Der Crash in Kurve 3 von Marc Marquez, bei welchem ihn im Kiesbett seine Repsol Honda traf und vermutlich dadurch einen Knochenbruch am Oberarm verursachte, welcher an sich jedoch gar nicht die Ursache seiner langen Zwangspause nach sich zog, sondern sein viel zu früher Comeback-Versuch.

Der frühere Überflieger und seine harte Landung in der Realität

Die Worte klingen noch heute in den Ohren vieler MotoGP Fans, welche Marc Marquez nach seinem viel zu frühen Comeback-Versuch vor über einem Jahr in Jerez de la Frontera von sich gab. Der Repsol Honda Star sagte damals ins Mikrofon, er werde sich nun auf eine neue Rückkehr vorbereiten und er garantiere seinen Fans, er komme stärker denn je zurück. Nur vier Tage nach seiner Oberarm-OP aufgrund eines Bruches, welchen er sich bei seinem Crash in Kurve 3 des Circuito Angel Nieto bei seinem heftigen Crash im Kiesbett zuzog, gab er sich damit betont kämpferisch. Sein Versuch war natürlich viel zu früh und aus Sicht seiner Ärzte auch viel zu riskant gewesen. Später wurde sogar bekannt, dass sich eine zur Stabilisierung einoperierte Titanplatte bei den argen Belastungen verbogen hatte. Vermutlich wurde dadurch auch eine Infektion ausgelöst, welche seinen Heilungs-Prozess auf gut neun Monate verlängerte. Mit einer unglaubwürdigen Geschichte wurde später behauptet, dieser Schaden sei beim Öffnen eines Fensters passiert. Natürlich glaubte dies kein Mensch.

Marc Marquez auf der Trage mit Halskrause – direkt nach dem Unfall in Jerez de la Frontera wurde klar, dass es diesmal nicht so glimpflich wie üblich ausgegangen war für den damals amtierenden Weltmeister und sogenannten „König der Saves“. Einmal musste es bei jeweils an die 30 Stürze pro Saison wohl einfach so kommen.

Die verwunderliche neue Einschätzung über seine Leistungen

Wohl mancher Fan rieb sich bei der Schilderung seiner ersten Resultate nach seiner Rückkehr beim Lesen verwundert die Augen. Auch beim Zuhören der Sprüche vieler Kommentatoren kratzte sich bestimmt eine Vielzahl der Zuschauer am Kopf. Der 6-fache Weltmeister hatte sich minutiös auf sein Comeback in Portugal vorbereitet. Davor gab es einige offenbar absichtlich gestreuten Ablenkungsmanöver zu Verschleierung des Zeitpunkts seiner Rückkehr. Dass er jedoch in Portimão mit einer beinahe 200-tausend Euro teuren MotoGP Replica von Honda testen ging, konnte kein Zufall gewesen sein. Die Bilder von ihm in der Repsol Honda Lackierung waren auch sofort in Social Media Kanälen verbreitet worden. Aber als er auf der RC213V sass, um für den Grand Prix von Portugal dort anzutreten, begann der wirkliche Ernst des Lebens für ihn.

Der mediale Wirbel um sein Comeback stand in Portimão in keinem Verhältnis zu seinen fahrerischen Leistungen – wozu Marc mit reichlich theatralischen Übungen seines rechten Oberarms das ganze gleich selbst noch zusätzlich lächerlich machte.

Die Performance war im Vergleich zu den großspurigen Ankündigungen bescheiden
Nicht nur Marquez selbst schien sofort seine vollmundigen Ankündigungen zu bereuen, als er wieder zurück war. Auch sein Team und ihm wohlgesinnte Schreiberlinge taten ihren Teil dazu bei. Während Valentino Rossi nur kurz nach einem Beinbruch mit einem fünften Platz einige Jahre davor Laien und Fachwelt verblüfft hatte, blieb der ehemalige Überflieger dagegen erstaunlich menschlich. Im ersten Rennen nach rund einem dreiviertel Jahr Zwangspause profitierte Marc beim GP von Portugal von den Stürzen zahlreicher vor ihm liegender Fahrer. Andernfalls hätte es kaum in die Top Ten gereicht. Insofern war die verwunderliche neue Einschätzung über seine Leistung für einen bescheidenen siebten Platz etwas, das nicht alle verstanden. Vor allem dabei diejenigen, welche sich an seine Ankündigung aus dem Sommer 2020 zu erinnern vermochten.

Aleix Espargaró (Aprilia) vor Marc Marquez (Honda) – der ältere Bruder von Pol, dem neuen Teamkollegen von Marquez war trotz sensationell starker Leistung in Portugal den meisten Berichterstattern kaum eine Zeile wert. Dies grenzte für jeden fairen Sportsmann und neutralen Beobachter an Mobbing.

Auch die Dorna verhielt sich höchst unfair – aber vor allem anderen Fahrern gegenüber
Beim Wirbel um den Repsol Honda Star machten fast alle mit, allen voran die mehrheitlich spanischen Leute der Dorna. Plötzlich sprachen und berichteten alle nur noch über Marc, obwohl dies in keinem Verhältnis zur von ihm gezeigten Leistung stand. Ein gutes Beispiel dafür waren die Fotos, welche die Dorna jeweils nach den Rennen zur Verfügung stellte und auf welchen geschätzt ein Drittel den Katalanen zeigten. Dazu noch etwa 13 Bilder des beim Rennen ohne Zuschauer gestürzten Valentino Rossi, aber von einem Mann gab es kein einziges. Die Rede ist dabei vom Aprilia-Sensationsmann Aleix Espargaró. Dieser hatte nach zwei erstaunlichen Top Ten Resultaten in Losail trotz endlos langer Gerade in Portimão den hervorragenden sechsten Platz eingefahren. Damit hatte der Sonnyboy aus Granollers direkt vor Marc die Zielflagge gesehen und den Honda Mann damit klar in die Schranken gewiesen. Dies auf der punkto Topspeed deutlich unterlegenen Aprilia geschafft zu haben, war unglaublich gut, aber kaum einem Schreiberling danach eine Zeile wert.

Marc Marquez in Jerez de la Frontera nach seinem ersten heftigen Crsch von 2021 auf fallen Vieren vor seiner völlig zerstörten Repsol Honda – es war ein erstes Zeichen von Bestätigung, dass der „alte“ Marc von früher nun nicht mehr existierte. Daran änderte auch ein Zwischenhoch auf dem engen Sachsenring nichts, bei welchem er einen undiskutabel starken Sieg herausfuhr.

Nach sechs Wochen Sommerpause – kein Licht am Ende des Tunnels

Bereits vor dem ersten Rennen in Spielberg tönte Marquez erneut so bescheiden, wie man ihn erst nach seinem Comeback neu kennengelernt hat. Trotz voller sechs Wochen Sommerpause und damit einer Erholungszeit, welche es vor Corona von einer solchen Dauer nie gegeben hatte. So bescheiden kannte man Marc bis Ende Juli 2020 nie. Wer sich den Grand Prix der Steiermark ansah, konnte einen verzweifelt kämpfenden Honda Fahrer dabei erleben, der trotz allem Kampf von Fahrern wie Brad Binder und Takaaki Nakagami völlig in den Schatten gestellt wurde. Der schnelle Südafrikaner war auf seiner KTM von Startplatz 16 losgefahren, ganze drei Reihen hinter dem von P8 gestarteten Marquez. Weil auch der Japaner über 5 Sekunden vor seinem Repsol Honda Markenkollegen die Zielflagge sah, gibt es keine Ausreden wie so oft, was die Performance der Honda RC213V betrifft. Am Bike liegt es somit definitiv nicht, dass der 6-fache Weltmeister kaum Licht am Ende des Tunnels sieht. Den Nimbus der Unbesiegbarkeit hat er längst verloren und den Respekt seiner Gegner sowieso. Allen voran Aleix Espargaró, den Marc im Steiermark GP gleich zweimal in Folge in Kurve 1 beinahe von seinem Bike rempelte.

Der gestürzte Marc Marquez und seine Repsol Honda am Boden – früher lächelte er bei der Schilderung über seine häufigen Crashs, aber heute kommentiert er diese Vorfälle mit einer ihm völlig neuen Ernsthaftigkeit, bei welcher man auch die damit verbundene Verunsicherung spürt. Der ehemalige Überflieger ist nicht mehr derselbe wie vor seiner Zwangspause und damit erleben wir eine ganz neue Meisterschaft.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).