Die Wahrheit über ein vermeintliches Genie ist ernüchternd
In der MotoGP werden manchmal Begriffe verwendet, die sehr reisserisch tönen. So wird Dani Pedrosa manchmal bei Red Bull beispielsweise oft als „KTM-Edeltester“ bezeichnet. Viele seiner spanischen Landsleute sehen den Winzling jedoch seit seiner Auswanderung in die Schweiz eher als Steuerflüchtling, denn als Edelmann. Genauso wie Jorge Lorenzo verlor Dani in seiner Heimat dadurch viele Sympathien. Abgesehen davon sei die Frage erlaubt, weshalb dann Stefan Bradl als Honda Testfahrer weniger edel sein sollte. Beide haben gemeinsam, dass sie keinen MotoGP Titel geholt haben, aber in den kleineren Klassen klappte es zumindest. Noch schlimmer ist jedoch, wenn man jemanden als Genie bezeichnet, der dies gar nicht ist.
Die früheren Verdienste von Gigi dall’Igna bei Aprilia
Nachdem Honda seit Lancierung der WorldSBK 1988 die ersten 3 Hersteller-Titel gewonnen hatte, kam die unglaubliche Serie für Ducati. Ab 1991 bis 2009 gab es nur drei Jahre, in welchen die „roten Teufel“ die WM nicht für sich entschieden. Es war einmal die Saison 1997, als Honda erfolgreich war und John Kocinski den Fahrer-Titel holte. Danach 2005 Suzuki mit Aushängeschild Troy Corser und 2007 das bisher einzige Mal Yamaha. Ab dann klappte es in 5 Jahren nur einmal für Ducati, während vier Hersteller-Weltmeisterschaften in dieser Zeit an Aprilia gingen. Dahinter stand damals angeblich ein Mann aus Norditalien, dessen Dienste sich Ducati ab Saisonende 2013 sicherte. Obwohl dall’Igna 2014 bereits für Ducati arbeitete, klappte es nicht mit dem Titel und Ducati spielte nur die zweite Geige. Dies blieb in der WorldSBK bekanntlich bis heute so.
Die MotoGP – der Aufwind blieb weitestgehend aus
Der Italiener hatte Maschinenbau in Padua studierte und war seit 1992 beim Rennsportteam von Aprilia, bevor er 11 Jahre danach zu Ducati gewechselt hatte. Ende 2013 löste der Norditaliener aus Thiene in Venetien Bernhard Gobmeier ab, der zu Volkswagen Motorsport wechselte. Bei Ducati übernahm Gigi als Sportdirektor die Verantwortung für die Rennsportabteilung Ducati Corse. Im Jahr danach war Andrea Dovizioso als bester Ducati Pilot WM-Fünfter, eine Saison später Andrea Iannone. Dieselbe Platzierung folgte 2016 wieder für „Desmo-Dovi“. Aber wo blieb die erhoffte Steigerung durch die Verpflichtung von dall’Igna?
Ausreden bringen wenig – Tatsachen bleiben unbestritten
Klar kann jeder behaupten, Marc Marquez und Jonathan Rea seien schuld, dass Ducati in den beiden Weltmeisterschaften der Durchbruch nie gelang. Mit Ausnahme von 2017, als der Repsol Honda Pilot dreimal das Ziel nicht sah, vermochte Dovizioso diesen nie im Titelkampf ernsthaft zu bedrängen. Aber dies änderte nichts daran, dass praktisch sämtliche Berichterstatter hartnäckig Gigi bis heute als „Mastermind“ bezeichnen. Als sicher gilt lediglich, dass die Ducati im Lauf der Jahre fahrbarer wurde und nicht nur Ausnahmetalente wie Casey Stoner als einziger Weltmeister 2007 für die Roten damit klarkamen. Bei Jorge Lorenzo dauerte es jedoch eineinhalb Jahre, bis man merkte, dass der Tank für ihn eine andere Form brauchte.
Viel Lorbeeren für wenig Erfolg – Gigi dall’Igna
Wenn er ein Genie wäre, wieso bezeichneten dann fast alle Beteiligten 2020 die Suzuki als bestes Bike der MotoGP? Trotz Gigi blieb der Durchbruch sowohl in WorldSBK, wie auch der MotoGP bisher aus. Die Ducati Führung mit Luigi dall’Igna und Paolo Ciabatti mag durchaus ihre Qualitäten haben. Aber bei der Fahrerwahl agierten sie oft genug sehr unglücklich. Sie verloren Jorge Lorenzo, der bei Repsol Honda bereits unterschrieben hatte, als er nach eineinhalb Jahren erst bei den Roten zu siegen begann. Mit Petrux hatten sie im Werksteam wenig Glück und mit Andrea Dovizioso ging es im ersten Corona-Jahr auch auseinander. Gigi vor diesem Hintergrund und den bescheidenen Erfolgen seiner Amtszeit als Mastermind zu bezeichnen, wahrhaft viel Lorbeeren für wenig Erfolg!
Das Rechengenie bei Ducati – Paolo Ciabatti
Dem Italiener wurde kürzlich nachgesagt, er hätte behauptet die Strecke in Losail sei eine Ducati-Strecke. Bei Red Bull Media und ähnlichen Seiten weiss man jedoch nie so genau, was wirklich stimmt und frei erfunden wurde. Jedenfalls wäre Paolo Ciabatti wohl kaum als Rechengenie damit in der Universität von Harvard aufgenommen worden. Man rechne: Von 2004 bis 2019 fanden in Katar 16 MotoGP Rennen statt. Exakt die Hälfte und damit 8 davon gewann Yamaha. Honda war dreimal siegreich und dadurch nur 5 Siege gingen an Ducati Fahrer. Deren 3 gingen auf das Konto von Ausnahmetalent Casey Stoner und die letzten 2 Triumphe steuerte „Desmo-Dovi“ bei, wie er zu seiner Ducati Zeit noch genannt wurde. Wahrhaft gewagt von Ciabatti, sollte er dies wirklich gesagt haben, bei Losail von einer Ducati-Strecke zu sprechen.
Noch keine Kommentare