Zur Frage, ob sich die Austragung von WSBK und MGP Rennen im Niemandsland für die Zuschauer lohnt.

Ähnlich wie bei BuriRam in Thailand sei die Frage erlaubt: Macht eine WSBK- oder gar MotoGP-Veranstaltung mitten im Niemandsland wirklich Sinn? Nachdem wir schon fast alle GP-Strecken in Europa und dazu Losail/Qatar, sowie BuriRam in Thailand besucht haben, würden wir diese Frage auf jeden Fall verneinen. Eigentlich ist die Strecke des Motorland Aragon schön gelegen und die Kleinstadt Alcaniz mit etwas über 16‘000 Einwohnern hat auch seinen Reiz.

Alcaniz – Blick von der Altstadt zum Parador (rechts oben)
Parador – Festung hoch über der Stadt Alcaniz
Die Aussicht vom Parador in Richtung Osten über die Kleinstadt Alcaniz
Blick nach Süden, zum Meer fährt man etwa eineinhalb Stunden ab Alcaniz
Blick von Infield der Strecke über einen der Parkplätze in Richtung Alcaniz

Aber bereits für das WSBK Event von Anfang April war es fast unmöglich, ein halbwegs vernünftiges Hotelzimmer zu finden. Wir erwischten in letzter Minute, sofort nach Bekanntgabe des provisorischen Kalenders, für das Wochenende noch ein Appartement in Alcaniz. Innerhalb von ca. 1,5 bis 2 Fahrstunden Entfernung gibt es kaum eine größere Stadt. Wir machten nach dem Flug nach Barcelona zuerst einen Zwischenstopp in L’Ampolla, im 4 Sterne Hotel Flamingo, außerhalb der Saison preislich sogar recht vernünftig.

Blick vom Hotel Flamingo zum Yachthafen von L’Ampolla. Der Ort ist ca. 1,5 Fahrstunden (145 Km) von Barcelona entfernt. Von hier nach Aragon/Alcaniz benötigt man ca. 1,5 Stunden (110 Km). Das Hotel Flamingo können wir definitiv nicht empfehlen.

Die Herfahrt vom Flughafen Barcelona war (infolge einer Flugverzögerung) verspätet. Der Europcar Mietwagen überall zerkratzt und zerbeult, dazu stank es nach Zigarettenrauch im Fahrzeug. Der klapprige Audi A1 hatte schon über 80 Tausend Km auf dem Tacho und die Liste der bereits protokollierten Schäden auf dem Anmietformular reichlich lang. Ohne Abschluss einer Versicherung mit Vollschutz und ohne Selbstbehalt hätte ich die Klapperkiste abgelehnt. Immerhin schafften wir es damit pannenfrei bis nach L’Ampolla und erlebten danach die 2. Enttäuschung. Das Hotel Flamingo ist definitiv renovationsbedürftig, die Zimmer waren dreckig und die kostenfreie Internet-Leitung (WiFi) so gut wie unbrauchbar. Fazit: Absolut nicht zu empfehlen, auch das Essen in einem nahen Restaurant war zum abgewöhnen. Schade insbesondere, weil wir genau dieses Hotel bereits für das MGP Wochenende im September von Aragon im Voraus reserviert hatten. Zum Glück kostenfrei stornierbar, es war übrigens eines der nahegelegensten noch freien Hotels für Alcaniz, mit rund 1,5 Stunden Fahrzeit zur Strecke. Während des MotoGP Wochenendes kostet dieses Hotel für 3 Nächte rund 600 Euro!

Am Samstagmorgen fuhren wir mit unserer Europcar-Klapperkiste dann direkt an die Strecke, Parking am WSBK Event war zum Glück unproblematisch. Danach allerdings die nächste Enttäuschung, die definitiv schön gelegene Rennstrecke Motorland Aragon bietet für Zuschauer nur zwei kleine Bereiche, wo man sich aufhalten konnte.

Kurve 2 und 3 mit der für WSBK einzigen Innentribüne – gut 10-15 Minuten Fussmarsch vom Paddock

Im Gegensatz zu Strecken wie Assen, dem Sachsenring oder Jerez lässt sich hier die Strecke so gut wie gar nicht „abwandern“. Es war das ganze Wochenende kaum über 10 Grad Celsius und recht windig, weshalb die Tribüne im Infield der Strecke, wie auch die lange Tribüne bei Start/Ziel nur sehr spärlich besetzt waren.

Magic Michael van der Mark auf seiner Yamaha R1 – nahe am erfrieren!

Es gibt beim Motorland Aragon eine Unterführung, durch welche man beim WSBK-Event ins Paddock gelangt und von dort auf eine Terrasse über der Boxenanlage kommt. Eigentlich ein wunderbarer Ort, um den Start zu beobachten und wir machten von dort auch zahlreiche Fotos.

Zuschauertribüne Aragon WSBK beim Start zu Lauf 2 am Sonntag – halbleer
Die Terrasse über der Boxenanlage, mit gutem Blick auf die Ziellinie und den Start
Vordere Terrasse und hintere Tribüne mit Blick auf Kurve 1

Allerdings gab es keine Videoleinwand, auf welcher man das Rennen hätte verfolgen können. Von der Terrasse her auf der Rückseite sieht man nur einen kleinen Streckenteil, nämlich Kurve 2 und einen Teil der „back straight“ (die längste Gerade vor der letzten Kurve zur Zielgerade). Also nix wie runter zur Paddock Show, die beste Erfindung, welche die Dorna nur anbieten kann für die Motorsport-Fans und Besucher.

Die Paddock Show mit Michael Hill als Moderator, während dem SSP-Rennen. Nach dem Superbike Lauf, bei den anschließenden Interviews, gab es ein fürchterliches Gedränge
Supersport Sieger Randy Krummenacher betritt die Paddock Show für die Interviews. Rechts im Bild Moderator Michael Hill

Leider war die Paddock Show aufgrund der garstigen Wetterbedingungen (zum Glück regnete es wenigstens nicht) teilweise völlig überfüllt, da bei der Kälte viele Zuschauer nicht auf den Tribünen verharren wollten.

WSSP Podium und European Supersport Winner Kyle Smith aus England (Pedercini Racing, Kawasaki ZX-6R, ganz rechts). Von Links: Raffaele de Rosa (MV Agusta, 2.), Sieger Krummi und Federico Caricasulo (beide Bardahl Evan Bros Yamaha R6).

Verpflegungsstände sind beim WSBK Event in Aragon ziemlich rar, aber wenigstens bmit sehr moderaten Preisen und die Auswahl für jeden Geschmack soweit ausreichend. Sofern man nicht während eines Rennens etwas holen wollte, absolut unproblematisch. In den Pausen aber sehr lange Wartezeiten und ein ziemliches Gedränge, unter dem Strich somit enttäuschend. Der Weg (vom Paddock) zum Infield ist übrigens recht weit und schlecht beschildert, wir mussten sogar Spaniern den Weg zeigen, den wir (dank mitgeführtem Streckenplan) dabei hatten.

Kurve 2 und 3 aus dem Infield gesehen, im Hintergrund das Paddock

Der Spießrutenlauf bis zur dortigen Tribüne kann nicht wirklich empfohlen werden. Einige Toiletten, ein einziger Verpflegungsstand und die Tribüne mit nicht optimalem Überblick für nur einen geringen Teil der Rennstrecke. Dazu am ersten Aprilwochenende windig und bitterkalt, also nichts wie zurück zur Paddock Show. Mit den Live-Berichten und Interviews der Top 3 und 1-2 zusätzlichen Fahrern, eine wirklich gute Sache,. Die Stars sitzen nur wenige Meter vor den Fans und geben im Interview Auskunft über ihre Sicht des Rennverlaufs. Das Einzige, worauf wir gerne verzichten könnten, ist die anfängliche Animations-Show „let’s make some noise“ in welcher die Zuschauer vom Moderator Michael Hill zu möglichst viel Lärm und Getöse aufgefordert werden. Wer das wirklich braucht, ist am Ballermann oder bei jeder beliebigen Touristen-Animation besser aufgehoben. An den Rennen ist es laut genug, wir sind auch froh, tönen die Motorräder nicht so langweilig wie seit Einführung des Hybrid-Modus die Formel 1. Im Vergleich mit noch vor wenigen Jahren, hat sich bei der WSBK bezüglich Attraktivität für die Fans sehr stark verbessert. Zudem glänzt die höchste Kategorie mittlerweile mit einem super Sound.

Jonathan Rea auf dem Weg zum Podium, der beste Fahrer aller Zeiten in der WSBK, auf seiner Kawasaki ZX-10RR. Sollte Alvaro Bautista ihn übertreffen wollen, fehlen ihm dazu aktuell exakt 4 WM-Titel und eine Unmenge von Podiumsplatzierungen.

Zum Abschluss noch zum nahegelegenen Städtchen Alcaniz und wie wir es am 3. WSBK Event 2019 anfang April erlebten. Die Republik Arragonien ist ein schöner Flecken Erde, auch die Fahrt von L’Ampolla zur Strecke und von Alcaniz nach Barcelona führte durch eine schöne Landschaft. Allerdings ist die Gegend nicht besonders Touristisch und wer nicht etwas Spanisch spricht, bekommt womöglich recht schnell seine Probleme. Wir suchten unser Appartement am Samstagabend. Dank der fehlenden Aktualität von Google Maps und einigen Baustellen landeten wir zuerst bei der Festung (dem Parador) auf dem Hügel der Stadt, anstatt bei unserem Appartement.

Der Ausblick vom Parador in Alcaniz in Richtung Westen

Also nix wie runter und mit etwas Glück die richtige Straße gefunden, sowie den Mietwagen an halbwegs korrektem Ort in einer der engen Gassen parkiert. Doch nun kam die nächste Überraschung. Hausnummer 7, welche in Booking.com angegeben war, existierte offenbar nicht. Nach einigen Erkundungs-Spaziergängen in unmittelbarer Nähe, blieb uns nur der Griff zum Mobiltelefon. Glück gehabt, der Vermieter nahm ab und meine erste Frage war natürlich, ob er etwas englisch spricht. Nada – auf Spanisch heißt dies nichts. Nach fast einem halben Jahr Nichtgebrauchs, musste ich mein leicht angerostetes Spanisch auspacken und somit klappte es und er kam raus. Allerdings aus Haus Nummer 9, weil die genannte 7 gab es ja nicht. Also nichts wie hinauf und Koffer samt allen Utensilien 3 Stöcke hochgeschleppt. Den netten Vermieter noch gleich befragt, wo es einen Supermarkt gibt und in welcher Richtung man Restaurants findet. Alles fürs Erste prima, das Appartement war somit bezogen und wir gönnten uns auf dem Weg zum Supermarkt ein Bier. Nach einigen Einkäufen ging es zurück in die Wohnung und danach frisch geduscht auf den Weg zum empfohlenen Restaurant. An dieser Stelle sei ausdrücklich gewarnt, wie es in Spanien mit den für Einheimische typischen Essgewohnheiten aussieht: Vor 20:30 bis 21:00 Uhr geht an nicht touristischen Orten in der Regel gar nichts!

Blick von der Terrasse – nicht wirklich malerisch

Wir hatten letztlich Pech und liefen nacheinander während einer Stunde die 3 in Frage kommenden Restaurants ab. Überall erhielten wir jedoch eine Abfuhr, da bereits alles komplett ausgebucht war. Letztlich mussten wir uns mit Fertigpizzen begnügen, in einem ziemlich bescheidenen und sehr lärmigen Lokal. Für ein (eventuell) nächstes Mal Alcaniz müssen wir uns definitiv etwas anderes einfallen lassen und hoffen, dass sich dort für Rennbesucher noch einiges verbessert. Richtig empfehlenswert war, zumindest für einen Mitteleuropäer, eigentlich wenig bis nichts.

Der Streckenplan vom Motorland Aragon – die einzigen Tribünen sind 1A-C in Grün und 3B+C in Hellgrün

Wie chaotisch es an einem MotoGP Wochenende zugeht in Aragon, insbesondere bezüglich Zu- und Wegfahrt, wagen wir uns kaum vorzustellen. Sämtliche Unterkünfte in 1-2 Stunden Entfernung zum Motorland Aragon sind laut unseren Nachforschungen bereits ausgebucht.