Jonas Folger (BMW M-1000RR) bei seinem Test im Motorland Aragon – der ehemalige MotoGP Spitzenfahrer steht vor seiner ersten Saison in der Superbike Weltmeisterschaft. Viele trauen dem Deutschen großes zu, aber hält auch die neue BMW was sie verspricht?

Vorschau auf den WorldSBK Saisonauftakt in Aragon

Das Motorland Aragon ist eine Strecke, auf welcher vieles anders ist, als auf den meisten anderen Kursen im WSBK-Kalender. Zusammen mit San Juan in Argentinien ist es der einzige Kurs, welcher im Gegenuhrzeigersinn befahren wird. Zudem ist hier ein Fahrer derzeit noch Rekord-Inhaber, der noch nie Weltmeister wurde. Ducati Ass Chaz Davies hatte seinen ersten Doppelsieg der Karriere hier in der Saison 2013 noch auf BMW gefeiert. Davor hatte der Waliser auf Aprilia erst einmal gewonnen, es war der zweite Lauf auf dem Nürburgring im Jahr 2012 gewesen, als er zum ersten Mal zuoberst auf dem Podest stand. Derzeit führt der langjährige Erzrivale von Rekordweltmeister Jonathan Rea mit 7 Siegen die Statistik an. Aber seine Kawasaki wurde durch die FIM bereits vor dem ersten Rennen kastriert, womit der erste Skandal Realität ist, bevor die Fahrer überhaupt am Freitag zum FP1 auf die Strecke gehen.

Ein frierender Chaz Davies vor dem Start in Aragon im April 2019 bei knapp über 10 Grad Celsius von uns fotografiert – es wurde sein erster Podestplatz auf der neuen Panigale V4R. Die Siege schnappte ihm damals jedoch Teamkollege Alvaro Bautista vor der Nase weg.

Dem besten Fahrer aller Zeiten fehlt nur noch ein Sieg
Mit der neuen Kawasaki Ninja ZX-10RR ist der amtierende Weltmeister endlich auch in Aragon auf Augenhöhe mit seinen Gegnern. Seit Ducati mit der MotoGP Replica Panigale V4R laut Aussage des ehemaligen WSBK-Piloten Marco Melandri einen Tabubruch beging, war der Nord-Ire auf der langen Geraden des Motorland so gut wie chancenlos gewesen. Der Topspeed Vorteil von Alvaro Bautista auf der Ducati lag 2019 bei etwa 15 bis 25 km/h und im Jahr danach war der Spanier auch mit der neuen Honda CBR-1000RR-R Fireblade wieder pfeilschnell unterwegs. Endlich hat aber Jonathan Rea nun ein Bike, das sich auch auf der Geraden nicht mehr zu verstecken braucht. Dem besten Fahrer aller Zeiten fehlt nur noch ein Sieg, bis er mit dem GoEleven Ducati Fahrer gleichgezogen hat, sollte dieser nicht selbst seine Statistik noch aufpolieren.

Strahlemann Alvaro Bautista (links) nach seinem Sieg anfangs April 2019 von uns im Sieger-Interview fotografiert – bei seinen ersten Rennen war der schnelle Spanier auf der Panigale V4R schlicht unschlagbar gewesen. In der Mitte Jonathan Rea (Kawasaki) und daneben der derzeitige Aragon-Rekordsieger Chaz Davies, bevor in Aragon die Saison 2021 eingeläutet wird.

Welches sind die Favoriten für den Saisonauftakt in Aragonien?

Geht man nach den Erfolgen der Fahrer in deren Karriere, ergibt sich ein sehr interessantes Bild. So oder so steht über allen Jonathan Rea als amtierende und 6-facher Weltmeister. Bei ihm ist der nächste Sieg einen dicken Eintrag ins Geschichtsbuch wert, weil es die Nummer 100 wird. Gut denkbar, dass wir diese Zahl bereits beim Saisonauftakt in Aragon erleben werden und wenn nicht, hat er in Estoril noch eine Rechnung aus dem Vorjahr offen. Nach dem Kawasaki Piloten käme BMW Ass Tom Sykes mit derzeit 34 Siegen vor Ducati Hoffnung Chaz Davies (32), Alvaro Bautista (16) und sein HRC Teamkollege Leon Haslam als fünffacher Gewinner erst nach Eugene Laverty mit deren 13. Toprak und Redding stehen ebenfalls bei 5 Siegen und BMW Neuzugang van der Mark aktuell bei 4, vor Alex Lowes mit zwei. Aber natürlich hilft diese Betrachtungsweise wenig, weil die Kräfteverhältnisse auch stark vom Bike abhängen und Aragon eine sehr spezielle Strecke ist.

Scott Redding (Ducati) vor Jonathan Rea (Kawasaki), Michael Ruben Rinaldi (Ducati), Alvaro Bautista (Honda) und Chaz Davies (Ducati) in Kurve 9 beim Rennen von 2020 im Motorland Aragon. Jeder der drei hier vorne liegenden Fahrer gewann ein Rennen im ersten Corona-Jahr und der Spanier sein erstes Podium für HRC Honda auf der brandneuen CBR-1000RR-R.

Die Kräfteverhältnisse mit einigen Unbekannten
Sicher ist derzeit vor allem, dass Kawasaki seine Hausaufgaben zusammen mit Ducati und Honda offenbar am besten gemacht hat. Die Fahrer der drei Topteams, sowie Yamaha und natürlich Chaz Davies dürften die meistgenannten Favoriten sein, bevor es in zwei Wochen zum ersten Mal zum FP1 auf die Strecke geht. BMW hingegen schien mit der M-1000RR noch nicht ganz auf der Höhe der Konkurrenz zu liegen, was deren Eindruck in Aragonien betrifft. Vor allem Jonas Folger sagte klar im Interview, dass er ein sehr hartes Wochenende dort erwarte. Auch Sykes, van der Mark und Laverty gaben sich nach den Tests vor wenigen Tagen eher zurückhalten optimistisch. Wir nahen uns die Mühe und stellten die Resultate ab 2015 der wichtigsten Fahrer zusammen, soweit in Aragon bereits angetreten. Nachfolgend das Resultat für Aragon.

Die Zahlen gelten pro Saison, was ab 2019 drei Rennen beinhaltete und davor nur deren zwei. Beim Durchschnitt sieht man, dass Jonathan Rea in den letzten 6 Jahren deutlich erfolgreicher war als Rekordhalter Davies mit 7 Siegen in Aragon vor Rea mit sechs. Davies hatte 2013 das erste Mal in Aragon gewonnen und dabei gleich einen Doppelsieg für BMW geholt. Rea feierte seinen ersten Triumph im Motorland im Jahr 2015, seiner ersten Saison für Kawasaki, davor war er mit der Honda stets chancenlos gewesen.

Die Übersicht der Aragon Tests bis 7. Mai, ohne die HRC Honda Zeiten (da nicht bekannt gegeben):
1. Jonathan Rea (GB), Kawasaki, 1’48,528 (absoluter Rundenrekord aus 2020: 1’48,860 von J. Rea)
2. Scott Redding (GB), Ducati, 1’48,780
3. Alex Lowes (GB), Kawasaki, 1’49,182
4. Michael Ruben Rinaldi (I), Ducati, 1’49,205
5. Garrett Gerloff (GRT Yamaha), 1’49,439
6. Chaz Davies (GB), Ducati, 1’49,610 min
7. Toprak Razgatlioglu (TR), Yamaha, 1’49,763
8. Tom Sykes (GB), BMW, 1’49,857
9. Andrea Locatelli (I), Yamaha, 1’50,257
10. Eugene Laverty (IRL), BMW, 1’50,604
11. Michael van der Mark (NL), BMW, 1’50,781
12. Jonas Folger (D), BMW, 1’50,815
13. Axel Bassani (I), Ducati, 1’51,146
14. Kohta Nozane (JAP), Yamaha, 1’51,277
15. Isaac Vinales (E), Kawasaki, 1’51,724
16. Chris Ponsson (Alstare Yamaha), 1’52,269

Chaz Davies (GoEleven Ducati Racing) mit dem Parador im HIntergrund, dem Wahrzeichen von Alcaniz, das weit über der Kleinstadt trohnt. Trotzdem der Waliser nicht mehr für das Aruba.it Ducati Werksteam fährt, gehört er aufgrund seiner vielen starken Rennen auf dieser Strecke mit zu den Podiums-Favoriten.

Zeitplan für das erste Rennwochenende

Motorland Aragon Streckenkarte

Die WorldSBK fährt seit 2011 in Aragon und den ersten Sieg holte damals Marco Melandri auf Yamaha, während Aprilia Ass Max Biaggi den 2. Lauf gewonnen hatte. Im Jahr danach gewannen erneut die beiden Italiener, aber in umgekehrter Reihenfolge und Melandri auf einer BMW. In den beiden Jahren danach waren es zuerst Davies und danach Sykes auf Kawasaki, welche sich je einen Doppelsieg holten.

Der provisorische Kalender der Saison 2021

Nur eine Woche nach Aragon wird es auf dem Autodromo do Estoril in Portugal weitergehen. Danach haben einige Teams einen Test in Navarra vorgesehen, bevor es für die 3. Runde an die Adria nach Misano geht. Dort ist aktuell vorgesehen, eine voraussichtlich limitierte Zahl von Besuchern an der Strecke zuzulassen. Nachfolgend der provisorische Kalender in seiner letzten Ausgabe, wobei die Übersee-Rennen in Kursivschrift nach wie vor als sehr fragwürdig gelten.

22. Mai – MotorLand Aragón, Spanien
29. Mai – Circuito do Estoril, Portugal
12. Juni – Misano World Circuit, Italien
3. Juli – Donington Park, England
24. Juli – TT Circuit Assen, Niederlande
7. August – Autodrom Most, Tschechien
21. August – Circuito de Navarra, Spanien
04. September – Circuit de Nevers Magny-Cours, Frankreich
18. September – Circuit de Barcelona-Catalunya, Spanien
25. September – Circuito de Jerez-Ángel Nieto, Spanien
2. Oktober – Autodromo Internacional do Algarve, Portugal
16. Oktober – Circuito San Juan Villicum, Argentinien
13. November – Mandalika International Street Circuit, Indonesien

Luftaufnahme der Strecke von Aragon, die 180 Grad Kurve unten rechts wird von MotoGP und WorldSBK nicht gefahren, sondern stattdessen die Doppelkurve nach einer der längsten Geraden im Kalender.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).