Leandro Mercado (MIE Honda) vor Scott Redding (ROKiT BMW Motorrad WorldSBK Team) und Florian Alt (Holzhauer Racing Promotion Honda) – der Argentinier fuhr beim Saisonfinale als Ersatzfahrer für das Honda Privatteam. Insofern für ihn eine kleine Entschädigung, dass statt in seiner Heimat das Saisonfinale in Andalusien und zumindest mit seiner Beteiligung stattfand (© MIE Honda).

Sportlich fragwürdiges Finale für WorldSBK und WSSP

Nachdem Leandro „Tati“ Mercado für diese Saison in der Superbike Weltmeisterschaft keinen Platz mehr fand und deshalb 2023 in der Internationalen Deutschen Meisterschaft (IDM) antrat, verlor der letzte Pilot aus Südamerika seinen Stammplatz in der WSBK. Dass der Argentinier wenigstens als Ersatzfahrer für den verletzten Brasilianer Eric Granado bei MIE Honda zumindest das Finale in Jerez de la Frontera bestreiten durfte, war einiges der wenigen Highlights für den Saisonabschluss dieses Jahres. Ansonsten hatte das als Ersatz für das abgesagte Event von San Juan in Argentinien in den Kalender aufgenommene Wochenende in Andalusien sportlich wenig erfreuliches zu bieten. In beiden Kategorien gewannen bereits am Samstag die beiden Aruba.it Ducati Werkspiloten Bautista und Bulega ihre Rennen völlig ungefährdet und ohne ein großes Risiko eingehen zu müssen. Damit endete ein infolge der Machenschaften von FIM und Dorna äußerst peinliches und tragisches Motorsportjahr mit einer weiteren Farce.

Garrett Gerloff (Bonovo Action BMW) – der Texaner war auf dem künftigen Arbeitsgerät von Toprak in der zweiten Saisonhälfte oft bester Fahrer für die Blau-Weißen. Piloten wie der US Boy brachten trotz einseitigem Verlauf der Weltmeisterschaft wenigstens etwas Würze in eine aus sportlicher Sicht äußerst enttäuschenden Saison 2023.

Kein Vergleich mit den goldenen Jahren der Superbike WM

Die Fehlplanung von FIM und Dorna zerstörte sportlich die WorldSBK vollkommen. Spannende Rennen im Kampf um den Sieg wurden ab 2022 genauso wie anfangs 2019 nach Einführung der MotoGP Replica von Ducati eine absolute Rarität. Vor allem musste mit Alvaro Bautista der Seriensieger in der Mehrheit seiner Läufe dank der Mehrleistung seiner Ducati Panigale V4R gegenüber der Konkurrenz kaum mehr Risiken eingehen. Vergleicht man diese Jahre mit den Zeiten von „King“ Carl Fogarty, Troy Bayliss, Colin Edwards, Troy Corser, „Nitro“ Nori Haga, Pierfrancesco „Frankie“ Chili und wie sie alle hießen, kommen dem wahren Fan die Tränen. Während die genannten Helden aus den goldenen Jahren der Superbike WM genauso wie Rekordweltmeister Jonathan Rea stets mit viel Kampf und fahrerischen Mitteln gewannen, verdankte Alvaro Bautista meist ohne dafür stark kämpfen zu müssen, die Mehrheit seiner Siege der Überlegenheit seiner Maschine,, sowie seines vorteilhaften Leistungsgewichts gegenüber der Konkurrenz.

Start zum letzten Lauf der Saison 2023 der WorldSBK mit einem wie gleichentags bei MotoGP Rennen in BuriRam (Thailand) verdächtig ähnlichen, durch die FIM Kommissare diktierten Podiumsergebnis. In beiden Fällen profitierte dabei ein Ducati Werkspilot von einer Rückversetzung eines im Ziel eigentlich vor ihm eintreffenden Konkurrenten. Alvaro Bautista wurde dabei sogar der Sieg und Francesco Bagnaia 5 Punkte geschenkt. Ein wahrhaft armseliges Ende einer wenig ruhmreichen WM-Saison für die WSBK.

Die Hoffnung auf kommende Saison für Fans und die Ducati Konkurrenz

Man kann deshalb nur hoffen, dass die viel zu spät beschlossene Einführung eines Minimalgewichts (wie es in den anderen Klassen der seriennahen Weltmeisterschaft schon lange selbstverständlich ist) diesem fragwürdigen Spiel ab 2024 ein Ende setzt. Immerhin ist dabei auch zu bedenken, dass die fragwürdige und einseitige Handhabung der bisherigen Reglemente durch FIM und Dorna deren eigene Serie über Jahre sportlich so gut wie wertlos machte, was den Titelkampf betraf. Zudem war die Chancenlosigkeit für die Ducati Konkurrenz auch geschäftsschädigend, weshalb einige Werke ohne drastische Korrektur mit ihrem Ausstieg aus der Superbike Weltmeisterschaft drohten, bis FIM und Dorna endlich klein beigaben. Unsere Seite verzichtet ganz bewusst darauf, die WSBK der Jahre 2021 bis 2023 in unsere reichhaltig illustrierte History der Superbike WM aufzunehmen.

Remy Gardner (GYTR Yamaha) – der Australier entwickelte sich in seiner WorldSBK Rookie Saison vor allem in der zweiten Saisonhälfte zu einem soliden Top Ten Piloten. Der Moto2 Weltmeister von 2021 (auf Ajo Kalex) und ehemalige Grand Prix Fahrer gehört für die nahe Zukunft in der Königsklasse der seriennahen Weltmeisterschaft definitiv zu den größten Hoffnungen.

Die unrühmliche Geschichte begann bereits vor 4 Jahren

Bereits die Saison 2019 drohte damals zu einem sportlichen Witz zu werden und nur dank Bautistas Fehlerorgie und einem unglaublich stark fahrenden Jonathan Rea konnte die Kawasaki Ikone seinen fünften Titel in Folge doch noch sicherstellen. Aber der ehemalige Vizeweltmeister von 2011, Marco „Macio“ Melandri hatte bereits in diesem Jahr davor gewarnt, Ducati zerstöre den Geist der WSBK mit Einführung ihrer MotoGP Replica. Tatsächlich war der Ansatz aus sportlicher Sicht höchst fragwürdig, welchen die italienische Marke damals beschritt. Mit einem statt für den Sportfahrer auf der Straße, rein für Rennstreckeneinsatz konzipierten und technisch direkt mit der aus der Prototypen WM stammenden Maschine anzutreten, war selbstverständlich erfolgversprechend. In Verbindung mit dem Gewichtsvorteil des spanischen Winzlings Bautista, wurde diese Kombination auf schnellen Strecken mehrheitlich so gut wie unschlagbar. Beispiele dazu siehe unsere Berichte auf dieser Seite in der WSBK History 2019.

Alvaro Bautista (Ducati) vor Jonathan Rea (Kawasaki) und Alex Lowes (Yamaha) 2019 von uns in BuriRam (Thailand in der Zielkurve fotografiert). Selbst auf der relativ kurzen Start-Zielgeraden des „Destination of Speed“, wie der Kurs im Nordosten des asiatischen Landes auch genannt wird, verlor die Konkurrenz des kleinen und leichten Spaniers jedes Mal rund 20 bis 30 Meter. Auf diese Weise musste sich Jonathan Rea in den ersten 11 Rennen der Saison jeweils mit dem zweiten Rang begnügen. Erst auf der Fahrerstrecke von Imola, nur rund 50 km vom Ducati Werk entfernt, gelang dem Nord-Iren im Mai der erste Saisonsieg.

Serienbikes von Jahr zu Jahr immer chancenloser

Wie man in den letzten Jahren sah, konnte die Marke aus Borgo Panigale, einem Vorort von Bologna, damit laufend auch die Fortschritte in der Königsklasse MotoGP auf das Superbike Modell Panigale V4R übernehmen. Damit wurden die Serienbikes der Konkurrenz von Jahr zu Jahr immer chancenloser. Selbst die Neuauflage der Kawasaki ZX-10RR auf die Saison 2021 brachte nicht den erhofften Erfolg. Allerdings spielte dabei auch die einseitige Auslegung der Reglemente durch die FIM eine höchst unrühmliche Rolle und nur BMW erhielt damals mit deren neuer BMW M-1000RR höhere Maximaldrehzahlen zugestanden, als für das Vorgängermodell. Frustriert von dieser Erfahrung wurde die japanische Marke bezüglich deren Weiterentwicklungen immer konservativer, wodurch sie für 2024 sogar ihr Aushängeschild Rea an Yamaha verloren. Der Rekordweltmeister hatte längst beobachtet, wie die Marke mit der Stimmgabel im Logo für seinen Konkurrenten Toprak Razgatlioglu ständig neue Teile und Verbesserungen brachte. Sofern nun die Reglements-Anpassungen für 2024 die erhoffte Wirkung bringen, wird Johnny definitiv auf Anhieb wieder um den Titel mitkämpfen können.

Jonathan Rea auf Ten Kate Honda mit Hauptsponsor Pata, der auch für das aktuelle Yamaha Werksteam als Titelsponsor ab 2024 wieder auf die Dienste des besten WSBK Piloten aller Zeiten bauen darf. Im Gegensatz zum auf der Honda CBR-1000RR-R während zweier Jahre (mit nur zwei dritten Plätzen) erfolglosen Alvaro Bautista, holte der Nord-Ire auf dem wenig konkurrenzfähigen Vormodell immerhin fünfzehn Siege. Wer nun denkt, Rea werde sich auf der Yamaha R1 ab kommender Saison schwer tun, dürfte auf dem Holzweg sein.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).