Ein Schnappschuss aus dem Losail Paddock vor dem Medical Center mit dem ersten ernsthaft Verletzten des Jahres – Alex Marquez.

Nach 4 von 5 Testtagen – der erste verletzte Fahrer

Mit Alex Marquez erwischte es ausgerechnet den Bruder des prominentesten Abwesenden Marc. Der von HRC Honda zum LCR Kundenteam verschobene jüngere Bruder des mehrfachen Weltmeisters fabrizierte einen Highsider. Bei der Landung tat sich der Moto2 Titelgewinner von 2019 definitiv weh, wonach er ins Medical Center musste. Als er von der Untersuchung kam, sahen wir seinen rechten Unterschenkel samt Fuß im Gips. Die offizielle Diagnose lautet „kleine Mittelfußfraktur“. Was seinen Bruder Marc betrifft, von ihm wird am Freitag ein medizinisches Update bezüglich der Einschätzung der Ärzteschaft zu seiner Rückkehr erwartet. Es gibt Optimisten, die noch für Losail auf eine Rückkehr des Katalanen nach 8 Monaten Pause hoffen. Dies dürfte jedoch ein Wunschtraum bleiben. Jerez oder im günstigsten Fall bereits Portimão ist wesentlich realistischer.

Alex Marquez in der LCR Honda Box – für den ehemaligen Repsol Honda Werksfahrer ist der Test nach 4 von 5 geplanten Tagen nach seinem heftigen Sturz in Kurve 9 vorzeitig zu Ende (© MotoGP).

Yamaha: Maverick – das „Fluchttier“ und Fabio der relaxte

Heute in zwei Wochen wird es die erste Pressekonferenz vor einem Grand Prix Rennen im Wüstenstaat Katar geben. Wer bereits heute wissen will, was für Viñales wichtig sein wird, dem können wir dies schon heute verraten. Der junge Mann aus Figueres will unbedingt in die erste Startreihe. Von dort wird er versuchen, möglichst beim Start bereits allen Konkurrenten auf und davon zufahren. Bei den Tests übte Maverick laufend Starts und er gab auch im Interview freimütig zu Protokoll, dass er im Rennen von Beginn an versuchen wird, die Flucht nach vorne anzutreten. Monster Energy Yamaha Teamkollege Fabio Quartararo sieht das etwas gelassener. Am 4. Tag war der Franzose nur wenig langsamer als der Trainings-schnellste Viñales und Morbidelli als zweitbester. Er übte einen Long run, probierte diverse Teile aus und wird dies auch am 5. Testtag so halten. Der Mann aus Nizza weiss um seine Stärken und gilt sowieso als Topfavorit für die Poleposition.

Cal Crutchlow – der neue Yamaha Testfahrer macht seine Sache wesentlich besser als im Vorjahr der pummelig gewordene Dauernörgler Jorge Lorenzo. Wie man hier sieht, suchte er dabei auch das Limit und fand es offensichtlich. Hoffen wir, die Ärzte von Marques sehen dieses Bild nicht vor Beurteilung seines Zustands (© MotoGP).

Die weiteren Yamaha Piloten
Für die Rossi Fans konnte ab etwa einer Stunde vor dem Session-Ende Entwarnung gegeben werden. Nach Problemen an den ersten Tagen schaffte der Altmeister konstant schnelle Runden mit der bis 18:20 Uhr viertbesten Zeit aller Fahrer. Zu diesem Zeitpunkt war der Petronas Yamaha SRT Pilot bester Yamaha Fahrer. Am Ende des Tages war es immerhin noch die achtbeste Zeit für Valentino. Sein Schützling Franco Morbidelli braucht sich derzeit um seine Pace offenbar erst recht keine Sorgen zu machen. Der „Italo-Brasilianer“ fuhr die zweitschnellste Zeit des 4. Testtages. Er gab nach dem Test zu Protokoll, dass er vor allem müde sei. Laut seiner Einschätzung hat er für das Rennen in zwei Wochen jedenfalls definitiv gute Siegchancen. Mit allen 4 Fahren in den ersten acht ist Yamaha derzeit am stärksten aufgestellt. Nach den Erfahrungen im Vorjahr gilt es jedoch am 28. März erst zu beweisen, dass die Fahrer ihre starke Pace auch über die volle Renn-Distanz bringen.

Fabio Quartararo (Monster Energy Yamaha) – der Franzose gehört im Qualifying und Rennen zu den absoluten Topfavoriten. Zusammen mit seinem Teamkollegen scheinen ihm schnelle Rundenzeiten sehr leicht zu fallen (© MotoGP).

Ducati und seine vielen Mitfavoriten

Angefangen von den beiden neuen Werksfahrern, respektive Piloten im Werksteam mit Miller und Bagnaia, gehören die beiden die meistgenannten Mitfavoriten auf Sieg oder zumindest Podium im ersten Rennen in zwei Wochen. Wir gehören zur Gruppe der Vertreter, die davor warnen, mit Johann Zarco einen dritten schnellen Mann der Roten nicht zu unterschätzen. Der Franzose beeindruckte in Losail vor 4 Jahren bereits als Rookie. Diesmal hat er jedoch mit der Ducati absolutes Topmaterial und strotzt vor Selbstvertrauen. Zusammen mit Miller und Bagnaia gehört er jedoch auch zu den Fahrern, welche manchmal einen Tick zu viel riskieren und sich dann im Kiesbett wiederfinden. Es wird sehr spannend zu sehen, welcher von den dreien am Ende im ersten Grand Prix des Jahres der glücklichste sein wird.

Francesco „Pecco“ Bagnaia – zusammen mit Miller das neue Fahrerduo des Werksteams der Firma aus Borgo Panigale bei Bologna. Am Abend des 4. Testtags gab der Italiener ein deutliches Lebenszeichen und hielt lange die Bestzeit (© MotoGP).

Die weiteren Ducati Piloten
Sämtliche restlichen Fahrer der Roten sind Rookies und es wäre zu einfach, einen davon besonders hervorzuheben. Als erster in diesem Jahr überhaupt hatte sich Rossis Halbbruder Luca Marini um kurz vor 16 Uhr in den Top Ten gezeigt. Wenig später schaffte es Enea Bastianini sogar auf Platz 6, bevor er von Jorge Martin abgelöst wurde. Somit haben alle drei gezeigt, dass sie das Potenzial für die MotoGP in sich haben. Wie bei den drei anderen Ducati Piloten wird vor allem spannend sein, wer im ersten Rennen von den dreien der beste sein wird. Mit einer Platzierung in den ersten zehn wäre bestimmt jeder von ihnen mehr als zufrieden, was auch für deren Teamchefs gilt.

Jorge Martin (Pramac Ducati) – einer von den drei Rookie-Musketieren Ducatis und der einzige von ihnen, welcher mit Johann Zarco einen erfahrenen Teamkollegen an seiner Seite hat (© MotoGP).

Die beiden Suzuki-Spanier – auch sie klare Mitfavoriten

Zugegeben, beim Mitzählen der von uns aufgeführten Mitfavoriten auf Sieg oder zumindest Podium landen wir mittlerweile bei einer stattlichen Anzahl. Bekanntlich gibt es jedoch nur 3 Stufen in der MotoGP, auf welchen Platz für die 3 besten ist. Alex Rins und den amtierenden Weltmeister nicht zu den Podest-Kandidaten zu zählen, wäre jedoch aus mehrerlei Gründen falsch. Einer davon ist die Pace, welche die beiden auch am 4. Testtag zeigten. Der andere und beinahe noch wichtigere Aspekt ist deren von den Gegnern gefürchtete Stärke im Rennen. Im Vorjahr rollten die zwei Suzuki Speerspitzen mehrmals das Feld von hinten auf, weil sie im Qualifying nicht ganz vorne mit dabei gewesen waren. Gegen Saisonende merzten sie jedoch auch diese kleine Schwäche aus und man muss sie unbedingt mit auf der Rechnung haben für das erste Rennen.

Joan Mir (Suzuki Ecstar) – der Titelverteidiger wird es voraussichtlich alles andere als leicht haben, auch kommende Saison am Ende als Weltmeister dazustehen. So oder so gehört er aber zweifellos zu den Mitfavoriten, besonders weil seine Suzuki kaum Schwächen hat (© MotoGP).

Honda und die Suche nach dem Limit

Wie Takaaki Nakagami betonte, sei es derzeit für ihn immer noch schwierig das Limit zu finden. Wie sein Teamkollege Marquez war auch der Japaner mehrmals gestürzt. Offenbar ist es für sämtliche HRC Piloten derzeit alles andere als leicht, weil die Front wie so oft bei der RC213V auch in der Vergangenheit dem Fahrer meist wenig Gefühl vermittelt. Mit Pol Espargró dürfte HRC Boss Alberto Puig der richtige Griff zur Verstärkung des Teams gelungen sein. Sofern er nicht stürzt, gilt dieser spätestens seit Mittwoch zumindest als Kandidat für die Top fünf beim ersten GP der Saison. Seit Tag 3 des fünftägigen Losail-Tests ist er der Maßstab bei Honda und löste damit in dieser Rolle Stefan Bradl endgültig ab. Der Deutsche hatte nach seinem Testvorsprung in der ersten Testwochen anfänglich noch stark profitiert.

Pol Espargró (Repsol Honda) – schafft es der Katalane nach seiner Tech 3 und KTM Zeit in seinem 8. MotoGP Jahr aus dem Schatten der besten Fahrer zu treten? Nach nur 6 dritten Rängen in 7 Jahren mit nun einem Platz im besten Werksteam der letzten 3 Jahrzehnte werden hohe Ansprüche an ihn gestellt (© MotoGP).

Was wird aus Aprilia und KTM?

Aleix Espargaró ist so etwas wie der Tom Sykes der MotoGP. Meist gutgelaunt, sehr unterhaltsam und über eine einzelne Runde pfeilschnell. Punkte gibt es aber erst im Rennen zu verteilen und nicht für schnelle Runden. Bei ihm muss man trotz hervorragenden Testzeiten abwarten, ob er im Rennen sitzenbleibt und über die volle Distanz konstant seine Pace durchzuziehen vermag. Ganz anders sieht es aus bei KTM, nach einer sehr speziellen Saison von vielen verfrüht als Spitzenteam bezeichnet. Derzeit geben jedoch deren Resultate den Skeptikern recht, die einen Rückfall der Orangen in die Drittklassigkeit angekündigt hatten. Ohne ihren Testvorteil wie im Vorjahr ist ihr Zauber offenbar völlig verflogen. Sofern es weiterhin bei deutlich über einer Sekunde Rückstand auf die besten bleibt, droht den Österreichern eine bittere Blamage. Es sieht danach aus, als droht der Verlust von Pol Espargró für KTM zum Desaster zu werden.

Miguel Oliveira (KTM) – alles deutet derzeit darauf hin, als wäre er der einzige Hoffnungsträger der Orangen Marke aus Österreich. Teamkollege Binder hat bereits 4 Stürze in den Knochen und die beiden Tech 3 Fahrer scheinen bei der Jagd nach guten Zeiten zu straucheln (© MotoGP).
Fabio Quartararo (Monster Energy Yamaha) vor dem amtierenden Moto2 Weltmeister Enea Bastianini (Avintia Esponsorama Ducati) – der ehemals beste Rookie und Mitfavorit auf den Sieg im ersten GP des Jahres vor dem bisher überzeugendsten Rookie (© MotoGP).

Die Zeiten vom Donnerstag, dem 4. von 5 Testtagen

Luca Marini (Sky VR46 Avintia Ducati) – bester Rookie mit Stand kurz vor 16 Uhr und auch der erste in den Top Ten seit Jahresbeginn überhaupt (© MotoGP).

Die chronologische Schilderung des Tests vom 11. März 2021: http://www.motoracers.eu/losail-testtag-4/