
Zu Nebengeräuschen und der Frage nach den WM-Favoriten
Nachdem die meisten Fahrer nun die Pause zwischen den Tests und dem ersten Rennen in Losail zu Hause verbringen, blieben nur sehr wenige von ihnen vor Ort in Katar. Darunter der äusserst vernünftige Suzuki Pilot Alex Rins. Genau wie Takaaki Nakagami liess sich der Spanier nicht zu einem Schnellschuss überreden, was das Impf-Angebot in einem Spital von Doha betraf. Statt sich selber dauernd zu loben, sollte Dorna Boss Ezpeleta besser mal etwas bescheidener auftreten, was besonders auch für das Impf-Theater in Katar betrifft. Es war im Grunde genommen eine absolute Frechheit, wie die spanische Vermarktungsfirma der MotoGP dabei vorging.

Fragwürdiges Vorgehen der Dorna und seltsames Verständnis
Den Fahrern und Teammitgliedern erst spät abends am Donnerstag mitzuteilen, dass es eine spontane Impf-Aktion gegen Covid-19 gebe, ist mehr als fragwürdig. Danach zudem zu erwarten, dass sie alle am Freitagmorgen früh in ein Krankenhaus fahren, um sich impfen zu lassen. So hätte gar niemand die Chance gehabt, davor noch mit seinem Arzt zu telefonieren und genau deshalb sagten viele ab. Es ist irgendwie typisch für die Dorna, sich ausgerechnet im äußerst umstrittenen Wüstenstaat in der Impfreihenfolge vorzudrängeln. Das nennt man Egoismus pur und ein seltsames Verständnis von Anstand gegenüber den Mitbürgern zu Hause. Als Gipfel der Frechheit lobte Herr Ezpeleta sich im Interview gleich noch selbst, ohne zu verstehen: Als Sport-Vermarktungsfirma agierte er äusserst unsportlich!

Zur vermeintlichen Sicherheit durch Impfungen und weiteren Risiken
Wieso lässt Valentino Rossi sich überhaupt impfen, wenn er 2020 bereits infiziert war, sollte er danach nicht immun sein? Und wieso sollten die Fahrer sich am Morgen impfen lassen und danach mittags (hätte es keinen Sandsturm gegeben) auf ihre fast 300 PS starken Bikes sitzen? Es ist fast jedem bekannt: Nach derartigen Impfungen soll man keinen Sport treiben! Dies steht auf fast jeder Medikamentenpackung und auch beispielsweise kein Fahrzeug lenken. Mancher fragt sich dabei, ob die Dorna wirklich so dumm ist, dass dies keiner ihrer Leute weiss. Befremdend war zudem die Behauptung zur angeblichen höheren Sicherheit durch Impfungen vonseiten der Dorna. Beinahe jedes Kind weiss jedoch heute, dass man trotz Impfung auch Covid-19 Virusträger werden kann!

Der übliche Fehler nach Tests in Sepang oder Losail
Favoriten anhand Losail-Tests zu bestimmen funktioniert nicht
Es ist gar nicht so einfach, die Favoriten der MotoGP Saison 2021 zu nennen. Dies gilt zumindest, sofern man dabei seriös vorgehen will. Im Vorjahr zeigte sich dabei, wie viele mit ihren Prognosen falsch lagen. Kaum einer nannte Joan Mir und dieser wurde vor allem aufgrund der Konstanz Weltmeister und nicht in erster Linie, weil er meist der schnellste war. Hier liegt wohl eines der Grundübel vieler Schreiberlinge, die sich oft sogar auf Testresultate abstützen, um Favoriten daraus abzuleiten. Dabei ist Sepang und Losail laut Aussagen fast sämtlicher Personen im MotoGP Paddock kaum mit irgend einer anderen Strecke im Kalender zu vergleichen. Insofern lassen die Testergebnisse der letzten Tage höchstens Rückschlüsse auf das erste Doppelrennen zu, aber keinesfalls die weitere Saison.

Der umgekehrte Weg – durchaus interessant
Da viele oder fast alle immer den vermeintlich logischen und einfachen Weg gehen, um die Titelanwärter zu ermitteln, vollziehen wir hier absichtlich die Umkehrung von der Norm. Statt aus den vielen Fahrern diejenigen zu nehmen, welche für den Titel infrage kommen, zählen wir hier auf, was bei einigen von ihnen dagegen spricht. Dabei bleiben am Ende doch noch einige wenigen übrig. Am Ende der Saison sehen wir dann, wer mit seinen Prognosen richtig lag.
Was gegen Jack Miller spricht
Der Australier gilt als sehr Sturz-anfällig, hat in 6 MotoGP Jahren zudem erst einen Grand Prix Sieg eingefahren. Das Jahr war 2016, wo ihm dies das bisher einzige Mal gelang. Andrea Dovizioso als sein Vorgänger war davor wesentlich konstanter als das Original aus Down Under, aber auch der Italiener schaffte nach drei Vizetiteln nie den letzten Schritt. Ducati rennt schon eine halbe Ewigkeit dem Titel nach.

Was gegen Francesco Bagnaia spricht
Wenn man genau sein will, hatte der neue Ducati Werkspilot nur zwei sensationell starke Rennen im Vorjahr. Eines davon verlor er ohne Schuld durch einen Motorschaden. Ein drittes Mal schied er durch Sturz aus, weshalb man das erste Rennen in Misano mit Platz 2 als einziges Highlight bisher überhaupt zählen kann. In seinem Rookie-Jahr vermochte Pecco überhaupt nicht zu überzeugen. Manch anderer hätte damals an seiner Stelle den Platz in der MotoGP verloren. Der junge Turiner gehört definitiv zu den schnellsten Fahrern derzeit. Aber wie bei Miller zeigte er in der Königsklasse bisher noch zu wenig Konstanz.

Was gegen Maverick Viñales spricht
Der als Wundertüte bekannte Katalane ist einer der wenigen, die Marc Marquez in dessen besten Jahren im Kampf Mann gegen Mann schlugen. Genau wie Fabio Quartararo ist Maverick einer der stärksten Fahrer, wenn es um eine schnelle Runde geht. Doch bisher hatte er immer Phasen, wo es ihm vor allem im Rennen überhaupt nicht lief. Wie Miller und Bagnaia ist er den Beweis der Konstanz über eine ganze Saison bisher schuldig geblieben.

Weshalb es für Pol Espargaró und Kollegen schwierig werden dürfte
Die Honda gilt als eines der unberechenbarsten Bikes, was die Kontrolle der Front betrifft. In Kombination mit dem Katalanen, der bisher zu viele Chancen im Kiesbett begrub, eine unselige Liaison. Um die notwendige Konstanz fast unmöglich zu erreichen, welche es für einen Titel braucht, benötigt der „Spargel-Tarzan“ ein kleines Wunder. Seinen Teamkollegen haben wir gar nicht separat aufgeführt. Bei Marc Marquez ist ein fast noch größeres Wunder notwendig, sollte er wider Erwarten früh zurück sein und dazu gleich wieder in alter Stärke. Eine Rückkehr vor Jerez ist beim zweiten Repsol Honda Piloten fast undenkbar und dann dürfte für ihn der Zug in der WM wohl bereits abgefahren sein. Für seinen Bruder Alex gilt dasselbe wie Pol, er stürzte bereits bei den Tests zu viel und wird dies auch im Lauf der Saison tun.

Bei KTM ohne Pol Espargaró kaum Land in Sicht
Wie es derzeit aussieht, wird KTM ohne den Testvorteil vom Vorjahr wohl wieder in die Zweitklassigkeit absteigen. Bestimmt wird es Binder, Petrux und Oliveira gelingen, bei einzelnen Rennen ganz vorne mitzufahren. Aber für den Kampf um den Titel muss man beim ersten Doppelrennen der Saison mithalten können. Danach sieht es bei den Orangen derzeit jedoch nicht aus. Offenbar fehlt mit Pol Espargaró ein wichtiges Glied in der Kette bei KTM, welches Petrucci nicht zu ersetzen vermag.

Die verbleibenden und realistischen WM-Favoriten
Aus Respekt vor seinem Titel sollte man trotz fehlender Nummer 1 auf seinem Bike hier zuerst Joan Mir nennen. Wir gehören zu denjenigen, die ihn vorletzte Saison unterschätzt hatten. Nach schwachem Saisonbeginn zeigte der Spanier aber, was in ihm steckt. Im gleichen Atemzug kann man seinen Teamkollegen Alex Rins nennen. Wer ihn in Silverstone 2019 sah, wie er Marquez vor der Ziellinie abfing, kommt am Suzuki Piloten auch für 2021 kaum vorbei. Bei Yamaha sind Quartararo und Morbidelli die klaren Favoriten. Dazu Rossi als Geheimtipp, sollte es von Beginn an im Rennen für den „Dottore“ gut laufen. Bei Ducati ist Johann Zarco der einzige Spitzenfahrer, der bereits zweimal in den Top 6 der MotoGP-Endabrechnung lag. Er ist damit der einzige der Roten, der bisher schnell und konstant war. Bei Honda könnte sich Takaaki Nakagami als einziger mit der notwendigen Konstanz über die ganze Saison zum Hoffnungsträger entwickeln.

Die kombinierten Testergebnisse der 2. Woche in Losail
Die beiden Testfahrer haben wir dabei in Kursivschrift aufgeführt. Auch wenn Stefan Bradl voraussichtlich in den ersten 2 bis 4 Rennen anstelle von Marc Marquez für Repsol Honda fahren wird, ist er trotzdem nicht für das ganze Jahr vorgesehen. Bei Yamaha wird Crutchlow wohl höchstens zum Einsatz kommen, sofern sich einer der vier Fahrer verletzen sollte oder wieder ein positiver Covid-19-Test vorliegen wird.
1. Jack Miller, Ducati, 1:53,183
2. Maverick Viñales, Yamaha, + 0,061
3. Fabio Quartararo, Yamaha, + 0,080
4. Franco Morbidelli, Yamaha, + 0,140
5. Francesco Bagnaia, Ducati, + 0,261
6. Aleix Espargaró, Aprilia, + 0,457
7. Joan Mir, Suzuki, + 0,644
8. Alex Rins, Suzuki, + 0,677
9. Johann Zarco, Ducati, + 0,716
10. Pol Espargaró, Honda, + 0,716
11. Valentino Rossi, Yamaha, + 0,810
12. Takaaki Nakagami, Honda, + 1,079
13. Stefan Bradl, Honda, + 1,244
14. Jorge Martin, Ducati, + 1,300
15. Enea Bastianini, Ducati, + 1,322
16. Miguel Oliveira, KTM, + 1,343
17. Brad Binder, KTM, + 1,508
18. Alex Márquez, Honda, + 1,509
19. Danilo Petrucci, KTM, + 1,712
20. Cal Crutchlow, Yamaha, + 1,815
21. Luca Marini, Ducati, + 1,839
22. Iker Lecuona, KTM, + 2,012
23. Dani Pedrosa, KTM, + 2,457
24. Sylvain Guintoli, Suzuki, + 2,459
25. Lorenzo Savadori, Aprilia, + 2,571
Der provisorische Kalender für 2021

Noch keine Kommentare