
Fortsetzung der Zweiklassengesellschaft auch in Runde 5
Leider wurde unsere Prognose aus der Vorschau wahr und die Eintönigkeit aus dem ersten Saisondrittel setzte sich auch in Misano fort. Ohne rettenden Regen war die Konkurrenz von Ducati absolut chancenlos und der WM-Leader fuhr mit Ausnahme des Sprintrennens absolut ungefährdet, drei weitere Siege ein. Es musste sich für einen neutralen Beobachter im ersten Lauf anfühlen, als seien die beiden diesmal in Gelb statt dem üblichen Rot lackierten Aruba.it Ducatis samt ihren Fahrern gedopt. Für echte Rennsportfans sowie auch die Anhänger der Piloten von BMW, Honda, Kawasaki und Yamaha war es hart mit anzusehen, wie absolute Spitzenfahrer auf diesen Bikes selbst gegen die schnellsten Ducati Privatpiloten wie Axel Bassani und Danilo Petrucci keinen Stich hatten. Die sportlich mehr als fragwürdigen Vorfälle trieben bereits am Samstagmorgen in der Superpole ihre seltsamen Blüten.

Der erste Skandal passierte bereits am Sanstagmorgen
Eigentlich müsste die Superpole volle zwanzig Minuten dauern und bei eventuellem Abbruch durch rote Flaggen nach Freigabe der Strecke wieder fortgesetzt werden. Doch als Alvaro Bautista auf seiner Ducati Panigale V4R in Führung liegend bei einem Verbesserungsversuch stürzte, entschied sich die Rennleitung zum Unverständnis zahlreicher Konkurrenten und Experten für einen Abbruch nach nur 13 Minuten. Kurz vor dem Crash des kleinen Spaniers war Toprak Razgatlioglu mit zwei roten Sektoren auf der Jagd nach einer neuen Bestzeit. Man wurde den Eindruck jedoch nicht los, die FIM Kommissare wollten mit allen zur Verfügungs stehenden Mitteln verhindern, dass der Türke dem Ducati Piloten am Ende noch die Pole wegschnappte. Auch Rekordweltmeister Jonathan Rea wurde wie viele weiteren Fahrer damit jeglicher Chancen beraubt, sich von P6 noch zu verbessern, womit der Nord-Ire mit Startreihe zwei Vorlieb nehmen musste. Vom Zeitplan her wäre es überhaupt kein Problem gewesen, die Qualifikation, wie eigentlich sonst üblich, reglementskonform forzusetzen.

Die Ursachen der aktuellen Problematik sind schnell erklärt
Wir hatten bereits im Frühling 2019 klar festgestellt, dass die damals neu eingeführte Ducati Panigale V4R in einer eigenen Liga fährt. Vor Ort in BuriRam (Thailand) konnten wir mit eigenen Augen sehen, wie Bautista damit auf der relativ kurzen Start-Zielgeraden in Beschleunigung und Topspeed seinen Gegnern haushoch überlegen war. Mit rund 15 km/h Geschwindikgeitsüberschuss flog er an Weltmeister Jonathan Rea auf dessen Kawasaki ZX-10RR mehrfach förmlich vorbei. Unter Ausnützung des Reglements war Ducati mit einer MotoGP Replica in die WorldSBK eingestiegen und sie erhielten von den Kommissaren der FIM gleich auf Anhieb gewaltig Rückenwind. Laut dem ehemaligen Vizeweltmeister Marco Melandri zerstörte jedoch die Marke aus seinem Heimatland damit den Geist der WorldSBK. Was der fünffache MotoGP Grand Prix Sieger damit meinte, leuchtet gleich doppelt ein. Einerseits ist die Panigale V4R als rein für die Rennstrecke konzipiertes Motorrad kein Superbike im eigentlichen Sinne. Dazu der nach dem Reglement bis an die Grenze ausgenutzte Preis von knapp unter 40-tausend Euro und damit fast das Doppelte wie die Konkurrenzfabrikate. Am gravierendsten wiegt jedoch die Tatsache, dass wie auf die Saison 2023 geschehen, Ducati mit einem neuen Modell alle Erkenntnisse aus der MotoGP Maschine ungestört einfliessen lassen kann. Diesen Vorteil besitzen weder BMW, noch Honda, Kawasaki oder auch Yamaha mit deren auf dem Serienmodell R1 basierenden Motorrad.

Die Erlebnisse des Misano-Besuchs abseits des „sportlichen“ Geschehens
Mit einem ersten Zwischenstopp in Meran begann die Tour mit einem gut 20 Jahre alten Motorrad eigentlich sehr vielversprechend. Mit einer blauen Yamaha Fazer FZX-1000 und Hepco Becker Koffern und Topcase endlich wieder einmal auf einer puren Fahrmaschine unterwegs. Keine Heizgriffe, Tempomat und für Fahrer wie mich eigentlich unnötigen Fahrmodi und sonstige technischen Gimmicks, aber dafür mit den viel besser als auf meiner Tracer 900 GT ablesbaren Analoginstrumenten. Mit Bose Schalldämpfer und einem Hyperpro Fahrwerk ein absoluter Traum und aus dem Südtirol ging es weiter bis Cesenatico, unweit der Rennstrecke. Was für ein Unterschied zum ruhigen und idyllischen Meran! Laut und am italienischen Nationalfeiertag auf den letzten 100 Kilometern völlig verstopft, schlängelte ich mich hinter den Italienern auf ihren Rollern und Motorrädern an zahlreichen Staus vorbei. Eine Voranzeige beim Tankstopp für die Esso Tankstelle südlich von Trentino hatte mir 179 Cent pro Liter Superbenzin vorgegaukelt, in Wahrheit waren es jedoch exakt 50 Cent mehr. Willkommen im Land der Mafia!

Die Rückfahrt aus Italien mit einem Lied auf den Lippen
Vom Samstag auf Sonntag folgte eine Übernachtung in Cattolica, verbunden mit dem üblichen Besuch der seit Jahren dort bei uns beliebten Lokale. Aber leider öffnete die Pizzeria, in welcher wir oftmals davor zu Gast waren, erst um 18 Uhr, weshalb wir gleich die Bar schräg gegenüber für das Abendessen wählten. Kühles Bier tat gut und die Verpflegung war soweit anständig, aber leider bei der Bezahlung folgte eine böse Enttäuschung. In makellosem Italienisch bot ich der Bedienung 3 Euro Trinkgeld bei Übergabe des Rechnungsbetrags in Bar. Bei Empfang des Rückgelds stellte ich leider fest, dass die beinahe einer Mumie gleichende Dame die Summe eigenmächtig gleich verdoppelt hatte. Ich verzichtete auf Diskussion oder Streit und nahm es mit einer eindeutigen Handbewegung beim verlassen des Lokals hin. Immerhin war das Eis in der nächsten Diele hervorragend, aber die Nacht wurde leider wie in Cesenatico zum Horror. Einige Vollidioten mit fehlendem Auspuff suchen sich in dieser Gegend immer die Zeit zwischen 3 und 4 Uhr Morgens aus, um dich aus dem Schlaf zu reissen. Aber egal, die Yamah Fazer brachte uns schnell und sicher zurück und die paar Staus auf dem Rückweg wurden mit ihr kaum zum Handicap. Fast unglaublich, wie toll so ein Motorrad vor 20 Jahren bereits war, mit einem Gedicht von einem Motor und dazu mit nur knapp über 200 kg Trockengewicht noch viel leichter als die meisten heutiger Tourenbikes! Das Lied auf meinen Lippen beim Verlassen von Italien stammt übrigens von Reinhard Fendrich und der Schluss lautet „..auf Italia pfeifi“.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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