Die Bilderbuchstrecke im Norden der Toskana

Mugello am Samstag vor dem GP von Italien 2018 von uns in einer gemütlichen Pause fotografiert. Im Hintergrund in Blau die Materassi Tribüne und vorne links in Rot der Platz für die „Ducatisti“.

Lage
Zwischen Bologna und Florenz mitten im Apennin gelegen, ist die nahe der kleinen Ortschaft Barberino di Mugello gelegene Strecke seit 1991 fixer Bestandteil der Motorrad-Weltmeisterschaft. Aufgrund der kaum vorhandenen Übernachtungsmöglichkeiten in der Nähe ist die Rennstrecke an den GP-Wochenenden jeweils rundherum von unzähligen Campingbesuchern gesäumt.

Valentino Rossi beim Sepang Test 2020 in Malaysia auf seiner Yamaha M1. Er geht in seine einundzwanzigste Saison in der Königsklasse und hofft immer noch auf einen weiteren Sieg, am liebsten wohl in seiner Heimat.

Der Besucheransturm begann mit Valentino Rossi
Fanden im Jahr 1997 noch gut 60’000 Fans den Weg zum GP von Italien, waren es 20 Jahre später mit der bisherigen Rekordzahl von 164’418 Besuchern (die Eintritte von Freitag bis Sonntag zusammengerechnet) fast dreimal so viele. Zu verdanken dürfte dieser Anstieg wohl vor allem dem bekanntesten Zweiradartisten in der ganzen Welt in der Person von Valentino Rossi sein. Als sich der Verfasser dieses Artikels im Jahr 2001 alleine beim Mugello GP einfand, trug er zufälligerweise ein gelbes T-Shirt. Bevor er merkte, was mit ihm geschah, befand er sich kurz nach dem Fußmarsch zur Strecke mitten im Rossi-Fanbereich. Damals war dies ein kleiner Hügel an der Stelle, an welcher seit einiger Zeit die Ducati Fantribüne steht, bei der Curva Correntaio.

Streckenplan des Autodromo Internazionale del Mugello.

Details zur Strecke
Mit einer Länge von 5.245 Kilometern gehört die Strecke zu den längsten im MotoGP Kalender. Nur Silverstone, Sepang, Austin, Brünn und Losail sind noch länger als Mugello. Mit 6 Links- und 9 Rechtskurven und einer Breite von 14 Metern ist der Autodromo Internazionale del Mugello eine sehr schnelle Rennstrecke. Aufgrund der 1,141 km langen Start-Zielgerade werden in der MotoGP beeindruckende Spitzengeschwindigkeiten gemessen. Der 2019 von Andrea Dovizioso mit seiner Werks-Ducati aufgestellte Geschwindigkeitsrekord liegt bei gewaltigen 356.7 Km/h. Den absoluten Rundenrekord hält mit Stand 2019 Marc Marquez (Repsol Honda) und 1:45.519 Minuten.

Naturtribüne bei der Curva Luco am Renntag 2019, ein Jahr davor war hier kaum ein Durchkommen.

Vor- und Nachteile von Mugello

Vorteile
Die Rennstrecke in Mugello ist bei campierenden MotoGP Fans sehr beliebt und durchaus schön gelegen. Es gibt mehrere Zugänge zum Rundkurs und im Verhältnis zu vielen anderen Strecken südlich der Alpen und Spielberg in Österreich ein durchaus gutes Verpflegungs- und Getränkeangebot. Ob nicht nur normales Cola, sondern auch Zero. Bier oder leckere Sandwiches mit Salami oder Prosciutto Crudo, Hotdogs und Burgers, die Vielfalt und Qualität sind über dem Schnitt im Vergleich zu vielen übrigen Strecken.
Nachteile
Wer über die Autobahn von Bologna nach Florenz anfährt, muss mit längeren Stauzeiten bei An- und Wegfahrt rechnen. Die Ticket-Preise sind im Vergleich mit Spanien, Frankreich, Deutschland und Österreich sehr hoch. Wer Probleme mit Lärm hat, sollte den Mugello GP besser meiden, insbesondere auch wer ruhigen Schlaf beim Camping an der Strecke sucht. Mehr Dreck rund um die Strecke findet man höchstens noch am Sonntag beim GP von Assen, was genauso für angetrunkene sogenannte Fans gilt.
Die sanitären Einrichtungen sind ähnlich unzureichend und oft verdreckt wie beim GP von Brünn. Die Zahl der Verpflegungsstände könnte ruhig verdoppelt werden. In den Pausen zwischen den Rennen und bei den Trainings bilden sich überall lange Menschenschlangen, ob bei Toiletten oder Verkaufsständen. Vernünftige Übernachtungsmöglichkeiten innerhalb von einer Stunde Fahrzeit zur Strecke sind sündhaft teuer und schwer zu finden. Wir sind bereits gespannt, wie sich das Ganze entwickeln wird, sollte Valentino Rossi in naher Zukunft vom aktiven Rennsport zurücktreten.

Siegerstatistik MotoGP Mugello

Danilo Petrucci 2019 auf der Werks-Ducati in Mugello, im Rennen hatte er seine Sternstunde der Saison und gewann knapp vor Marc Marquez sein Heimrennen der MotoGP.

Valentino Rossi der erfolgreichste Fahrer in Mugello
Mit insgesamt 7 Siegen in der Königsklasse liegt Valentino Rossi nur knapp vor Jorge Lorenzo und Mick Doohan mit deren 6 an der Spitze. Dass Marc Marquez es bisher nur zu einem Erfolg brachte, zeigt auch auf, dass Mugello seit Einführung der MotoGP bisher keine Honda Strecke war. Trotz meist höchsten Topspeed-Werten auf der langen Geraden von Mugello gewann Ducati bisher erst viermal.

2 Todesopfer bei Motorrad Grands Prix in Mugello

Das 350cc Rennen des GP der Nationen am 16. Mai 1976 wurde vor dem 250cc Rennen ausgetragen. In der zweiten Runde klemmte Paolo Tordis Yamaha, worauf er stürzte und dabei von seinem Motorrad getroffen wurde. Der Italiener starb während seiner Verlegung ins Krankenhaus. Als wäre dies noch nicht genug Unheil gewesen, fand im darauffolgenden Rennen auch noch dessen Landsmann Othello Buscherini im 250 cm³ Rennen den Tod. Der 3-fache GP Sieger war in der 125 cm³ Klasse Inhaber des Rundenrekords in Mugello. Ein Augenzeuge berichtete über den Sturz des drahtigen Italieners in der Arrabbiata Kurve später „Ich sah ihn fallen und zum Zaun rutschen, verfolgt von seinem eigenen Motorrad. Othello hatte keine Chance, seine Yamaha traf ihn bei der Stützstange des Netzes, das die Tribünen von der Strecke trennte. Ein völlig absurder Tod“. Es war ein wahrhaft schwarzer Tag für den Rennsport in Italien. Buscherini wurde nach seiner Bergung bei der Ankunft im Spital für tot erklärt.

Besucherzahlen und die Auswirkungen durch Rossi

Valentino Rossi (hier vor dem Start zum GP von Jerez 2019) ist besonders in Italien der Zuschauermagnet schlechthin.

Rossi und die direkten Auswirkungen auf die Besucherzahlen
Die Auswirkungen von Valentino Rossis Erfolgen oder Misserfolgen auf die Besucherzahlen in Mugello sind geradezu unheimlich. Als er im Jahr 2011 zu Ducati gewechselt hatte, gelang ihm im ersten Jahr ein einziges Podium. Im Jahr darauf verzeichnete der Mugello GP einen drastischen Einbruch um rund ein Drittel der Besucherzahlen gegenüber dem Vorjahr. Als er 2013 zu Yamaha zurückgekehrt war, kam Marc Marquez in die MotoGP und Rossi hatte vor dem GP von Mugello nur ein Podium beim WM-Auftakt in Qatar auf seinem Konto. Vor Mugello kam er gar nur auf Position 12 ins Ziel. Im Jahr 2014 gewann Marquez bis zur Sommerpause sämtliche Rennen und Rossi lag vor dem Rennen in Mugello im WM-Zwischenklassement bereits weit hinter dem Spanier zurück. Erst als Valentino 2015 als WM-Leader zum GP von Mugello angereist war, stiegen die Zuschauerzahlen wieder deutlich. Von 111’309 auf 139’452 gab es für die drei Tage des MotoGP Wochenendes wieder einen signifikanten Anstieg der kumulierten Besucherzahlen. Gar nicht erst auszumalen ist, was nach dem Rücktritt des Publikumslieblings passieren wird.

Eintrittspreise – Mugello der teuerste GP im Vergleich

Italien zusammen mit Tschechien mit Abstand die teuersten Veranstaltungen
Vergleicht man die Ticketpreise für Stehplatz-Tickets (immer für 3 Tage und die Kosten für Parking mit eingerechnet), schwingen Mugello, Misano und Brünn obenaus. Wir haben die offiziellen Verkaufspreise von 2020 zum Vergleich herangezogen und es fehlen dabei nur die zum Zeitpunkt Ende Januar noch nicht veröffentlichten Zahlen. Da es sich dabei um eindeutig moderate Eintrittspreise in Ländern wie Japan handelt, ändert sich das Bild mit deren Einbezug kaum.
Auch bei den Bestplätzen ein ähnliches Bild
Nimmt man die durchschnittlichen Ticket-Preise für Tribünentickets für 3 Tage inklusive Parking der höchsten Kategorie, liegt Mugello knapp hinter Brünn. Trotzdem sind die Preise im Vergleich zu den übrigen Veranstaltungsorten horrend. Nimmt man die Preise für Stehplätze zum Vergleich her, schaut das Bild recht ähnlich aus. Nur dass hier Mugello knapp vor Misano die zwei mit Abstand teuersten Veranstaltungen im Kalender sind. Bei den Zahlen von 2020 wurden die Ticketpreise für 3 Tage samt Kosten für Parkplätze nahe der Strecke verglichen, soweit bereits offiziell bekanntgegeben. Die hier fehlenden Veranstaltungen liegen erfahrungsgemäss deutlich tiefer.

Beim durchschnittlichen Preis für Tribünen-Bestplatz-Tickets liegt Mugello zusammen mit Brünn an der Spitze sämtlicher Veranstalter. Hier die Zahlen von 2020, soweit bereits bekannt.

Der Vollständigkeit halber sind hier auch die WSBK Events mit aufgeführt. Auch hier sieht man, wie die beiden italienischen Veranstalter von Imola und Misano weit obenaus schwingen. Ducati und in der MotoGP Valentino Rossi sei Dank, dass die Tifosi und auch zahlreiche Besucher aus nördlichen Ländern Europas bei den Motorrad WM-Events in Italien grundsätzlich tief in die Tasche greifen müssen.