Am 11. August 2020 wurde Brad Binder 25 Jahre alt und nur 2 Tage davor erzielte er den größten Triumph seiner bisherigen Karriere. Der Werdegang des Südafrikaners hing für einige Zeit buchstäblich an einem Haar und beinahe wäre es für ihn kurz nach seinem Start in Europa wieder vorbeigewesen (© MotoGP).

Wie es Brad Binder trotz Hindernissen in die MotoGP schaffte

Eigentlich wäre Brad Binder ein Vorzeige-Beispiel für den KTM Red Bull Rookies Cup, genau wie Johann Zarco es als Gewinner im Jahr 2007 bereits war. Doch wer seine Karriereund einen Bericht von Servus TV über dessen Werdegang etwas genauer unter die Lupe nimmt, entdeckt dabei einige Ungereimtheiten. Der Südafrikaner ist der lebende Beweis, dass Nachwuchs- und Förderungsprogramme oft nicht ausreichen. Vielmehr sogar noch, dass deren Verantwortliche das echte Potenzial eines Fahrers manchmal schlicht nicht erkennen. So auch der für Red Bull seit ewigen Zeiten tätige Gustl „Tut-anch“ Auinger. Der ehemalige GP-Pilot und 5-fache Grand Prix Sieger in der 125 cm³ Klasse ist Betreuer und gleichzeitig natürlich eine Art Talent Scout für die Österreicher. Doch weder er noch alle anderen Experten erkannte im am 11. August 1995 in Potchefstroom in Südafrika geborenen Brad einen künftigen Champion.

Tom Lüthi (Dynavolt Intact GP Kalex) vor Brad Binder (KTM Red Bull Ajo) kämpften in der Moto2 im Vorjahr noch um den Vize-Meistertitel, hier in Jerez 2019.

Harziger Beginn im Red Bull Rookies Cup und in der WM

Im Jahr 2011 startete Brad Binder im Red Bull Rookies Cup, nachdem er in nationalen Rennen bereits einige Siege einfahren konnte. Doch oft genug stürzte er, obwohl er mit einem Sieg durchaus positiv auf sich aufmerksam machen konnte. Sein Start war harzig und trotzdem kam es in dieser Saison bereits zu fünf GP-Einsätzen für das RW Racing GP Andalucia Banca Civica Team. Im Rookies Cup wurde er am Saisonende nur siebter und für WM-Punkte reichte es nicht. Bei Red Bull KTM glaubte man infolge daran nicht an den jungen Südafrikaner. Ohne die Unterstützung seiner Mutter, die sich dafür einsetzte, private Mittel zur Fortsetzung seiner Karriere zu investieren, wäre es nach 2011 wohl bereits vorbei gewesen. So blieb Brad für die Saison 2012 bei RW Racing, konnte jedoch nur 24 WM-Punkte erzielen und beendete die WM auf Rang 21. Beim Saisonfinale in Valencia war ihm allerdings ein vierter Platz gelungen.

Luftaufnahme der Rennstrecke von Valencia – mit Platz 4 im Moto3 Rennen von 2012 sorgte Brad Binder auf dem Circuit Ricardo Tormo zum ersten Mal international für Aufmerksamkeit (© MotoGP).

Zwei weitere WM-Jahre bei Ambrogio Racing

Für Binder folgte bei Ambrogio Racing auf Suter-Honda, später Mahindra ein weiteres nicht ganz einfaches Jahr. Bestes Resultat in der ersten Saisonhälfte war Platz 4 beim GP von Spanien in Jerez. In der WM-Endabrechnung der Moto3 lag er 2013 auf Platz 13. Erst im Jahr darauf gelangen ihm die ersten 2 Podiums-Platzierungen. Die Saison 2014 schloss Brad auf Rang 11 ab und erst danach folgte seine Verpflichtung durch Red Bull KTM Ajo. Offensichtlich hatte man irgendwann doch begriffen, dass der Südafrikaner das Zeug dafür hat. Zum ersten Mal in einem Top Team ging es für ihn steil aufwärts. Nach WM-Rang sechs 2015 mit vier Podiums folgte der endgültige Durchbruch mit dem ersten und bisher einzigen WM-Titel im Jahr darauf. Ab 2017 startete er für 3 Jahre in der Moto2 auf KTM, bis 2019 für dieses Projekt der Stecker gezogen wurde.

Johann Zarco mit der KTM beim GP von Österreich 2019. Durch seinen freiwilligen und vorzeitigen Ausstieg des Franzosen aus seinem 2-jahres Vertrag für 2019 und 2020 wurde im Werksteam der Österreicher überraschend ein Platz frei (© MotoGP).

Der freie Platz im Werksteam und die Besetzung durch Binder

Miguel Oliveira war echt angefressen, als er nach einer Saison bei Tech 3 im B-Team von KTM von der Besetzung des freien Platzes von Johann Zarco durch Brad Binder erfuhr. Schließlich hatte der Portugiese in der gemeinsamen Moto2 Saison 2018 den Südafrikaner noch deutlich im Griff gehabt. Doch nach Pol Espargarós Weggang zu Repsol Honda wurde für 2021 plötzlich auch der zweite Platz für nächste Saison frei. Damit kehrte wieder Ruhe ein, weil Neuzugang Danilo Petrucci als Mugello Sieger 2019 anstelle von Oliveira nur bei Tech 3 fahren wird.

Der Unsanfte Abgang von Brad Binder beim GP von Andalusien, dem 2. Rennen in Jerez (© MotoGP).

Der Makel des ersten MotoGP Grand Prix Siegs von Binder

Binder zog nach zwei übermütigen Rennen in Jerez in der verkürzten Corona-Saison 2020 offenbar die Lehren. Anstelle des langgedienten Katalanen Espargaró, der sich mit einem dummen Fehler beim GP von Brünn selbst aus dem Rennen nahm, erntete Teamkollege Brad Binder die Lorbeeren des ersten KTM-Sieges der Geschichte. Bleibt nur zu hoffen, dass er dies auf einer Strecke wiederholen kann, auf welcher nicht der Testvorteil von KTM dazu einen nicht unübersehbaren Vorteil brachte. Sein und KTM’s Sieg hat, wie es der Schwabe nennen würde, nämlich ein „Gschmäckle“. Hatte doch Dani Pedrosa tagelang bei ähnlichen Verhältnissen wie am Rennen in Brünn bei privaten Tests im Vorfeld das perfekte Setup für das Rennen austüfteln können. Sämtliche Gegner von KTM konnten in den freien Trainings nie über die volle Renndistanz testen und mussten mit Setup und Reifenwahl pokern. Letztlich gelang es keinem einzigen gegnerischen Team und unzählige Fahrer landeten dadurch weit hinter ihren üblichen Möglichkeiten.

Johann Zarco (Esponsorama Racing DUCATI) – der Franzose braucht nach seiner Poleposition und dem 3. Platz in Brünn als bester Ducati Pilot seinen freiwilligen Weggang bei KTM nicht zu bereuen. Und für Brad Binder öffnete er damit die Tür zu seinem 1. GP-Sieg in der Königsklasse im erst 3. Rennen in der Königsklasse (© MotoGP).

Der MotoGP Kalender 2020 und wie es weitergeht

In Abwesenheit von Marc Marquez findet am Spielberg das zweite von fünf Doppelrennen der Corona-Saison statt. Für die Truppe von KTM und die Veranstalter am Red Bull Ring ist es eine veritable Katastrophe, dass für diese beiden Rennen keine Zuschauer zugelassen sein werden. Kaum vorstellbar, wie viele zusätzliche Tickets nach dem überraschenden ersten GP-Sieg von KTM in Brünn für den Österreich Grand Prix und den GP der Steiermark hätten verkauft werden können.

Die Nachteile von MotoGP auf der schön gelegenen Strecke

Zusammen mit zahlreichen anderen Verpflegungs-Kritikern beim Red Bull Rennen können wir gut auf dieses Rennen verzichten. Wenn man nicht einmal eine Cola kaufen kann, will (oder darf aufgrund der längeren Rückfahrt) man nicht stattdessen zum Bier greifen, ist man fast zum Griff des berüchtigten Brausegetränks des Streckenbesitzers gezwungen. Zudem ist die Suche einer in nur halbwegs vernünftiger Distanz zur Strecke am MotoGP Wochenende gelegenen Übernachtungsmöglichkeit schlicht hoffnungslos. Wir haben sogar auch einmal „zur Randzeit“ in Zeltweg übernachtet, als wir zu Besuch am Rupert Hollaus Gedächtnisrennen 2019 waren. Allerdings war das Hotel und das dazu gehörende Restaurant keineswegs empfehlenswert, pfui Teufel! Fairerweise müssen wir an dieser Stelle aber festhalten, dass es uns in Aragonien im selben Jahr kaum besser ging. Prompt hat dort auch die Strecke für Besucher ebenfalls viele Nachteile, insbesondere bezüglich deren Begehbarkeit.

Blick in Richtung Zeltweg am MotoGP Sonntag von 2018 – dieses Jahr werden die Tribünen jedoch aufgrund der Corona-Pandemie völlig leer bleiben.

WM-Zwischenstand in der MotoGP vor Spielberg

Ganz rechts die Veränderungen gegenüber dem vorherigen Rennen. Geburtstagskind Brad Binder hatte sich sein schönstes Geschenk mit seinem Sieg in Brünn und einer Verbesserung um 13 Positionen am 9. August gleich selbst gemacht.

Der kombinierte Kalender 2020 MotoGP und WorldSBK

In Kursivschrift die bei der WSBK noch unbestätigten Events und in rot das mit Sicherheit nicht stattfindende Rennen in Argentinien, welches trotzdem immer noch im Kalender steht.