Anreise und Ankunft in Down Under

Wir hatten uns den ganzen Winter darauf gefreut, obwohl die Anreise samt Rückreise alleine bereits Tage verschlang. Nach viel zu langer Wartezeit sollte es endlich wieder losgehen in Australien und die Motul WorldSBK versprach sehr viel Spannung zum Saisonauftakt. Viele Fahrer waren auf neuen Bikes unterwegs und einige hatten das Team gewechselt. Honda zeigte bereits bei den Tests ab Januar eine beeindruckende Performance mit der neuen Fireblade CBR-1000RR-R. BSB (British Superbike) Meister Scott Redding ersetzte Alvaro Bautista bei Ducati, nach dessen Weggang zu Honda. Die Frage wie sich diverse Fahrer nach ihrem Bike- oder Marken-Wechsel im Ernstkampf schlagen werden, beschäftigten uns vor Saisonbeginn genauso wie unzählige Fans der seriennahem Weltmeisterschaft.

Singapur – die wohl sauberste Stadt Asiens und womöglich weltweit. Unsere erste Station auf dem Weg nach Australien.

Die Anreise via Singapur
Die Vorfreude auf den Hinflug nach Australien hielt sich angesichts der Flugdauer in engen Grenzen. Mit KLM ging es zuerst nach Amsterdam und von dort per Nachtflug weiter nach Singapur. Für eine Liniengesellschaft können wir diese Airline leider nicht weiterempfehlen. Die Abstände in der Economy waren eher knapp bemessen und der Service schlecht und die meisten Flugbegleiterinnen schlicht unfreundlich. Einziger Trost dabei war, dass wir günstigere Ticketpreise hatten, als die meisten anderen Passagiere. Wieso dies bei sogenannten Zubringerflügen meist so ist, versuchten wir gar nicht erst zu verstehen. Kurz vor der Abreise hörten und lasen wir bereits verschiedene Dinge zu einem neuen Virus, das dem 2003 vor allem im asiatischen Raum auftretenden Sars sehr ähnlich sei. Genau in diesem Zeitraum war RacerBear bereits einmal in Singapur und damals war die Bedrohung für die Bevölkerung einigermaßen überschaubar. Wie wir 2 Wochen später herausfinden sollten, das SARS-CoV-2 Virus erwies sich schon kurze Zeit später als weitaus gefährlicher.

Abendstimmung in Singapur 2003 – fast 17 Jahre vor unserem Australien Trip zur ersten Runde der Motul WorldSBK WM 2020.

Teurer Zwischenstopp
Die Fahrt mit dem Taxi vom Singapur Changi Airport zum Hotel war kurz und verhältnismäßig günstig. Das Hotel kostete für ein 4-Sternhaus am Rand des Zentrums im Verhältnis zum gebotenen Gegenwert mit über 160 Euro hingegen viel zu viel. Verpflegung und Erfrischungsgetränke kosteten ein Mehrfaches im Vergleich zum nahe gelegenen Thailand. Trotzdem wir in einem Thai–Restaurant zu Abend aßen, selbst einfache Gerichte kosten locker so viel, wie in der völlig überteuerten Schweiz. Doch nach einer Nacht ging es ja sowieso weiter nach Melbourne.
Positive Überraschung mit Günstigfluglinie
Mit der lokalen Scoot Airline hatten wir den Weiterflug nach Melbourne in der nächsten Nacht gebucht. Und wir sollten es nicht bereuen. Deutlich mehr Platz als bei KTM und überaus freundliche Flugbegleiter. Nach etwas mehr als 7 Stunden Flugzeit landeten wir in Melbourne. Durch die 3 Stunden Zeitverschiebung gegenüber Singapur war es dort bereits Mittag. Bei Ankunft an der Station von Europcar waren wir zuerst gehörig schockiert. Die Warteschlange bedeutete endlos lange Wartezeit und dies ausgerechnet nach einem Langstreckenflug. Doch plötzlich entdeckten wir im Gebäudeinneren ein Hinweis-Schild. Als sogenannte „Privilege Executive“ Kunden konnten im Parkhaus-Inneren direkt an einen speziellen Schalter. Ohne Wartezeit konnte ich direkt den Schlüssel zum Mietwagen abholen und sogleich ging es weiter in Richtung Phillip Island.

Blick von Cowes in nordöstliche Richtung.

Enttäuschung in Cowes
Sowohl das Hotel der vermeintlichen 4-Sterne Kategorie wie auch die Gaststätten in Cowes waren nach gut 2-stündiger Autofahrt eine einzige Enttäuschung. Wir waren zum Glück nur für ein Wochenende dort und der WorldSBK Saisonauftakt sollte uns noch für alles entschädigen. Aber fürs Erste waren wir nach der langen Anreise gehörig geschockt. Gemütliche Lokale fanden wir nirgends, das Mobiliar in sämtlichen Gaststätten bietet den Komfort auf dem Niveau einer kärglichen Kirchenbank. Zum Abendessen entschieden wir uns für ein italienisches Restaurant und der Patron kam unübersehbar auch aus dem Land der Pizza, samt einigen Mitarbeitern. Doch sowohl das Hühnergericht, wie auch die Pizza waren teuer, aber nahezu ungenießbar. Genauso einen Abend später an anderer Stätte. In Singapur waren Essen und Getränke teuer aber gut, in Australien war es jedoch noch teurer.

Eine Suzuki GS-1000 G von etwa 1981 – in Down Under sieht man sehr viele Bikes mit 30 und mehr Jahren auf dem Buckel. Meist sind sie in einwandfreiem Zustand.

Das Rennwochenende und die Strecke – absolut Top

Die Strecke in Phillip Island ist eine der am eindrücklichsten gelegenen Rundkurse weltweit. Details zur Strecke siehe auf dieser Seite unter „Racetracks“ – „Phillip Island“. Für die Zuschauer eine der besten Strecken, um sich nahe genug einen guten Platz zu suchen. Rundherum und auch im sogenannten Infield mehrheitlich begehbar, ist Phillip Island für jeden Besucher ein absolutes Highlight. Schade für die „Aussies“, dass sie derzeit keinen Fahrer mehr in der WorldSBK haben. Immerhin 5 WM-Titel konnten sich Troy Corser (2) und Troy Bayliss (3) im Lauf ihrer Karriere sichern. Für 2020 sollte Oli Bayliss in der WSSP 600 mit einer Wildcard antreten, der Sohn des 3-fachen Weltmeisters Troy. Doch ein technisches Problem an seinem Bike konnte nicht rechtzeitig behoben werden. Daher musste er trotz Startplatz 20 in der Superpole letztlich auf das Rennen verzichten.

Blick von unterhalb der Strecke in Richtung Süden.

Motul WorldSBK Superpole Phillip Island 2020

In der WSBK hatten wir den Eindruck, dass bei den Tests noch nicht alle Piloten auf Zeiten-Jagd waren. Und wir sollten uns nicht täuschen. Im Qualifying sah es zwar noch ähnlich aus wie bei den Tests. Schnellster Mann bei der Superpole war am Ende Tom Sykes (BMW) vor Ducati-Neuzugang Scott Redding und Weltmeister Jonathan Rea (Kawasaki). Die beiden Pata Yamaha Teamkollegen Toprak Razgatlioglu und Michael van der Mark belegten die Plätze 4 und 6. Dazwischen startete aus der zweiten Reihe Leon Haslam ins Rennen. Der Engländer schaffte mit der nagelneuen Honda CBR-1000RR-R Rang 5, während Bautista mit Startplatz 15 vorlieb nehmen musste. Der Deutsche Sandro Cortese hatte seinen Platz bei Kawasaki Puccetti Racing erst in letzter Minute erhalten. Doch obwohl er auf dem für ihn neuen Bike nur 2 Testtage und das Freitagstraining hatte, überzeugte der „Italo-Schwabe“ mit Startplatz 9.

Im Hintergrund links das Meer und rechts im Bild Kurve 4 – genannt Honda Corner.

Turbulente Szenen am Samstag – erstes WorldSBK Rennen

Nach der Superpole lief uns auf dem Weg ins Fahrerlager als erster Alvaro Bautista entgegen. Der kleine Spanier stand nach der Qualifikation nur auf Startplatz 15. Viele Beobachter unkten bereits früh, Bautista hätte mit der neuen Honda CBR-1000RR-R fast unlösbare Anpassungsprobleme. Doch weder Jonathan Rea noch wir ließen uns davon beeindrucken. Viel zu gut erinnerten wir uns noch an 2019, als Alvaro mehrmals vor dem ersten Rennen nur geblufft hatte. Beispielsweise in Misano war Bautista in der Superpole über eine halbe Sekunde hinter Rea auf Platz 5. Doch im ersten Trockenrennen zum Superpole Race fuhr er sämtlichen Konkurrenten auf und davon. Daher schenkten wir seinen Aussagen zu den angeblichen Problemen seit der Umstellung vom Ducati V4 auf den Honda Reihen-Vierzylindermotor wenig Beachtung. Und wir sollten genau wie Jonny Rea schon bald recht behalten.

BMW-Neuzugang Eugene Laverty vor Alvaro Bautista auf der neuen Honda Fireblade CBR-1000RR-R im Qualifying.

Das erste Rennen der Saison

Der Start zum ersten Motul WorldSBK Rennen der Saison 2020, von rechts Polesetter Tom Sykes (BMW), Scott Redding (Ducati), Toprak Razgatlioglu (Yamaha), Jonathan Rea (Kawasaki), Loris Baz (Yamaha), Leon Haslam (Honda) und Alex Lowes (Kawasaki).

Race 1 – Rea von Sykes sämtlicher Chancen beraubt
Jonathan Rea hatte wie gewohnt einen der besten Starts und übernahm nach wenigen Kurven die Führung. Doch der kurz davor von ihm überholte ehemalige Kawasaki Teamkollege Tom Sykes schien das Rennen schon in der ersten Runde gewinnen zu wollen. In der schnell gefahrenen Kurve 9 drängte er sich wieder ungestüm innen vor und rempelte Rea, der ins Gras ausweichen musste. Der Rekordweltmeister und ehemalige Motocross-Fahrer konnte einen Sturz nur mit Mühe verhindern und schaffte es als Letzter wieder auf die Piste zurück. Bei seiner verzweifelten Aufholjagd geriet er bei einem Überholvorgang in Kurve 8 zu weit nach außen und kam dadurch zu Sturz. Das Rennen war für ihn gelaufen und er war auf Sykes danach entsprechend sauer. Letzterer sah sich nicht in der Schuld und wurde nicht einmal von der Rennleitung für seine äußerst gefährliche Aktion nicht einmal bestraft.

Prominenter Co-Kommentator während dem 1. Rennen für Paddock Show Moderator Michael Hill (rechts im Bild). Kein geringerer als der 3-fache WorldSBK Weltmeister Troy Bayliss stand dem Briten Rede und Antwort.

Sykes wird durchgereicht – Toprak gewinnt Lauf 1
Offensichtlich hatte Tom Sykes sein Pulver bereits kurz nach Rennhälfte verschossen. Ab Runde 12 übernahm zunächst Scott Redding das Zepter und Sykes überquerte die Ziellinie nur noch als Vierter. Am Ende blieb dem Polesetter mit seiner BMW S1000-RR nur noch Platz 9. Den Kampf um den Sieg machten hingegen Yamahas Neuzugang Toprak Razgatlioglu, sein Vorgänger im Pata Yamaha Team Alex Lowes (Kawasaki) und Scott Redding in einem packenden Dreikampf unter sich aus. In genau dieser Reihenfolge kamen sie nach 22 Runden ins Ziel. Michael van der Mark verpasste dahinter das Podium um winzige 0.096 Sekunden Rückstand auf Redding. Das neue HRC Honda Werksteam mit Leon Haslam und Alvaro Bautista hatten weniger als 5 Sekunden Rückstand auf den Sieger. Somit wurde auch die Skepsis von uns und Jonny Rea zu Bautistas angeblichen Problemen aufs Eindrücklichste widerlegt.

Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha) – der Sieger des ersten Motul WorldSBK Rennens der Saison 2020.

Baz, Davies, Laverty und Cortese unter den Erwartungen
Nebst Polesetter Tom Sykes enttäuschte vor allem Loris Baz. Nach sehr starken Test- und Trainingsleistungen reichte es nur für Rang 7. Immerhin verlor der Franzose aber nur 4.493 Sekunden auf Sieger Razgatlioglu. Doch auch sein Resultat war wieder ein Beleg dafür, dass man starke Testzeiten nicht überbewerten sollte. Genauso bei Bautista und seinem 6. Platz nach schwachen Tests und Trainings bis hin zur Superpole. Nachdem sein Ducati-Teamkollege Redding hervorragender dritter wurde, war natürlich auch Chaz Davies mit Rang 8 eine der Enttäuschungen beim 1. Rennen. Auch von Eugene Laverty, dem Nachfolger von Reiti bei BMW, war mehr als Rang 11 erwartet worden. Genauso Sandro Cortese nach Startplatz 9 nur auf P13 mit über 20 Sekunden Rückstand auf die Spitze.

Die Paddock Show Interviewgäste nach Lauf 1, von links Tom Sykes (P9), Sccott Redding (P3), Alex Lowes (P2), Toprak Razgatlioglu (Sieger), Loris Baz (P7 und bester Privatfahrer) und Jonathan Rea (Ausfall nach Sturz).

Die Rookies im 1. Rennen und 3 ausgefallene Piloten
Bester Rookie beim ersten Rennen der Saison war der Italiener Federico Caricasulo (GRT Yamaha) als Nachfolger von Sandro Cortese mit Platz 12, noch vor dem Deutschen. Dahinter mit P14 in seinem ersten Rennen der US-Amerikaner Garrett Gerloff (GRT Yamaha) vor Maximilian Scheib aus Chile (ORELAC Racing Verdnatura Kawasaki). WSBK-Rückkehrer Xavi Fores (Kawasaki Puccetti Racing) fiel nach einem Sturz in Kurve 2 aus. Nebst Weltmeister Rea war der Spanier das einzige Sturzopfer im 1. Rennen. MIE Racing Althea Honda Fahrer Takumi Takahashi musste das Rennen 8 Runden vor Schluss mit einem technischen Problem aufgeben. Er hatte während des Rennens jedoch nie die Pace, um mit den anderen Fahrern mitzuhalten. Für WM-Punkte hätte es ihm bei einer Zielankunft daher höchstens bei einem weiteren Sturz oder Ausfall gereicht.

Der Italiener Michael Ruben Rinaldi (Team GoEleven Ducati, vorne im Bild, mit Nr. 91 dahinter Leon Haslam) schaffte im 1. Rennen immerhin ein Top Ten Resultat.

Ergebnis 1. Lauf Motul WorldSBK 2020 in Phillip Island

Tom Sykes (BMW S1000-RR) der Übeltäter im 1. Rennen am Samstag, bei welchem er in Kurve 9 in der 1. Runde Jonathan Rea von der Piste rempelte. Genützt hat die ungestüme Aktion dem Engländer wenig, im Rennen wurde er ab Rennmitte bis auf Platz 9 durchgereicht.

Motul WorldSBK – Superpole Race Krimi

Bei den australischen Fans hatte sich Tom Sykes im 1. Rennen vom Samstag wenig neue Freunde gemacht. Seine überharte und ungestüme Aktion gegen Jonathan Rea in der 1. Runde kostete diesen jede Chance auf den Sieg. Der Ausflug ins Gras bei weit über 150 Km/h führte bei der Aufholjagd des 5-fachen Weltmeisters letztlich zu einem seiner seltenen Stürze. Die Mehrheit der „Aussies“ sehen den Nord-Iren mit Zweitwohnsitz in Australien und einer von dort stammenden Frau als einen der Ihrigen. Entsprechend viele negative Kommentare hörten wir unter den Fans und Besuchern an der Strecke und am Abend bei Lagerfeuergesprächen in Down Under. Doch am Sonntag ging es mit dem Superpole Race weiter und Johnny Rea bekam eine neue Chance zu zeigen, wieso er auch 2020 den Kampf um den WM-Titel nicht kampflos aufgeben wird.

Aruba.it Ducati-Neuzugang Scott Redding – der Engländer begeisterte am 1. Tag mit einem tadellosen Einstand in der Motul WorldSBK. Als britischer Superbike Meister 2019 auf Ducati erhielt er für 2020 den Platz von Alvaro Bautista im WSBK Werksteam, nachdem dieser zu Honda gewechselt hatte.

Das Superpole Race – spannende Ausgangslage
Beim 2019 neu eingeführten Superpole Race scheiden sich die Geister. Viele der Fahrer und Teammitglieder sind von diesem über 10 Runden dauernden Sprintrennen alles andere als begeistert. Zu den Kritikern gehört auch Rekordweltmeister Jonathan Rea. Als exakt um 12 Uhr und 42 Sekunden am 1. März 2020 die rote Ampel ausging, war Kawasakis Ass wie sämtliche anderen Fahrer bis in die Zehenspitzen motiviert. Toprak Razgatlioglu (Pata Yamaha) als Sieger des 1. Rennens am Vortag strotze nur so vor Selbstvertrauen. Es war früh klar, dass der Türke keinen Millimeter nachgeben würde.

Kawasakis Neuzugang Alex Lowes vor dem Start – am Samstag verpasste er den Sieg im ersten Rennen gegen seinen Nachfolger bei Pata Yamaha um nur gerade 7 Tausendstel (© Kawasaki Racing).

Viele Mitfavoriten auf den Sieg
Auch Loris Baz (Ten Kate Yamaha) brannte nach seinem enttäuschenden 7. Platz am Vortag auf Revanche, genauso Topraks Teamkollege Michael van der Mark. Der Niederländer verpasste das Podium am Samstag nur um einen Wimpernschlag. Scott Redding hatte im 1. Lauf bereits bewiesen, dass er um den Sieg mitkämpfen kann, was Reas neuer Teamkollege Alex Lowes bei gleicher Gelegenheit ebenso eindrücklich bewiesen hatte. Dadurch gab es vor dem Superpole Race so viele Mitfavoriten auf den Sieg, wie schon seit langer Zeit nicht mehr.

Jonathan Rea als Führender in Kurve 4, genannt Honda Corner. Dahinter Toprak Razgatlioglu, Tom Sykes, Michael van der Mark, Loris Baz und aussen mit Nr. 45 Scott Redding. Die Verfolgergruppe wird angeführt von Xavi Fores mit Nr. 12, hinten im Bild Alvaro Bautista mit Startnummer 19.

Ein Krimi über 10 Runden
So kam es beim Sprintrennen über 10 Runden zu einem wahren Krimi. Kurz nach dem Start führte Jonathan Rea den Pulk an. Der Weltmeister ging nach seinem Pech im 1. Rennen umso entschlossener zur Sache. Zwar überquerte er in den ersten neun Runden die Ziellinie jedes Mal als Führender, doch beim Kampf um die Spitze ging es extrem hart zur Sache. Meist fuhren gleich mehrere Fahrer nebeneinander die Kurven an und mehrmals grenzte es an ein Wunder, dass dabei aus der Spitzengruppe niemand zu Sturz kam. GRT Yamaha Rookie Federico Caricasulo crashte bereits in der ersten Runde in Kurve 10, konnte aber weiterfahren, um am Ende noch auf Platz 14 zu landen. Alvaro Bautista (HRC Honda) erwischte es im 2. Umlauf in der Kurve 6, genannt Siberia. Der Vizeweltmeister des Vorjahres fuhr danach an die Box und nahm das Rennen später nochmals auf. Nachdem der Sieger das Ziel überquert hatte, fehlten dem Spanier 3 Runden. Er wurde aber noch auf Rang 16 gewertet.

Alvaro Bautista (HRC Honda) am Start vor dem Rennen – im Superpole Race hatte er im Gegensatz zum 1. Lauf kein Glück. Er verlor seine Chance auf eine vordere Platzierung infolge Sturz bereits in der zweiten Runde (© HRC Honda).

Hauchdünne Entscheidung nach unglaublichen Fights
Tom Sykes (BMW) überquerte die Ziellinie in den ersten beiden Runden noch als Dritter, hinter Rea (Kawasaki) und Raztaglioglu (Yamaha). Doch in der dritten Runde wurde er gleich von 4 Fahrern überholt und hatte ab dann im Kampf um den Sieg nichts mehr zu bestellen. Ab nun waren es Scott Redding (Ducati), der nach Runde 1 nur sechster war und Loris Baz (Yamaha), die an der Spitze mitmischten. Knapp dahinter Michael van der Mark (Yamaha) und Alex Lowes (Kawasaki), die bis zum Ziel mehrmals die Positionen tauschten. In der letzten Runde passierte erneut Jonathan Rea als erster die Ziellinie, knapp dahinter Razgatlioglu, der zu Rennmitte für 3 Runden von Redding als erster Verfolger abgelöst worden war.

Alex Lowes (KRT Kawasaki) vor Michael van der Mark (Pata Yamaha) – die beiden letztjährigen Teamkollegen schenkten sich im Kampf um das Podium keinen Zentimeter (© GeeBee Images).

Johnny schlägt Toprak und revanchiert sich für Lauf 1
Toprak Razgatlioglu gelang es in Kurve 4, genannt Honda Corner, sich innen an Jonathan Rea vorbeizudrängen. Dabei kam es sogar zu einer Berührung, wodurch der Nord-Ire seine Position beinahe an Scott Redding verloren hätte. Doch Rea gelang es irgendwie, direkt hinter Toprak zu bleiben und vor der letzten Kurve stach er innen am Türken vorbei, der kurz vor der Zielflagge beinahe noch Platz 2 an Redding verlor. Das Podium fuhr innerhalb von einer Zehntelsekunde über die Ziellinie. Alex Lowes wurde mit nur gerade 0.205 Sekunden Rückstand auf seinen Teamkollegen Rea vierter, vor Michael van der Mark, Tom Sykes, Loris Baz, Leon Haslam und Michael Ruben Rinaldi. Nur diese Fahrer erhielten als die ersten 9 Klassierten WM-Punkte. Im Sprintrennen sind nicht wie bei den Rennen über die volle Distanz die ersten 15 Piloten Punkte berechtigt.

Michael Ruben Rinaldi (Team Goeleven Ducati) vor Maximilian Scheib, Sandro Cortese (beide Kawasaki) und Leon Haslam (HRC Honda). Während es Haslam im Superpole Race galang, sich an die Spitze der Verfolgergruppe zu setzen, rettete Rinaldi bis ins Ziel immerhin noch einen WM-Punkt.

Die Verlierer – insbesondere Bautista und Davies
Nebst Crashpilot Alvaro Bautista, der seit Jerez 2019 eine ziemlich hohe Sturzrate zu verzeichnen hat, gehört insbesondere Chaz Davies zu den Verlierern im Superpole Race. Zu den deutlich Geschlagenen musste sich in Anbetracht seiner hervorragenden Leistungen im Vorjahr auch Sandro Cortese mit Rang 11 zählen lassen. Auch wenn der Deutsche als Ausrede ins Feld führen kann, dass er nur 2 Testtage und die Freitagstrainings als Vorbereitung zu den Rennen hatte. Die Verpflichtung durch Pedercini Racing, das für 2020 unter der Bezeichnung „OUTDO Kawasaki TPR“ antritt, erfolgte erst kurz vor dem Saisonauftakt. In Anbetracht von Sandros Platz 9 in der Superpole mit nur 0.029 Sekunden Rückstand auf Alex Lowes, hatten sich sein Team und die deutschen Fans natürlich mehr von ihm erwartet.

Konzentration vor dem Start – Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR), der beste WorldSBK Fahrer aller Zeiten und 5-facher Weltmeister (© Kawasaki Racing).

Weitere Geschlagene
Xavi Fores konnte mit Rang 12 natürlich auch nicht zufrieden sein. In seiner letzten WorldSBK Saison 2018, bevor er in die BSB wechselte, standen bei dem Spanier immerhin 5 Podiumsplatzierungen und WM-Rang 7 zu Buche. Takumi Takahashi (MIE Racing Althea HONDA Team) kam noch hinter dem in Runde 1 gestürzten Federico Caricasulo ins Ziel. Seine Leistungen beim Saisonauftakt in Australien waren gelinde formuliert unterirdisch. Das von der Japanerin Midori Moriwaki geführte Honda Kundenteam kann nur auf die Rückkehr von Jordi Torres in die WorldSBK hoffen. Doch aufgrund der Covid-19 Pandemie wurde überhaupt fraglich, ob und wann es 2020 noch weitergehen soll. Selbst ein kompletter Abbruch der Motul WorldSBK Saison ist derzeit sogar möglich.

Sandro Cortese vor Xavi Fores (beide Kawasaki) verpasste die Top Ten nach dem 1. Rennen auch in der Superpole. Sein Rückstand auf Sieger Rea betrug bis ins Ziel 9.678 Sekunden.

Ergebnis Superpole Race Phillip Island vom 1. März 2020

Jonathan Rea sicherte sich neben dem knappen Sieg bei seiner Revanche zum 1. Rennen im Superpole Race auch noch die schnellste Rennrunde mit 1:31.028 Minuten. Der höchste Topspeed wurde wenig überraschend bei Chaz Davies und seiner Ducati Panigale V4R mit 330.3 Km/h gemessen. Genützt hat dies dem Waliser jedoch wenig. Erneut landete er weit abgeschlagen und mit über 11 Sekunden Rückstand auf den Sieger im Ziel. Genau wie bereits im ersten Rennen und gleichzeitig stand sein neuer Aruba.it Ducati Teamkollege Scott Redding zum zweiten Mal nach Rang 3 auf dem Podium.

Das 2. Rennen am Sonntag und die Rückreise aus Australien

Nach dem WM-Lauf der Supersport 600 Weltmeisterschaft sollte es auf der Strecke von Phillip Island nochmals spannend zur Sache gehen. Im Sprint-Rennen, dem 2019 neu eingeführten sogenannten Superpole Race, hatte Jonathan Rea zurückgeschlagen. Nachdem das Sprintrennen über 10 Runden auch die Startreihenfolge der ersten 10 Fahrer bestimmt hatte, stand der Nord-Ire dadurch auf der Pole-Position. Nachdem die Ampel ausging, war es jedoch Michael van der Mark, der nach den ersten 3 Kurven in Führung lag. Dahinter ging es wieder extrem eng zu und die Fahrer schenkten sich gegenseitig keinen Zentimeter.

Der Pulk in der ersten Runde in Kurve 4, genannt Honda Corner. In Führung Michael van der Mark (Yamaha) vor Jonathan Rea (verdeckt) und Alex Lowes (beide Kawasaki). Innen sieht man Toprak Razgatlioglu (Nr. 54) und Loris Baz (76, beide Yamaha), Leon Haslam (91, Honda) und Sandro Cortese (11, Kawasaki).

Enger Kampf an der Spitze
Nachdem van der Mark als Führender nach der 1. Runde die Ziellinie kreuzte war es vor allem Weltmeister Rea, der in der ersten Rennhälfte das Geschehen dominierte. Dahinter ging es sehr eng zu und unter den ersten 8 Fahrer wurden dauernd die Positionen gewechselt. Alvaro Bautista auf der neuen Honda CBR-1000RR-R lag nach Runde 1 nur auf Position 14. Doch 4 Runden später hatte er sich bereits auf Platz 7 vorgekämpft. Ab Rennmitte wurde Loris Baz (Ten Kate Yamaha) immer aufdringlicher. Der Franzose kämpfte mit dem Messer zwischen den Zähnen und stritt sich mit Rea von Runde 10 bis 14 knochenhart um die Führung. Dreimal hatte er dabei bei der Zielüberquerung sogar die Nase vorne. Doch in der 14. Runde wäre Baz bei einem haarigen Manöver beinahe gestürzt und fiel dadurch auf die 4. Position zurück.

Rea in Runde 4 vor van der Mark, Razgatlioglu, Lowes, Baz (verdeckt dahinter) Redding und Sykes. Mit leichtem Respektabstand folgen dahinter Xavi Fores (Nr. 12), Chaz Davies (7), Alvaro Bautista (verdeckt dahinter), Scheib (77), Cortese mit Startnummer 11 (© GeeBee Images).

Hauchdünner Kampf um den Sieg zwischen 2 Teamkollegen
Nachdem sich in der 15. Runde Reas neuer Teamkollege Alex Lowes immer mehr nach vorne gekämpft hatte, war es danach wieder der Rekordweltmeister, der bis 2 Runden vor Schluss die Führung innehatte. Doch plötzlich konnte Lowes wieder einen Zahn zulegen und sich leicht von seinem Teamkollegen absetzen. Toprak Razgatlioglu war zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Rennen, sein Team hatte offenbar die Spritmenge falsch berechnet und war ohne Benzin stehengeblieben. Jonathan Rea gab nicht auf und kämpfte sich in der letzten Runde wieder an Lowes heran. Aber es reichte nicht ganz und somit gewann Alex Lowes sein erstes Rennen für Kawasaki hauchdünn vor Kawasaki-Teamkollege Jonathan Rea.

Die Zielflagge – Rea schafft es nicht mehr, an Lowes (vorne, beide auf Kawasaki ZX-10RR) vorbeizugehen. Hinten im Bild Scott Redding (Ducati) vor dem besten Yamaha Fahrer Michael van der Mark (© GeeBee Images).

Sensationelle Fahrt von Maximilian Scheib
Während Michael van der Mark wie beim 1. Rennen am Vortag mit dem undankbaren 4. Platz vorlieb nehmen musste, holte sich Scott Redding erneut Rang 3. Der Bautista-Nachfolger von Ducati holte sich somit zum 3. Mal nach Lauf 1 und dem Superpole Race ein Podium. Sein Teamkollege Chaz Davies wurde hinter van der Mark fünfter, vor seinem letztjährigen Teamkollegen Alvaro Bautista. Von seinen angeblichen Problemen mit der neuen Honda CBR-1000RR-R war mit nur knapp 4 Sekunden Rückstand auf Sieger Lowes nichts mehr zu spüren. Hinter landete die Überraschung von Lauf 2 mit Kawasaki-Pilot Maximilian Scheib (ORELAC Racing VERDNATURA). Der Chilene war mit einem Rückstand von weniger als 5 Sekunden auf den Sieger somit bester Privatfahrer.

Nach seinen Vorrednern an der Paddock Show, die allesamt englischer Muttersprache waren, begann Maximilian Scheib (rechts im Bild, neben Redding und links Rea) mit der Bemerkung, er werde wohl etwas weniger zu sagen haben. Darauf ließ es sich Scott Redding nicht nehmen, dem Chilenen zum Trost über die Mütze zu fahren.

Ergebnis Lauf 2 Phillip Island

WM-Zwischenstand nach Runde 1

Die Rückreise via Singapur

Bevor es zum Rückflug am Montag nach Singapur losging, fuhren wir am Sonntagabend nach Melbourne zurück. In unmittelbarer Nähe zum Airport hatten wir ein Hotel reserviert. Das Essen war, wie jedes Mal bisher in Australien, nicht der Erwähnung wert. Zumindest teuer, aber wie üblich von bescheidener Qualität. Am Montagnachmittag ging unser Flug mit Scoot nach Singapur, die Flugdauer betrug knapp über 7 Stunden. Diesmal hatten wir ein Flughafenhotel reserviert, respektive eine nahe gelegene und in ein Shopping-Center integrierte 4-Sterne Unterkunft. Der Taxifahrer fand den Weg vom Flughafen zum Hotel nicht auf Anhieb und fuhr beinahe daran vorbei. Doch wir sahen dies glücklicherweise noch rechtzeitig und baten ihn, uns umgehend aussteigen zu lassen. Die wenigen rund 200 Meter gingen wir mit unsern Reisekoffern lieber zu Fuß, statt mit ihm über seine Navigationsunfähigkeit zu diskutieren. Nach einem Tag im Stadtstaat Singapur ging es in der darauffolgenden Nacht zurück nach Europa.

Mit Airfrance per Nachtflug von Singapur zurück nach Europa
Auch die AirFrance war der Rückflug nicht bequemer als mit KLM auf dem Herflug von Europa. Unter dem Strich war bei der in Singapur stationierten Billigairline Scoot alles besser und die Sitzplätze mit mehr Platz und bequemer, als bei den beiden europäischen Gesellschaften. So waren wir froh, am Morgen um kurz nach 6 Uhr in Paris auf dem Flughafen Charles de Gaulle nach über 12 Stunden Flug aussteigen zu können. Das Frühstück auf dem Flughafen war im Vergleich zu Australien paradiesisch, während das im Flieger vor der Landung servierte, davor von uns gar nicht erst angerührt wurde. Knapp 3 Stunden später ging es zu unserem europäischen Ausgangsflughafen weiter und wir gingen kurze Zeit später in freiwillige Quarantäne. Statt am 13. März nach Qatar zum WorldSBK Rennen weiterzufliegen, mussten wir zwangsläufig diese Reise abbrechen. Wären wir geflogen, hätte man uns aufgrund unseres Singapur-Abstechers in Doha postwendend in Quarantäne gesteckt. Aufgrund des SARS-CoV-2 Virus war jedoch der Event für die 2. Runde der WorldSBK bereits abgesagt und auf unbestimmt verschoben worden. Wir warteten unendlich lange auf die Wiederaufnahme des Rennbetriebs!