Es war eine ziemlich ausgeglichene Saison, bei welcher es keinen absoluten Dominator gab. Aber zumindest James Toseland (ganz links im Bild) auf der Ten Kate Honda zeigte einen Speed und eine Konstanz, was ihm eine deutliche Führung in der WM zur Halbzeit bescherte (© WorldSBK).

Die 2. Saisonhälfte von 2007 – dem 20. Jahr der WorldSBK

Es wurde nichts aus dem bei Ducati erhoffen Spaziergang, mit Troy Bayliss seinen vierten Titel zu holen. Insbesondere der Mann, der bei ihnen für das 2004 als Ducati Fila benannte Werksteam zuletzt vor dem Australier Weltmeister für das italienische Werksteam wurde, fuhr für Ten Kate Honda eine bisher sensationelle erste Halbzeit. Wie es nach 7 von 13 Runden aussah, war James Toseland diesmal der Mann, den es zu schlagen galt, wollte man den Titel holen.

James Toseland auf der Xerox Ducati in der Saison 2005 als Titelverteidiger – als diese Mission nicht aufging, wechselte der schnelle Engländer zu Ten Kate Honde und im zweiten Jahr blühte der Weltmeister von 2004 dort wieder richtig auf (© WorldSBK).

WM-Runde 8 in Misano

Auf dem Autodromo di Santamonica wurde neu im Uhrzeigersinn gefahren. Die Strecke nahe der Adriaküste war umfassend saniert worden und sollte aus traurigem Anlass wenige Jahre später dazu noch umbenannt werden. Der Grund dafür war der tödliche Unfall von Marco Simoncelli in Sepang im Oktober 2011 in Sepang (Malaysia). In der Hersteller-WM war Ducati wie vor 2 Jahren nur noch auf Rang 3 im Zwischenklassement zu finden. Daher waren die zahlreich angereisten Fans voller Hoffnung, dass sich in Misano das Blatt endlich zugunsten der Roten wenden würde.

Eine seit 1990 reichlich ungewohnte Platzierung für Ducati mit Stand bis Silverstone, wo das 2. Rennen dem Regen zum Opfer gefallen war (© WorldSBK).
Troy Bayliss (Ducati Xerox) – der amtierende Weltmeister tat sich mit dem Versuch deutlich schwer, seinen Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen. Immerhin schlug beim 2. Heimrennen seines Teams in Misanno diesmal wieder seine Stunde (© WorldSBK).

Der erste Lauf von Misano
Zur Freude der Tifosi und Ducati-Fans führte nach der ersten Runde Troy Bayliss auf der Xerox Ducati. Dahinter folgten Haga, Corser, Biaggi, Laconi, Toseland und Kagayama. Besonders der für Yamaha Italia antretende „Nitro Nori“ Haga machte dem australischen Leader danach das Leben schwer. Ab Runde 9 lag der Japaner für 10 Umgänge sogar an der Spitze, doch Bayliss konterte danach wieder. In der viertletzten Runde übertrieb es Haga und beendete sein Rennen gleichzeitig wie Max Biaggi mit einem Crash im Kiesbett. Der Australier gewann vor seinem Landsmann Corser und Yukio Kagayama auf der besten Suzuki. Vierter wurde Toseland vor Roby Rolfo, Lorenzo Lanzi, Régis Laconi und Rubén Xaus. Max Neukirchner wurde zehnter vor Jakub Smrz, Marco Borciani und dessen Landsleuten Sanchini und Morelli.

Mit Max Biaggi in seiner Box – der Italiener hatte im 1. Rennen Pech gehabt, doch im zweiten Lauf folgte ein Podium. Es war bereits das 9. im 15. Rennen der Saison (© Alstare Suzuki Corona).

Das zweite Rennen von Misano
Mit riesigem Selbstvertrauen aus dem 1. Lauf landete der amtierende Weltmeister vor dem Jubel der zahlreich erschienenen Tifosi einen Start-Ziel-Sieg. Diesmal vor Haga und Biaggi, welche im zweiten Rennen sitzen geblieben waren. WM-Leader Toseland musste sich mit Rang 6 begnügen. Nachfolgend das offizielle Resultat des 2. Laufs.

Michel Fabrizio hatte mit technischen Problemen aufgeben müssen und auch Zaiser und Borciani beendeten den 2. Lauf, als sie in ihre Box gefahren waren (© WorldSBK).
Von links der sich wegduckende Nori Haga (Yamaha) als zweiter, Sieger Troy Bayliss (Ducati) und Suzuki Speerspitze Max Biaggi auf dem Podium (© Alstare Suzuki Corona).

Die neunte WM-Runde in Tschechien

Zur Strecke in Tschechien haben wir seit beinahe 20 Jahren eine Hassliebe. Dies liegt einerseits am schlechten Zustand der in vielen Punkten verwahrlosten Anlage, vor allem was die Fußwege für Zuschauer betrifft und die Unterführung bei Start-Ziel. Auf der anderen Seite an den Hotel-Preisen die an MotoGP-Wochenenden, bis hier nach 2020 Schluss war, mit zu den teuersten weltweit gehörten. Superbike hingegen war immer traumhaft und wir haben auch an die bisher letzte Durchführung 2018 gute Erinnerungen.

MotoRacers Zippy auf dem Dach des Hauptgebäudes von Brünn, im Jahr 2018, als die WorldSBK zum bis zu diesem Artikel letzten Mal hier zu Gast war.

Das erste Rennen von Brünn
Vom Start weg entbrannte zwischen James Toseland und Brünn-Liebhaber Max Biaggi ein erbitterter Kampf um die Spitze. Der italienische Altmeister war hier bereits mehrmals zuoberst auf dem Podest gestanden, in den kleineren Klassen, bei den 500-ern und zuletzt sogar auch in der MotoGP. Ganze sechsmal hatte er auf dem neuen Masaryk-Ring bereits gewonnen, sofern wir richtig gezählt haben. Doch Toseland liess nicht locker und hatte am Ende um 0.237 Sekunden die Nase vorne. In der 10. Runde lag sogar kurz Nori Haga an der Spitze, am Ende schnappte ihm aber sein Landsmann Kagayama auf der zweitbesten Suzuki das Podium noch weg. Fünfter hinter Haga wurde Rolfo vor Fabrizio, Corser, Lanzi, Neukirchner, Nakatomi und Laconi. Bayliss, Muggeridge und Lokalmatador Smrz hingegen waren durch Sturz ausgeschieden.

Der zweite Lauf von Brünn
Anfänglich lag überraschend Lorenzo Lanzi auf der Xerox Werks-Ducati vorne, doch danach war es Haga, der das Rennen bis zum letzten Renndrittel dominierte. Ab der 13. Runde ging dann der italienische Brünn-Experte mit der Nummer 3 an ihm vorbei und übernahm die Führung. So kam es zum ersten Sieg in der Superbike Weltmeisterschaft für Max Biaggi vor den beiden Honda Piloten Toseland und Fabrizio. Nachfolgend das offizielle Resultat vom 2. Rennen in Brünn.

Zu den Ausfallopfern zäzhlten diesmal Kagayama durch Sturz und Corser infolge technischer Probleme (© WorldSBK).
Max Biaggi (Suzuki) vor den beiden australischen WorldSBK Ikonen Troy Bayliss (Ducati) und Yamaha Neuzugang Troy Corser. Meist hatte dabei der „Rookie“ aus Rom die Nase vorne (© WorldSBK).

R10 Brands Hatch

James Toseland war nach wie vor WM-Leader, als er zu seinem Heimrennen südöstlich von London antrat. Etwas über 40 Punkte Vorsprung trennten ihn nach Brünn von seinen nächsten Verfolgern Biaggi und Haga. Bei noch 8 ausstehenden Rennen waren noch 200 Punkte zu vergeben, daher legte sich der Engländer besonders ins Zeug, um den Punkteabstand wieder zu vergrössern. Nachdem im ersten Lauf zuerst Bayliss für 2 Runden die Spitze innehatte, machte der Lokalmatador ernst und übernahm das Kommando, welches er bis ins Ziel nicht mehr abgab. Bayliss hingegen war im 4. Umgang erneut gestürzt und auch Kagayama erwischte es 4 Runden vor Schluss noch. Platz ging an Corser vor Biaggi, Xaus, Fabrizio, Rolfo und Haga. Régis Laconi wurde achter vor Lanzi, Neukirchner, Martin, Nieto und Nakatomi.

Das zweite Rennen von Brands Hatch
Es wurde der erste Doppelsieg des WM-Leaders und Weltmeisters von 2004, James Toseland. Auf seiner Ten Kate Honda hatte der Engländer vor Troy Bayliss liegend auch das Programmheft geziert. Mit Ausnahme der Rennmitte hatte der begabte Pianist und Musiker mehrheitlich die Führung innegehabt und gewann am Ende mit 1.686 Sekunden Vorsprung auf Haga. Corser wurde weniger als ein Zehntel hinter dem Japaner dritter vor Fabrizio, Kagayama, Xaus und Bayliss. Max Biaggi musste mit Rang 8 das zweitschlechteste Resultat nach dem Ausfall im 1. Rennen von Misano in kauf nehmen. Grund dafür war diesmal ein Jump Start mit einer Bestrafung durch eine Boxen durchfahrt. Neunter wurde Laconi vor Neukirchner, Rolfo, Lanzi, Nieto und Muggeridge.

Pitwalk in Extremis, hier am Beispiel von Brands Hatch. Nicht zuletzt auch die Tatsache, dass mit Biaggi nebst Bayliss nun ein weiterer Megastar aus der MotoGP mit dabei war, trug dazu bei. Seit 2020 sind und bleiben solche Bilder wohl für Jahre undenkbar (© Alstare Suzuki Corona).

R11 Lausitzring

Weil die MotoGP, genau wie in Brands Hatch und Magny-Cours hier nie gefahren war, eine der für Biaggi völlig neuen Strecken. Für Monza und Vallelunga galt dies natürlich auch, aber diese Kurse dürfte der Römer womöglich aus Rennen zur italienischen Meisterschaft bereits gekannt haben. Nachdem in der ersten Rennhälfte Troy Bayliss das Geschehen diktiert hatte, übernahm „Nitro Nori“ danach das Kommando. Haga fuhr einen sicheren Sieg nach Hause, dahinter schlug Max Biaggi bei seiner Lausitz-Premiere Troy Corser um einen Wimpernschlag und holte sich Rang 2. Kagayama hatte mit einer Verletzung passen müssen. Nachfolgend das offizielle Resultat vom 1. Lauf.

Ausgerechnet bei seinem Heimrennen hatte der Stollberger Max Neukirchner die Zielankunft durch einen Sturz verpasst, genauso Michel Fabrizio (© WorldSBK).
Das Podium mit von links dem zweitplatzierten Max Biagg (Suzuki), Sieger Nori Haga (Yamaha, mit einem Teammitglied) und dem drittplatzierten Teamkollegen des Japaners Troy Corser (© Alstare Suzuki Corona).

Der zweite Lauf in der Lausitz
Nachdem es zuvor noch geregnet hatte, hatten Fahrer und Zuschauer Glück, dass es am Sonntag trocken blieb. Diesmal kam es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem amtierenden Weltmeister und dem Sieger des ersten Rennens. Am Ende hatte dabei Troy Bayliss die Nase vor dem Yamaha Ass und Biaggi holte sich dahinter das zweite Podium des Wochenendes. Vierter wurde Toseland vor Corser, Xaus, Rolfo und Nieto. Nach seinem Crash im 1. Lauf belegte Neukirchner diesmal Rang 9 vor Muggeridge, Laconi, Lanzi, Fabrizio, Martin und Nakatomi. Régis Laconi war gestürzt und konnte sich danach wieder aufrappeln. Unter diesen Umständen war Platz 11 für den Vizeweltmeister von 2004 eine starke Leistung gewesen.

Max Biagg (Suzuki) vor dem Start – Zusammen mit Noriyuki Haga (Yamaha) machte der Römer in der Weltmeisterschaft auf den führenden James Toseland wieder etwas Boden gut (© Alstare Suzuki Corona).

R12 Vallelunga

Nur eine gute halbe Autostunde nördlich von Biaggis Geburtsstadt Rom gelegen, war es für den WorldSBK Neuling natürlich ein Heimrennen ganz nach seinem Geschmack. Mit 375 Punkten führte in der WM immer noch James Toseland vor Haga (334), Biaggi (322), dem amtierenden Weltmeister Bayliss (296) und Corser (254). Die ersten 3 Runden im 1. Lauf lag Bayliss vorne, bis Biaggi Ernst machte und das Kommando übernahm. Mit 5.638 Sekunden Vorsprung auf den Australier gewann der Lokalmatador diesmal überlegen. Dritter wurde Toseland vor Haga, Fabrizio, Lanzi und Laconi. Mit Rang 8 holte sich Fonsi Nieto sein 9. Top Ten Resultat der Saison vor Nakatomi, Vittorio Iannuzzo, Smrz und Marco Borciani.

Max Biagg (Suzuki) als Sieger des 1. Rennens mit prächtigem Wheelie und deutlichem Abstand vor Troy Bayliss (Ducati), dem amtierenden Weltmeister (© Alstare Suzuki Corona).

Das zweite Rennen von Vallelunga
Troy Bayliss gelang diesmal ein lupenreiner Start-Ziel-Sieg. Etwas über eineinhalb Sekunden hinter dem Australier kreuzte Biaggi die Ziellinie. Der Italiener hatte im Gegensatz zum Australier danach immer noch Chancen auf den WM-Titel. Dritter wurde Haga und Toseland hatte mit Rang 11 sogar die Top Ten verpasst. Nachfolgend das offizielle Resultat des 2. Laufs.

12 Minuten nach Jakub Smrz war auch James Toseland gestürzt, konnte danach jedoch aber weiterfahren. Nicht so Régis Laconi, der bei Rennmitte ebenfalls abgeflogen war (© WorldSBK).
Troy Bayliss (Ducati Xerox) vor Lokalmatador Max Biaggi (Alstare Suzuki Corona) im zweiten Rennen von Vallelunga, das mit dem 7. Saisonsieg des Australiers endete (© WorldSBK).

R13 Finale in Magny-Cours

Vor dem Saisonfinale in der Nachbarstadt der Kleinstadt Nevers am Rand des Burgunds war die Situation in der WM immer noch offen. Toselands Vorsprung gegenüber Biaggi war auf 29 Punkte geschrumpft und auch Haga war mit Zählern Rückstand noch nicht aus dem Titelkampf. Trotz bis dahin bereits 24 Siegen in der Superbike Weltmeisterschaft hatte der Japaner noch nie einen Titel geholt und mit seinem Sieg im 1. Lauf kam er diesem Ziel ein kleines Stück näher. Zweiter wurde Bayliss vor Corser und WM-Leader Toseland büsste mit Platz 7 wichtige Punkte von seinem Vorsprung ein. Zwar lag der Engländer immer noch 17 Zähler vor Haga, aber bei einem Sieg des Yamaha Piloten musste er im 2. Rennen mindestens die Top Ten schaffen.

Mit dem vierten Platz hatte Max Neukirchner das beste Resultat der Saison geholt. Der Deutsche war damit bester Suzuki Pilot geworden, während Max Biaggi hinter Fonsi Nieto nur sechster wurde. Auf der für ihn völlig neuen Strecke ein respektables Resultat für den Römer, aber damit war für ihn die WM gelaufen. Mit 28 Punkten Rückstand auf den WM-Leader war er bereits aus dem Rennen um den Titel. Achter hinter Toseland wurde Xaus vor Laconi, Rolfo, Nakatomi und Muggeridge. Der Franzose Yoann Tiberio (Honda) wurde 13. vor Fabrizio und Guillaume Dietrich (Suzuki), einem weiteren Lokalmatador.

Max Neukirchner auf Suzuki – der Deutsche hatte eine wesentlich bessere Saixon als im Jahr davor, wo er bei Pedercini Ducati in Ungnade gefallen war (© WorldSBK).

Der zweite Lauf von Magny-Cours mit der knappen Entscheidung
Haga gelang der Doppelsieg und nun kam alles darauf an, wo sein Kontrahent aus England landen würde. Während Steve Martin, Shinichi Nakatomi und Max Neukirchner gestürzt waren, blieb Toseland sitzen. Bei seinem ersten WM-Titel hatten dem Engländer 2004 drei Siege gereicht und diesmal war es im letzten Rennen der Saison ein 6. Platz, mit welchem er mit Troy Corser als zweifacher Weltmeister gleichzog. Letzterer war hinter Biaggi und Nieto vierter geworden. Dahinter sah Bayliss die Zielflagge und wurde am Ende nur WM-Vierter. Hinter dem neuen Weltmeister traf Roby Rolfo auf Rang 7 im Ziel ein, vor Laconi, Fabrizio, Xaus und Muggeridge. Für Honda war es erst der 6. Fahrer-Titel im 20. Jahr der WorldSBK. Bis zum Beginn des Corona-Zeitalters 2020 sollte dies auch so bleiben und womöglich noch für viele Jahre mehr.

Max Biagg (Suzuki) vor dm neuen Weltmeister James Toseland auf Honda auf einer der nur nur gerade 250 m kürzesten Start-Zielgeraden für Motorrad-Strassenrennen überhaupt (© Alstare Suzuki Corona).

WM-Endstand 2007

Mit nur 2 Punkten Differenz zwischen Welt- und Vize-Meister war es eine der knappsten Titelentscheidungen der Geschichte. Nur wenige Jahre später sollte es noch enger werden. Im 20. Jahr der WorldSBK war es jedoch die bis dahin knappste Marke gewesen. Immerhin hatte James Toseland diesmal mit 8 Siegen deren 5 mehr geschafft, als bei seinem ersten Titel drei Jahre davor.

Mit Max Biaggi auf dem Podium beim Saisonauftakt. Er war die Sensation der Saison und hatte am Ende nur gerade 18 Punkte Rückstand auf Weltmeister Toseland (© Alstare Suzuki Corona).

Hersteller-WM 2007

Wie 2 Jahre zuvor musste Ducati sich erneut mit Rang 3 begnügen – eine herbe Schlappe für die Marke aus Borgo Panigale bei Bologna (© WorldSBK).

>>weiter siehe in Kürze Teil 41 über die Geschichte der WorldSBK