Probegalopp für die erste Runde der WorldSBK auf Phillip Island (Australien)
Am Montag und Dienstag vor dem Rennwochenende stellte sich heraus, das der neue Asphalt die Reifen förmlich auffrass, womit die meisten Piloten nach etwa 12 bis 13 Runden arge Probleme mit dem Gummi bekamen. Zwischen den Vortests der Grand Bridge Brewery Australian Runde und den Freitagstrainings wurde daher von der Rennleitung entschieden, dass die WSBK- und WSSP-Rennen zu Flag to Flag Rennen umgemodelt werden. Statt über die volle Distanz zu gehen, kommt es damit zwingend zu Boxenstopps mit Reifenwechsel kommen wird. Zur Sicherheit aller Teilnehmer dürften die Hinterreifen in der WorldSBK nicht länger als 11 Runden und in der WorldSSP nicht länger als 10 Runden verwendet werden. Zudem wurde die Renndistanz für die Superbike-Rennen 1 und 2 auf 20 Runden verkürzt und jedem Fahrer in beiden Klassen wurden zwei zusätzliche Reifensätze zugeteilt. Damit wurden kurzfristig die Teststrategien der meisten Teams auf den Kopf gestellt, aber da die Regel für alle gilt, gab es von Seite der Piloten keine Einwände dagegen. Einzig sportlich könnte man dahinter ein Fragezeichen setzen, weil der Fahrer damit nicht mehr alle Faktoren unter seiner Kontrolle hat und so das Opfer von Pech oder Ungeschick seiner Mechaniker werden kann.
Die Rennstrecke an der Bass Strait – ein Juwel für Fans und Piloten
Mit 5 Rechts- und 7 Linkskurven und der seit 1988 unveränderten Streckenlänge von 4,445 Kilometern liegt der Phillip Island GP Circuit im Mittelfeld bezüglich Pistenlänge. Der direkt an der Meeresküste liegende Kurs wird als eine der wenigen Strecken im Kalender im Gegenuhrzeigersinn gefahren. Längste Gerade ist Start-Ziel mit 835 Metern. Der absolute Rundenrekord von Tom Sykes auf BMW in der WSBK von 2020 wurde bei den Vortests bereits unterboten. Mit 1:29.23 und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 179.334 Km/h wird klar, dass Phillip Island zu den schnellsten Strecken im Kalender gehört. Dank dem neu aufgebrachten Asphalt pulverisierte BMW Neuzugang Toprak diese Zeit bei den Vortests mit 1’28.511 förmlich und bewies damit zusätzlich, dass er zu den Mitfavoriten auf den Sieg gezählt werden muss. Doch man sollte nicht ausser Acht lassen, dass im Vorjahr das Ducati Werksteam mit Bautista und Michael Ruben Rinaldi der Konkurrenz auf und davonfuhr. Und nur weil der amtierende Weltmeister diesmal 6 Kg mehr auf sein Motorrad packen muss, ändert dies noch nichts an der Mehrleistung seiner Panigale V4R, welche nach wie vor immer noch eine wesentlich höhere Maximaldrehzahl ausspielen kann. Damit haben Alvaro und sein neuer Teamkollege Nicolo Bulega drastische Vorteile in Beschleunigung und Topspeed.
Wetterprobleme verunmöglichten einen vernünftigen Trainingstag
Starker Wind und immer wieder einsetzender Regen erschwerten sowohl bei den Superbikes, wie auch für die WorldSSP ein vernünftiges Training. Aus diesem Grund drehten die meisten Piloten im ersten freien Training der WorldSBK nur eine Handvoll Runden, bevor es kurz vor Schluss trockener wurde. Besonders stark zeigten sich im FP1 die beiden Lowes Zwillingsbrüder, deren beste Rundenzeit einzig von Locatelli unterboten wurde. Viertschnellster war am Morgen Lokalmatador Gardner vor den Ducatis vor Iannone, Rinaldi, Bulega und Bautista. BMW Neuzugang Toprak hingegen schaffte nur die zehntbeste Zeit und sein Nachfolger Johnny Rea bei Pata Yamaha gelang sogar nur die zwölftbeste Zeit. Letzteres war angesichts dessen verpatztem Start mit einem Crash bei den Vortests zu Wochenbeginn jedoch wenig überraschend.
Probleme für die „big three“ auch im zweiten freien Training
Mit Alex Lowes auf seiner Kawasaki ZX-10RR hatten vor dem Wochenende nur wenige gerechnet, aber der neue Teamleader im Werksteam der Grünen beeindruckte nach dem Morgen auch am Nachmittag. Am Ende fehlten dem schnellen Engländer aus Lincoln winzige 43 Tausendstel für eine historische erste 1:28 – er Rekordrunde. Vor den Italienern Bulega (Aruba.it Ducati), Locatelli (Pata Yamaha) und Petrucci (Barni Ducati) stellte der Zwillingsbruder von Neuzugang Sam (sechstschnellster auf der ELF Marc VDS Ducati) trotzdem einen neuen Rundenrekord auf. Bis auf Alex Lowes, Nicolo Bulega und Michael Van der Mark (BMW) schaffte es kein weiterer Werkspilot in die Top neun, welches die ersten drei Reihen nach der Superpole bedeuten würde. Toprak nur auf Position 10, Bautista nur zwölfter und Rea sogar erst auf P16 zu finden, damit hätte im Vorfeld bestimmt niemand gerechnet. Nachfolgend die kombinierten Resultate eines von Wetterpech beeinträchtigten und höchst überraschenden Freitags.
Fazit nach Tag eins des Saisonauftakts
Während die drei höchstdekorierten Teilnehmer am Freitag allesamt strauchelten, standen die ersten zwei freien Trainings unter dem Stern einiger weniger etablierter Piloten und Privatfahrer. Aber auch Fahrer wie der Vorjahres-Überraschungsmann Dominique Aegerter (GYTR GRT Yamaha), der dritter in der Superpole geworden war, blieben unter den Erwartungen. Selbst Scott Redding (BMW), der vor 4 Jahren als einziger nach allen 3 Läufen auf dem Podium stand und sein Bonovo Action Teamkollege Garrett Gerloff hatten mit den Positionen 18 und 19 einen rabenschwarzen Freitag erwischt. Wobei der US-Boy bereits bei den Vortests zu Wochenbeginn deutlich Mühe hatte, andererseits war der Engländer nach dem Dienstag immerhin achtbester gewesen. Aber vor frühzeitigen Schlüssen nach einem teils verwirrenden FP1 und 2 sei ausdrücklich gewarnt. Viel zu oft hatten in der Vergangenheit einige der besten ihre Trümpfe erst ab Samstagmorgen in der Superpole ausgespielt.
Vernünftige Prognosen für die Rennen fast unmöglich
Besonders interessant fanden wir nach dem Freitag die Aussage von Routinier Danilo „Petrux“ Petrucci. Der italienische Sonnyboy sprach im Interview sehr offen über seine persönliche Situation und auch seine Einschätzungen zur bevorstehenden Saison. Wir hoffen deshalb sehr, dass der Italiener aus Terni damit recht behält, weil in diesem Fall mit sehr abwechslungsreichen Rennverläufen gerechnet werden könnte. Barni Ducat Aushängeschild Petrux ist davon überzeugt, dass 2024 sehr viele verschiedene Gesichter auf dem Podium anzutreffen sein würden und fast jeder Pilot in der Startaufstellung dazu fähig sei. Nach der wohl einseitigsten Saison in der WSBK Geschichte wäre natürlich genau dies ein absoluter Glücksfall für den Rennsport und die Fans. Danilo betonte dabei auch, dass dies der Fall sei, wies jedoch darauf hin, wie schwierig es seine Aufgabe machen würde. Wichtig wird nun für ihn und alle anderen zunächst die am Samstagmorgen auszutragende Superpole sein, weil diese die Startaufstellung für die ersten zwei Läufe bestimmen wird. Vernünftige Prognosen für das Qualifying und die Rennen sind derzeit jedenfalls so gut wie unmöglich. Besonders gut wäre es jedenfalls, sollten mindestens 3 Fabrikate um den Sieg mitkämpfen könnten und dabei auch Privatpiloten beteiligt wären. Mehr dazu wissen wir erst nach dem Samstag.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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