Lokalmatador Loris Baz (Ten Kate Yamaha) – der Franzose fühlt sich im Regen grundsätzlich meist wohl und auf seiner Heimstrecke gelang ihm das mit Abstand beste Rennen der Saison. Mit zwei 2. Plätzen war er bester Yamaha Fahrer in Magny-Cours (© WorldSBK).

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben

Nach dem Sieg von Jonathan Rea im ersten Rennen am Sonntag, sah fast alles danach aus, als werde der Weltmeister seinen 6. Titel in Folge am Folgetag fast im Spaziergang einfahren können. Erst recht bestätigt fühlten sich die meisten Beobachter, wie wir natürlich auch, als der Kawasaki Pilot am Sonntagmorgen gleich noch im Sprintrennen nachlegte. Gleichzeitig vermochte sein härtester Kontrahent Scott Redding, was den Kampf um den WM-Titel betrifft, mit den Rängen 4 und 5 nicht wirklich zu überzeugen. Mit uns wären wohl die meisten Fans der WorldSBK nach dem Start schwer von der Meinung zu überzeugen gewesen, Rea könne seinen nächsten Titel nicht mit einem Podium zum 4. Mal in Folge in Magny-Cours sichern. Doch weit gefehlt, der Nord-Ire musste sich bereits in der 4. Runde von Redding überholen lassen. Und bei Rennhälfte zwängte sich auch noch Loris Baz am amtierenden Weltmeister vorbei.

So sah es für die Zuschauer auf der Tribüne in Magny-Cours bei der zweitletzten WM-Runde aus. Das erste Rennen, bei welchem seit dem Saisonauftakt in Australien Besucher zugelassen waren, bot keine einladenden Bedingungen bei knapp über 10 Grad Celsius.

Wie Chaz Davies das Zünglein an der Waage spielte

Vielleicht hat dem Waliser seine beherzte Fahrt am Sonntag, dem 4. Oktober 2020 gar seinen Verbleib bei Ducati gesichert. So oder so darf er sich rühmen, dass er für den Aufschub der Entscheidung im Titelkampf zwischen Rea und Teamkollege Scott Redding das Zünglein an der Waage spielte. In der 14. Runde hatte er es geschafft, an Jonathan Rea heranzufahren und diesen zu überholen. Bei diesem Zieleinlauf fehlten dem amtierenden Weltmeister exakt die Punkte, um seinen Titel vor dem Saisonfinale in Estoril verteidigen zu können. Und obwohl der Nord-Ire gegen Ende des Rennens nochmals Druck machte, hielt Davies stand und rettete sich auf Platz 3 hinter Teamkollege Redding und Loris Baz ins Ziel.

Scott Redding (Ducati) am Freitag – der erste Tag auf dem Circuit de Nevers verlief für die Ducati Hoffnung im Kampf um den lange ersehnten nächsten WM-Titel alles andere als erfolgreich. Doch am Sonntagnachmittag gelang ihm trotzdem noch ein Sieg, womit dank Schützenhilfe von Baz und Davies die WM noch bis Estoril offen bleibt (© WorldSBK).

Schafft Jonathan Rea die Nummer 100 in Estoril?

Im Titelkampf sieht die Aufgabe für den 5-fachen Weltmeister definitiv sehr leicht aus, fehlen ihm doch lediglich noch 3 Punkte, um sich ein weiteres Mal die WM-Krone aufsetzen zu können. Dies gilt für den Fall, dass sein härtester Herausforderer Redding überhaupt gewinnt. Sollte der Ducati Pilot dies im Rennen am Samstag nicht schaffen, können Jonathan Rea und seine Crew die Korken knallen lassen, weil ihm bereits damit der Titel sicher ist. Vor diesem Hintergrund ist natürlich die Frage fast spannender, ob und wann er seinen 100. Sieg in der Superbike Weltmeisterschaft einfahren kann. Wie es derzeit aussieht, stehen die Chancen gut, dass es in Estoril damit gleich mehrere geschichtsträchtige Entscheidungen geben wird. Schade ist dabei eigentlich nur, dass es damit dann nach nur 7 WM-Runden schon vorbei ist, was die WSBK-Saison 2020 betrifft.

Carl Fogarty – eine Ikone der WorldSBK und seit Jonathan Rea immer noch zweitbeste Superbike Fahrer aller Zeiten. Mit 4 Weltmeister-Titeln und 59 Rennsiegen wurde er am Wochenende von Magny-Cours vom Nord-Iren um mittlerweile 40 Siege übertrumpft. Als „Foggy“ noch fuhr, feierte die WSBK teils Zuschauerzahlen, die der MotoGP mehr als Konkurrenz machten. Mit der Paddock Show, welche diese Saison infolge der Corona-Pandemie ins Wasser fiel, ist die seriennahe WM jedoch auf dem besten Weg zu neuen Höhenflügen.

Die vermeintliche Yamaha-Krise war ein Hirngespinst

Als mehrere Yamaha Fahrer in Aragon Probleme hatten, mit den besten mitzuhalten, erfanden einige voreiligen Schreiberlinge die sogenannte Yamaha Krise. Getreu nach dem Muster des üblichen Red Bull-Shits in der MotoGP geht es dabei meist in erster Linie bei speedweek darum, die vom Konkurrenten Monster Energy gesponserten Teams in einem möglichst schlechten Licht darzustellen. Also erfanden die Schmutzfinken flugs in Aragon nach einigen schlechten Resultaten von Toprak und Konsorten die vermeintliche Yamaha-Krise. Dumm dabei nur, dass der junge Türke auf der R1 diese Saison deutlich besser abschnitt als ein seinem erfolgreichen Jahr 2019 noch auf der Puccetti Kawasaki. Genauso sein Teamkollege van der Mark. Auch „Magic Michael“ war im Motorland Aragon dieses Jahr wesentlich erfolgreicher als letzte Saison. In Barcelona holte er nur 2 Punkte weniger als Davies und Rea als die beiden erfolgreichsten Fahrer auf dem Circuito de Cataluñya. In Magny-Cours war danach nur Johnny Rea erfolgreicher als Loris Baz. Soviel also zur frei erfundenen angeblichen „Yamaha-Krise“.

Garrett Gerloff (GRT Yamaha) vor Markenkollege Michael van der Mark. Estoril ist die einzige Strecke im diesjährigen Corona-Kalender, auf welcher er gegenüber fast allen Konkurrenten kein Nachteil hat. Bis auf ältere Haudegen wie Alvaro Bautista kennt fast kein Fahrer die Strecke rund 25 km westlich von Portugals Hauptstadt Lissabon (© WorldSBK).

Ergebnis Superpole Race

Ergebnis 2. Rennen am Sonntag

WM-Zwischenstand vor der zweitletzten Runde

Kleiner Rückblick über die Berichterstattung

Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, BMW hat bei den deutschsprachigen Kommentatoren einen besonderen Stein im Brett. Wir haben uns das erste Rennen wie fast jedes Mal mit englischem Kommentar im WSBK-Player, bei Eurosport mit kurzweiligen Sprüchen von Lenz Leberkern und Dirk Raudies, sowie auch aus der Mediathek von Servus TV in Ruhe im Nachhinein nochmals betrachtet. Der originellste und zugleich fragwürdigste Kommentator war definitiv derjenige von Servus TV, begleitet von dem durchaus manchmal unterhaltsamen Stefan Nebel. Tom Sykes war noch gar nicht richtig am Boden in Kurve 1 und von blossem Auge konnte man bei dessen Sturz kaum Details erkennen, rief der Österreicher bereits aus, wie unfair sich angeblich Garrett Gerloff dabei verhalten hätte. Statt sich neutral zu verhalten, gleich parteiisch aus der Hüfte zu schiessen, das kennen wir bereits zur Genüge von Red Bull Media, sobald es in der MotoGP um KTM geht.

Eugene Laverty, nachdem er von der BMW seines Teamkollegen Tom Sykes völlig schuldlos in Kurve 1 abgeräumt worden war. Der Ire blieb zum Glück dabei unverletzt. Bei der Schuldfrage machten es sich gleich beide BMW Fahrer danach besonders leicht, wenn auch mehr als nur ein wenig unglaubwürdig. Ganz eindeutig sah auch die Rennleitung den Vorfall gänzlich anders (© WorldSBK).

Ob vor Ort oder aus mehreren Blickwinkeln – keine Fremdschuld erkennbar
Egal ob man wie wir zufällig in der Nähe der Unfallstelle vor Ort war oder sich dies in Zeitlupe ansah. Rein gar nichts deutete auch nur im Geringsten auf ein Fehlverhalten des US-Amerikaners hin. Das einzig einwandfrei ersichtliche ist, dass Sykes in Kurve 1 nach innen zog, wo aber bereits der Yamaha Pilot auf selber Höhe war. Jedenfalls ging es uns selbst bei mehrmaliger Betrachtung der Aufzeichnungen genauso, wie offenbar der Rennleitung, als diese es sich nach einem Protest von BMW nochmals die Szene genauer ansah. Der Yamaha Pilot war innen auf der Ideallinie und blieb dies auch ohne eine Kampflinie zu fahren, beim Versuch Jonathan Rea zu folgen. Von daher ist der Protest von BMW im Grunde genommen eine reine Alibi-Übung. Vielleicht wäre es eher von Vorteil, sich besser um eine halbwegs akzeptable Performance von Bike und Fahrern zu kümmern, als anderen die Schuld für eigenes Versagen versuchen zu geben.

Tom Sykes kurz nach dem Unfall in der BMW Box – dem Spaßvogel der WorldSBK schien der Vorfall auffällig wenig auszumachen. Seinen Humor hatte er jedenfalls dadurch im Gegensatz zu Teamkollege Laverty zu diesem Zeitpunkt noch nicht verloren und vielleicht genau die richtige Art, mit solch einem Vorfall umzugehen. Eigentlich war sich der Engländer bestens bewusst und sagte dies auch vor der Kamera, dass es letztlich nur ein unglücklicher Renn-Unfall war. Der Protest von BMW kam erst wesentlich später und ihm fehlt jegliche Glaubwürdigkeit aufgrund der dazu existierenden Aufzeichnungen (© WorldSBK).

Kleiner Ratschlag für Dummschwätzer
Und Dummschwätzer wie die Schreiberlinge von Red Bull. Ein passendes Beispiel für deren ätzende Kommentare, wenn ein Jonathan Rea nach zwei Siegen nur auf Platz 4 ins Ziel kommt, lautet dann im Stil „Rea vorgeführt“. Daher für alle nochmals zum Mitschreiben: Der Kawasaki Pilot war in Magny-Cours klarer Gesamtsieger mit 50 Punkten, Loris Baz dahinter mit deren 44 und nur 42 für Redding!

Der beste Fahrer in Magny Cours mit 50 Punkten – der amtierende Weltmeister Jonathan Rea (Kawasaki) wurde auf dem Circuit de Nevers alles andere als vorgeführt, wie fälschlicherweise von der Red Bull Media Lügenpresse behauptet. Er hatt aus deren Sicht mit Monster Energy höchstens den falschen Sponsor, verdient aber trotzdem höchsten Respekt (© WorldSBK).

Wenn sogenannte Journalisten im Boulevard-Stil über Sport berichten
Sämtlicher Realität zum Trotz behauptete Red Bull Media gleich in mehreren Artikeln, Gerloff hätte „die BMW Piloten abgeräumt“. Getreu nach dem Motto, wenn man etwas mehrmals als vermeintliche Wahrheit kolportiert, glauben es irgendwann die meisten. Einer der Verfasser ist allerdings schon längst für seinen fragwürdigen Umgang mit der Realität bekannt. Sein Name ähnelt dem Wort Schmutz, was durchaus auch zur Lederkombi von Eugene Laverty nach dessen Sturz passte. Übrigens war ganz zufällig derselbe „Journalist“ derjenige, welcher die Kollision von Tom Sykes mit Leandro Mercado in Aragon im Anschluss verharmlosend als „kleinen Schubser“ bezeichnete. Der Argentinier landete übrigens anschliessend im Spital und fehlte danach verletzt bei mehreren Rennen. Als Verfasser dieses Artikels gebe ich gerne zu, so einen „kleinen Schubser“ würde ich bei dem kleinen Red Bull Schreiberlings-Wicht auf der Skipiste, Motocross- oder Rennstrecke gerne auch mal ausprobieren. Womöglich wäre er danach von seinem Haus-Werbespruch geleitet und davon überzeugt, Red Bull hätte ihm Flügel verliehen.

Garrett Gerloff (GRT Yamaha) – der US-Amerikaner flog 15 Runden vor Schluss per Highsider von seiner Yamaha. Bis dahin war er auf Podiums-Kurs und in Schlagdistanz zu den beiden vor ihm das Rennen anführenden Rea und Baz. Die Rennleitung sah trotz Protest von BMW keine Veranlassung, Gerloff für ein nicht erkennbares angebliches Fehlverhalten zu bestrafen. Letztlich hatte wohl Eugene Laverty seinen Abflug einzig und allein Teamkollege Tom Sykes zu verdanken (© WorldSBK).

Sobald ein Beleg dafür fehlt, wird die Beweisführung schwierig
Wenn man jemanden für etwas beschuldigt, sollte man dies auch belegen können. Bis auf haltlose Behauptungen sahen wir bei Gerloffs angeblicher Rempelei jedoch keinerlei sichtbaren Beleg. Wir fanden weder eine Aufzeichnung noch ein Foto, welches dessen Schuld unter Beweis stellen könnte. Seltsamerweise gibt es aber zahlreiche einseitigen Berichte und Meinungen fragwürdiger Personen zum Thema, die fern jeder Realität und Vernunft liegen. Aber vielleicht bekommen diese Leute bei BMW bei nächster Gelegenheit ja etwas gratis und wenn es nur ein Kaffee von der Maschine in der Ecke mit dem Reifenstapel ist. So genau wollen wir dies eigentlich gar nicht wissen. Die Red Bull Media Schreiberlinge sind schon lange für ihre extrem einseitige Berichterstattung berüchtigt. Das Wort Sportlichkeit können die meisten von ihnen wohl nicht einmal buchstabieren.

Ein sehr eindrücklicher Beleg, der einwandfrei beweist, dass Garrett Gerloff (rechts mit der Nummer 31 hinter Leader Jonathan Rea) absolut nicht auf einer „verrückten Kampflinie“ in die erste Kurve einbog, sondern gar noch enger als der Weltmeister. Damit leuchtet ein, weshalb der Protest von BMW gegen Gerloff von der Rennleitung korrekterweise abgewiesen wurde. Im Nachhinein wirkt der Protest von BMW vor allem nach den schlechten Resultaten am Sonntag eher wie ein Ablenkungsmanöver von den eigenen Schwächen (© WorldSBK).

WM-Kalender MotoGP und WorldSBK 2020

Nach der MotoGP in Le Mans geht es mit dem Finale der WorldSBK in Estoril und der ersten Runde des Doppelrennens in Aragon weiter. Bei dieser Gelegenheit hoffen die spanischen Fans auf die Rückkehr von Marc Marquez.