1996: Das erste Halbjahr der 9. Superbike WM-Saison
Diesmal begann die Saison bereits Mitte April an der Adriaküste auf dem Autodromo di Santamonica bei Misano. Neue Strecken gab es keine im Kalender, sämtliche waren in früheren Jahren bereits Austragungsort für die WorldSBK gewesen. Erneut fanden wieder je zwei Events in Italien und England statt. Mit Donington, Hockenheim und Sugo waren es noch drei Strecken, welche seit der Premiere von 1988 noch mit dabei waren. Nach 1993 war Brünn in der Tschechei wieder mit von der Partie, dafür war zum ersten Mal kein österreichischer Lauf mehr im Programm. Gegenüber 1995 war dies die einzige Änderung, was die Veranstaltungsorte betraf.
Die Entry List der ganzjährigen Teilnehmer für 1996
Der zweifache Weltmeister Carl Fogarty hatte auf das neue Jahr von Ducati zu Honda gewechselt. An seiner Stelle wurde vom italienischen Werksteam der US-Amerikaner John Kocinski verpflichtet. Dazu holte man anstelle von Landsmann Mauro Lucchiari, der in die WorldSSP gewechselt hatte, den Engländer Neil Hodgson. Yamaha kehrte nach dem tragischen Unfall von Yasutomo Nagai aus Japan in Assen mit tödlichem Ausgang für den jungen Fahrer wieder mit Colin Edwards und dem neuen Japaner Wataru Yoshikawa zurück. Vizeweltmeister Troy Corser war seinem Promotor Power Horse Racing Team treu geblieben. Genauso der WM-Dritte Aaron Slight, welcher nun Foggy als Teamkollegen bekam. Nach 8 Jahren WM-Teilnahme seit Anbeginn war Fabrizio Pirovano nicht mehr dabei. Der Italiener war im Vorjahr noch der letzte Spitzenfahrer gewesen, der seit 1988 mitfuhr.
Saisonauftakt in Misano
Zum ersten Mal seit drei Jahren begann die 12 Runden dauernde Saison wieder im April und das Wetter meinte es gut mit den Akteuren. Dazu meinte es der Verlauf des Auftaktrennens auch gut mit den vorwiegend aus dem Gastland stammenden Zuschauern. Die Tifosi durften sich an einem dreifachen Triumph ihrer aus der Nähe stammenden Marke erfreuen. Mit John Kocinski 11,061 Sekunden vor Troy Corser und gut 3 Sekunden dahinter Lokalmatador Pierfrancesco Chili wurden drei Ducati Piloten auf dem Podest bejubelt. Dazu gab es mit dem US-Amerikaner einen neuen Superbike Laufsieger.
Die weiteren Platzierungen
Die beiden Muzzy Kawasakis von Simon Crafar und Anthony Gobert folgten auf den Plätzen 4 und 5. Dahinter erst die beste Honda mit Aaron Slight vor seinem neuen Teamkollegen Carl Fogarty. Die Top Ten komplettierten der Schwede Christer Lindholm (Ducati), Wataru Yoshikawa (Yamaha) und Piergiorgio Bontempi auf Kawasaki. Colin Edwards schaffte auf der Werks-Yamaha nur Rang 11 vor Neil Hodgson und seinem Landsmann Mike Hale (beide Ducati).
Das zweite Rennen auf dem Autodromo di Santamonica
Der zweite Lauf war beinahe eine Kopie des ersten, zumindest was die Klassierung betraf. Erneut gewann John Kocinski vor Troy Corser und Pierfrancesco Chili, doch diesmal verlor der zweitplatzierte auf den Sieger lediglich 1,031 Sekunden. Der Zuschauerjubel hielt sich jedoch diesmal in Grenzen, weil mit Anthony Gobert ein Kawasaki Pilot als erster die Ziellinie gekreuzt hatte. Er wurde jedoch aufgrund eines illegalen Vergasers danach disqualifiziert. Sein Teamkollege Crafar wurde vierter und dahinter schlug Slight erneut seinen neuen Castrol Honda Mannschaftskameraden Fogarty. Colin Edwards erreichte Platz 7 vor seinem Landsmann Mike Hale, Christer Lindholm, Giorgio Bontempi und Yoshikawa.
WM-Runde 2 in Donington Park
Nach seinem zweiten Platz im ersten Rennen vor einem Jahr gelang Troy Corser diesmal der Schritt auf das oberste Treppchen des Siegerpodests. Der Australier gewann mit einem komfortablen Abstand von 5,27 Sekunden auf Simon Crafar und Platz 3 ging an dessen Muzzy Kawasaki Teamkollegen Anthony Gobert. Pierfrancesco Chili wurde auf der zweitbesten Ducati vierter vor Aaron Slight als erneut bester Honda Pilot. Rang 5 ging an Colin Edwards (Yamaha) vor Ducati Ass John Kocinski und einem enttäuschten Carl Fogarty. Der amtierende Weltmeister war auf der Castrol Honda im Vergleich zu den beiden Vorjahren nur noch ein Schatten seiner selbst. Wataru Yoshikawa wurde neunter vor Piergiorgio Bontempi und Paolo Casoli auf der viertbesten Ducati. Mit dem Engländer Kirk McCarthy schaffte es diesmal ein Suzuki Fahrer mit P13 in die Punkteränge.
Der zweite Lauf von Donington
Diesmal machte es Aaron Slight dem Sieger des ersten Rennens alles andere als einfach. Der Kampf mit Troy Corser dauerte bis zur allerletzten Runde und am Ende unterlag der Neuseeländer dem Australier um winzige 6,9 Zehntel. Das Podium wurde erneut von Kawasaki Pilot Anthony Gobert komplettiert. Dahinter trafen Edwards, Chili, Kocinski und Fogarty im Ziel ein. Achter wurde der Schwede Lindholm vor Casoli und dem Engländer Jamie Whitham auf Yamaha, einem alten Bekannten aus früheren Jahren. Nach den ersten zwei von 12 Runden führte im WM-Zwischenklassement Corser, doch zu diesem Zeitpunkt bedeutete dies natürlich noch gar nichts.
Runde 3 auf dem Hockenheimring
Durch den Wechsel von Carl Fogarty auf Honda war die WM diesmal wesentlich offener geworden als noch im Vorjahr. In Hockenheim hatte der Engländer im Vorjahr beim WM-Auftakt den ersten Doppelsieg geholt. Doch diesmal war er auf einer Honda unterwegs und offensichtlich war dieses Bike alles andere als auf ihn zugeschnitten. Insgesamt 5 Fahrer waren gar nicht erst zum Start am Sonntag angetreten, wovon zwei aufgrund ihrer zerstörten Bikes. Mit einer Verletzung passen mussten zudem Yamaha-Werkspilot Wataru Yoshikawa, John Reynolds (Suzuki) und Neil Hodgson (Ducati).
Der erste Lauf in Hockenheim
Nach dem Start zum ersten Rennen ging Pierfrancesco Chili in Führung. Dahinter balgten sich Aaron Slight und Troy Corser um die Plätze. Dahinter versuchte auch Newcomer John Kocinski den Anschluss an die beiden zu finden, kam aber nie richtig an die Führungsgruppe heran. Zwei Runden vor Schluss konnte der auf P3 liegende Corser einen Highsider nur knapp verhindern, geriet dabei jedoch in der langgezogenen Rechtskurve ins Gras und flog ab, womit sein Rennen beendet war. Dramatisch wurde es nach der Einfahrt ins Motodrom, als sich Chili und Slight um die Führung stritten und der Honda-Pilot eine Lücke sah, um innen durchzustechen. Der Italiener berührte den Neuseeländer in der letzten Linkskurve jedoch und kam dadurch zu Sturz. Somit gewann Slight vor Kocinski und Colin Edwards erbte Platz 3 vor Simon Crafar (Kawasaki), Carl Fogarty und Anthony Gobert (Kawasaki). Lokalmatador Jochen Schmid holte sich hinter Paolo Casoli und Christer Lindholm (beide) mit Platz 9 auf seiner Kawasaki ein Top Ten Ergebnis.
Das zweite Rennen auf dem Hockenheimring
Diesmal kam Foggy am besten vom Start weg, doch in Kurve 1 ging Chili außen am Engländer vorbei und auf der ersten langen Gerade überholte aus dem Windschatten auch Paolo Casoli auf seiner Ducati den Weltmeister. Hinter Chili entbrannte ein heißer Kampf um die Positionen. Kurz nachdem er sich auf Platz 3 vorgekämpft hatte, kam es zu einer Berührung mit Muzzy Kawasaki Teamkollege Crafar. Goberts Abflug war heftig, nachdem er neben die Strecke geraten war, aber zum Glück hatte er sich dabei nicht verletzt. Kurz danach crashte Troy Corser bereits zum zweiten Mal am selben Tag mit seiner Power Horse Ducati. Aaron Slight fuhr auf seiner Honda RVF750 RC45 in der 4. einen neuen Rundenrekord mit 2:01,590 und einem Schnitt von sagenhaften 201,095 km/h.
Dramatisches Finale auf dem Highspeed Kurs
Die Spitzengruppe bestand in den letzten Runden aus Kocinski, Slight, Chili und Fogarty. Casoli hatte den Anschluss verloren und die vier vordersten Piloten fuhren teils nebeneinander auf die Schikanen los. 3 Runden vor Schluss musste Pechvogel Chili ausrollen lassen, den Italiener hatte auf seiner Ducati einen Zündungsschaden zu beklagen. In der letzten Runde kam es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Honda Teamkollegen, bei welchem Foggy als erster ins Motodrom einbog. Slight probierte nochmals in der letzten Linkskurve innen anzusetzen, aber der Mann mit der Nummer 1 auf seiner Honda offerierte ihm keine Lücke wie davor Chili im 1. Rennen. So kam es zum ersten Saisonsieg für den amtierenden Weltmeister vor Slight, Kocinski, Crafar, Edwards, Casoli und Lindholm. Die ersten zehn komplettierten der US-Amerikaner Mike Hale (Ducati), Kirk McCarthy (AUS, Suzuki) und der Schweizer Roger Kellenberger auf Honda.
Das zweite Italien-Event mit WM-Runde 4
Nach dem Hochgeschwindigkeits-Kurs von Baden-Württemberg ging es mit Monza auf die nächste Highspeed-Strecke. Im ersten Rennen kam es zu einer Wiederholung des Stallduells der beiden Castrol Honda Piloten Fogarty und Slight. John Kocinski hingegen flog auf seiner Ducati bereits in der ersten Runde ab. Seinem Beispiel sollten noch weitere 6 Fahrer folgen, darunter Rob Phillis, Anthony Gobert (beide Kawasaki) und die beiden Lokalmatadoren Piergiorgio Bontempi (Kawasaki) und Paolo Casoli (Ducati). Mit der Zeit hatte sich eine fünfköpfige Spitzengruppe gebildet, welcher Chili, Corser, Foggy, Slight und Edwards angehörten. Am Ende trennten die 5 Streithähne nur gerade 1,051 Sekunden im Ziel. Fogarty hatte die Nase vor Slight und Edwards, während Chili sich mit P4 vor Corser begnügen musste. Mit etwas über 11 Sekunden ging Platz 6 an Neil Hodgson (Ducati) vor Jamie Whitham (Yamaha), McCarthy (Suzuki), Crafar (Kawasaki) und Lindholm (Ducati).
Der zweite Lauf von Monza
Im zweiten Rennen am Sonntagnachmittag lagen wieder dieselben 5 Fahrer vorne wie am Mittag, aber diesmal konnte Colin Edwards auf seiner Yamaha die Pace der vierköpfigen Spitze nicht mehr ganz mitgehen. Diesmal hätten die ersten 4 wohl unter ein Leintuch gepasst, als sie die Ziellinie kreuzten. Die Nase vorne hatte diesmal der Lokalmatador, während Slight sich vor Foggy halten konnte und Corser erneut letzter der Spitzengruppe wurde. Hinter Edwards folgte Whitham auf der zweitbesten Yamaha vor den beiden Suzuki Piloten Reynolds und McCarthy. Neil Hodgson und Anthony Gobert komplettierten die Top Ten vor dem Österreicher Andy Meklau (Ducati). Im WM-Zwischenklassement führte nach dem ersten Drittel und 4 Runden Aaron Slight mit 137 Punkten vor Corser (114), Fogarty (113), Kocinski (105), Chili (94) und Edwards (91).
Die 5. WM-Runde mit der Rückkehr nach Brünn
In Tschechien ging es zwei Wochen später auf dem Masaryk-Ring bei Brünn weiter. Das erste und bisher einzige Gastspiel der Superbike WM fand hier vor 3 Jahren Mitte Juli statt und am 30. Juni 1996 fand hier die 2. Ausgabe statt. Das erste Rennen wurde eine Beute Troy Corser, der 10,2 Sekunden vor Carl Fogarty die Zielflagge sah. Platz 3 ging an Aaron Slight vor den beiden Johns, Kocinski und Reynolds, gefolgt von den US-Amerikanern Colin Edwards und Mike Hale. Pierfrancesco Chili wurde siebter vor Wataru Yoshikawa und Simon Crafar. Eine ganze Reihe Fahrer sah das Ziel nicht, darunter auch der bereits in der ersten Runde gestürzte Anthony Gobert (Kawasaki).
Das zweite Rennen auf dem Masaryk-Ring
Nach seinem Doppelsieg in Donington lief auch in Tschechien wieder alles für den australischen Vize-Weltmeister. Das Podium vom zweiten Lauf war beinahe eine Kopie des ersten Rennens, doch diesmal siegte Corser vor Slight und Fogarty. Der Neuseeländer war damit bereits in sieben der ersten 10 Läufe der Saison vor seinem Castrol Honda Teamkollegen und amtierenden Weltmeister ins Ziel gekommen. Platz 4 ging an Ducati Pilot Neil Hodgson vor seinen Markenkollegen Mike Hale und John Kocinski. Yamaha Pilot Colin Edwards sah die Zielflagge als siebter vor John Reynolds (Suzuki), Simon Crafar (Kawasaki) und Pierfrancesco Chili (Ducati). Die WM wurde nach wie vor von Slight vor Corser und Foggy angeführt.
Die 6. WM-Runde in Laguna Seca
An die Vereinigten Staaten hatte Troy Corser gute Erinnerungen. In der Saison 1994 war er als erster Ausländer AMA Superbike Meister geworden und im Vorjahr hatte er auf der Strecke bei Mosport nahe der Pazifik-Küste einen zweiten Platz und den 2. Saisonsieg geholt. Diesmal stand ihm im ersten Rennen Lokalmatador John Kocinski vor der Sonne. Der US-Boy hatte um die Winzigkeit von 0,117 Sekunden im Ziel die Nase vor dem Australier. Neil Hodgson sorgte mit Platz 3 für einen dreifachen Triumph von Ducati. Der vierte Rang ging an die beste Yamaha mit Colin Edwards, gefolgt von Slight und Mike Hale. Dahinter trafen Simon Crafar auf der besten Kawasaki, Carl Fogarty, Wataru Yoshikawa und der Australier Kirk McCarthy auf Suzuki im Ziel ein.
Der zweite Lauf in Kalifornien
Auch im zweiten Rennen fand Corser diesmal seinen Bezwinger. Es war Anthony Gobert, der auf seiner Kawasaki mit knapp 5 Sekunden Vorsprung auf den Ducati Pilot die Zielflagge sah. Slight holte sich P3 und liess damit erneut Foggy als vierten hinter sich. Simon Crafar holte sich Rang 5 vor seinem Kawasaki Markenkollegen Doug Chandler, Pierfrancesco Chili (Ducati), Wataru Yoshikawa (Yamaha), Neil Hodgson und Mike Hale (beide Ducati). Kocinski musste sich diesmal mit Platz 12 begnügen und Colin Edwards war genauso mit Sturz ausgeschieden wie der starke Kanadier Miguel Duhamel (Honda). Insgesamt sahen im zweiten Lauf nur gerade 18 Fahrer die Zielflagge, was für damalige Verhältnisse sehr wenig war.
Saisonhalbzeit mit komplett offener WM-Situation
Im Gegensatz zum Vorjahr war die Situation bezüglich der Weltmeisterschaft in der Saison 1996 zu Halbzeit noch völlig offen. Neuer Leader war Troy Corser mit 204 Punkten vor Aaron Slight (200), dem amtierenden Weltmeister Carl Fogarty (170), John Kocinski (157), Colin Edwards (123), Pierfrancesco Chili (117) und Simon Crafar als best klassierter Kawasaki Fahrer (112). Als nächste Station wartete zwei Wochen nach Laguna Seca die Strecke von Brands Hatch als zweite englische WM-Runde der Saison nach den beiden Läufen von Donington Ende April.
Zum 2. Halbjahr siehe: http://www.motoracers.eu/wsbk-story-18-1996-2/
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