Jack Miller (Ducati Lenovo) – innert zweier Rennen vom selbsterklärten WM-Favoriten zum Mister 80 Prozent gewandelt. Der Australier sieht sich selbst nach seiner Arm-Pump Operation nur noch als Aussenseiter für den GP von Portugal.

Zusammenfassung der wichtigsten Facts vor dem ersten freien Training

Jack Miller war nebst den KTM Piloten der Mann, der am ehesten von einem komplett vermasselten Saisonauftakt in Katar reden kann. Nach seiner Bestzeit am letzten Testtag in Losail als Hauptfavorit ins Rennen gegangen, kam der Australier zweimal nacheinander nur auf Platz 9 ins Ziel. Schlechter war von den Fahrern, die im Vorjahr wie er noch einige Glanzpunkte zu setzen vermocht hatten nur die KTM Truppe. Weil Brad Binder im zweiten Rennen von Katar wenigstens mit P8 noch eine deutliche Steigerung gelang, kann man ihn dabei noch halbwegs ausnehmen. Aber Petrux, Oliveira und der in der MotoGP seit 2020 absolut fehl am Platz wirkende Lecuona gingen fürchterlich durch die Hölle.

Alex Rins (Suzuki Ecstar) – einer der ganz heissen Kandidaten für die Fortsetzung der Saison ab Portugal. Sofern er sich nicht verletzt, ist er einer der Männer mit dem höchsten Steigerungspotenzial gegenüber dem Saisonauftakt in Katar.

Die Verwirrung von KTM kennt kaum Grenzen
Bei einem Interview mit dem so gut wie hauseigenen News-Portal von Red Bull Media sprach der Sportchef des österreichischen Herstellers deutliche Worte zum kompletten Versagen am ersten Doppelrennen der Saison. Dass die Verwirrung von KTM kaum Grenzen kennt, war alleine schon dadurch festzustellen, dass der Mann im Rollstuhl ernsthaft von der mittlerweile vierten Saison in der MotoGP dabei sprach. Seit deren Einstieg 2017 sind sie jedoch bereits im 5. Jahr. Wenn Pit Beirer derart verwirrt und verzweifelt wirkt, kann man sich den Rest gut ausmalen, wie hoffnungslos die Orangen derzeit ihre eigene Situation sehen.

Danilo Petrucci auf seiner geliebten Ducati in der Saison 2020 – die KTM scheint bisher überhaupt nicht zu ihm zu passen. Nach Iker Lecuona ist er der nächste Kandidat, dem bei Tech 3 eine nur kurze Karriere zugetraut wird. Der sympathische Norditaliener wirkt bei den Orangen völlig auf verlorenem Posten und scheint sich im französischen Team von Hervé Poncharal nicht wirklich wohl zu fühlen und das liegt bestimmt nicht nur daran, dass er die italienischen Pasta bei Ducati derart vermisst.

Die Töne wurden merklich leiser
Interessant daran auch, dass der Deutsche damals noch sämtliche Gegner verhöhnte, als KTM durch die in Österreich frühere Lockdown-Aufhebung extrem profitiert hatte. Dabei hatten sämtliche anderen Teams inklusive Aprilia keine Chance zum Testen bis kurz vor Saisonbeginn gehabt. Ohne ihren extremen Testvorteil im Vorjahr und Pol Espargaró droht nun wieder der Absturz in die Drittklassigkeit. Dass die Töne von Beirer nun merklich leiser wurden, steht ihm laut vielen Stimmen aus dem MotoGP Paddock derweil definitiv gut. Interessant wird sein, ob beim Europa-Auftakt wieder eine Steigerung gelingt, ansonsten wird es schon bald eng für die Orangen. Immerhin steht bereits fest, dass anstelle des blass gebliebenen Iker Lecuona für Tech 3 Remy Gardner nachrücken wird.

Brad Binder (Red Bull KTM) – der Südafrikaner holte mit Platz 8 im zweiten Rennen von Losail das einzige Top Ten Ergebnis im Doppel-Event in Katar. Zumindest in Portugal trauen viele seinem Teamkollegen Oliveira nach dessen Vorjahressieg ein Ergebnis unter den besten 5 zu. Aber derzeit ist der Wurm bei den Orangen drin, wobei Pedrosa bereits in Jerez laufend Testrunden abspulte. Womöglich bringt der Europa-Auftakt die erhoffte Wende für KTM.

Andrea Dovizioso und Aprilia – ein weiterer Test in Mugello im Mai geplant

Die Erwartungen vieler Fans haben sich, zumindest vorerst noch nicht erfüllt. Der Mann aus Forlimpopoli fuhr in Jerez soeben probehalber für 3 Tage die Aprilia. Aber bis auf einen weiteren Test am 11. und 12. Mai in Mugello gab es keine von vielen erhoffte Nachricht für einen baldigen Einsatz beim Rennen. Trotzdem besteht dazu noch Hoffnung und wenn der Norditaliener wirklich in die MotoGP zurückwill, ist zumindest ein Wildcard-Einsatz für Aprilia dazu das probate Mittel. Ohne dass er nächstens sein Gesicht im Paddock und bei einem Rennen zeigt, ist fragwürdig, ob er von einem Spitzenteam nochmals ein Angebot erhalten wird.

Andrea Dovizioso in Jerez de la Frontera auf der Aprilia – seine Nummer 4 würde gut auf dieses Bike passen, finden viele seine Landsleute und wir pflichten ihnen dabei gerne zu. Ohne weitere Renn-Einsätze im Lauf des Jahres gilt die Rückkehr von Dovi in Expertenkreisen als höchst fragwürdig.

Andrea Dovizioso zu seinem Aprilia Abenteuer:Es war ziemlich aufregend, wieder in den Sattel eines MotoGP-Motorrads zu steigen, und dafür möchte ich mich bei Aprilia Racing bedanken. Es waren drei sehr interessante Tage, die hauptsächlich der Suche nach der besten Position auf dem Fahrrad gewidmet waren. Gemeinsam haben wir beschlossen, in etwa einem Monat einen weiteren Test in Mugello durchzuführen und in der Zwischenzeit an einigen Aspekten des Motorrads zu arbeiten. “

Johann Zarco (Pramac Ducati) – der für viele Beobachter überraschende WM-Leader. Am 19. Dezember 2020 hatten wir in einem Rück- und Ausblick davor gewarnt, den Franzosen zu unterschätzen. Seit dem Doppelrennen von Losail erübrigt dies jedenfalls völlig. Nachdem er der überragende Mann bei Ducati war, haben ihn endgültig alle auf dem Radar.

Der „neue“ Fabio Quartararo – fast ohne Druck in die Europa-Saison

Im Vorjahr war es wohl Fluch und Segen, dass er nach dem ersten Doppelrennen der MotoGP Geschichte in Jerez mit zwei Siegen WM-Leader war. Nicht nur er, sondern vor allem auch Yamaha hatte mit den neuen Michelin Reifen oft riesige Probleme. Derzeit deutet vieles darauf hin, dass die neue M1 auch in Europa funktionieren dürfte wie erhofft. Was den jungen Franzosen und seinen Monster Energy Yamaha Teamkollegen Maverick Viñales betrifft, dürfte für die beiden die Bahn für eine starke Saison damit frei sein. Die Wahrheit dazu weiss man jedoch erst am Sonntag nach dem Rennen von Portugal. Vor allem auch der Spanier muss zunächst nun einmal beweisen, dass er eine konstante Saison schafft und permanent vorne mitmischen kann.

Fabio Quartararo (Monster Energy Yamaha) – nach Platz 5 und einem Sieg in Losail reist der Franzose als WM-Zweiter hinter seinem Landsmann Johann Zarco in Portugal an. Vieles deutet darauf hin, dass wir diese Saison einen neuen und wesentlich gefährlicheren Fabio sehen. Dasselbe gilt erst recht für Zarco, der endlich das Paket hat, mit welchem er sein wahres Potenzial aufzeigen kann. Eine erste Kostprobe erlebten wir in Katar.

Der ehemalige König der „Saves“ kehrt zurück

Damit haben wir den wichtigsten Aspekt vor der Rückkehr von Marc Marquez nach vierteljähriger Zwangspause auf seine Repsol Honda gleich im Übertitel erwähnt. Zwanzig bis dreissig Stürze waren bei ihm pro Saison jeweils die Regel. Der Autodromo do Algarve nahe Portimão ist eine extrem anspruchsvolle Strecke, auf welcher es bis auf die lange Start-Ziel-Gerade kaum Erholungs-Pausen gibt. Wir hätten jederzeit dagegen gewettet, dass er es ausgerechnet hier mit seinem Comeback probiert. Aber man kann Marquez nicht mit normalen Maßstäben messen, dies ist auch uns natürlich absolut bewusst. Sofern er sämtliche freien Trainings und das Rennen fährt, wissen wir erst am Sonntagnachmittag, ob es ein Fehler war nicht bis Jerez zu warten. Klar ist zumindest bei ihm, dass wenn er fahren wird, er dabei keine Zurückhaltung kennt. Sonst wäre er nicht Marc Marquez.

Alex Marquez (LCR Honda) – mit seinem Saisonauftakt in Katar alles andere als ein gutes Vorbild für seinen älteren Bruder. Ein Knochenbruch im Fuß bei den Testfahrten und in beiden Rennen von Losail gestürzt. Dies gilt es für den ebenfalls extrem Sturz anfälligen Marc Marquez möglichst zu verhindern.

Der mögliche Spielverderber für Marquez und die Rookies – das Wetter

Sofern die aktuelle Prognose vom 14. April für am Freitag eintritt, dürfte das Comeback von Marquez genauso wie das der Rookies unter einem eher schlechten Stern stehen. Aktuell ist nämlich für Freitag ab Mittag Regen angesagt. Derzeit liegt laut der Vorhersage die Wahrscheinlichkeit bei rund 75 Prozent. Sollte dies eintreten, besteht die Gefahr, dass nur das FP1 trocken bleibt und somit lediglich 45 Minuten Eingewöhnungszeit. Dies würde es natürlich für alle Piloten deutlich erschweren, aber am meisten selbstverständlich für diejenigen, welche auf ihren derzeitigen Bikes in Portimão noch nie gefahren sind. Dies gilt natürlich für sämtliche Klassen und würde diejenigen Fahrer bevorteilen, welche auf dem Autodromo do Algarve bereits viele Kilometer absolviert hatten. Allen voran Miguel Oliveira, Aleix Espargaró und HRC Honda Ersatz Bradl.

Miguel Olivera (Red Bull KTM) – der Mann mit der größten Streckenkenntnis in Portimão und als Vorjahressieger einer der Favoriten für das Rennen am Sonntag. Im Gegensatz zu den meisten seiner Gegner kann ihm die Prognose für am Freitag egal sein, sofern es am Sonntag zum Grand Prix von Portugal nicht nass sein wird. Bei feuchten Verhältnissen hat der Lokalmatador nämlich noch relativ wenig MotoGP Praxis aufzuweisen.

Der Zeitplan für den Europa-Auftakt in Portugal

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).