War dieser Moment für den Ausgang der Weltmeisterschaft vorentscheidend? Scott Redding (Aruba.it Ducati) crasht hinter Jonathan Rea (Kawasaki, vorne in Bildmitte) und vor Alvaro Bautista (Honda) liegend. Bedrängt vom Spanischen HRC Honda Piloten begrub Redding seine Hoffnungen damit 11 Runden vor Schluss in Kurve 4 im Kiesbett (© WorldSBK).

Lauf 1: Redding mit Crash – Rinaldi siegt vor Rea und Davies

Jonathan Rea (Kawasaki) lag kurz nach dem Start in Führung, doch vor der Zielkurve konnte am Ende der ersten Runde Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) aus dem Windschatten am Weltmeister vorbeiziehen. Während der Nord-Ire sein Rennen auf P2 liegend einteilte, bekam der hinter ihm liegende Scott Redding (Aruba.it Ducati) ab Runde 10 Gesellschaft vom aufrückenden Alvaro Bautista (HRC Honda). Offensichtlich wollte es der WM-Zweite mit der Brechstange versuchen, den Spanier hinter sich zu halten. In Kurve vier geriet er dabei weit und rutschte weg, womit der Engländer den ersten und vielleicht fatalsten Fehler dieser Saison beging. In der WM konnte dadurch Jonathan Rea seinen Vorsprung von 10 auf 30 Punkte ausbauen. Der 5-fache Weltmeister hatte sich für eine defensive Strategie entschieden und liess nach Reddings Sturz Rinaldi endgültig ziehen. Der Italiener gewann damit sein erstes WorldSBK Rennen seiner Karriere.

Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR) – erneut fehlerfrei und nach dem Sturz von Redding sicher auf Rang 2 gefahren. Der 5-fache Weltmeister konnte sich dadurch in WM-Zwischenklassement nun deutlich von Scott Redding absetzen (© WorldSBK).

Der Crash von Bautista und der Absturz von Sykes

Alvaro Bautista konnte sich über Position 3 nach dem Sturz von Redding nicht lange freuen. Vier Runden vor Schluss flog der Spanier seinerseit in Kurve 14 ab, womit der Weg fürs Podium von Chaz Davies frei wurde. Hinter dem Waliser konnte Michael van der Mark erneut seinen Pata Yamaha Teamkollegen Toprak Razgatlioglu distanzieren und holte sich einen sicheren 4. Platz. Der mit einer Magen-Darm-Infektion angeschlagene Alex Lowes (Kawasaki) rettete sich auf Rang 6 ins Ziel und konnte damit knapp Leon Haslam (HRC Honda) hinter sich lassen. Nach Startplatz 4 kam es für Tom Sykes erneut zum kompletten Absturz im Rennen. Selbst sein BMW Teamkollege Eugene Laverty konnte ihn mit P8 noch deutlich hinter sich lassen. Ebenfalls vor Sykes schaffte es Federico Caricasulo (GRT Yamaha) mit Rang 9 diesmal noch in die Top Ten.

Alvaro Bautista (HRC Honda) – hier nach dem Überholvorgang mit Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha). Der kleine Spanier warf das Podium weg, als er seinerseits vom anrückenden Chaz Davies (Aruba.it Ducati) unter Druck geraten war (© WorldSBK).

Ergebnis Motul WorldSBK Lauf 1 Teruel

Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) gewann als Privatfahrer zum ersten Mal auf einer Panigale V4R ein WorldSBK Rennen.
Start zum 1. Rennen am 2. Aragon Wochenende zum „Teruel-Event“ (© WorldSBK).

WM-Zwischenstand Motul WorldSBK

Von 10 auf 30 Punkte konnte Jonathan Rea seinen Vorsprung auf Scott Redding dank dessen Sturz ausbauen. Bis auf den Platztausch zwischen Eugene Laverty und Marco Melandri gab es nur mit demjenigen zwischen Davies und Razgatlioglu eine Veränderung in den vorderen 20 Positionen.

Die Stimmen einiger Piloten nach Tag 1

Ein am Boden zerstörter Scott Redding heulend in den Boxen mit einem Ducati Teammitglied, das ihn versucht zu trösten. Viel mehr als das englische Wort mit S können wir von ihm nach der verpassten Chance im 1. Lauf des zweiten Wochenendes nicht erwarten. Der Engländer hatte laut eigener Aussage kein gutes Gefühl für sein Bike und war „nicht sehr glücklich“ nach seinem Crash (© WorldSBK).

Fahrer-Stimmen zum ersten Lauf des 2. Aragon-Wochenendes

Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) – das erste Podium für den Privatfahrer auf der letztjährigen Ducati Panigale V4R wurde gleich zum ersten Sieg in der Karriere des Italieners. Wer sich Freudentränen aus dem Gesicht beim Interview wischen muss, braucht nicht mehr viele Worte zu suchen. Man darf gespannt auf den Sonntag sein und ob er im SP-Race und dem 2. Lauf dieses Resultat bestätigen kann (© WorldSBK).

Leon Haslam / HRC Honda – Platz 7

„Es war ein herausforderndes Rennen heute. Das Wochenende verlief besser und wir waren konstanter im Training, aber im Rennen hatte ich von der ersten Runde an Probleme, insbesondere mit dem Vorderreifen. Ich musste mein Rennen wirklich verwalten und die Rundenzeiten waren nicht so gut wie diejenigen, welche wir während des Trainings gesehen hatten. Ich kämpfte mit Sykes und Lowes und wurde Siebter, aber ehrlich gesagt erwartete ich ein Top-5-Ergebnis, das unserem Tempo an diesem Tag mehr entsprochen hätte. Hoffentlich können wir einige der Probleme vor den Rennen von morgen lösen und sehen, wie stark wir uns verbessern können.“

Leon Haslam (HRC Honda) hinter Alex Lowes (Kawasaki) und vor Tom Sykes (BMW) – er war der beste Honda Pilot im 1. Lauf des zweiten Aragon-Wochenendes (© HRC Honda).

Alvaro Bautista / HRC Honda – Crash

Zunächst möchte ich mich bei meinem Team entschuldigen, aber ich wollte wirklich ein gutes Ergebnis erzielen. Ich hatte einen ziemlich guten Start ins Rennen und in den ersten Runden war ich besser als zu Beginn anderer Rennen, was sehr positiv war. In Bezug auf das Tempo konnte ich mich ziemlich nah an die Spitzenreiter herankämpfen, abgesehen von Rinaldi. Ich war in den Top drei und habe den größten Teil des Rennens um das Podium gekämpft, aber in der Endphase hatte ich Probleme. Besonders um in bestimmten Kurven den Gang zu wechseln und irgendwann ging ich weit, was Davies den Pass (die Red.: Überholvorgang) ermöglichte.

Alvaro Bautista (HRC Honda) bei seinem Crash in Kurve 14 vier Runden vor Schluss, kurz nachdem er von Chaz Davies kassiert wurde (© WorldSBK).

Wie kam es zum Sturz – wäre die Verwaltung von P4 nicht besser gewesen?
Ich wusste, dass ich am Limit war, aber ich habe versucht, meine Position zu verteidigen und bin dabei leider gecrasht. Einerseits bin ich wütend auf mich selbst, weil ich mich nicht mit dem vierten Platz zufriedengegeben habe, andererseits wäre ich wütend gewesen, wenn ich nicht versucht hätte, um Position 3 zu kämpfen. Das Team tut mir natürlich sehr leid, da es dieses Ergebnis nicht verdient hat. Wir müssen uns auf das Positive konzentrieren, da wir vorne mitkämpfen und auch unsere bisher beste Startposition in dieser Saison erzielt haben. Morgen haben wir zwei weitere Möglichkeiten, unsere Entschlossenheit und harte Arbeit zu demonstrieren.

Takumi Takahashi / MIE Honda – Platz 15

Wenn wir mit den positiven Ergebnissen beginnen, würde ich sagen, dass mein Gefühl mit dem Motorrad im Allgemeinen besser war als am vergangenen Wochenende, und wir hatten bereits in diesem Lauf einige Verbesserungen festgestellt. Trotzdem konnte ich das in Rennen 1 nicht in ein besseres Ergebnis umwandeln. Das heutige FP3 lief gut, aber dann hatte ich heute Nachmittag nicht das gleiche Gefühl. Wie auch immer, wir werden die von uns gesammelten Daten sorgfältig analysieren und versuchen, all die Arbeit zu nutzen, die wir geleistet haben, um in den Rennen von morgen bessere Leistungen zu erbringen.

Takumi Takahashi mit seiner MIE Honda Racing Teamchefin Midori Moriwaki vor dem Start zum 1. Lauf am 2. Aragon-Wochenende (© MIE Honda).

Jonathan Rea / Kawasaki – P2 und WM-Leader

Die Start-Position auf der Rennstrecke im Motorland ist alles, deshalb konzentrierten wir uns sehr auf diese Superpole-Runde. Vielen Dank an die Jungs aus meinem Team, die mir erneut ein tolles Bike gegeben haben und die Runde war gut. Ich entschied mich zu Beginn der Superpole-Sitzung für einen ersten Angriff. Ich dachte, wenn ich alleine und ohne Ablenkung auf die Strecke gehen könnte, gäbe es keine Ausreden. Ich war super zufrieden mit der Rundenzeit und dem klaren Blick in den T1. Ich wusste, wenn ich vorne sein könnte, könnte ich das Tempo mehr bestimmen. Bei steigender Temperatur wäre der weichste SCO-Hinterreifen eine Option für viele Menschen. Als ich in der Startaufstellung saß, wusste ich, dass ich möglicherweise an verschiedenen Fronten angreifen und verteidigen und mein Rennen entsprechend steuern musste. Als Michael (Ruben Rinaldi) durchkam, war klar, auf welchem Reifen er war, weil er in zwei Kurven eine Lücke hatte. Ich hatte gehofft, er würde im Laufe des Rennens etwas nachlassen, aber Michael hat wirklich gute Arbeit geleistet.

Nach dem Start führte kurz Johnny Rea (Kawasaki) vor Scott Redding und Michael Ruben Rinaldi (beide Ducati) — doch kurz vor dem Ziel übernahm der Italiener die Führung und gab diese bis ins Ziel nicht mehr ab (© Kawasaki Racing Team).

Das Superpole Race

Scott Redding (Ducati) vor Jonathan Rea (Kawasaki) – die beiden machten das Sprintrennen am Sonntagmorgen, dem 6. September 2020 unter sich aus (© WorldSBK).

Redding siegt vor Rea und Rinaldi – Spannung für Lauf 2

Jonathan Rea (Kawasaki) ging sofort nach dem Start an die Spitze. Doch noch in der ersten Runde zwängte sich der hinter ihm liegende Scott Redding (Aruba.it Ducati) in Kurve 15 vor der langen Geraden innen am Weltmeister vorbei und übernahm die Führung. Man konnte danach gut erkennen, wie Rea anschliessend im kurvenreichen Teil der Strecke oft von Redding aufgehalten wurde. Doch das Risiko, seinen härtesten Kontrahenten im Kampf um den WM-Titel zu attackieren, war dem Nord-Iren sichtlich zu hoch. Da vom auf Platz drei liegenden Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) dahinter keine Gefahr drohte, verwaltete der Kawasaki Pilot seinen zweiten Platz und akzeptierte den minimalen Verlust von 3 WM-Punkten an die neue Ducati-Hoffnung. Tags zuvor hatte dieser den Fehler seines Lebens begangen und sich auf Position 3 gegen Bautista verteidigend ins Kiesbett verabschiedet. Dadurch hatte Johnny Rea seinen Vorsprung in der WM von 10 auf 30 Zähler ausbauen können. Für das 2. Rennen über die volle Distanz am Nachmittag ist nun natürlich für ausreichend Spannung gesorgt.

Am Tag zuvor im 1. Rennen – ein zerstörter Scott Redding im Kiesbett, nachdem er 11 Runden vor Schluss in Kurve 4 seinen 3. Platz hinter Johnny Rea weggeworfen hatte und dadurch 20 WM-Punkte auf den Weltmeister verloren hatte. Nur gerade deren 3 machte er im Sprintrennen am Sonntagmorgen wieder wett (© WorldSBK).

Alvaro Bautista schlägt Chaz Davies – Yamaha chancenlos

Der am Vortag genau wie Redding gestürzte Alvaro Bautista (HRC Honda) konnte zwar nicht auf Rinaldi aufschliessen, doch gegen den anstürmenden Chaz Davies verteidigte er Platz 4 meisterhaft. Offensichtlich hatte der Waliser trotz hohem Top-Speed seiner Ducati keine Chance, den Spanier auf der langen Geraden zu überholen. Für Alvaro bestimmt eine große Genugtuung, sein letztjähriges Bike hinter sich zu lassen, nachdem ihm Ducati ein enttäuschendes Gehalts-Angebot für 2020 gemacht hatte und er darauf zu HRC Honda gewechselt hatte. Die beiden starten im zweiten Lauf aus Reihe 2 und gehören damit auch zu den Podiums-Kandidaten für das zweite Rennen am Nachmittag. Hinter Alex Lowes war diesmal Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha) bester Pilot der Marke mit den gekreuzten Stimmgabeln im Logo. Doch ein 7. Rang ist für den nach der Auftaktrunde von einigen Voreiligen noch als Titel-Mitfavoriten gehandelten jungen Türken natürlich definitiv zu wenig. Allerdings hatte er bereits im Vorjahr, damals noch auf Puccetti Kawasaki, in Aragon nicht zu überzeugen vermocht und im April-Rennen damals nur 8 Punkte geholt. Teamkollege Michael van der Mark enttäuschte auf Position 10 und muss damit für Lauf 2 mit Startreihe 4 vorlieb nehmen.

Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha) – beste Yamaha, aber nur auf dem wenig glorreichen 7. Platz (© WorldSBK).

Marco Melandri (Ducati) und BMW im Elend

Vor seiner Rückkehr aus dem Vorruhestand hatte Marco Melandri (Barni Ducati) noch große Töne gespuckt. Der kleine Italiener hatte bereits davor öfters das Maul ziemlich weit aufgemacht. Erst recht danach, bevor er wieder überraschend ins Paddock zurückgekehrt war. Es gebe mit diesem Motorrad und diesem Team keine Ausreden, darüber sei er sich bewusst. Offenbar hat der Renn-Zwerg diese Worte bereits vergessen und sucht schon seit dem Event von Portimão nach unzähligen Blamagen äusserst kreativ nach Ausflüchten. Auf dem Bike, auf welchem der spanische Winzling Bautista im Vorjahr so erfolgreich war, ist dies jedoch ein Ding der Unmöglichkeit. Mit P17 war Melandri erneut ein Schatten seiner selbst und bewies damit lediglich, dass auch vollmundige Sprüche selten schneller machen. Über BMW könnte man ähnliches erzählen, wurde doch in der Corona-Pause noch von angestrebten Podiums-Platzierungen gesprochen und von Siegen geträumt. Die Wahrheit sieht jedoch ernüchternd aus. Tom Sykes von Startplatz 4 bis auf Rang 9 durchgereicht und Eugene Laverta auf Platz 14 lautet das Resultat vom Superpole Race.

Das Feld der WorldSBK vor der Aufwärmrunde zum Sprintrennen über 10 Runden am Sonntagmorgen auf dem Motorland Aragon (© WorldSBK).

Ergebnis Motul WorldSBK Superpole Race Teruel

Start zum Superpole-Race am 2. Aragon Wochenende zum „Teruel-Event“ (© WorldSBK).

Lauf 2 am Sonntag

Kurve 1 in der viertletzten Runde – Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) knapp vor Jonathan Rea (Kawasaki) und dem bereits um etwas weniger als eine Sekunde distanzierten Scott Redding auf Position drei (© WorldSBK).

Rea kämpft Ducati nieder – Erzrivale Redding nur auf P3

Scott Redding (Ducati) übernahm noch in der 1. Runde wie im Sprintrennen am Morgen vor dem zuerst nach dem Start führenden Jonathan Rea (Kawasaki) die Spitze. Doch früh wurde klar, dass sich weder der Nord-Ire, noch der dahinter liegende Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) geschlagen geben würden. Trotz deutlich sichtbarem Nachteil auf der langen Gegengeraden vor Start-Ziel versuchte Jonathan Rea immer wieder, an seinem härtesten Kontrahenten im Kampf um die WM-Krone vorbeizugehen. Doch in den ersten 5 Runden fand er keinen Weg am Ducati-Werkspiloten vorbei. Als er es dann mit einem riskanten Manöver probierte, profitierte am Ende der unmittelbar dahinter liegende Rinaldi davon. Während sich die beiden Streithähne gegenseitig behinderten, zog der junge Italiener an ihnen vorbei und übernahm die Führung. Aber wer dachte, es gäbe eine Wiederholung des 1. Rennens vom Samstag, bei welchem Rinaldi auf den SCX-Reifen diesen Lauf für sich entscheiden könnte, hatte sich getäuscht. Vor allem hätte er dabei auch den 5-fachen Weltmeister stark unterschätzt.

Die zwei Topfavoriten auf den Superbike WM-Titel vor dem Start zum 2. Rennen am Sonntag, dem 6. September 2020. Jonathan Rea (Kawasaki, vorne rechts) und Scott Redding (Ducati). Vor dem Doppelrennen von Aragon lag der 5-fache Weltmeister ganze 4 Punkte vor dem Ducati Werksfahrer. Absolut zu Recht hatte sich Rea davor auch Sorgen aufgrund der langen Geraden gemacht. Doch nicht im Traum hätte er sich ausmalen können, wie stark er sich ausgerechnet hier präsentieren sollte (© WorldSBK).

Die Kampf- und Willenskraft von Rea entschied am Ende das Rennen

Obwohl er einen deutlichen Top-Speed Nachteil auf den Geraden hatte, konnte man sehen, dass im kurvigen Teil der Strecke das Kawasaki Ass der schnellste Mann auf der Strecke war. Dies spürte laut eigener Aussage nach dem Rennen auch Johnny Rea selbst, doch er fand Runde für Runde keinen Weg an Rinaldi vorbei. Trotzdem es für ihn um die WM ging, er riskierte bei seinen zahlreichen Überholversuchen extrem viel und einmal ging es dabei auch um ein Haar schief. Selbst dieser beinahe-Sturz konnte den 5-fachen Rekordweltmeister jedoch nicht daran hindern, es in der drittletzten Runde erneut zu probieren. Als der Ducati Privatpilot die Ideallinie leicht verfehlte, schlug der beste Superbike Fahrer aller Zeiten eiskalt zu und ging an ihm vorbei. Es gelang Rea unmittelbar danach sogar, einen kleinen Vorsprung herauszufahren. Damit konnte ihn Rinaldi nicht mehr auf der langen Geraden kassieren und der Nord-Ire sicherte sich den Sieg in Lauf 2 und damit auch den zweiten Gesamtsieg in Aragon im zweiten Event innert einer Woche. Am Ende entschied die unglaubliche Kampf- und Willenskraft von Rea in Verbindung mit seiner fahrerischen Extra-Klasse auch das zweite Wochenende von Aragonien.

Der vorentscheidende Moment im 2. Rennen – Rinaldi ging an den Streithähnen Rea und Redding kurz davor vorbei und der Kawasaki Pilot konnte in diesem Moment auch den Ducati Werkspiloten kassieren, welcher ihm danach nicht mehr zu folgen vermochte. Rea hingegen blies ab nun zur Jagd auf den führenden Italiener (© WorldSBK).

Bautista crasht erneut und Haslam rettet die Honda-Ehre

Der bereits am Vortag genau wie Scott Redding gestürzte Alvaro Bautista (HRC Honda) schaffte es trotz vollem kämpferischen Einsatz nicht, auf das vor ihm liegende Führungs-Trio aufzuschliessen. Der kleine Spanier versuchte es erneut mit der Brechstange und flog dabei prompt ins Kiesbett ab. Zwei Stürze an 2 Tagen sind definitiv zu viel und wie im Vorjahr bei Ducati scheint Alvaro allzu häufig ein Problem mit dem Feeling für das Limit seines Bikes zu haben. Doch mit Leon Haslam hat HRC Honda noch ein weiteres Eisen im Feuer. Der viel zu oft unterschätzte und bei Red Bull Media letztes Jahr als Kawasaki Pilot verunglimpfte Routinier zeigte nicht zum ersten Mal auf dem Motorland Aragon, was er immer noch drauf hat.

14 Runden vor Schluss – der zweite Sturz innert 2 Tagen von HRC Honda Pilot Alvaro Bautista, der damit aufpassen muss, nicht noch Alex Lowes als WorldSBK Sturzkönig abzulösen (© WorldSBK).

Haslam grandios auf Rang 4

Der in seiner Heimat als Sohn des früheren Honda-Werksfahrers „Rocket Ron“ Haslam oft auch „Pocket Rocket“ genannte Leon zeigte eine sensationelle Leistung. Dabei schlug er die gesamte Yamaha-Armada, samt dem nach seinem Auftaktsieg im ersten Rennen von Phillip Island (Australien) von vielen verfrüht als kommender Weltmeister hochstilisierte Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha). Nicht zu vergessen auch Leons Nachfolger im Kawasaki Werksteam, Alex Lowes, den er bis ins Ziel um 1,4 Sekunden zu distanzieren und auf Platz 5 zu verweisen vermochte. Der Engländer ist für das Honda Werksteam Gold wert und dies, wie er nun erneut bewies, nicht nur als einer der besten Entwicklungsfahrer überhaupt. Und mit seinen Fähigkeiten strafte er einmal mehr besserwisserische Journalisten, wie es sie durchaus nicht nur bei Red Bull Media gibt, erneut Lügen über seine angeblich fehlende Qualifikation als WorldSBK Spitzenpilot.

„Pocket Rocket“ Leon Haslam – der Trumpf von HRC Honda nach dem zweiten Sturz von Alvaro Bautista am selben Wochenende und dem bereits dritten in 6 Rennen auf dem Motorland Aragon (© HRC Honda).

Yamaha und BMW – erneut die Geschlagenen

Für Tom Sykes dauerte das 2. Rennen am Sonntag keine einzige Runde, bevor er mit seiner BMW S1000-RR die Boxen ansteuern musste. Für ein Werksteam mit vor Saisonbeginn deutlich geäusserten Podiums-Ambitionen müssen sich die Blau-Weissen mittlerweile reichlich dumm vorkommen. Ein elfter Platz von Eugene Laverty und ein erneuter Ausfall mit technischen Problemen sind schlicht zu wenig für ein Werksteam in seiner zweiten WM-Saison. Der wie im 1. Rennen mit P6 erneut beste Yamaha Werksfahrer Michael van der Mark wird sich wohl bald schon hinterfragen ob er dabei richtig lag, als er bei BMW für nächstes Jahr unterschrieben hat. Sein Pata Yamaha Teamkollege Toprak Razgatlioglu kam wie im Superpole Sprintrennen am Morgen nicht über Platz 7 hinaus. Direkt hinter ihm auf der Ten Kate Yamaha war auch Loris Baz mit Rang 8 enttäuscht. Nach gutem Saisonbeginn hatte sich der Franzose deutlich mehr ausgerechnet.

Ein konsternierter Tom Sykes in der BMW Box, nachdem er nicht einmal eine Runde mit seiner S1000-RR geschafft hatte. Langsam aber sicher wird es für die bayerische Weltmarke peinlich (© WorldSBK).

Der vermeintliche „Aragon-König“ im Elend

Ducati Werkspilot Chaz Davies hält mit 7 Siegen in Aragon immer noch den Rekord. Doch seit dem 2. Rennen auf dem Motorland nahe der Kleinstadt Alcaniz liegt ihm Jonathan Rea bereits dicht auf den Fersen. Mit nun deren 6 fehlt dem Nord-Iren nur noch ein Triumph, um mit dem Waliser gleichzuziehen. Dieser flog beim Versuch, der Spitze näherzukommen genauso wie vor ihm bereits Alvaro Bautista ins Kiesbett ab. Um seinen Verbleib im Werksteam der Roten muss Davies sich langsam Sorgen machen, obwohl er kürzlich zu Protokoll gab, er habe auch andere Optionen. Langsam aber sicher läuft ihm der junge Italiener Michael Ruben Rinaldi auf der Vorjahres-Ducati nämlich den Rang ab. Zudem hat Scott Redding bereits einen Vertrag für nächste Saison, nicht aber Davies. Es wäre keine Überraschung, wenn dieser sich für nächste Saison einen neuen Arbeitgeber suchen müsste.

Fünf Runden vor Schluss war das Rennen für den vermeintlichen „König von Aragon“ der WorldSBK zu Ende – Chaz Davies begrub seine Ambitionen in Lauf 2 in Kurve 14 im Kiesbett und verlor dadurch WM-Rang 3 wieder an Toprak Razgatlioglu (© WorldSBK).

Ergebnis Motul WorldSBK Lauf 2 Teruel

Start zum 2. Rennen, dem dritten Lauf der Motul WorldSBK am 2. Aragon Wochenende zum „Teruel-Event“. In Führung liegend zunächst Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR), der von Platz 2 nach P2 im Superpole Race gestartet war (© WorldSBK).

Fahrerstimmen nach dem Sonntag

Leon Haslam (HRC Honda) vor Tom Sykes (BMW) – im ersten Jahr ihrer Teilnahme mit dem HRC Werksteam leisten die Piloten des weltgrössten Motorrad-Herstellers auf Anhieb bereits beachtliche Resultate und stellen manch arriviertes Team bereits nach wenigen Runden in den Schatten (© HRC Honda).

Einige Piloten zum zweiten Aragon-Sonntag

Alvaro Bautista, Nr. 19 – P4 im SP-Rennen und Crash Nr. 2 im 2. Rennen
„Es war schade um den Crash im 2. Lauf, wir arbeiten sehr hart und ein Sturz ist immer enttäuschend. Im Superpole-Rennen haben wir hart gekämpft. Ich verlor ein paar Plätze nach dem Start, machte aber bald den verlorenen Boden wieder gut und hatte einige gute Kämpfe mit anderen Fahrern. Im zweiten Rennen hatte ich einen guten Start und war Teil der Spitzengruppe. Ich war am Limit, aber diesmal war ich mit den Spitzenreitern auf Tuchfühlung, was positiv ist. Leider habe ich in Kurve 9 die Front verloren und konnte nichts tun. Wir machen vielleicht keine großen Schritte nach vorne, aber wir konzentrieren uns auf kleine Details und es sind diejenigen, die den Unterschied ausmachen, und ich würde sagen, dass wir ständig wachsen. Es tut mir leid, wie dieses Wochenende endete, da das Ergebnis nicht unsere harte Arbeit widerspiegelt. In der nächsten Runde müssen wir versuchen, einen Weg zu finden, um in den Rennen etwas mehr Spielraum zu haben. Vielen Dank an HRC und mein Team, da die Jungs dieses Wochenende wieder sehr hart für mich gearbeitet haben.“

Im 2. Rennen stürzte Alvaro Bautista (Honda, oben rechts im Bild) auf der Verfolgung der Spitzengruppe mit Scotty Redding (Ducati), Johnathan Rea (Kawasaki) und Michael Ruben Rinaldi (Ducati). Doch im Sprintrennen davor hatte der kleine Spanier immerhin mit Platz 4 seinen letztjährigen Teamkollegen Chaz Davies auf der Werks-Ducati hinter sich gelassen (© WorldSBK).

Leon Haslam, Nr. 91 – Superpole Race Platz 8 / 2. Rennen Rang 4

„Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis von Rennen 2, da wir versucht haben, alles zusammenzusetzen, um ein konstanteres Rennen zu fahren, und das haben wir heute getan. Ich war in der Anfangsphase in einen Kampf mit Razgatlioglu verwickelt, aber als ich an ihm vorbeikam, konnte ich einen starken Rhythmus beibehalten und bei Davies bleiben, einem Fahrer, der auf dieser Strecke im Allgemeinen sehr stark ist. Wir haben natürlich noch Bereiche, in denen wir uns verbessern wollen, aber für mich war dies das beste und beständigste Rennen, das wir bisher hatten, und wir hoffen, dass wir das Gelernte in der nächsten Runde anwenden können Barcelona.“

Leon Haslam (HRC Honda) vor Kawasaki Werkspilot Alex Lowes und Pata Yamaha Werksfahrer „Magic Michael“ van der Mark – das hätten sich viele vermeintlichen Experten noch vor kurzem nicht zu träumen gewagt. Doch auf einem zu ihm passenden Bike ist der von vielen im Vorjahr bereits abgeschriebene Engländer nach wie vor zu Topleistungen fähig. Insbesondere bei Red Bull Media gab es Stimmen, die Haslam völlig zu Unrecht kritisierten und nun durch seine hervorragenden Leistungen Lügen gestraft werden (© WorldSBK).

Jonathan Rea, Nr. 1 – Gesamtsieger beider Aragon Wochenenden

„Wir hatten einen guten Start im Superpole-Rennen, aber als Scott ziemlich früh an mir vorbeikam, störte dies meinen Rhythmus ein wenig. Er gab ein sehr gutes Tempo vor. Ich war im ersten Teil der Strecke stark und obwohl ich das Zehn-Runden-Rennen genossen habe, wurde mir klar, dass es heute nur Platz 2 werden würde. Im zweiten Rennen wurde mir klar, dass ich nicht einfach das Rennen verwalten und bis zum Ende anführen konnte. Mir wurde bald bewusst, dass ich hier durch musste und dann hatte ich einen großen Moment. Ich ging „All-In“, sprich Vollgas in diesem Rennen. Du musst manchmal zu 100% fahren, darfst aber trotzdem keine Fehler machen. Es war eher ein Rennen für mich, in dem ich probieren musste „sauber zu sein“ und keine Fehler zu machen. Mit meinem Speed und der Bremsleistung der Ninja ZX-10RR – auch wie wir mit ihr den Reifen bis zum Ende durchgebracht haben – hatte ich das Gefühl, über ein besseres Paket als die Konkurrenz zu verfügen.“

In Aragon war nicht Scott Redding (Aruba.it Ducati) Jonathan Reas (Kawasaki, rechts im Bild mit der Nr. 1) härtester Gegner, sondern für viele überraschend der Privatfahrer Michael Ruben Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati). Der Italiener war beim Doppelrennen von Aragon bester Ducati Pilot und stellte „Scotty“ und Chaz Davies dabei völlig in den Schatten. Was Jonathan Rea im Interview übrigens mit keiner Silbe erwähnte, war die Unterlegenheit im Top-Speed seiner Kawasaki. Trotzdem wurde er an beiden Wochenenden Gesamtsieger (© WorldSBK).

Alex Lowes, Nr. 22 – SP-Race P6 / 2. Rennen P5

„Ich habe das ganze Wochenende gekämpft, aber ich habe mich am Freitag nicht zu sehr beschwert und nur versucht, positiv zu sein (die Redaktion: Lowes erlitt am 2. Aragon-Wochenende eine Magen-Darm-Infektion). Seit Dienstagmorgen konnte ich kein Essen mehr im Haus behalten, daher war es ein hartes Wochenende. Die Setup-Änderungen, die wir am Motorrad vorgenommen haben, waren heute gut und haben mir gute Ergebnisse gebracht. Ich konnte nicht mehr und war ziemlich stolz auf meine Bemühungen. Es war eine Schande, unser Potenzial nicht ein bisschen mehr nutzen zu können. Selbst heute Morgen, in dem kurzen Rennen über zehn Runden, konnte ich vom siebten nahe an die Spitze fahren, aber ich hatte einfach nicht die Energie, weiterzumachen.“

Alex Lowes (Kawasaki) konnte die gesamte Yamaha-Meute mit Raztaglioglu (links aussen), van der Mark, Baz (verdeckt hinter Toprak), Caricasulo und Gerloff (hinten im Bild) trotz gesundheitlicher Probleme in Schach halten und bis ins Ziel distanzieren (© WorldSBK).

Michael Ruben Rinaldi, Nr. 21 – SP-Race P3 / 2. Rennen P2

„Es war ein tolles Wochenende für uns! Dieser Nachmittag war etwas kälter und ich hatte den weichen Reifen wie gestern verwendet, aber er hat sich nicht ausgezahlt, weil Jonny den SC0-Reifen verwendet hat. Da es kühler war, funktionierte der Reifen bei uns nicht so gut. Ich habe versucht, gegen Jonny zu kämpfen, konnte es aber nicht. Ich habe mein Bestes gegeben und bin absolut glücklich.“

Hoch das Bein – der Leader der letzten 3 Runden, Jonathan Rea (Kawasaki) vor dem überraschend starken Michael Ruben Rinaldi und dem bereits abgeschlagen auf Platz 3 liegenden Scott Redding (beide Ducati). Privatfahrer Rinaldi empfahl sich nach absoluten Topleistungen endgültig für das Werksteam von Ducati und Chaz Davies muss sich langsam warm anziehen (© WorldSBK).

Scott Redding, Nr. 451 – SP-Race P2 / 2. Rennen P3

„Ich habe etwas anderes mit den Reifen ausprobiert und wie ich bereits zuvor an diesem Wochenende gesagt habe, kann man als schwererer Fahrer den SCX-Reifen nicht wirklich verwenden. Ich habe es versucht, hatte damit aber keinen ausreichenden Gummi mehr. Rinaldi hatte noch Gummi übrig und das zeigte sich im Tempo von der Mitte bis zum Ende des Rennens. Es ist manchmal schwierig, wenn Du mit Deinem Bike zu kämpfen hast und das Ding mit einem bestimmten Reifen besser funktioniert, aber ich kann es nicht wirklich verwenden. Ich habe damals versucht, es zu benutzen, um sicherzugehen, aber ich bin damit nicht stark bis zum Ende geblieben und Rinaldi konnte bis zuletzt immer noch pushen. Es ärgert mich ein wenig, ich glaube, ich hätte heute gewinnen können. Wir haben hier auf dem MotorLand Aragon viel gelitten und das ist eine Schande, aber wir werden trotzdem weiter kämpfen. Wir gehen auf andere Kurse und ich bin sicher, das wird uns ein bisschen mehr taugen als hier.“

Scott Redding (Aruba.it Ducati) im 2. Rennen in Führung vor Rea (Kawasaki), Rinaldi (Team GOELEVEN Ducati) und den später gestürzten Bautista (HRC Honda) und Davies (Aruba.it Ducati). Aus 4 Punkten Rückstand nach Portugal wurden am Ende in Aragon deren 36. Wie hatte Redding nach dem Sieg in Lauf 1 am ersten Wochenende an selber Stätte noch getönt: „..von mir aus gewinne ich gleich noch weitere fünfmal..“ (© WorldSBK).

WM-Zwischenstand WorldSBK – Rea deutlich in Führung

Nach seinem Fehler im ersten Rennen, als er auf Platz 3 liegend stürzte, wuchs Scott Reddings Rückstand auf den amtierenden Weltmeister von 10 auf 30 Punkte an. Mit seinem Sieg im Superpole Race konnte der Engländer durch Rang 2 von Rea nur gerade drei Punkte gutmachen. Aber mit seinem Sieg im 2. Rennen verbesserte der Nord-Ire sein Polster nochmals weitere 9 Punkte. Mit nun 36 Zählern Vorsprung auf „Scotty“ reist Johnny mit einem komfortablen Gefühl nach Barcelona weiter. Nachdem er dort bei den offiziellen Tests eine Bestzeit hingelegt hatte, dürfte Rea in den nächsten 2 Wochen ruhig schlafen können. Das Kawasaki Ass war dabei schneller unterwegs gewesen als Marc Marquez im Vorjahr in der MotoGP bei seiner schnellsten Rennrunde!

Der kombinierte Kalender 2020 MotoGP und WorldSBK

Weiter geht es für die Motul WorldSBK in 2 Wochen mit der Premiere auf dem Circuito de Catalunya-Barcelona in Montmelo mit der bereits drittletzten Runde der Superbike Weltmeisterschaft.