Tom Sykes (BMW S1000-RR) der Übeltäter im 1. Rennen am Samstag, bei welchem er in Kurve 9 in der 1. Runde Jonathan Rea von der Piste rempelte. Genützt hat die ungestüme Aktion dem Engländer wenig, im Rennen wurde er ab Rennmitte bis auf Platz 9 durchgereicht.

Motul WorldSBK – Superpole Race Krimi

Bei den australischen Fans hatte sich Tom Sykes im 1. Rennen vom Samstag wenig neue Freunde gemacht. Seine überharte und ungestüme Aktion gegen Jonathan Rea in der 1. Runde kostete diesen jede Chance auf den Sieg. Der Ausflug ins Gras bei weit über 150 Km/h führte bei der Aufholjagd des 5-fachen Weltmeisters letztlich zu einem seiner seltenen Stürze. Die Mehrheit der „Aussies“ sehen den Nord-Iren mit Zweitwohnsitz in Australien und einer von dort stammenden Frau als einen der Ihrigen. Entsprechend viele negative Kommentare hörten wir unter den Fans und Besuchern an der Strecke und am Abend bei Lagerfeuergesprächen in Down Under. Doch am Sonntag ging es mit dem Superpole Race weiter und Johnny Rea bekam eine neue Chance zu zeigen, wieso er auch 2020 den Kampf um den WM-Titel nicht kampflos aufgeben wird.

Aruba.it Ducati-Neuzugang Scott Redding – der Engländer begeisterte am 1. Tag mit einem tadellosen Einstand in der Motul WorldSBK. Als britischer Superbike Meister 2019 auf Ducati erhielt er für 2020 den Platz von Alvaro Bautista im WSBK Werksteam, nachdem dieser zu Honda gewechselt hatte.

Das Superpole Race – spannende Ausgangslage
Beim 2019 neu eingeführten Superpole Race scheiden sich die Geister. Viele der Fahrer und Teammitglieder sind von diesem über 10 Runden dauernden Sprintrennen alles andere als begeistert. Zu den Kritikern gehört auch Rekordweltmeister Jonathan Rea. Als exakt um 12 Uhr und 42 Sekunden am 1. März 2020 die rote Ampel ausging, war Kawasakis Ass wie sämtliche anderen Fahrer bis in die Zehenspitzen motiviert. Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha) als Sieger des 1. Rennens am Vortag strotze nur so vor Selbstvertrauen. Es war früh klar, dass der Türke keinen Millimeter nachgeben würde.

Kawasakis Neuzugang Alex Lowes vor dem Start – am Samstag verpasste er den Sieg im ersten Rennen gegen seinen Nachfolger bei Pata Yamaha um nur gerade 7 Tausendstel (© Kawasaki Racing).

Viele Mitfavoriten auf den Sieg
Auch Loris Baz (Ten Kate Yamaha) brannte nach seinem enttäuschenden 7. Platz am Vortag auf Revanche, genauso Topraks Teamkollege Michael van der Mark. Der Niederländer verpasste das Podium am Samstag nur um einen Wimpernschlag. Scott Redding hatte im 1. Lauf bereits bewiesen, dass er um den Sieg mitkämpfen kann, was Reas neuer Teamkollege Alex Lowes bei gleicher Gelegenheit ebenso eindrücklich bewiesen hatte. Dadurch gab es vor dem Superpole Race so viele Mitfavoriten auf den Sieg, wie schon seit langer Zeit nicht mehr.

Jonathan Rea als Führender in Kurve 4, genannt Honda Corner. Dahinter Toprak Razgatlioglu, Tom Sykes, Michael van der Mark, Loris Baz und aussen mit Nr. 45 Scott Redding. Die Verfolgergruppe wird angeführt von Xavi Fores mit Nr. 12, hinten im Bild Alvaro Bautista mit Startnummer 19.

Ein Krimi über 10 Runden
So kam es beim Sprintrennen über 10 Runden zu einem wahren Krimi. Kurz nach dem Start führte Jonathan Rea den Pulk an. Der Weltmeister ging nach seinem Pech im 1. Rennen umso entschlossener zur Sache. Zwar überquerte er in den ersten neun Runden die Ziellinie jedes Mal als Führender, doch beim Kampf um die Spitze ging es extrem hart zur Sache. Meist fuhren gleich mehrere Fahrer nebeneinander die Kurven an und mehrmals grenzte es an ein Wunder, dass dabei aus der Spitzengruppe niemand zu Sturz kam. GRT Yamaha Rookie Federico Caricasulo crashte bereits in der ersten Runde in Kurve 10, konnte aber weiterfahren, um am Ende noch auf Platz 14 zu landen. Alvaro Bautista (HRC Honda) erwischte es im 2. Umlauf in der Kurve 6, genannt Siberia. Der Vizeweltmeister des Vorjahres fuhr danach an die Box und nahm das Rennen später nochmals auf. Nachdem der Sieger das Ziel überquert hatte, fehlten dem Spanier 3 Runden. Er wurde aber noch auf Rang 16 gewertet.

Alvaro Bautista (HRC Honda) am Start vor dem Rennen – im Superpole Race hatte er im Gegensatz zum 1. Lauf kein Glück. Er verlor seine Chance auf eine vordere Platzierung infolge Sturz bereits in der zweiten Runde (© HRC Honda).

Hauchdünne Entscheidung nach unglaublichen Fights
Tom Sykes (BMW) überquerte die Ziellinie in den ersten beiden Runden noch als Dritter, hinter Rea (Kawasaki) und Raztaglioglu (Yamaha). Doch in der dritten Runde wurde er gleich von 4 Fahrern überholt und hatte ab dann im Kampf um den Sieg nichts mehr zu bestellen. Ab nun waren es Scott Redding (Ducati), der nach Runde 1 nur sechster war und Loris Baz (Yamaha), die an der Spitze mitmischten. Knapp dahinter Michael van der Mark (Yamaha) und Alex Lowes (Kawasaki), die bis zum Ziel mehrmals die Positionen tauschten. In der letzten Runde passierte erneut Jonathan Rea als erster die Ziellinie, knapp dahinter Razgatlioglu, der zu Rennmitte für 3 Runden von Redding als erster Verfolger abgelöst worden war.

Alex Lowes (KRT Kawasaki) vor Michael van der Mark (Pata Yamaha) – die beiden letztjährigen Teamkollegen schenkten sich im Kampf um das Podium keinen Zentimeter (© GeeBee Images).

Johnny schlägt Toprak und revanchiert sich für Lauf 1
Toprak Razgatlioglu gelang es in Kurve 4, genannt Honda Corner, sich innen an Jonathan Rea vorbeizudrängen. Dabei kam es sogar zu einer Berührung, wodurch der Nord-Ire seine Position beinahe an Scott Redding verloren hätte. Doch Rea gelang es irgendwie, direkt hinter Toprak zu bleiben und vor der letzten Kurve stach er innen am Türken vorbei, der kurz vor der Zielflagge beinahe noch Platz 2 an Redding verlor. Das Podium fuhr innerhalb von einer Zehntelsekunde über die Ziellinie. Alex Lowes wurde mit nur gerade 0.205 Sekunden Rückstand auf seinen Teamkollegen Rea vierter, vor Michael van der Mark, Tom Sykes, Loris Baz, Leon Haslam und Michael Ruben Rinaldi. Nur diese Fahrer erhielten als die ersten 9 Klassierten WM-Punkte. Im Sprintrennen sind nicht wie bei den Rennen über die volle Distanz die ersten 15 Piloten Punkte berechtigt.

Michael Ruben Rinaldi (Team Goeleven Ducati) vor Maximilian Scheib, Sandro Cortese (beide Kawasaki) und Leon Haslam (HRC Honda). Während es Haslam im Superpole Race galang, sich an die Spitze der Verfolgergruppe zu setzen, rettete Rinaldi bis ins Ziel immerhin noch einen WM-Punkt.

Die Verlierer – insbesondere Bautista und Davies
Nebst Crashpilot Alvaro Bautista, der seit Jerez 2019 eine ziemlich hohe Sturzrate zu verzeichnen hat, gehört insbesondere Chaz Davies zu den Verlierern im Superpole Race. Zu den deutlich Geschlagenen musste sich in Anbetracht seiner hervorragenden Leistungen im Vorjahr auch Sandro Cortese mit Rang 11 zählen lassen. Auch wenn der Deutsche als Ausrede ins Feld führen kann, dass er nur 2 Testtage und die Freitagstrainings als Vorbereitung zu den Rennen hatte. Die Verpflichtung durch Pedercini Racing, das für 2020 unter der Bezeichnung „OUTDO Kawasaki TPR“ antritt, erfolgte erst kurz vor dem Saisonauftakt. In Anbetracht von Sandros Platz 9 in der Superpole mit nur 0.029 Sekunden Rückstand auf Alex Lowes, hatten sich sein Team und die deutschen Fans natürlich mehr von ihm erwartet.

Konzentration vor dem Start – Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR), der beste WorldSBK Fahrer aller Zeiten und 5-facher Weltmeister (© Kawasaki Racing).

Weitere Geschlagene
Xavi Fores konnte mit Rang 12 natürlich auch nicht zufrieden sein. In seiner letzten WorldSBK Saison 2018, bevor er in die BSB wechselte, standen bei dem Spanier immerhin 5 Podiumsplatzierungen und WM-Rang 7 zu Buche. Takumi Takahashi (MIE Racing Althea HONDA Team) kam noch hinter dem in Runde 1 gestürzten Federico Caricasulo ins Ziel. Seine Leistungen beim Saisonauftakt in Australien waren gelinde formuliert unterirdisch. Das von der Japanerin Midori Moriwaki geführte Honda Kundenteam kann nur auf die Rückkehr von Jordi Torres in die WorldSBK hoffen. Doch aufgrund der Covid-19 Pandemie wurde überhaupt fraglich, ob und wann es 2020 noch weitergehen soll. Selbst ein kompletter Abbruch der Motul WorldSBK Saison ist derzeit sogar möglich.

Sandro Cortese vor Xavi Fores (beide Kawasaki) verpasste die Top Ten nach dem 1. Rennen auch in der Superpole. Sein Rückstand auf Sieger Rea betrug bis ins Ziel 9.678 Sekunden.

Ergebnis Superpole Race Phillip Island vom 1. März 2020

Jonathan Rea sicherte sich neben dem knappen Sieg bei seiner Revanche zum 1. Rennen im Superpole Race auch noch die schnellste Rennrunde mit 1:31.028 Minuten. Der höchste Topspeed wurde wenig überraschend bei Chaz Davies und seiner Ducati Panigale V4R mit 330.3 Km/h gemessen. Genützt hat dies dem Waliser jedoch wenig. Erneut landete er weit abgeschlagen und mit über 11 Sekunden Rückstand auf den Sieger im Ziel. Genau wie bereits im ersten Rennen und gleichzeitig stand sein neuer Aruba.it Ducati Teamkollege Scott Redding zum zweiten Mal nach Rang 3 auf dem Podium.