Francesco Bagnaia (Ducati Lenovo) vor Johann Zarco (Pramac Ducati) – die beiden am Freitag schnellsten Fahrer der Roten, welche provisorisch für das Q2 am Samstag qualifiziert sind. Wie erwartet, gab es am ersten Tag einige Überraschungen auf dem Circuito de Jerez.

Ein erstes Fazit nach dem ersten Tag der MotoGP in Jerez de la Frontera

Wie sich früh angedeutet hatte, hatte eine Vielzahl der Fahrer ihre Karten im ersten freien Training noch nicht aufgedeckt. Insofern war bereits zu erwarten, dass die Resultate vom Morgen mit dem Stand nach dem FP2 wohl wenig zu tun haben sollte. Immerhin durfte sich dabei aber KTM über die erste provisorische Pole von Brad Binder kurz freuen. Seit Saisonbeginn war noch nie einer der Orangen ganz vorne mit dabei gewesen, zumindest an einem Rennwochenende. Immerhin zwei von ihnen waren auch im FP2 trotzdem noch in den Top Ten vertreten, als Binder am Ende auf P10 und Oliveira drei Positionen vor dem Südafrikaner. Dass Rossi keine Attacke auf die Bestzeit reiten würde, war zu erwarten, nicht aber die Zurückhaltung von Marc Marquez, was viele Beobachter überraschte. Nachfolgend das Resultat mit dem FP2 der MotoGP und in Kursivschrift die derzeit nicht direkt für das Q2 qualifizierten Piloten.

P, No, Rider, Nat, Team, Bike, Km/h, Time, Gap 1st/Prev.
1, 63, Francesco BAGNAIA, 294.2, 1’37.209,
2, 20, Fabio QUARTARARO, 286.4, 1’37.387, 0.178 / 0.178
3, 41, Aleix ESPARGARO, 291.1, 1’37.646, 0.437 / 0.259
4, 21, Franco MORBIDELLI, 285.7, 1’37.704, 0.495 / 0.058
5, 12, Maverick VIÑALES, 287.2, 1’37.726, 0.517 / 0.022
6, 30, Takaaki NAKAGAMI, 288.7, 1’37.775, 0.566 / 0.049
7, 88, Miguel OLIVEIRA, 294.2, 1’37.816, 0.607 / 0.041
8, 42, Alex RINS, 289.5, 1’37.847, 0.638 / 0.031
9, 5, Johann ZARCO, 294.2, 1’37.888, 0.679 / 0.041
10, 33, Brad BINDER, 289.5, 1’37.896, 0.687 / 0.008
11, 6, Stefan BRADL, 295.0, 1’37.939, 0.730 / 0.043
12, 43, Jack MILLER, 295.0, 1’37.965, 0.756 / 0.026
13, 36, Joan MIR, 287.2, 1’38.040, 0.831 / 0.075
14, 44, Pol ESPARGARO, 292.6, 1’38.115, 0.906 / 0.075
15, 10, Luca MARINI, 286.4, 1’38.274, 1.065 / 0.159
16, 93, Marc MARQUEZ, 288.7, 1’38.295, 1.086 / 0.021
17, 9, Danilo PETRUCCI, 287.2, 1’38.462, 1.253 / 0.167
18, 23, Enea BASTIANINI, 290.3, 1’38.516, 1.307 / 0.054
19, 32, Lorenzo SAVADORI, 283.4, 1’38.594, 1.385 / 0.078
20, 73, Alex MARQUEZ, 290.3, 1’38.618, 1.409 / 0.024
21, 46, Valentino ROSSI, 284.2, 1’38.698, 1.489 / 0.080
22, 27, Iker LECUONA, 288.0, 1’38.713, 1.504 / 0.015
23, 53, Tito RABAT, 290.3, 1’39.023, 1.814 / 0.310

Marc Marquez in der Repsol Honda Box – der „neue“ Marquez überrascht in sämtlichen Belangen derzeit mit seinem Verhalten auf und neben der Strecke und sorgte bereits am Tag vor dem FP1 bei vielen Beobachtern für Kopfschütteln.

Die Ereignisse am Freitagmorgen

Im FP1 zeigten die beiden Red Bull KTM Fahrer, dass mit ihnen an diesem Wochenende womöglich endlich wieder zu rechnen ist. Binder fuhr Bestzeit und Oliveira lag auf P7, wobei diverse Fahrer in den letzten Minuten ganz eindeutig nicht auf der Jagd nach einer schnellen Runde waren. Marc Marquez hinterlässt hingegen einen immer noch zwiespältigen Eindruck. Als zweitschnellster war er indiskutabel schnell im ersten freien Training. Doch an der Pressekonferenz verwirrte seine Aussage, dass er noch Antibiotika nehmen müsse. Über sein Training seit dem GP von Portugal gab es unterschiedliche Berichte. An der Fitness soll er in der Pause nach dem Portugal GP weiterhin wie üblich recht intensiv gearbeitet haben.

Marc Marquez an der Pressekonferenz vor dem Grand Prix von Spanien in Jerez de la Frontera – seine Aussagen verwirren nicht nur Laien, sondern auch manche Fachleute und gar Mediziner.

Kein Zusammenhang mit dem Oberarm denkbar
Fast jeder Laie weiß, wann und wie lange man bei Infektionen Antibiotika nimmt. Es wäre medizinisch gesehen mehr als fragwürdig, wenn der Katalane noch einen halben Monat nach seiner Infektion am Oberarm immer noch derartige Medikamente benötigen würde. Wirksam sind diese nicht gegen Viren, sondern nur anti-bakteriell, dazu sollte man in diesem Fall beispielsweise keine Fahrzeuge lenken. Heute sind moderne Ärzte in aller Welt einhellig der Meinung, Antibiotika höchstens für eine sehr kurze Zeitspanne zu verordnen. So erklärte es uns eben erst unsere medizinische Vertrauensperson. Diese absolvierte sowohl ein Apothekerstudium, wie auch danach eines in Medizin. Für Rennfahrer gelten durchaus immer spezielle Gesetze, aber Sinn ergeben die zu Protokoll gegebenen Aussagen von und über Marc laut unserer Fachperson in keiner Weise.

Marc Marquez (Repsol Honda) beim Saisonauftakt im Juli 2020 auf dem Circuito de Jerez, als er nach Kurve 3 durchs Kiesbett wieder auf die Strecke zurück unterwegs war, nachdem er einen Sturz davor nur mit Mühe verhindern konnte. Bei seiner folgenden Aufholjagd kam es zum fürchterlichen Crash in derselben Ecke, bei welchem ihm das Vorderrad seines Bikes den Oberarm brach. Nun muss er versuchen, die Erinnerung daran zu verdrängen, will er am Wochenende ganz vorne mitmischen.

Interessante Einschätzungen mit einigen Widersprüchen
Von HRC Testfahrer Stefan Bradl war vor dem Rennen zu hören, er schätze den Zustand von Marc Marquez in Portugal bei etwa 80 Prozent von dessen maximaler Leistungsfähigkeit. Das werde sich nun kontinuierlich steigern und in Jerez würde dieser sich bestimmt schon um 5 bis 10 Prozentpunkte verbessert zeigen. Auf die Favoriten zum Rennen befragt nannte der Deutsche zuerst die Yamahas und interessanterweise bei Ducati nur Zarco und Bagnaia. KTM traue er offenbar wenig zu, auch wenn diese sich laut seiner Aussage ab Jerez verbessern dürften. Spannend dabei war aber besonders, dass er die Suzuki Fahrer mit keiner Silbe im Zusammenhang mit dem Rennen am Sonntag erwähnte, wohl aber Marquez offenbar ein Podium zutraue. Ob er dies mit einem angeblich bei 85 bis 90 Prozentigem Fitness-Level wirklich erreichen dürfte, bezweifeln jedoch selbst viele Experten. Die einfache Erklärung wäre demnach, sollte Marc wirklich auf dem Podium stehen, dass in Bezug auf seinen Zustand mehr als tiefgestapelt wurde. So sahen es viele bereits nach dem Rennen in Portugal. Von einem Nachlassen dessen Kräfte war dabei jedenfalls wenig zu beobachten.

Ein ungewohntes Bild beim Grand Prix von Portugal, als Aleix Espargaró auf der Aprilia dem 6-fachen Weltmeister auf der Repsol Honda keine Chance im Rennen ließ. Der Mann vorne im Bild war auch am Freitag in Jerez wieder sehr überzeugend unterwegs gewesen.

Die „Dorna Doku-Soap“ und unschöne Randerscheinung im MotoGP Clip

Es ist teilweise interessant, sich die Clips der MotoGP in Ruhe anzuschauen. Gezeigt werden diese den Abonnenten auch in den Pausen zwischen beispielsweise FP1 und FP2. Man weiß dabei nie wirklich genau, was absichtlich so für die Kamera gestellt ist und was spontane Aufzeichnungen sind. Beispielsweise ist fragwürdig, ob beim Medical Check von Marquez wirklich Kameras dabei waren, die alles beobachteten, bevor er für fit zum Rennen von diesen Leuten erklärt wurde. In Jerez drehte sich jedenfalls in den Pausen fast alles nur um den Rückkehrer bei Repsol Honda. Marc hier und Marc dort, mal im Gespräch mit diesem oder jenem Teammitglied, dann auf den Roller aufsteigend und in die Kamera sprechend „ich bin müde“.

Takaaki Nakagami (LCR Honda Idemitsu) – mit P6 meldete sich der Japaner in Jerez eindrücklich zurück und war am Freitag damit der einzige Honda Fahrer in den ersten Zehn. Für den Japaner gilt es, nach einem verpfuschten Saisonbeginn nach vorne zu blicken und wieder den Tritt zu finden, um an seine hervorragenden Leistungen im Vorjahr anzuschließen.

Sehr verwirrende Randerscheinung beim Marquez-Comeback
Sogar bei einem Interview in Tränen ausbrechend, es erinnert dabei vieles an sogenannte „Doku Soaps“. Am widerlichsten fanden wir jedoch, als gefilmt wurde, wie dieser kurz für einen Selfie-Jäger posierte. Was um Dreiteufels Namen passiert hier genau? Ist dies das angebliche Closed Door Protocol der Dorna? Aufgezeichnet wurde die Szene eindeutig in Portimão, wo Zuschauer angeblich strikte nicht zugelassen sein sollten. Wir erhielten dazu eine Zuschrift eines irritierter Lesers, sahen es uns selbst an und waren fassungslos. Wir haben auch keine Antwort darauf, wie bereits im Vorjahr trotz angeblicher Bubble plötzlich Schnappschuss-Jäge in der Startaufstellung von Jerez standen. Genauso wenig natürlich zu diesem Vorfall. Zumindest wird dabei klar, weshalb VIP-Bereiche mit ihrem aufgrund spezieller Verglasung von außen nicht einsehbaren Inneren auch in Jerez einen durchaus praktischen Nutzen haben können.

Luftaufnahme des Circuito de Jerez – die Strecke hat mit ihrer kurzen Geraden kaum etwas mit den Kursen der ersten 3 Runden gemeinsam. Erneut ist es ein Geisterrennen, wie bereits im ersten Jahr der Corona-Pandemie hat sich daran über 9 Monate später nichts geändert.

Das Jerez Qualifying wird mit Spannung erwartet

Im Grunde genommen gilt dies bereits für das FP3, weil zahlreiche Mitfavoriten auf vordere Platzierungen nicht vorne mit dabei waren. Darunter mit Joan Mir der amtierende Weltmeister und derzeitige WM-Fünfte, Jack Miller als zweiter der vor Saisonbeginn meistgenannten Titelfavoriten nach dem Spanier und natürlich Marc Marquez. Die Rookies hielten sich bisher gut, aber Sensationen gab es bisher in Jerez de la Frontera keine. Aber noch können sämtliche Piloten die Chance am Samstagmorgen nutzen und sich direkt für das Q2 qualifizieren. Aus diesem Grund sollte man noch keinen von ihnen vorzeitig abschreiben und abwarten, wie sich die Situation um 10:40 Uhr nach dem dritten freien Training präsentiert. Kurz nach 14 Uhr folgt danach die Entscheidung um die Startplätze für das Rennen am Sonntag.

Der WM-Stand in allen Klassen vor der 4. Runde in Jerez de la Frontera

Von links nach rechts der WM-Stand der MotoGP, Moto2 und Moto3 mit einigen Namen, welche man vor Saisonbeginn nicht so weit vorne erwartet hätte, dafür vermeintliche Favoriten sehr weit hinten.

Zeitplan und TV-Programm Grand Prix von Jerez

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).