Johann Zarco (Esponsorama Ducati) vor Joan Mir (Suzuki Ecstar) und Alex Marquez (Repsol Honda) – drei der Fahrer, die im Vorjahr viel zu reden gaben und den in der Mitte liegenden hatten die wenigsten als neuen Weltmeister auf der Liste (© MotoGP).

Über Team-Präsentationen und weitere vermeintlichen Sensationen

Manche Journalisten sind nicht zu beneiden, denkt mancher Betrachter beim Blick auf deren Schlagzeilen. Doch in Zeiten von Corona sollte man mit seinem Mitleid besser dosiert umgehen. Unzählige Menschen sterben und eine nicht abschätzbare Zahl an Personen verlor ihren Job oder steht kurz davor. Dass nun Schreiberlinge unzählige Artikel darüber verfassen, wie die Tücher von kürzlich umlackierten 2020-er Bikes gezogen werden, ist normal. Nicht aber, wie mancher jede noch so unbedeutende Kleinigkeit oft versucht, zur Sensation hochzustilisieren. In der „saure Gurken Zeit“ und jetzt noch ohne die Aussicht, dass in Sepang die Motoren aufheulen, irgendwie verständlich. Aber viel zu oft auch reichlich peinlich.

Valentino Rossi von uns 2007 in Sepang fotografiert. Hier hätte die Präsentation seines Teams stattfinden sollen, was angesichts der ursprünglich dort vorgesehenen Tests naheliegend gewesen wäre. Doch vor dem Hintergrund der Pandemie waren MotoGP Testfahrten in Malaysia völliger Unfug. Wie von uns anfangs Januar bereits geklärt und berichtet, kam am Ende (beinahe in letzter Minute) die längst erwartete Absage.

Viel Schein und wenig sein – es fehlt oft der Inhalt
Ob MotoGP oder WorldSBK, viel zu häufig hält der Inhalt von Artikeln nicht annähernd, was die Überschrift versprach. Oft fehlt dabei der Zusammenhang gar vollständig. Wir vermeiden dies unsererseits durch die Beschäftigung mit vielen historischen Aspekten und Rückblicken auf die nicht allzu ferne Vergangenheit. Siehe dazu unser WorldSBK Rückblick und andere periodisch erscheinenden Artikel. Was die Präsentation der Teams betrifft, hört und liest man jedes Jahr dasselbe. Alle wollen sich verbessern und gerne ganz nach vorne oder sich dort halten. Im Gegensatz zu sonst sind jedoch die Einheitsreifen noch exakt dieselben und für die Bikes gilt dasselbe. Aufgrund der Pandemie wurde, völlig verständlich, nämlich die Weiterentwicklung so gut wie eingefroren. Daher, wer sich die Präsentationen der Teams mit ihren Fahrern ansehen möchte, hier ist der passende Link: www.motogp.com

Marc Marquez (Repsol Honda) nach seinem irrsinnigen Versuch, nur 4 Tage nach operiertem Oberarmbruch, eine nahezu 300 PS starke MotoGP Rakete beherrschen zu wollen. Sein auf eigenes Risiko begangener 2. Fehler von Jerez hatte böse Folgen. Heute interessiert die Fans nicht, in welchen Farben, sondern ob und wann überhaupt er wieder antritt (© MotoGP).

Alex Lowes – zum Glück noch an einem Stück!

Wenn der Engländer mitten in der Saison stürzt und man darüber jedes Mal einen eigenen Artikel schreiben würde, kämen viele bald an ihre Grenzen. Die Rede ist dabei von Alex, dem zusammen mit seinem Zwillingsbruder Sam als Kiesbetten-Experte bekannten WorldSBK Fahrer. Tatsache ist, der Engländer ist gerade erst beim Training eines von unzähligen Malen gestürzt und es resultierte dabei eine Verletzung am Schlüsselbein. Es gibt Fahrer, die mit einem derartigen Bruch zum Rennen antraten und es zu Ende fuhren. Auch sein Bruder Sam fuhr auf dem Autodromo do Algarve mit gebrochenen Knochen in der Hand. Natürlich ist auch Alex ein definitiv zäher Bursche. Solange er also an einem Stück ist, wird er in einem Monat auf der Kawasaki ZX-10RR sitzen, dies unser Versprechen zum Thema. Unser einziger Vorbehalt dabei ist, dass wirklich in Portugal gefahren werden kann.

Alex Lowes (vorne im Bild) mit Teamkollege und Weltmeister Johnny Rea im Tandem-Wheelie auf dem Circuit de Nevers Magny-Cours. Nach dem von uns vor Ort besuchten Saison-Auftakt in Australien war der Kawasaki-Pilot kurz WM-Leader (© WorldSBK).

Der MotoGP Kalender wackelt – ebenfalls nichts neues

Köstlich wirkt es wohl auf viele Betrachter, wenn nun einige Journalisten aus dem Winterschlaf erwacht sind und bestimmte Events infrage stellen. Wir erinnern uns, als damals mitten in der 2. Corona-Krise ein Kalender von FIM und Dorna veröffentlicht wurde. Dieser war bei Herausgabe am 5. November 2020 bereits absolut unrealistisch. Aufgrund bestehender Verträge mit den Veranstaltern blieb ihnen jedoch damals keine andere Wahl. Dumm nur, wer zu diesem Zeitpunkt noch ernsthaft an eine Umsetzung geglaubt hatte. Bei der 2. Auflage vom 22. Januar „fehlten“ bereits Argentinien und Austin. Nun probiert man den Auftakt in Losail, wo eben erst der FC Bayern Spieler Thomas Müller in Katar positiv auf das Corona-Virus getestet ausfiel. Wahrlich keine guten Vorzeichen! Wenn man dazu noch liest, dass viele Impfstoffe nur begrenzt oder frühestens nach 3 oder gar 12 Wochen wirken, erst recht nicht.

Der kombinierte Kalender von MotoGP und WorldSBK – mit immer noch viel zu vielen fragwürdigen Terminen, vor allem in Übersee. Aktuell diktiert in erster Linie die Pandemie, was davon möglich sein wird. In Rotschrift die Überschneidung MotoGP und WSBK.

Wieso es so schlimm kam und wir um den Sport bangen müssen
Weil Politiker praktisch sämtlicher Staaten in Globo versagten, stecken wir in einem viel tieferen Schlamassel, als es sonst schon gekommen wäre. Im Grunde genommen beruht deren Entscheidungsschwäche auf einem leicht durchschaubaren Effekt, nämlich der Demokratie. Dies erklärt, weshalb Personen wie Frau Merkel oder „Shorty“ (gemeint ist Herr Kanzler Kurz aus Österreich) zwar früh vor Covid-19 warnten, aber die notwendigen Schritte nicht konsequent durchzogen. Es tönt pervers, ist aber leider wahr: Sie versuchten zwischen einem Schaden ihrer Wähler und für ihre Partei zu balancieren und scheiterten infolge dessen daran, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Solange Schulen geöffnet bleiben und Urlaubsreisen in alle möglichen Länder erlaubt sind, besteht kaum Hoffnung. Nebst unzähligen weiteren Menschenleben wird auch der Sport einen noch nicht vollständig absehbaren Schaden dabei erleiden.

Von uns anfangs Juli 2019 fotografiert: Donington Park Sieger Jonathan Rea lässt sich von den Fans feiern, nachdem er damit soeben die WM-Führung erobert hatte. Die Verantwortlichen rechnen nicht mit einer Paddock Show in der kommenden Saison, wie wir in Erfahrung bringen konnten. Kein Wunder, sind Fans an der Strecke womöglich wieder bei fast sämtlichen Events nicht zugelassen, sofern die Veranstaltungen so überhaupt durchführbar sein werden.

Kaum Neuigkeiten aus der Motorsportwelt – bis mindestens März

Dass es kaum wirkliche Neuigkeiten aus der Motorsportwelt bis im März geben dürfte, sollte vor dem zuvor beschriebenen Hintergrund das kleinste Übel sein. Die verzweifelten Motorsport-Journalisten dürfen weiterhin ruhig über Nebensächlichkeiten berichten, als sei es das wichtigste auf der Welt. Irgendwann geht es hoffentlich wieder auf der Strecke weiter und erst dann wird es richtig spannend. Wir unsererseits freuen uns mittlerweile wie kleine Kinder, wenn Teams wie beispielsweise Kallio Racing in letzter Minute ihre Nennung für 2021 bestätigen. Immerhin waren es das finnische Team, das mit seinem Engagement beispielsweise den Weltmeistertitel 2018 von Sandro Cortese erst ermöglichten. Natürlich freuen wir uns auch über jeden Neuzugang, egal ob in WorldSSP oder WSBK. Hoffentlich geht es in beiden Meisterschaften zumindest halbwegs wie geplant los, für Spannung ist in sämtlichen Klassen gesorgt.

Beim Durchstöbern unseres riesigen Archivs kürzlich entdeckt, ein Programmheft der WorldSBK 2008 von der Rückkehr auf den Nürburgring. Rechts im Bild der in Imola später tragisch verunfallte Joan Lascorz, welcher seither an den Rollstuhl gefesselt ist. Links ein Hinweis auf einen Fahrer der WorldSSP, den man damals als künftiges Talent bezeichnete. Sein Name: Jonathan Rea und er machte die Prognosen von 2008 mehr als wahr.