Von uns im Juli 2019 in Donington Park bei der Anfahrt zur Kurve 10, genannt Melbourne Hairpin fotografiert, als Toprak Razgatlioglu gerade innen am bisherigen Leader Jonathan Rea vorbeiging. Damals noch auf Puccetti Kawasaki unterwegs, wechselte er zum Saisonende zu Pata Yamaha.

Team-Vorstellung vor Saisonbeginn – Pata Yamaha

Zusammen mit den drei BMW Teams ist Pata Yamaha eines der Fragezeichen für die neue Saison. Ursprünglich wurde Toprak Razgatlioglu nach guten Saisonende 2019 vielerorts als der kommende Mann gehandelt. Wir wunderten uns bereits nach seinem ersten Sieg beim Saisonauftakt 2020 für Yamaha, wieso ihn viele zum kommenden Weltmeister hochstilisierten. Wenig überraschend erwiesen sich die Artikel mancher Schreiberlinge wenig später als kaum das Papier wert, auf welches man sie hätte drucken können. Keiner und auch wir nicht bezweifeln dabei das riesige Talent, was im jungen Türken schlummert. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Frühling und Konstanz bewies er auch 2020 nicht. Im Gegenteil gab es früh Rückschläge und nach starkem Auftakt in Australien war 2020 und zwei guten Runden in Jerez und Portimão war beim Türken erst das Finale in Estoril wieder wirklich überzeugend.

Toprak Ragzgatlioglu von uns im Mai 2019 in Imola nach Platz 3 beim Interview fotografiert – meist dauert dieser Teil beim wortkargen Sohn eines in seinem Land berühmten früheren Stunt-Fahrers sehr kurz.

Das neue Team mit noch vielen Unbekannten
Den Niederländer Michael van der Mark nach seinem Weggang zu BMW mit Rookie Andrea Locatelli zu ersetzen, empfanden viele Beobachter als riskante Entscheidung von Yamaha Zampano Andrea Dosoli. Auf der andern Seite hatte sich dessen schneller Landsmann mit seiner überlegenen Saison 2020 in der WSSP 600 förmlich für eine Beförderung aufgedrängt. Trotzdem hatten viele Aussenstehenden eher US-Boy Garrett Gerloff im für 2021 neu als „Pata Yamaha with Brixx WorldSBK“ benannten Team erwartet. Immerhin fuhr der junge Mann aus Alzano Lombardo auf Anhieb sehr ansprechende Zeiten. Aber dies gelang der ebenfalls mit italienischen Wurzeln versehene Sandro Cortese als Rookie 2019 auch, während er es danach jedoch leider nie aufs Podium schaffte. Damit gehört das neue Team mit noch vielen Unbekannten zu denjenigen mit einem großen Fragezeichen dahinter.

WorldSBK Rookie Andrea Locatelli (links) und sein Teamkollege Toprak Razgatlioglu bei der Teamvorstellung von Pata Yamaha with Brixx WorldSBK. Ein sehr interessantes Duo, aber viele bezweifeln, ob sie 2021 konstant ganz vorne mitmischen können.

Die Ursprünge von Pata Yamaha
Der Snack Hersteller aus Italien war vor dem Einstieg bei Yamaha als Hauptsponsor bei Ten Kate Honda engagiert. Nachdem bei einem privaten Ducati Team aus Italien als Namensgeber im Jahr 2012 unter Vertrag, hatte die bekannte Firma aus dem Land der Pizza zwei Jahre lang die Bikes von Jonathan Rea und seinem damaligen Teamkollegen Leon Haslam auf deren Verschalungen geziert. Erst ein Jahr nach dem Wechsel des Nord-Iren zu Kawasaki entstand das Bündnis von Pata mit Yamaha Europa. Die ersten beiden Fahrer waren 2016 Alexx Lowes und Sylvain Guintoli, welcher damit von Pata Honda zu Pata Yamaha gewechselt hatte.

Jonathan Rea auf Pata Honda in der Saison 2014 – immerhin 5 Siege kamen mit dieser Liaison zustande, einer im Jahr davor und deren 4 im letzten Honda-Jahr des besten Superbike Fahrers aller Zeiten, bevor er zu Kawasaki wechselte und für die Grünen endgültig durchstartete.

Die Verbindung Pata-Yamaha – ein treuer Sponsor trotz bescheidenem Erfolg

Ähnlich wie Red Bull für KTM erwies sich Pata als wahrer Glücksfall für Yamaha Europa. Sieht man sich die Bilanz der Erfolge an, wirkt diese vergleichsweise zu anderen Spitzenteams mehr als bescheiden. In den ersten beiden Jahren 2016 und 2017 gelang den Fahrern kein einziger Sieg. Daran hatte sich in der zweiten Saison auch nichts geändert, als anstelle von Sylvain Guintoli „Magic Michael“ van der Mark zu den Blauen gewechselt hatte. Erst im Jahr 2018 war es dem Niederländer in der 6. WM-Runde in Donington Park zu verdanken, dass damals sogar mit einem Doppelsieg die Truppe ihren ersten Triumph feiern durfte. Im selben Jahr legte Alex Lowes in Brünn nach, wobei er dabei nicht seinen heutigen Teamkollegen Rea im direkten Kampf schlagen musste. Dieser war durch seinen damaligen Boxen-Nachbar Sykes behindert worden und damit in Turn 12 gecrasht.

Alex Lowes (Pata Yamaha, links im Bild) von uns vor dem Start in Brünn im Juni 2018 fotografiert – das Wochenende seines ersten WorldSBK Sieges in Tschechien dürfte der aus Lincoln stammende Engländer wohl kaum je vergessen.

Der bisher erfolgreichste Pata Yamaha Fahrer ist nicht mehr mit dabei
Mit vier Siegen ist es Michael van der Mark, der damit exakt für die Hälfte der bisherigen Triumphe des Yamaha Werksteams zuständig war. Nebst Lowes und dem Mann aus Gouda war es bisher nur Toprak Razgatlioglu vergönnt, für die Blauen zuoberst auf dem Treppchen zu stehen. Gleich beim Saisonauftakt in Australien das erste Mal und weitere zwei Siege beim Finale in Estoril, dort allerdings begünstigt durch einige Missgeschicke seitens Rea und Redding, was die Leistung des Türken damit aber nicht schmälern soll. Er gehört nebst Davies, Lowes, van der Mark, Rinaldi und Bautista zu den wenigen Fahrern, welche den 6-fachen Weltmeister auch im direkten Kampf bereits zu schlagen vermochten.

Die beiden Pata Yamaha Asse Michael van der Mark, vorne im Bild und Razgatlioglu mit der Nummer 54 von uns in Kurve 4 genannt Honda Corner am 1. März 2020 in Phillip Island (Australien) fotografiert. Leider ist Loris Baz mit der 76 und sein damaliges Ten Kate Yamaha Team diese Saison nicht mit dabei. Infolge der Corona-Pandemie brach deren Sponsoren-Unterstützung zusammen und der schnelle Franzose fährt nun auf einer Ducati die MotoAmerica Superbike Meisterschaft.

Wie stehen die Chancen von Pata Yamaha with Brixx WorldSBK?

Für einzelne Siege dürfte es vor allem Razgatlioglu unbestritten wieder reichen, womit er „Magic Michael“ wohl kommende Saison als bisher erfolgreichsten Pata Yamaha Fahrer ablösen wird. Nach wie vor trauen dem erst 24-jährigen Türken aus Alanya nur die größten Optimisten zu, um den Titel mitkämpfen zu können. Diesmal kommt bei ihm laut eigener Aussage vor wenigen Tagen noch ein Trainings-Defizit dazu. Als er nach überstandener Covid-19 Infektion in seine Heimat zurückkehrte, war dort Ramadan und wie er zu Protokoll gab, war an ein vernünftiges Training ohne Essen und Trinken tagsüber dabei nicht zu denken. Vielmehr jedoch ist sein Handicap zumindest bisher seine mangelnde Konstanz gewesen. Erst wenn er es schafft, permanent ums Podium zu kämpfen, gehört er zu den Mitfavoriten auf den Titel. Von seinem neuen Teamkollegen spricht davon sowieso keiner, er muss in seiner Rookie Saison erst noch beweisen, dass er die direkte Beförderung ins Werks-Team auch wirklich verdient hat.

Die kleine türkische Fan-Delegation von Toprak von uns beim WorldSBK Event im April 2019 auf der Haupttribüne fotografiert – diese Saison werden sie wie bereits im Vorjahr leider nicht vor Ort mit dabei sein dürfen, um ihr Idol zu unterstützen.

>Aragon Vorschau: siehe separaten Bericht auf dieser Seite.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).