Honda RC 115 – die Waffe des weltweit grössten Motorradherstellers für die 50 cm³ WM 1965.

1965 – das letzte Jahr Anscheidts als Kreidler-Werksfahrer

Die Werksteams der Saison 1965, mit insgesamt 4 Herstellern, welche sich in diesem Jahr in der „Schnapsglasklasse“ beteiligten.

Übermächtige Konkurrenz für Kreidler
Bereits im Vorjahr hatten die japanischen Werke Suzuki und Honda einen gewaltigen Aufwand getrieben. Beim Saisonfinale 1994 wären nicht weniger als 12 Werksfahrer am Start gestanden. Nur aufgrund des Rückzugs sämtlicher Fahrer von Suzuki vor dem Rennen wurde der Lauf danach nicht zur Weltmeisterschaft gezählt. Honda hatte bereits in der Saison 1964 eine 50 cm³ Viertakt-Zweizylinder Werks-Maschine am Start, mit welcher Ralph Bryans dreimal gewonnen hatte. Ein weiteres Mal wurde der Nord-Ire damit auf der Isle of Man vor H. G. Anscheidt zweiter. Für 1965 präsentierte Suzuki einen neuen 50 cm³ Twin und eine 125-er mit 4-Zylindermotor, beide mit Wasser-Kühlung. Auch die spanische Mannschaft von Derbi wurde jedes Jahr stärker und rüstete immerhin 5 Piloten mit ihrem Material aus, drei davon als Werksfahrer. Als stärkste Waffe sollte sich die Honda RC 115 erweisen, mit einer Spitzenleistung von 14 PS bei 21.500 U/min, einer astronomisch hohen Drehzahl. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei rund 175 km/h, der Winzling hatte ein 9 Gang-Getriebe und wog nur 50 Kilogramm.

Nach Ernst Degner im Jahr 1962 konnte Deutschland mit H. G. Anscheidt 1966 erneut einen 50 cm³ Weltmeister feiern.

Die sieglose Saison 1965 für Anscheidt und Kreidler
Es zeichnete sich somit schon vor Saisonbeginn ab, dass Kreidler mit dem mittlerweile veralteten 50-er Motor auf verlorenem Posten stehen würde. Honda stellte mit Luigi Taveri einen zweiten Werksfahrer an der Seite des Nord-Iren Ralph Bryans. Für Suzuki kehrte Ernst Degner nach seinem 125-er Sieg im Vorjahr beim Finalrennen von Suzuka voller Selbstvertrauen in die 50 cm³ Klasse zurück. Der erste 50 cm³ Weltmeister von 1962 verstärkte damit das Suzuki-Werksteam mit Hugh Anderson und dem Japaner Mitsuo Itoh. Gegen die Honda war 1965 auf den meisten Strecken kein Kraut gewachsen. Trotzdem erkämpfte sich Anderson in Barcelona einen Sieg und Degner in Daytona und Spa-Francorchamps gar deren zwei. Doch der WM-Titel ging an Ralph Bryan und der Schweizer Taveri wurde Vizeweltmeister. Hans Georg Anscheidt schaffte es mit der Kreidler nur zweimal in die Punkteränge und das Werk aus Kornwestheim bei Stuttgarter zog sich zum Saisonende aus dem GP Sport zurück. Der Deutsche fuhr den GP von Japan beim letzten Rennen bereits auf Suzuki und holte sich mit Rang 4 so viele Punkte, wie in sämtlichen 7 Rennen davor.

Beim Regenrennen zum großen Preis der Nationen von Monza holte sich H. G. Anscheidt auf einer 125 cm³ Suzuki mit Rang 5 seine ersten WM-Punkte in dieser Klasse. Auf diesem Bild führte er vor der Parabolica noch vor dem Neuseeländer Hugh Anderson (Suzuki).

Endstand 50 cm³ Weltmeisterschaft 1965

Es wurden von den 8 Rennen im Jahr 1965 nur die 5 besten Resultate gewertet, weshalb die ersten 3 in nachfolgender Tabelle Streichpunkte hatten. Das Resultat nach Abzug der schlechtesten 3 Ergebnisse ist in roter Schrift aufgeführt.

Auf Rang 6 bis 10 ins Ziel gekommen und daher ohne WM-Pukte: George Ashton (GB, Honda), Raymond Bogaerdt (B, Honda), Peter Eser (D, Honda), Toshio Fujii (J, Suzuki), K. Ito (J, Bridgestone), Brian Kettle (GB, Honda), Rudolf Kunz (D, Kreidler), Oscar Pastro (B, Derbi), Jim Pink (GB, Honda), Horst Rauber (D, Honda), Naomi Taniguchi (J, Honda), Aldobrando Tassoni (I, Tohatsu), Gerhard Thurow (D, Kreidler), Claude Vigreux (F, Kreidler), Pierre Viura (F, Derbi).

Der Durchbruch mit Suzuki

Endlich wieder auf einem siegfähigen Motorrad unterwegs – H. G. Anscheidt auf der 50 cm³ Suzuki.

Die erste WM-Runde in Barcelona
In der Saison 1966 ging der aus Königsberg in Preußen stammende H. G. Anscheidt für Suzuki an den Start. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der 50 cm³ Klasse, dazu nahm er wie im Vorjahr auch an 125-er Rennen teil. Und die Kombination Anscheidt und Suzuki sollte sich als äußerst schlagkräftig erweisen. Beim Saisonauftakt in Spanien hatte Luigi Taveri (Schweiz) die Nase vorne und gewann den GP von Barcelona überlegen vor H. G. Anscheid, Ralph Bryans und Hugh Anderson. Honda-Werkspilot Taveri hatte offenbar bei seinem Sieg noch gewaltiges Glück gehabt, da kurz vor Schluss noch ein gutes Stück seines Vorsprungs auf die Verfolger zusammenschrumpfte. Wie er nach dem Rennen zu Protokoll gab, hätte seine Honda wohl keine weitere Runde mehr überstanden.

Der Schweizer Luigi Taveri beim Saisonauftakt zum GP von Spanien auf der 50 cm³ Zweizylinder Viertakt Honda, die bis zu 22’000 U/Min drehte.

Revanche beim Heimrennen auf dem Hockenheimring
Das 2. Rennen beim Heim Grand Prix in Hockenheim wurde für den Deutschen zum ersten Saisonhöhepunkt. Vor rund 100-tausend Zuschauern erfolgte um 09:40 Uhr mit leichter Verspätung der Start der 15 Fahrer über 15 Runden zum 50 cm³ GP von Deutschland. Lokalmatador Anscheidt hat wie so oft einen hervorragenden Start und übernimmt die Führung vor seinem Suzuki-Teamkollegen Hugh Anderson. Während Taveri erneut Motor-Probleme mit seiner Honda hat und aufgrund von Aussetzern zurückfällt, bildet sich eine 3-köpfige Spitzengruppe mit Anderson, Anscheidt und Bryans. In der achten Runde stellt der Deutsche einen neuen Rundenrekord auf und überrundet die ersten Fahrer. Am Ende gewinnt er unter frenetischem Jubel der Zuschauer mit beinahe 35 Sekunden Vorsprung auf Ralph Bryans sein erstes Rennen für Suzuki. Der Nord-Ire konnte Anderson knapp hinter sich lassen und Taveri überquert das Ziel auf Platz 4. Anscheidt legte im 125-er Rennen noch eins drauf und holte sich mit Rang 5 die ersten und einzigen WM-Punkte der Saison.

Start zum 50 cm³ GP von Deutschland am 22. Mai 1966. Als die Aufnahme entstand, war der Deutsche Hans Georg Anscheidt ist bereits in Führung liegend vorbei.

Runde 3 in Assen
Die 50 cm³ Klasse war beim GP von Frankreich in Charade, Clermont-Ferrand nicht ausgeschrieben. Überhaupt war die Saison 1966 für die 50-er die erste mit nur 6 Rennen seit Austragung im Premieren-Jahr 1962 der „Schnapsglas-Klasse“. Aus diesem Grund zählten diesmal sogar nur die besten 4 Resultate der Saison für die Weltmeisterschaft. Bei der „Dutch TT“ in Assen gab es einen Doppelsieg für Honda. Nachdem Taveri vor Bryans, Anderson und Anscheidt gewonnen hatte, stand der Verdacht im Raum, der Nord-Ire hätte den Schweizer aufgrund einer Stallorder vorbeigelassen. Für H. G. Anscheidt wurde Platz 4 später ein Streichresultat.

Start der 50 cm³ Klasse mit oben von links in der 1. Reihe Taveri und Anscheidt, die bereits auf ihrem Bike sitzen, daneben Bryans aufsteigend. Dahinter die drei Suzukis mit Anderson, Katayama und Morishita.

TT-Race auf der Isle of Man 1966 – kein Glück für Anscheidt
Nach einer zweimonatigen Pause für die kleinste Klasse ging es auf der Isle of Man mit der bis Mitte der 1970-er Jahre zur WM zählenden Tourist Trophy weiter. Doch diesmal hatte Hans Georg kein Glück, nachdem er in der Pause vor der TT in seiner Heimat noch den Lauf zur deutschen Meisterschaft auf dem Norisring gewonnen hatte. Am Fusse des Bray Hill bei Quarter Bridge blieb er mit seiner Suzuki stehen. Der Motor hatte schlicht den Geist aufgegeben, womit er den ersten Nuller der Saison verbuchen musste. Nun wurde es natürlich eng in der Weltmeisterschaft, weil Bryans vor Taveri und Anscheidts Teamkollege Anderson gewonnen hatte. Der Nord-Ire Bryans hatte an der TT angeblich die Team-Order missachtet und wollte Taveri bei seinem Heimrennen unbedingt schlagen. Ralph Bryans fuhr in der ersten Runde übrigens schneller als 19 Jahre zuvor in der 500-er Klasse der in der Vorkriegszeit berühmte Harold Daniell auf seiner Werks-Norton bei seiner Rekordrunde. Dies als Beweis, wie gut die 50 cm³ Maschinen Mitte der 60-er Jahre selbst auf solchen Kursen bereits liefen.

Ausfall mit technischem Defekt von H. G. Anscheidt an der TT 1966.

Runde 5 – GP der Nationen von Monza
Ausnahmsweise hatte H. G. Anscheidt diesmal keinen wirklich guten Start und musste sich hinter den beiden Hondas von Bryans und Taveri, sowie Andersons Suzuki einreihen. Nach der ersten Runde überquerte Hans Georg das Ziel mit 10 Sekunden Rückstand auf den Führenden und es sah zunächst nach einem klaren Start-Zielsieg für die beiden Hondas aus. Doch innert drei Umläufen machte Anscheidt ganze sechs Sekunden gut. Eine Runde später lag der Deutsche Kämpfer bereits vor seinen beiden härtesten Rivalen in Führung. Am Ende gewann er mit einem Schnitt von 152.175 km/h auf der 50 cm³ Suzuki mit über 10 Sekunden Vorsprung auf den Zweiten seinen zweiten GP der Saison. Nachdem Ralph Bryans erneut vor seinem Schweizer Teamkollegen das Ziel gekreuzt hatte, verlor Taveri dadurch wichtige Punkte im WM-Zwischenklassement. Vor dem Saisonfinale in Japan waren die Chancen zum ersten Weltmeistertitel für H. G. Anscheidt plötzlich wieder vorhanden.

Start zum 50 cm³ Rennen in Monza, Nr. 6 Bryans, 5 Taveri (beide Honda), 4 Anscheidt (Suzuki).

Das Finale in Fuji
Beim GP von Japan musste die Entscheidung fallen. Ob Honda mit Bryans oder Taveri den Titel sichern konnte, oder mit Anscheidt sich nach Ernst Degner wieder ein Deutscher für Suzuki die Krone aufsetzen konnte. Den Titel in der Hersteller-Weltmeisterschaft hatte sich Honda bereits vor dem Finale gesichert. Doch unverständlicherweise boykottierte Honda diesen Grand Prix unter Berufung auf angebliche Sicherheitsbedenken. Tatsächlich protestierte die japanische Firma jedoch nur aus einem Grund gegen die Austragung in Fuji. Honda war einzig und allein verärgert darüber, dass nicht auf dem ihnen gehörenden Kurs von Suzuka gefahren wurde. Die Verlegung ihres nationalen GP für 1966 auf eine andere Rennstrecke passte den Japanern nicht. Bis im Vorjahr war seit 1963 immer Suzuka für die Austragung des GP von Japan zum Handkuss gekommen. Der Boykott von Honda rächte sich postwendend, weil Hans Georg Anscheidt hinter dem Teamkollegen und Suzuki Werksfahrer Yoshimi Katayama Zweiter wurde. Dies reichte, um sich mit nur einem Punkt Vorsprung auf Bryans und Taveri seinen ersten Weltmeistertitel zu sichern.

WM-Endstand 1966 in der 50 cm³ Klasse

Ohne WM-Punkte, aber auf Platz 6 bis 10 klassiert waren: M. Allen (GB, Honda), George Ashton (GB, Honda), Martin Carney (GB, Derbi), Enrique Escuder (E, Derbi), Leslie Griffiths (GB, Honda), Brian Kettle (GB, Honda), Charlie Mates (GB, Honda), Martin Mijwaart (NL, Jamathi), Jørgen Nielsen (DK, Kreidler), Jean-Louis Pasquier (MC, Derbi), Jim Pink (GB, Honda), Winfried Reinhard (D, Kreidler), Rudolf Schmälze (D, Kreidler), Horst Seidl (D, Honda), Chris Vincent (GB, Suzuki).
Eine spätere Aufnahme des Idols vieler Jugendlichen in den 1960-er Jahren.