KTM und ihre dauernden Fahrerprobleme
Bei KTM haben Motorsportdirektor Pit Beirer und Big Boss Pierer vieles gemeinsam. Insbesondere ihre öffentlichen Aussagen wirken auf viele oft, als hätten Sie die Weisheit mit Löffeln gegessen und ihre Gegner seien mehrheitlich Dummköpfe. In Tat und Wahrheit ist es jedoch nicht ganz so einfach, was die Orangen und ihre Erfolge und Entscheidungen betrifft. Zumindest glasklar bekannt ist der Umstand, dass die von Pierer offiziell beim MotoGP Antritt genannten Ziele meilenweit verpasst wurden. Man muss festhalten, dass sie den Beweis seit Jahren schuldig blieben, ob sie jemals um den Titel in der Königsklasse mitkämpfen können, wie spätestens für 3 bis 5 Jahre nach ihrem Einstieg auf die Saison 2017 vollmundig versprochen. Dies, obwohl mit Red Bull einer der potentesten Sponsoren der Sportgeschichte voll hinter KTM steht. Am Geld kann es demnach kaum liegen. Einige gravierende Fehler sind jedoch schwer zu übersehen.
Dem ersten Fehler 2019 folgten zahlreiche weiteren
Mit Johann Zarco wurde auf die dritte Saison der Orangen in der MotoGP der Engländer Bradley Smith ersetzt. Doch 2019 wurde für den Franzosen und KTM zu einem wahren Desaster. Offensichtlich hatte man nicht auf den schnellen Mann auf Cannes gehört und seine Beschwerden über Fahrwerksprobleme als Majestätsbeleidigung verstanden, weshalb Zarco ernüchtert und enttäuscht schon zur Saisonmitte um die Auflösung seines mehrjährigen Vertrags bat. Die danach von KTM folgende öffentliche Diffamierung des Franzosen war von übelster Sorte und muss als höchst unsportlich bezeichnet werden. Doch Johann Zarco gab seine Antwort auf der Strecke und fuhr den Piloten der Orangen danach unzählige Male um die Ohren. Fast gleichzeitig mit dem Ausstieg des Franzosen warf KTM dazu auch noch in der Moto2 den Löffel hin und gab es auf, mit eigenen Fahrwerken in der mittleren Kategorie anzutreten. Wie unglücklich dieser Entscheid war, zeigte sich vor allem am Ende der Saison, als Brad Binder trotz argen Problemen am Saisonbeginn den Weltmeistertitel um lächerliche 3 Punkte verpasste. Und es sollte für KTM in den Jahren danach noch wesentlich schlimmer kommen.
Die Fehlentscheidungen bei Fahrerfragen häuften sich
Eigentlich muss man kein Rechenkünstler sein, wenn man sich vorstellt, dass KTM und sein Kundenteam Tech 3 nur über vier Startplätze in der Königsklasse verfügt, in den unteren Kategorien jedoch 8 Piloten unter Vertrag hat. Ebenso ist es kein Geheimnis, dass ein Nachwuchsfahrer sobald er in einer kleineren Klasse erfolgreich ist, aufsteigen möchte und sein Talent auch dort zu beweisen. Letzteres braucht jedoch vor allem in der Königsklasse manchmal seine Zeit, wie die Karriere von Jack Miller eindrücklich beweist. Ohne den Überraschungssieg in seinem zweiten MotoGP Jahr 2016 bei schwierigsten Bedingungen und einem Regenabbruch mit folgendem Restart, sieht die Bilanz des Australiers in seinen ersten 4 Jahren sehr bescheiden aus. Diese Zeit gibt KTM seinen Fahrern jedoch nicht. Deshalb fährt ein Iker Lecuona statt bei Tech 3 in der MotoGP. Seit 2022 kämpft der Katalane für Honda in der WorldSBK und dies mit besserer Bilanz als sein von den meisten völlig überschätzter Vorgänger Alvaro Bautista, welcher ohne die Ducati Panigale V4R in 2 Jahren nur 2 dritte Plätze auf der CBR-1000RR-R zustande brachte.
Fehlbesetzungen, mangelnde Geduld und blamiert beim Heimrennen
Nebst Lecuona wurde von KTM auch Grand Prix Sieger Danilo Petrucci verheizt und nach nur einer Saison geschasst. Es fehlte offensichtlich immer wieder an Geduld und Übersicht. Nach WM-Rang 5 in der ersten Pandemiesaison 2020 verlor man sogar Aushängeschild Pol Espargaró an Repsol Honda, wo dieser jedoch genauso wie sein spanischer Vorgänger Jorge Lorenzo gnadenlos strauchelte. Auf die Saison 2023 kehrte er wieder zurück, doch ein schrecklicher Unfall in Portugal hält ihn bis heute von der Rennstrecke fern. Ein krasses Beispiel für das KTM Missmanagement in Pilotenfragen ist definitiv auch Jorge Martin. Mit dem beim Team von Aki Ajo in der Moto2 gereiften Spanier hatte man ab der Saison 2019 ein wahres Juwel in den eigenen Reihen. Nach 2 Siegen im Jahr 2020 und drei weiteren Podestplätzen verpasste man es bei den Orangen, den Madrilenen zu behalten und verlor ihn an Ducati. Beim Pramac Team startete der Spanier auf Anhieb durch und holte sich bereits im zweiten Saisonrennen in Losail (Katar) den ersten Podestplatz. Nach einer Verletzungspause nach fürchterlichem Sturz auf dem Autodromo do Algarve in Portugal folgten ausgerechnet auf dem Red Bull Ring im KTM Heimrennen sein erster Sieg und ein dritter Rang!
Die heutige Situation – kein Ruhmesblatt für KTM
Wie bei KTM nicht unüblich, rühmten sich die Verantwortlichen wie Beirer und Pierer in der Öffentlichkeit gerne selbst. Als genialen Schachzug bezeichneten sie ihre Strategie, als einziges MotoGP Team in allen drei Klassen vertreten zu sein. Damit hätten sie die Möglichkeit, ihre Eigengewächse von der Moto3 über die mittlere Klasse bis in die Königskategorie MotoGP aufzubauen. Soweit die Theorie, aber wo stehen sie heute damit? Aktuell sind zwar beide derzeitigen Werksfahrer früher auch schon für KTM gefahren, aber Brad Binder wurde von den Orangen zu Beginn seiner Grand Prix Karriere böse im Stich gelassen. Ohne die finanzielle Hilfe seiner Eltern wäre die Fortsetzung seiner Karriere bereits 2013 zu Ende gewesen, nachdem ihn KTM davor fallen gelassen hatte. Jack Miller verloren sie nach seinem Vizeweltmeistertitel 2014 für KTM, da er von LCR Honda für die Folgesaison ein Angebot direkt in die MotoGP erhalten hatte. Nach durchaus erfolgreichen Jahren ab 2018 auf Ducati, wechselte der Australier für 2023 erst zu KTM, weil er von den Roten im Werksteam fallen gelassen wurde.
Das Problem mit laufenden Abgängen und nur einem Moto2 Team
Die auf diese Saison verlorenen Miguel Oliveira und Raul Fernandez überzeugen nun auf RNF Aprilia mit hervorragenden Leistungen. Sie beide wurden von den Orangen sorgsam in den kleineren Klassen aufgebaut und in die MotoGP geführt. Würde KTM mit nur einem Moto2 Team nun Acosta gegen seinen Willen in der mittleren Klasse behalten, stehen sie vor einem weiteren Problem. Mit zwei Moto3 Fahrern wie Deniz Oncü und WM-Leader Daniel Holgado drängen sich zumindest zwei ihrer vier Piloten in der Nachwuchsklasse für die Moto2 förmlich auf. Behält KTM dort jedoch Acosta, haben sie höchstens einen Platz neben ihm frei. Damit drohen Abgänge ihrer Nachwuchstalente aus der Moto3.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).
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