Vom König der „Saves“ zum Bruchpiloten vom Dienst – die ersten Rennen nach seinem Comeback hatte sich der 6-fache Weltmeister bestimmt anders vorgestellt, als mit einem siebten und danach neunten Rang und ausgerechnet beim ersten Mal seit seinem Comeback in Führung liegend einem Crash.

Rückblick auf das Ergebnis von Honda beim GP in Le Mans

Manchmal, aber viel zu selten, ist ab und zu interessant was die Fahrer oder Teamleute von sich geben. Für Alberto Puig war offenbar nach dem Rennen in Le Mans die starke Leistung von Alex Marquez, Takaaki Nakagami und Pol Espargaró ein schwacher Trost. Der Mann, der dies von sich gab, gewann in der Königsklasse in seiner ganzen Karriere ein einziges Rennen und stand dazu viermal als Dritter auf dem Podest. Zweimal war er in seiner aktiven Zeit den Top Ten der Weltmeisterschaft mit den Rängen 5 und 9. Ihn störte verständlicherweise, dass Marc Marquez in Führung liegend gestürzt war. Die Enttäuschung war dem Spanier ins Gesicht geschrieben, als er mit wie üblich steinerner Miene Rede und Antwort vor dem Mikrofon auf die an ihn gestellten Fragen gab. Kein Wort der Selbstkritik war dabei herauszuhören, dass er Marc Marquez vielleicht besser zu einer späteren Rückkehr hätte raten sollen. Beim 6-fachen Weltmeister einen 7. Rang in Portimão und P9 in Jerez schönreden zu müssen, kann Puig kaum Vergnügen bereitet zu haben.

Marc Marquez vor seiner Repsol Honda auf allen Vieren – genau solche Bilder wollte kein echter MotoGP Fan vom mehrfachen Weltmeister nach seinem Comeback sehen. Nach diesem Crash brachte man ihn sogar ins Spital von Jerez de la Frontera zur Untersuchung. Am Tag danach lag er im Warm-Up erneut im Kiesbett und in stürzte der Katalane gleich dreimal in Folge am Sonntag. Soll dies ernsthaft der „alte Marc Marquez“ sein, wie einige vorschnell bereits behaupteten?

Zur seltsamen Weltsicht des HRC Honda Teamchefs
Man darf sich durchaus fragen, wo stünde HRC Honda heute, hätten sie im Herbst 2019 Johann Zarco verpflichtet? Der schnelle Franzose war auf dem Markt und hätte bestimmt bei Repsol Honda unterschrieben. Stattdessen entschieden sich Puig und seine Leute für Alex Marquez. Dies verstanden nicht alle. Insbesondere auch, weil der jüngere Bruder von Marc in seiner Moto2 Karriere sehr lange benötigt hatte, bevor er sich dort endlich durchsetzte. Nach den Testfahrten im Winter begriffen selbst Puig und Konsorten, dass der Katalane für das Werksteam eine Fehlbesetzung war. Noch bevor das erste Rennen gefahren wurde, kündigte man den Vertrag mit Cal Crutchlow und ordnete auf die Saison 2021 den Wechsel von Alex zu LRC Honda an. Dafür nahmen sie als Ersatz den als recht Sturz-anfällig bekannten Pol Espargaró unter Vertrag.

Takaaki Nakagami (LCR Honda Idemitsu) vor Marc Marquez und hinten rechts dessen Repsol Honda Werksteam-Kollegen Pol Espargaró – am Ende war „Taka-San“ hinter Alex Marquez zweitbester Honda Pilot. Im WM-Zwischenklassement ist er trotz zwei Nullern beim Saisonauftakt weit vor Marc, der beim dritten Rennen einstieg, der beste aller Honda Fahrer. Anstatt über das Missgeschick seines Stars zu granteln, würde sich Puig besser über die Leistung seines bisher besten Fahrers öffentlich freuen.

Trotz anderslautenden Schlagzeilen & Sprüchen – es gibt kein Honda Debakel

Weshalb die Leistung von Honda in Le Mans durchaus gut war, sieht man rein schon daran, dass drei ihrer Fahrer in den Top 8 landeten. Noch in Losail hätten alle „Hondisti“ Freudensprünge aufgeführt, ob solchen Resultaten. Aber nun, als Marc Marquez zwar kurz führte, aber wenig später exakt bewies, dass er nicht oder noch nicht wieder „der Alte“ ist, wirkt Puig wie ein verwöhnter Schuljunge bei seinem Interview. Dabei dürfte er stolz auf Nakagami sein, was der Japaner trotz schwersten Blessuren in Portimão mit P10 bereits leistete, geschweige Rang 4 in Jerez. Nur 0,6 Sekunden hinter dem Podium, das ist Weltklasse, Alberto! Auch in Le Mans war Takaaki wieder einer der wichtigsten, als es darum ging, die Kohlen für Honda aus dem Feuer zu holen. Die Wahrheit liegt auf der Hand: Es gibt kein Honda Debakel, sondern nur ein „Marc Marquez Desaster“. Wer an zwei GP Wochenenden insgesamt 5 Stürze fabriziert, ohne dass ein anderer Fahrer oder die Technik daran mitschuldig ist, verdient offensichtlich auch kein Podium.

Johann Zarco (Pramac Ducati) – als der Franzose zu haben war, griffen Puig und seine Leute nicht zu. Nun ist der schnelle Mann aus Cannes in seiner ersten Saison auf Topmaterial überhaupt aktuell WM-Dritter, nur 12 Punkte hinter seinem Landsmann Quartararo. Und als Nächstes kommen die Rennen in Misano und Barcelona, wo er die Honda Meute erneut gewaltig ärgern könnte.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).