Der Crash-König Marc Marquez (Repsol Honda) gilt für viele als schlechtes Vorbild für den Nachwuchs aufgrund seiner von einigen Betrachtern als rücksichtslos gegenüber seinen Gegnern bezeichneten Fahrweise. In Texas war er aber für einmal wieder der Chef auf der Strecke und gewann das MotoGP Rennen von 2021 überlegen.

Deniz Öncü bestraft – seine Vorbilder bleiben unbehelligt

Am selben Wochenende fuhren MotoGP in Austin/Texas und WorldSBK in Portimão und bei beiden Veranstaltungen gab es höchst fragwürdige Vorfälle. Einer davon passierte bereits am Samstag im ersten Rennen der Superbike WM. Dabei fuhr Toprak Razgatlioglu offenbar absichtlich mit voller Wucht Jonathan Rea in die Seite. Nur dank seiner Motocross-Erfahrung und seiner Fahrzeugbeherrschung konnte der 6-fache Rekordweltmeister dabei einen Sturz vermeiden. Wenig später stürzte er ohne Fremdeinfluss in der Zielkurve schwer und womöglich hatte der erste Vorfall dazu beigetragen. So genau kann man es im Nachhinein nicht sagen, aber manch Beobachter war erstaunt, dass der Türke für seinen Rammstoss nicht bestraft wurde. Nach dem Rennen reklamierte der zweitplatzierte Scott Redding im Podiums-Interview nicht zum ersten Mal die rücksichtslosen und unfairen Attacken Topraks. Offensichtlich schauten die FIM Stewards bei dieser Gelegenheit jedoch genauso weg, wie bei einem ähnlichen Vorfall in Most.

Als den Zuschauern und Kommentatoren in Austin am 3. Oktober 2021 der Atem stockte – die Szene erinnerte an den tödlichen Unfall von Jason Dupasquier in Mugello und es war ein kleines Wunder, dass es keine schwer verletzten oder toten Piloten dabei gab.

Fall zwei – diesmal mit drastischer Bestrafung des Übeltäters
Einen Tag später passierte in der Moto3 ein Unglück, das auch tödlich hätte ausgehen können. Mit Deniz Öncü war der Übeltäter ein Fan und Landsmann von Razgatlioglu, der ähnlich wie Marc Marquez durchaus viele Bewunderer hat. Mit einer an Idiotie grenzenden Rücksichtslosigkeit fuhr der Tech 3 KTM Pilot dabei seinem Kontrahenten direkt in die Linie und vors Vorderrad. Es war Jeremy Alcoba, der keine Chance mehr zum Ausweichen hatte und einen fürchterlichen Crash erlebte, der zum Glück für ihn jedoch glimpflich verlief. Wäre er wie der Schweizer Jason Dupasquier in Mugello jedoch von einem nachfolgenden Piloten oder dessen Bike getroffen worden, wäre er schwer verletzt oder tot. Genau dasselbe gilt für Andrea Migno und WM-Leader Pedro Acosta, die der Honda des Spaniers nicht mehr ausweichen konnten und ebenfalls heftig stürzten. Im Gegensatz zum WSBK WM-Leader Razgatlioglu griff die FIM bei Öncü heftig durch und sperrte diesen für die nächsten beiden Rennen.

John McPhee (Petronas Sprinta Honda) wäre nach logischer Wertung eine Runde vor dem zweiten Abbruch des Moto3 GP der USA eigentlich Sieger gewesen – doch FIM und Dorna wollten lieber einen Spanier und dafür werden bei Bedarf auch Regeln verdreht, wenn es aus deren Sicht gerade sein soll.

Fazit: Die Kleinen hängt man und ein Spanier muss gewinnen

Die Grossen und gleichzeitig berühmten Vorbilder der Nachwuchsfahrer kommen in der Regel ungestraft davon. So zumindest verstehen es viele Beobachter, nach der ungleichen Behandlung zweier ähnlich rücksichtsloser Aktionen. Nicht auszudenken, wäre Rea gestürzt und hätte er sich dabei verletzt, die WM wäre dadurch vorzeitig entschieden worden. Aber beim Moto3 Grand Prix von Texas gab es noch eine weitere seltsame und äusserst fragwürdige Tat der FIM. Weil zweimal nacheinander das Rennen mit roten Flaggen abgebrochen werden musste, ging es um den Entscheid, wer danach der Sieger sein soll. Eigentlich war dieser Fall für sämtliche Eingeweihten von vornherein klar. In solchen Fällen gilt der Stand vor dem zweiten Rennabbruch, verursacht durch die Schandtat des jungen Türken. Aber weit gefehlt, die der spanisch dominierten Dorna sehr nahestehende oberste Motorsportbehörde entschied anders. Sie wertete das Rennen nach dem Stand vor dem ersten Abbruch, mit nur 7 gefahrenen Runden. Doppelt falsch daran war, dass trotzdem volle Punkte vergeben wurden. Aber zumindest siegte dadurch ein junger Spanier. Immerhin versteht nun der ein oder andere, weshalb wir seit derartigen Vorfällen entschieden haben, nicht mehr in einem Liveblog zu berichten. Siehe auch die oft fragwürdigen und nicht selten ungerechten Entscheidungen zum Thema Track-Limits.

Von Jonathan Reas Kawasaki gefilmt – Toprak Razgatlioglu fuhr im letzten Rennen von Misano eindeutig im verbotenen grünen Bereich, erhielt dafür aber nach dieser Verfehlung in der dritten Runde weder eine Verwarnung noch später bei einer Wiederholung des Track-Limit-Vergehens die eigentlich dafür vorgesehene Zeitstrafe. WSSP 600 Pilot Steven Odendaal wurde hingegen im Rennen der mittleren Klasse im identischen Fall mit einem Penalty belegt. Dadurch verlor der Südafrikaner seinen Sieg und wurde nur fünfter, was ein sportlicher Skandal reinster Güte ist.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).