Eine Karikatur der 250-er Asse Petruschke und Kohfink von 1939. Da Bernhard ab 1937 für DKW in Zschopau fuhr, hatte er als Werksfahrer seinen Wohnsitz von Berlin nach Chemnitz verlegt.

Der erfolgreichste Fahrer der DDR in den ersten 50-er Jahren

Nachdem Petruschke im Vorjahr mit zwei Siegen und einem 2. Platz aufhorchen liess, ging es nun darum, diese Erfolge auch in der Saison 1952 zu bestätigen. Mit der unter Konstrukteur Daniel Zimmermann auf Basis einer DKW 125 RT aufgebauten Drehschieber-Maschine wollte man auch im dritten Jahr ihres Bestehens der Konkurrenz gehörig einheizen. In erster Linie war dies natürlich der „Volkseigene Betrieb“ (VEB) IFA aus Zschopau, entstanden aus der früheren DKW-Produktionsstätte nach dem Krieg. Die Partei-Oberen sahen es nicht besonders gerne, dass im Vorjahr Privatfahrer wie Jochen Seidel mit seinem JSB-Eigenbau auf Puch-Basis und die ZPH mit „Petrus“ den mit IFA-DKW ausgerüsteten Piloten oft um die Ohren fuhren. Doch in den ersten Jahren war die frisierte IFA auf DKW-Basis häufig schlicht nicht schnell genug für Rennsiege gegen die zwei stärksten Privatfahrer. Im Vorjahr hatte das IFA-Werksteam Zuwachs erhalten, ein junger Fahrer namens Horst Fügner (siehe unser separates Kapitel über ihn unter History) war als Verstärkung eingestellt worden. Zusammen mit Erhart Krumpholz hatten die Zschopauer mit ihm nun ein Zweimann-Team.

Eine Werbung von IFA (ab 1956 MZ) für ihre Serienmaschinen und die damit erzielten Erfolge. Nicht ganz zufällig wurde in der staatlich-politisch gesteuerten Presse die ZPH von „Petrus“ viel zu oft als IFA-DKW deklariert. Ein lupenreiner Etikettenschwindel, die frisierte IFA war dem ZPH-Eigenbau von Konstrukteur Zimmermann unter Petruschke häufig haushoch unterlegen.

Kein Saison-Auftakt nach Maß
Wie im Vorjahr gewann Petruschke wieder das diesmal am 8. Juni statt im April durchgeführte Halle-Saale Rennen. Er war als Vorjahres-Sieger und Trainings-Schnellster der Favorit bei den 125-ern. Schon am Samstagabend berichteten die Zeitungen respektvoll darüber, dass „der Altmeister aus Kleinmachnow“ die Bestzeit aufgestellt hatte. Doch bis auf diese Veranstaltung in Sachsen-Anhalt blieben seine Erfolge in der ersten Saisonhälfte eher überschaubar. Mit dem Rostocker Osthafenkurs und der Bernauer Schleife waren neue Strecken im DDR-Rennsport Kalender von 1952. Die zweite Saisonhälfte sollte jedoch zeigen, dass Bernhards zweiter Sieg auf der Halle-Saale Schleife erst der Auftakt für eine eindrückliche Serie sein sollte.

Bernhard Petruschke 1939 auf der DKW bei einem Rennen als Werksfahrer für die Firma mit Sitz in Zschopau. Nach dem Krieg wurde in der DDR daraus zuerst der „VEB IFA“ und ab 1956 erfolgte der Namenswechsel auf MZ für Motorradwerke Zschopau. Im Westen von Deutschland verschwand die Marke DKW gegen Ende der 1950-er Jahre von der Bildfläche.

Rund um das Scheibenholz-Rennen
Mit internationaler Beteiligung und vor über 100-tausend Zuschauern fand am 17. August 1952 das Leipziger Stadtparkrennen statt. Erneut schlug „Petrus“ zu und sicherte sich mit einem Stundenmittel von 84,81 km/h mit seiner ZPH den Sieg in der 125 cm³ Klasse. Offenbar lagen dem Haudegen die Rennen mit hohem Zuschaueraufkommen besonders. Jedenfalls waren Konkurrenz und Fans von den Leistungen des routinierten bereits 42-jährigen Mannes aus Kleinmachnow mehr als beeindruckt. Und es sollte nicht dabei bleiben, ein erfolgreicher Herbst wartete auf Petruschke und sein sogenanntes „ZPH Kollektiv“ mit Techniker und Betreuer Daniel Zimmermann.

Petruschke und die ZPH 125 cm³ Eigenkonstruktion. Wenn diese Kombination das Ziel erreichte, war sie insbesondere in der DDR nur schwer zu schlagen.

Schleizer Dreieck – mit starker ausländischer Beteiligung
Bereits vor der Anreise nach Schleiz war klar, dass die Veranstaltung auf dem Schleizer Dreieck kein Selbstläufer werden dürfte. Die internationale Beteiligung war stark und gleich mehrere westdeutschen Fahrer hatten sich für das 125 cm³ Rennen eingeschrieben. So war es auch der mehrfache deutsche Meister H. P. Müller auf seiner Werks-Morbidelli, der sich den Sieg vor seinem Markenkollegen Karl Lottes nicht nehmen ließ. Doch dahinter schaffte es Petruschke auf den hervorragenden 3. Platz. Damit hatte er sogar den ehemaligen Europameister Ewald Kluge (DKW) und dessen ebenfalls aus der BRD angereiste Landsmänner Walter Reichert, Adolf Heck und Hubert Luttenberger bezwungen. Diese Leistung konnte man kaum hoch genug einschätzen und für das Selbstvertrauen von Fahrer und seinen Landsleuten definitiv äußerst wohltuend. Nur eine Woche später ging es für „Petrus“ ins „sozialistische Bruderland“, wie man in der DDR zu sagen pflegte.

Karl Lottes aus Marburg war DKW-Teamkollege von Petruschke vor dem Krieg – hier bei einem Rennen von 1939. Ohne die Hakenkreuzfahne am Mast dahinter ging es damals nicht mehr, der 2. Weltkrieg stand kurz vor der Tür.

Der 2. Auslandsieg nach dem Krieg – beim GP von Brünn

Auf dem Masaryk-Ring fand zum dritten Mal nach dem Krieg der GP der CSSR (Tschechoslowakei) statt. Diese Strecke hatte noch nichts mit dem heutigen Kurs zu tun. Mehr Details dazu finden sich auf unserer Seite unter „RaceTracks“ – „Europa“ – „Brünn – Masaryk-Ring“. Es war ein Straßenkurs auf abgesperrter Strecke, der damals noch nicht zur Weltmeisterschaft zählte. Trotzdem fanden sich hier viele ausländische Fahrer ein, den beliebten deutschen Fahrer Hans Baltisberger (Details siehe History) sollte dies 1956 sein Leben kosten. Petruschke hatte im Vorjahr bereits in Budapest bewiesen, dass er auf ihm neuen Strecken jeweils schnell zurechtkam. Einmal mehr schrieb er am 28. September 1952 in seiner Racer-Karriere Geschichte. Bernhard wurde der erste ausländische Sieger des im 3. Jahr der Austragung ein Rennen auf dem Masaryk-Ring ausgetragenen Rennens. Sein Sieg im Nachbarland wurde in der heimischen Presse und von den Fans danach gebührend gefeiert. Zweiter wurde übrigens sein Landsmann Haase auf IFA-DKW. Für die restlichen DDR-Piloten Türk, Krumpholz und Fügner blieben im 40 Mann starken Feld nur die Ränge 5 bis 7.

Der Masaryk-Ring – hier in der Auslegung ab 1965. Zwischen der heutigen GP-Strecke und der Stadt Brünn gelegen.

Kein Etikettenschwindel mehr – aber bevorstehender Wandel
Die staatlich kontrollierten Medien hatten nach Petruschkes Sieg in Brünn ausnahmsweise einmal als Fabrikat „ZPH-Kollektiv“ genannt. Endlich war dabei kein Etikettenschwindel getrieben worden, indem man ihm „IFA-DKW“ als Fabrikat unterjubelte. Den Partei-Oberen im Ministerium für Sport der DDR war verständlicherweise ein Dorn im Auge, dass ein privat aufgebauter Renner Mal für Mal die IFA’s in den Schatten stellte. Bei den Zschopauer „Werksmaschinen“ handelte es sich in Wahrheit immer noch um auf IFA umgetaufte frisierte DKW RT 125 von vor dem Krieg. Was nun passierte, war für den sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat absolut typisch. Man transferierte „Petrus“ samt Konstrukteur Zimmermann nach Zschopau zur IFA und verpflichtete sie als Fahrer und Betreuer. Allerdings wurde dem Ingenieur Walter Kaaden der Aufbau eines sogenannten IFA „Rennkollektivs“ und die Entwicklung einer neuen Rennmaschine zugeteilt. Der Auftrag dazu kam zu Jahresbeginn 1953 und Zimmermann wurde mit der Entwicklung von Bootsmotoren beauftragt.

Weiter siehe Teil 4 der Story über Bernhard Petruschke..