängen. Maverick hat nun erneut die Chance, endlich zu beweisen, dass er eine gute Saison konstant durchzuziehen vermag. Damit würde er seinen Kritikern endgültig das Maul stopfen.

Francesco Bagnaia (Ducati Lenovo): Im ersten Rennen lief es für „Pecco“ beinahe schief, als er nur auf P4 in die letzte Kurve stach, doch der auf P2 liegende Joan Mir patzte und so kam er zu seinem Podium. Im zweiten Rennen in Katar machte der Italiener nicht viel falsch, aber Johann Zarco und diesmal sogar dazu Rookie Jorge Martin waren schlicht besser als der Neuzugang im Ducati Werksteam. Da Bagnaia im Vorjahr in Portugal bereits nach der ersten Runde aufgegeben hatte, fällt eine Beurteilung seiner Leistung schwer. Im Qualifying war er nur fünfzehnter und nun ist der Druck wesentlich höher. Noch liegt der Mann aus der Fiat-Stadt Turin jedoch auf dem komfortablen 4. WM-Rang.
Jack Miller (Ducati Lenovo): Ausgerechnet, als er von vielen als WM-Favorit bezeichnet wurde und dies auch selbst mündlich so sah, kämpfte der Australier beim Saisonauftakt mit Arm-Pump Problemen. Die Ursachen dafür liegen angeblich oft nicht nur an einer Überbelastung, sondern wie mehrfach zu lesen war, auch an einer Verkrampfung im Unterarm. Frisch operiert, wird es für Miller nicht leicht, seinen zweiten Platz aus dem Vorjahr zu verteidigen. In den nächsten beiden Rennen wird Jack jedoch Leistung zeigen müssen und versuchen, zumindest zu den besten Ducatis zu gehören. Andernfalls wird es bald eng für ihn und mit zu starkem Leistungsdruck besteht die Gefahr zu unnötigen Fehlern. Nach nur zwei Rennen wurde „Jack Ass“ vom Favoriten zum Herausforderer, so schnell kann es gehen.


Alex Rins (Suzuki Ecstar) – WM-Fünfter vor Portugal: Im Gegensatz zu letzter Saison startete der Spanier diesmal verletzungsfrei und zeigte zwei ansprechende Resultate. Ab jetzt gehören die Suzuki Piloten auf beinahe jeder Strecke in Europa zu den Topfavoriten. Dies gilt zumindest bei Betrachtung der Resultate aus dem Vorjahr. Ausgerechnet der Autodromo do Algarve bildete 2020 dabei jedoch die Ausnahme, zieht man letzte Saison zum Vergleich her. Insofern wird der Grand Prix von Portugal für die Blau-Silbernen zu einem Schlüsselerlebnis beim Europa-Auftakt. Im Vorjahr startete er dort von P10, während sein Teamkollege als vorletzter ins Rennen gegangen war.
Joan Mir (Suzuki Ecstar) – WM-Sechster vor Portimão: Der amtierende Weltmeister war von den meisten Konkurrenten vor dem ersten Rennen der Saison meistgenannter Favorit. So schlecht war sein Auftakt in das Jahr 2021 gar nicht, wie viele denken mögen. Seine Stärke war im Vorjahr die Konstanz und ein Sieg reichte ihm zum ersten Titel. Für viele Beobachter galt dieser sogar als Geschenk seines Teamkollegen, was bei Betrachtung der Aufzeichnung von Valencia nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Unabhängig davon dürfte für den jungen Mann aus Palma de Mallorca jedoch wie bei Rins das Resultat in Portugal und danach Jerez vorentscheidenden Charakter haben.

Jorge Martin (Pramac Ducati) – WM-Rang 7 vor Portugal: Der Madrilene ist nicht nur aufgrund seiner Herkunft eine Ausnahme-Erscheinung in der MotoGP. Sein trotzdem er aus der Hauptstadt Spaniens kommt, recht dunkler Teint läßt vermuten, dass er ein sogenannter Sonnyboy ist. Nach Platz 3 beim zweiten Lauf in Katar war er dies zumindest unbestritten. Als Rookie im zweiten Rennen aufs Podest, das schafften vor ihm nur sehr wenige Fahrer in der Königsklasse. Aber Losail war sehr speziell und nun kommt die Phase, wo er diese Resultate zuerst bestätigen sollte, bevor man ihn vorschnell als kommenden Topfahrer bezeichnet. Wie eingangs erklärt, kommt nun eine völlig andere Welt auf die Fahrer zu. Natürlich freuen wir uns mit ihm, sofern Jorge die Fortsetzung seiner Erfolgsstory gelingt.
Aleix Espargaró (Aprilia Gresini) – WM-Achter vor Portimão: Für den Fitness-Guru aus Granollers gab es eigentlich wenig zu reklamieren, was seine Resultate im ersten Doppelrennen betraf. Doch der in Andorra lebende Aleix ist ein Fighter vor dem Herrn. Im Topspeed hatte er keine Chance gegen fast sämtliche Konkurrenten und nur deshalb war er am Ende nur auf P10 im zweiten Losail Rennen zu finden. Trotz seinem Topspeed Manko jedoch beim Saisonauftakt davor achter zu werden, war schlicht Weltklasse. Der Autodromo do Algarve ist eine Fahrerstrecke, allerdings mit einer für seinen Geschmack zu langen Start-Ziel-Geraden. Trotzdem wird man bei den nächsten Rennen mit ihm rechnen müssen.

Pol Espargaró (Repsol Honda) – WM-Rang 10 vor Portimão: Nachdem Losail mit nur sehr wenigen Testtagen eine sehr spezielle Strecke bei extremen Bedingungen war, kommt erst ab Europa die Stunde der Wahrheit für den Katalanen. Ihm muss man zugutehalten, dass seine Strategie, in Katar vor allem sitzen zu bleiben, so weit aufging. Zu viele Punkte verlor er auf die besten noch nicht und ab dem GP von Portugal wird es bei ihm besonders spannend. Mit Ausnahme von Miguel Oliveira war er auf P4 im Vorjahr der einzig erfolgreiche KTM Pilot in Portimão. Trotz Praxis-Rückstand auf der Honda RC213V geht es für ihn ab sofort um die Wurst. Entweder er scheitert in den nächsten beiden Rennen oder er bestätigt sich als Hoffnungsträger von HRC.
Enea Bastianini (Avintia Esponsorama Ducati) – WM-Elfter vor Portugal: Der Italiener hat als Rookie in Losail nur 6 Punkte weniger als Rookie-Kollege Jorge Martin geholt. Wie dieser hat er das Handicap, auf der extrem anspruchsvollen Strecke von Portimão mit der MotoGP Ducati noch nie gefahren zu sein. Beide haben auch viel weniger Testtage, als vor der Pandemie die Neulinge in der Königsklasse. Daher gilt für ihn, wie auch Martin und Luca Marini, das Risiko zu dosieren und keine gravierenden Fehler zu begehen. Mit diesem Rezept wurde „la Bestia“ im Vorjahr Moto2 Weltmeister. Gut möglich, dass er trotz Nachteil im Vergleich zu den etablierten Fahrern auch auf dem Autodromo do Algarve erneut positiv überrascht.

Valentino Rossi (Petronas Yamaha SRT) – WM-Rang 14 vor Portugal: Der Altmeister zeigte trotz Reifenproblemen bereits beim Saisonauftakt eine gar nicht so schlechte Leistung, wie viele dies sahen. Kämpferisch war er sogar auch im zweiten Losail GP absolut der alte, aber den letzten Punkt verpasste Valentino um knapp viereinhalb Sekunden. Ihn vorschnell abzuschreiben könnte verfehlt sein. Trotzdem wird er es vor allem beim Europa-Auftakt sehr schwer haben, zieht man sein Resultat in Portimão aus dem Vorjahr in Betracht. Der Liebling der Massen war im November 2020 jedoch trotz Startplatz 17 nur hauchdünn hinter Viñales auf P12 ins Ziel gekommen. Einmal mehr hängt für Rossi deshalb wieder sehr viel von FP2, FP3 und Qualifying ab.
Franco Morbidelli (Petronas Yamaha SRT) – WM-Fünfzehnter vor Portimão: Der Vizeweltmeister hatte einen Auftakt, wie er ihn sich schlechter kaum vorstellen konnte. Wie Teamkollege Rossi nur 4 Punkte zu holen und im ersten Rennen dazu chancenlos, das hört sich nach einem Desaster an. Eine Sekunde schneller über 22 Runden gesehen, wäre der Italiener jedoch hinter Bagnaia im 2. Rennen siebter geworden. Er muss den Reset-Knopf drücken und nur nach vorne schauen, was er natürlich selbst gut weiss. Morbido stand beim GP von Portugal 2020 auf dem Podium und sollte er diese Leistung wiederholen, ist er sofort wieder im Geschäft. Zusammen mit Yamaha Markenkollege Quartararo war er der einzige, der 2020 dreimal gewann. Dies allein reicht, um ihn auch diese Saison auf der Rechnung zu haben.

Die restlichen Honda- und die KTM-Piloten vor dem GP von Portugal:
Mit Ausnahme von Lokalmatador Miguel Oliveira haben die KTM aktuellen Fahrer im Rennen von 2020 nicht zu überzeugen vermocht. Zusammen mit Testfahrer Bradl waren 3 Hondas in den ersten neun. Für die beiden LCR Piloten Takaaki Nakagami und Alex Marquez gilt es unbedingt, ihre Leistung aus dem Vorjahr zu bestätigen. Andernfalls ist für sie der Zug abgefahren. Binder wie Oliveira stehen beim GP von Portugal stark unter Druck, was natürlich auch für die Tech 3 Piloten Petrucci und Lecuona gilt. Letzterer wird jedoch seinen Platz wohl an Remy Gardner abgeben müssen, der bereits die Zusage für 2022 von KTM hat. Auch Petrux hat seinen Posten nicht auf sicher und fährt in den nächsten Rennen um die pure Existenz in der Königsklasse. Bei sämtlichen genannten Fahrern und auch den beiden LCR Honda Piloten gilt die Frage: Top oder Flop? Die Antwort darauf wissen wir erst am Sonntag, dem 18. April um kurz vor 14 Uhr Ortszeit (15 Uhr MEZ).

Der aktuelle WM-Stand der MotoGP

Das Resultat des GP von Portugal im November 2020

Der Zeitplan für den Grand Prix von Portugal

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).
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