
Misano World Circuit Marco Simoncelli mit Runde 4 der WSBK
Nahe Rimini und nur wenige Kilometer von der Adriaküste entfernt, findet bei voraussichtlich perfektem Frühsommer-Wetter nach langer Pause die vierte Runde der WorldSBK statt. Die 1972 bei Santamonica in Betrieb gegangene Strecke wurde ein Jahr nach dem tödlichen Unfall von Marco Simoncelli 2011 in der MotoGP in Sepang (Malaysia) nach ihm benannt. Der Italiener war in Cattolica, ganz in der Nähe dieser Strecke aufgewachsen und hatte bei einem Gastspiel auf einer Aprilia RSV4 im Jahr 2009 im zweiten Rennen in Imola mit Rang drei auch in der WSBK für Furore gesorgt. Die seriennahe Weltmeisterschaft gastierte erstmals 1991 in Misano, als der US-Amerikaner Doug Polen auf der privaten „Fast by Ferracci“ Ducati 888 beide Rennen gewann und das Werksteam seiner Marke mit deren Werkspiloten Raymond Roche und Giancarlo Falappa blamierte, als er unglaubliche 17 von 26 Rennen in dieser Saison gewann.

Die aktuellen Fahrer und ihre Bilanz in Misano
Bislang erfolgreichster Pilot auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli ist Jonathan Rea, der auf Honda 2009 hier bereits in seinem Debütjahr mit Lauf 2 seinen ersten Sieg holte. Die Marke des 6-fachen Weltmeisters steht aktuell bei 8 und dieses Jahr könnte ihn Alvaro Bautista theoretisch überholen, da der Spanier seit 2019 hier bereits 6 Mal gewann. Die Sache hat jedoch, wie in der WorldSBK üblich, einen eindeutigen Schönheitsfehler. Rechnet man wie in der MotoGP nur die Laufsiege über die volle Distanz in der Statistik mit, liegt der amtierende Weltmeister bei nur 4 Siegen, weil er zwei Läufe im Sprint gewann. Von den aktiven Piloten liegen BMW Neuzugang Toprak Razgatlioglu und der ehemalige Ducati Werkspilot und nun Motocorsa Privatfahrer Michael Ruben Rinaldi mit je einem Laufsieg über die volle Distanz und je einem Triumph im Tissot Sprint-Race gleichauf. Bautista hat an Misano nicht nur gute Erinnerungen. was definitiv auch für Jonathan Rea gilt, der sich hier im Warm-Up am 12. Juni 2011 bei einem heftigen Crash mit seiner Ten Kate Honda CBR-1000RR den ersten herben Rückschlag in seiner noch jungen WorldSBK-Karriere erlebte. Mit einer gebrochenen Speiche und Bänderverletzungen fiel der Nord-Ire damals für ganze 4 Runden aus.

Streckenlayout seit dem Umbau auf die Saison 2007
Der praktisch flache Kurs von Misano ist eine sogenannte Stop- and go Strecke, mit einigen sehr engen Kurven und dadurch vielen Strecken-Abschnitten, bei welchen eine gute Beschleunigung sehr wichtig ist. Aus diesem Grund ist die MotoGP Replica Ducati Panigale V4R seit 2019 durch ihre Bevorzugung seitens der FIM, mit wesentlich höherer Maximaldrehzahl gegenüber der Konkurrenz deutlich im Vorteil. Die Curvone (Kurve 11) ist eher ein Rechts-Knick und die Fahrer der kleineren Klassen fahren sie stets mit Vollgas. Seitdem Misano nach dem umbau ab Ende 2006 im Uhrzeigersinn befahren wird, verfügt der Kurs über 6 Links- und 10 Rechtskurven. Die längste Gerade ist mit 530 Meter bei Start-Ziel. Die Tribünen bieten insgesamt Platz für rund Sechzigtausend Zuschauer, wobei es zwischen den Kurven 7 und 12 sehr viele Naturtribünen gibt, auf welchen die Besucher insbesondere bei Turn 8 und 11 einen sehr guten Blick über weite Teile der Strecke genießen. Im Gegensatz zur 2024 neuen Strecke von Cremona sind die Preise für Besucher auch absolut im vernünftigen Rahmen, wenn auch deutlich teurer als beispielsweise in Assen, Jerez oder Barcelona.

Die Ausgangslage vor der vierten von 12 WSBK Runden
Während Jonathan Rea für den WM-Titel nach einem katastrophalen Saisonbeginn auf der für ihn neuen Yamaha R1 bereits nicht mehr infrage kommt, deutet sich derzeit ein Dreikampf dafür an. Nebst Favorit und Titelverteidiger Alvaro Bautista gehört auch sein neuer Ducati Werksteam-Kollege Nicolo Bulega und für die meisten Beobachter sehr überraschend, auch BMW Neuzugang Toprak Razgatlioglu 2024 dazu. Nach dem ersten Saisonviertel liegt der Türke noch in Tuchfühlung knapp hinter dem Spanier und auch der italienische Rookie aus Montecchio Emilia (südöstlich von Parma und rund 220 km von der Strecke entfernt) lediglich knapp dahinter. In Lauerstellung folgen Alex Lowes (Kawasaki), die beiden Italiener Iannone (Ducati) und Locatelli (Yamaha), sowie Michael van der Mark (BMW) und Remy Gardner auf der zweitbesten Yamaha. Gerade letzterer ist ein Versprechen für die Zukunft und nach seinem ersten Podium in Assen durchaus ein Anwärter für die Top drei oder zumindest fünf in den kommenden Runden. Dies gilt natürlich auch für Jonathan Rea, sofern er sich zusammen mit seinem Team die Yamaha R1 endlich zu „seinem Motorrad“ anzupassen gelingt. Den Rekordweltmeister darf man nicht zu früh abschreiben.

Die erfolgreichsten WSBK Piloten der Geschichte in Misano
Insgesamt gastierte die WSBK von 1991 bis 2019 bereits 33 Mal in Misano und es wurden in dieser Zeit 66 WM-Läufe ausgetragen, womit es bis zur Pandemie keine einzige Absage für ein Rennen gab. Dazu kam noch ein Sprintrennen, durch das seit 2019 eingeführte Superpole-Race. Nachdem 2020 infolge von Covid-19 keine Rennen in Italien stattfanden, kamen ab dem Folgejahr weitere drei Runden dazu. Den Rekord an Siegen hält der 6-fache Weltmeister Jonathan Rea mit 8 vor dem Aussie Troy Bayliss mit sechs ersten Plätzen und ex-aequo Max Biaggi und Alvaro Bautista (Stand bis 2023 und natürlich ohne die erst 2019 eingeführten Sprintrennen). Die erfolgreichste Marke in Misano wird noch für sehr lange Zeit Ducati bleiben, mit aktuell 30 Siegen (ohne Superpole Race) vor deren 12 von Kawasaki. Den ersten Sieg seiner WSBK Karriere holte sich Jonathan Rea 2009 in seinem Rookie Jahr aber auf Honda. Volle sechs Jahre musste der beste WorldSBK Pilot aller Zeiten sich danach gedulden, bis der erste von insgesamt danach sieben für Kawasaki folgten.

Unser Hinweis auf das Statistik-Wirrwarr
Weil es für die Sprintrennen nur halbe Punkte gibt, distanzieren wir uns lieber von der in der Regel für die WorldSBK fast allseits verwendeten, üblichen Zählweise und halten uns an die Regeln wie in der MotoGP. Dort werden stets nur Grand Prix Erfolge voll gerechnet. Vor 2018 bestritten zudem die damaligen Helden nur die üblichen zwei Rennen über die volle Distanz und man verhindert ohne künstliche Aufwertung der Sprint-Erfolge die Abwertung ihrer Leistungen. Die spanisch dominierte Dorna versucht aber in deren (leider offiziellen) Statistik natürlich laufend die Erfolge ihres Landsmanns Bautista höher zu bewerten, als sie es in Realität wirklich sind. Aus Sicht vieler langjährigen Fans bleibt der kleine Mann aus dem Talavera de la Reina in Spanien jedoch im Vergleich zu WSBK Ikonen wie Carl Fogarty, Troy Corser, Colin Edwards oder Troy Bayliss nach wie vor ein Zwerg. Daran ändern auch sportlich fragwürdige Summierungen nichts, wenn man von bloßem Auge erkennen kann, wie der amtierende Doppelweltmeister auf den Geraden nicht einmal einen Windschatten benötigt, um oft mehrere Konkurrenten gleichzeitig zu überholen.

Der sportliche Wert der beiden Ducati Titel 2022 und 2023
Wer es nicht durch die (Ducati-)rote Brille sieht, betrachtet die Leistungen von Bautista skeptischer als die Dorna-Offiziellen. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass Alvaro in seinen beiden Honda Jahren trotz schneller Maschine lediglich zwei dritte Plätze holte, sowie bescheidene WM-Ränge 9 und 10 in den Jahren 2020 und 2021. Seine Überlegenheit in den Jahren 2019, 2022 und 2023 waren viel zu oft in erster Linie der PS-Überlegenheit seiner MotoGP Replica von Ducati zu verdanken. Deshalb konnte er oft genug mit wesentlich weniger Risiko als seine stärksten Herausforderer spielerisch leicht gewinnen. Eigentlich kein Wunder, hatte seine Panigale V4R praktisch stets und auch heute noch, eine um rund 1000 U/Min höhere Maximaldrehzahl als die Yamaha und Kawasaki zur Verfügung, was einer Mehrleistung von 10 bis 20 PS gegenüber der Konkurrenz entspricht. In Kombination mit seinem wesentlich leichteren Körper-Gewicht waren und bleiben die Vorteile in Beschleunigung und Topspeed dramatisch. Daran ändern auch dieses Jahr die 3 – 4 Kilogramm Zusatzgewicht nach neuem Reglement so gut wie nichts. Mehr dazu siehe auch in unserer History auf dieser Seite, mit den Berichten über die Saison 2019.

Freitag
10.20 – 11.05 – SBK Free Practice 1
15.00 – 15.45 – SBK Free Practice 2
Samstag
9.00 – 9.20 – SBK Free Practice 3
11.00 – 11.15 – Superpole
14.00 – SBK Race 1
Sonntag
9.00 – 9.10 – SBK Warm-up
11.00 – Superpole race
14.00 – SBK Race 2
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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