Lorenzo Baldassari – zurück zu alten Wurzeln
Die Saison 2019 begann für Lorenzo Baldassari, Marcel Schrötter und Tom Lüthi märchenhaft. Der Deutsche startete aus der Poleposition und wurde im Rennen hinter seinem schweizer Dynavolt Intact GP Teamkollegen Dritter. Lorenzo Baldassari dominierte die ersten zwei Grand Prix in Losail (Katar) und Termas de Rio Hondo (Argentinien). Danach gab es einen Doppelsieg von Lüthi vor Schrötter und in Jerez gewann erneut der Italiener. Baldassari führte nach vier Runden im WM-Zwischenklassement mit 75 Punkten vor dem Schweizer (58) und dem Deutschen (48). Doch den dreien stand etwas bevor, was sie damals nicht ahnen konnten und bald schon sollte es vorbei sein mit deren herrlicher Dominanz.
Die neuen Reifen veränderten alles
Nach sensationellem Saison-Auftakt begann für diese drei Fahrer jedoch eine harte Zeit. Die anfänglich eingesetzten Einheitsreifen von Dunlop waren nach einem Viertel der Saison plötzlich durch ein breiteres Modell ersetzt worden. Tom Lüthi konnte sich als einziger der drei schnell umgewöhnen, wobei ihm besonders seine MotoGP Erfahrung aus dem Vorjahr geholfen haben dürfte. Zudem war er der erfahrenste aus diesem Trio, das zu Saisonbeginn noch dominiert hatte, aber nun zu straucheln begann. Dunlop hatte als Einheits-Lieferant der Reifen damit für einen kompletten Umbruch in der WM gesorgt. Baldassari schaffte danach kein einziges Podium mehr und Schrötter nur gerade bei seinem Heimrennen auf dem Sachsenring noch einen dritten Platz. In der WM-Endabrechnung landete Lorenzo vor Marcel auf Platz 7.
Lorenzo Baldassari und seine ersten Eindrücke vom Jerez-Test
„In diesen zwei Tagen auf dem neuen Bike kann ich sagen, dass das Gefühl trotz der unterschiedlichen Position auf dem Sattel gut war. Wenn ich begann zu driften, reagierte die MV gut. Als ich zum ersten Mal aufstieg, dachte ich, es wäre, als würde ich von vorne anfangen, aber das tat es nicht. Ich habe erwartet, dass alles völlig anders wird, aber ich mag das Setup und dieses Bike. Das Motorrad reagiert gut und das ist wirklich interessant, eine großartige Gelegenheit für mich. Diesen Winter werden wir daran arbeiten, alles zu verbessern, was wir können, und uns optimal auf den Beginn der neuen Saison vorzubereiten.“
Wenig ideale Bedingungen bei den Jerez-Tests im November
Mit einer Außentemperatur von 16° und einer Asphalttemperatur von 20° waren die Bedingungen für die letzten Tests im alten Jahr in Andalusien nicht wirklich optimal. Daher die Frage an den großgewachsenen Italiener aus San Severino Marche (südwestlich von Ancona), wie gingst du damit um?
Lorenzo Baldassari: „Ich hatte Spaß auf der Strecke und fuhr gute Runden, auch wenn die Bedingungen nicht optimal waren. Auf der Strecke habe ich einige nasse Stellen gefunden, einige Fehler gemacht und bin in der letzten Runde in der letzten Kurve gestürzt. Jetzt ist es Zeit, sich auszuruhen und die Batterien wieder aufzuladen, um 2021 bestmöglich zu starten. Nach 3 Jahren wieder ins Team zurückzukehren, ist seltsam. Es gibt neue Mitglieder, die ich nicht kenne, auch wenn der Chef derselbe ist, es gibt viel Energie und die Jungs schicken mir viel Positivität und der Wunsch, alles gut zu machen und das ist wichtig“
Schrötter, Baldassari und der Traum von der MotoGP
Während Baldassari und Schrötter es mitunter dem neuen Gummi zu verdanken hatten, dass sie außerhalb des Radars der MotoGP Teamchefs landeten, beginnt für beide eine Chance der Neubewährung. Für Lüthi hingegen ist nach seiner desaströsen einzigen MotoGP Saison 2017 dieser Zug bereits für alle Zeiten abgefahren. Dabei war sein Scheitern genauso wie die Probleme von Alex Marquez anfangs der Saison 2020 zu erwarten. Die beiden Fahrer haben etwas gemeinsam, wenn man sich ihre Karrieren kurz in Ruhe betrachtet. Sowohl Tom wie auch der jüngere der beiden Marquez Brüder brauchten in der mittleren Klasse ungewöhnlich lange, bis sie sich durchzusetzen vermochten.
Nächste Saison und die neue Chance
Lorenzo Baldassari und Marcel Schrötter haben im Gegensatz zum Schweizer aber noch, wenn auch geringe Chancen, ihren Traum von der MotoGP realisieren. In näherer Zukunft haben sie dies aufgrund ihres noch jugendlichen Alters mit einer überzeugenden Leistung 2021 zum Teil selbst in der Hand. Johann Zarco bewies mit sehr eindrücklichen Leistungen als bester MotoGP Rookie im Alter von 27 Jahren, dass ein Fahrer nicht erst vor 10-15 Jahren den Schnuller weglegt haben muss, um in der Königsklasse Erfolg zu haben. Doch gegen den Jugendwahn müssten überragende Leistungen her und für diese drücken wir den beiden 2021 besonders fest die Daumen.
Forward MV Agusta – zu Unrecht vielerorts nur äußerst selten erwähnt
Von Red Bull Media wird die Truppe von Teamchef Giovanni Cuzari prinzipiell links liegen gelassen und bestenfalls bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach Strich und Faden diffamiert. Man berichtet lieber ausführlich über Moto3 Schlusslichter wie Max Kofler (der ganz zufällig auf einer KTM sitzt), als über ein langjähriges Moto2 Team wie Forward MV. Dabei sitzt mit Milena Körner sogar eine Deutsche auf dem Chefsessel dieses durchaus nicht immer unumstrittenen Teams. Doch Forward MV ist immer noch im Moto2-Paddock vertreten, während Kiefer Racing gehen musste. Dies beweist, dass Teamchef Cuzari, Chief Operating Officer Milena Körner und ihre Leute nicht alles falsch gemacht haben können. Die WM-Ränge 22 von Stefano Manzi und 24 für Simone Corsi waren jedenfalls kein Geschenkt des Himmels, sondern die Früchte harter und seriöser Arbeit.
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