Zu Besuch in Phillip Island am 29. Februar 2020 zum Auftakt der WorldSBK, von welchem sämtliche anderen deutschsprachigen Kommentatoren von zu Hause aus berichtet hatten. Wir wurden für die Reise zumindest sportlich, wenn auch nicht kulinarisch verwöhnt und konnten damals nicht ahnen, dass dies wohl für einige Zeit der letzte Aufenthalt in Down Under sein würde. Mehr über die Geschichte der Strecke siehe auch auf unserer Seite unter „Tracks“.

Phillip Island – Rennen in Down Under 2021 nur Wunschtraum?

Motorsport gab es auf Phillip Island bereits ab 1928 mit dem 100-Meilen-Straßenrennen, das später als erster Grand Prix von Australien bekannt wurde. Damals wurde wie üblich auf abgesperrter öffentlicher Straße gefahren. Auch wenn immer wieder der Zeitpunkt des MotoGP Rennens im Herbst in der Kritik stand, eine Wettergarantie gibt es hier übrigens auch im Frühling nicht. Daher faseln einige Schreiberlinge immer von einer möglichen Ausweichmöglichkeit auf eine andere Strecke in Australien, was jedoch völliger Unfug ist und jeglicher Logik und Realität widerspricht. Die Strecke gilt nicht zu Unrecht als eine der schönsten überhaupt auf diesem Planeten. Und ob Frühling oder Herbst gefahren wird, ist für 2021 genauso wie im Vorjahr nicht der Problempunkt. Sondern viel eher beschäftigt Realisten die Frage, ob überhaupt MotoGP oder WorldSBK diese Saison hier antreten wird.

Blick von Cowes am Freitag vor dem WorldSBK Rennen 2020 vom größten Ort der Insel Phillip Island, rund 2 Autostunden von Melbourne entfernt, aufgenommen.

Die Reiseproblematik und Rennen in Australien

Als die Dorna den provisorischen Kalender der MotoGP für 2021 anfangs November des Vorjahres veröffentlichte, rieben sich viele Betrachter wie wir verwundert die Augen. Schönwetterprogramm war unser Stichwort dazu, als wir dieses Konstrukt auf unserer Seite vor knapp 2 Monaten veröffentlichten. Bereits heute ist jedoch klar, dass sowohl die Testfahrten in Sepang im Februar undenkbar sind, wie natürlich auch Rennen in Argentinien oder den USA im kommenden Frühjahr. Doch wie sieht es für Australien aus und kann die MotoGP und WorldSBK hier wirklich in diesem Jahr in Phillip Island antreten?

Aufgenommen von uns am 1. März 2020 – die Küste unterhalb der Rennstrecke und im Vordergrund die zweite Hälfte der Start-Ziel-Gerade.

Die rigorosen Bestimmungen von Australien

Mit ihren drastischen Einreisebestimmungen hatten die Verantwortlichen in Down Under bereits früh nach Ausbruch der Corona-Pandemie verwundert. Nicht einmal eigene Bürger durften in das Land mehr einreisen. Die österreichische ehemalige Tennis-Spielerin Barbara Schett, deren Familie dort lebt, durfte im Spätherbst aus diesem Grund einreisen. Doch sie musste nach ihrer Ankunft zuerst zwei Wochen in einem Hotel in Quarantäne. Laut ihrer eigenen Aussage gegenüber der Presse war ein Security-Wächter rund um die Uhr vor ihrer Zimmertüre postiert und sie musste für diesen Spaß auch noch bezahlen. Die Rede war dabei von rund 4500 Euro, das kann sich nicht jeder leisten. Geschweige denn den damit verbundenen Zeitverlust für Mitarbeiter oder Fahrer von Rennställen.

Alvaro Bautista (HRC Honda) in Kurve 6, genannt Siberia von uns am 29. Februar 2020 in der Superpole der WorldSBK fotografiert. Als er nur auf Platz 15 landete, wurde er von den meisten Schreiberlingen im Voraus zum Verlierer gestempelt. Doch alle die, welche aus ihrer guten Stube statt vor Ort berichteten, hatten sich getäuscht und wir vor Ort behielten damals Recht. Während Polesetter Tom Sykes (BMW) nur auf Rang 9 und 10 landete, belegte der kleine Spanier auf der brandneuen Honda CBR-1000RR-R in beiden Rennen über die volle Distanz Platz 6.

Wohl die einzige kleine Chance – erneut im Herbst

Auch wenn derzeit die Reisebeschränkungen eine klare Sprache sprechen, es besteht für im Herbst sowohl für Australien, wie auch Japan und Asien derzeit eine gewisse Chance. Doch von einer Gewissheit oder Planbarkeit kann dabei in den nächsten zwei bis vier Monaten nicht gesprochen werden. Vor diesem Hintergrund wirken Artikel über die Diskussion von Rennen im Frühling statt Herbst der MotoGP natürlich doppelt lächerlich. Vor allem dazu noch vor dem Hintergrund existierender langfristiger Verträge. So oder so bleiben Rennen in Australien aber vor allem derzeit eher Wunschtraum als Realität. Für die Budgets kleinerer Teams könnte der Verzicht auf einige Rennen in Übersee immerhin eine Entlastung bedeuten. Dies gilt insbesondere für die WorldSBK, wo derzeit jedoch der Vertrag für die Veranstaltung 2021 noch nicht unterzeichnet ist.

Troy Bayliss mit Paddock Show Moderator Michael Hill am WorldSBK Event 2020 von uns in Phillip Island aufgenommen. Derart hochkarätige Co-Kommentatoren hatte der Engländer an seiner beliebten Show im Rahmen der WorldSBK selten zu Gast.

Zum Dauerthema Durchführung & Wetter in Phillip Island

Wer davon träumt oder gar die Behauptung aufstellt, das Wetter in dieser Ecke Australiens im Süden von Melbourne sei im Frühling generell besser, dem sei mit einem Rückblick auf frühere Jahre gedient. Ab der ersten Saison 1988 gastierte die WSBK jährlich in Australien. In den ersten beiden Jahren war Oran Park Veranstaltungsort. Seit 1990 gastierte die WSBK mit Ausnahme von 1993 jährlich in Phillip Island und seit 2009 ist es der Saisonauftakt. Dabei sind natürlich die Zahlen interessant, wann es im Herbst und wann im Frühling regnete, und siehe da:
– Die ersten 16 WSBK-Rennen in Australien im Herbst: 14 trocken, 2 feucht (abtrocknend).
– Die ersten 16 WSBK-Rennen im Frühling: 12 trocken, 3 bei Regen + 1 Absage.
Nur bei einem der an den Sonntagen jeweils 2 ausgetragenen Läufe im Frühling trocknete es dabei im Lauf des Rennens ab. Zwei fanden jedoch bei starkem Regen statt und eines musste im Jahr 2001 (Lauf 2) gar aufgrund des zu starken Regens abgesagt werden! Die Läufe im Herbst fanden übrigens in der WorldSBK mit nur einer Ausnahme (September) jeweils im Oktober oder November statt.

Start zum ersten Lauf der WorldSBK am 22. April 2001 bei extremen Bedingungen und nur gerade 14 Grad Celsius – gerade einmal die Hälfte der Fahrer auf diesem Bild sah am Ende die Zielflagge. Der zweite Lauf fand aufgrund des starken Regens gar nicht erst statt. Bilder und offizielle Zahlen lügen nicht. Mehr über die früheren Jahre des Rennsports und der WorldSBK seit deren Einführung 1988 siehe in unserer ständig wachsenden History.

Nachdem der Beleg erbracht ist – MotoGP Verlegung bringt nichts

Immer wieder bringen voreilige Schreiberlinge und Kommentatoren das Thema MotoGP im Frühling statt Herbst für Australien auf den Plan. Aber eindeutig waren sie alle demnach jeweils zu faul, auch mal in der Geschichte der WSBK nachzublättern. Bei den MotoGP Rennen in China und den Niederlanden regnete es übrigens in den letzten Jahrzehnten öfter als bei den Events von Australien im Herbst. Vor knapp zwei Jahren wurde in der Superbike WM im April das Samstagrennen auf Sonntag infolge Schneefalls verlegt. Wir waren an diesem Wochenende vor Ort. Trotzdem spricht bei Assen niemand von einer Verlegung. Soviel zum Märchen von Phillip Island und im Frühling sollte es trockener und besser sein. Selbst wenn Klimadiagramme eine leicht höhere Regenwahrscheinlichkeit für Herbst gegenüber Frühling angeben. Die Erfahrungen der WorldSBK sprachen nach den ersten je 8 Jahren eine andere Sprache.

Jonathan Rea im Paddock von Assen von uns auf dem Weg zur Paddock Show im April 2019 aufgenommen – die Temperaturen spielten damals verrückt und am Nachmittag begann es gar zu schneien.

Provisorischer Kalender für 2021 MotoGP und WorldSBK

In Kursivschrift haben wir die Events aufgeführt, an deren Durchführung wir starke Zweifel anmelden. Fehlend ist aktuell die noch völlig offene, von der Dorna angedachte 13. WorldSBK Runde, sowie Phillip Island. Als Termin kommt dafür nur das Wochenende vor oder nach dem Rennen auf dem Mandalika Circuit in Indonesien infrage. Für Phillip Island und die WSBK ist der Vertrag noch nicht unterzeichnet. In Rotschrift stehen die MotoGP Renntermine, welche mit einem WorldSBK Wochenende kollidieren, was zeitlich jedoch nur beim GP von San Marino eine Überschneidung bedeutet. Aufgrund der Zeitumstellung in Japan und Indonesien ist dies hingegen unkritisch.

Ersatzstrecken für die MotoGP sind Portimao (Portugal), der neue Mandalika Racetrack in Lombok (Indonesien) abhängig von der Fertigstellung und Homologation, sowie der Igora Drive Circuit in St. Petersburg (Russland). Gefahren werden kann auf letzterem Kurs jedoch lediglich zwischen Juni und August, in den restlichen Monat ist es dort zu kalt.