Franco Morbidelli (Petronas Yamaha SRT) – vom Underdog zum Star in nur einer Saison. Im zweiten Rennen von Aragon stellte er Maverick Viñales und seinen Teamkollegen Quartararo genauso wie bereits im 1. Lauf von Misano in den Schatten (© MotoGP).

Erfrischende Offenheit des Italieners auf Journalisten-Fragen

Oft werden Interviews von Fahrern von Schreiberlingen, die sich Journalisten nennen, reichlich verfälscht dargestellt. Diese Erfahrung machten bereits unzählige Bekanntheiten, egal ob aus Sport, Film oder öffentlichem Leben. Ein gutes Beispiel kann bei Franco Morbidelli beobachtet werden. Wir waren natürlich live mit dabei, als die ersten drei des 2. Rennens von Aragon bereitwillig Auskunft gaben, was ihre Eindrücke vom Rennen und den Geschehnissen des Tages betrifft. Natürlich mussten wir danach schmunzeln, was verschiedene vermeintlichen Interviewer danach daraus machten. Allen voran mal wieder die Red Bullis mit deren boulevardesken Seite speedweek und ihrer Version des Interviews. Obwohl sie selbst nicht zu den Interviewern gehörten, gaukelten sie ihren Lesern vor, dass sie die Fragen selbst gestellt hätten. In Tat und Wahrheit waren sie dabei jedoch reine Zuhörer, genauso wie jeder Abonnent der MotoGP Streaming-App dies ist.

Franco Morbidelli (Petronas Yamaha SRT) im 2. Rennen von Aragon vor Alex Rins (Suzuki ECSTAR), dem Sieger des ersten Laufs. Mit ihrem hervorragenden Resultat sorgten die beiden Piloten dafür, dass ihre WM-Chancen durchaus noch intakt sind (© MotoGP).

Dichtung und Wahrheit – hier die komplette erste Antwort

Daher nehmen wir uns hier gerne einmal die Mühe und bieten eine wesentlich realistischere Wiedergabe des Interviews mit „Morbido“. Dabei beschränken wir uns auf den Beginn, Die Reihenfolge der Fragen war nämlich eine ganz andere, als von dem Red Bull Media Mitarbeiter dargestellt und die Antworten des MotoGP Helden erst recht. Ein englischer Journalist stellte dem Italiener die erste Frage, welche in die Richtung ging, ob er weiterhin für sich selbst fahre oder nun bald eine Stallregie von Yamaha zu erwarten sei. Der rührige Interviewer ging dabei gleich so weit zu fragen, ob nicht besser seine Teamkollegen Viñales und Quartararo ab nun für ihn fahren sollten.

Alex Rins (Suzuki ECSTAR) – mit seinem Sieg und Platz 2 in Aragon der erfolgreichste Fahrer des zweitletzten Doppelrennens der Corona-Saison. Aufgrund seiner letzten Erfolge wird sich Suzuki genauso schwertun wie Yamaha, ihren Fahrern vorzeitig eine Teamorder aufzuerlegen. Auch wenn viele Journalisten danach lechzen, die beiden japanischen Teams sind dafür nicht dumm genug (© MotoGP).

Morbido macht den Rossi
Als Erstes gab der Rossi-Schützling dazu ein erfrischendes Lachen von sich. Danach machte er sich primär darüber lustig, dass er vor dem Rennen noch ein Niemand für die Journalisten war und nun nach seinem Sieg plötzlich der Superheld. Dazu fügte er an, jeder sollte sich auf seine eigenen Stärken konzentrieren. Und Yamaha mit 3 Fahrern mit Titelchancen jeden dabei best möglichst unterstützen, seine Ziele zu erreichen. Wie Andrea Dovizioso ist Morbido wohl nicht immer restlos begeistert von den Fragen vieler Interviewer. Aber sich ganz offen darüber lustig zu machen, hat definitiv das Format eines Valentino Rossi.

Joan Mir (Suzuki) – wie man es auch dreht und wendet, der junge Spanier aus Palma de Mallorca ist derzeitig der aussichtsreichste Titelanwärter. Auch wenn ihm ein Sieg immer noch fehlt, reicht voraussichtlich ein nächstes Podium dazu, mit einem Bein bereits als nächster Weltmeister festzustehen. Ob er ohne einen Rennsieg den Titel verdient hätte, dürfte die Fanwelt jedoch spalten (© MotoGP).

Die WM-Chance von Morbidelli ist intakt

Ohne den Ereignissen vorzugreifen hat der Italiener mit teils brasilianischen Wurzeln durch seinen Sieg noch durchaus intakte Chancen auf den WM-Titel. Das vielleicht größte Problem dabei heisst jedoch Joan Mir. Der Suzuki Pilot liegt exakt 25 Punkte vor Morbidelli im WM-Zwischenklassement. Beispielsweise mit drei weiteren Siegen und Mir weitere dreimal auf Platz 3 würde es für den Italiener somit reichen. Doch der Spanier wird ihm diesen Gefallen genauso unfreiwillig tun, wie jedem der verbleibenden Titelanwärter. Insofern hat es Fabio Quartararo von den drei Yamaha Musketieren immer noch am einfachsten, die Pläne der Suzuki Hoffnung zu durchkreuzen. Von vielen bereits ein Stück weit abgeschrieben ist der junge Franzose immer noch Anwärter Nummer 2 hinter Mir auf den MotoGP Titel. Mit zwei guten Rennen in Valencia ist er wieder im Geschäft. Schafft es der Mann aus Nizza nicht, hat er nächste Saison eine weitere Chance dazu.

Jack Miller (Pramac Ducati) – nachdem er von Brad Binder bereits in der 2. Kurve im zweiten Rennen von Aragon abgeräumt wurde. Viel mehr Pech als der Australier in den letzten Rennen kann man kaum haben. Für „Jack-Ass“, wie er sich manchmal selbst nennt, ist 2020 eine Saison zum Vergessen (© MotoGP).

Viel zu viel Fake
Wie in der WorldSBK beobachten wir in der MotoGP leider viel zu viel Fake, sprich es wird von Journalisten zu viel erfunden, was keinem Fahrer so wie geschildert über die Lippen kam. Egal ob der Schreiberling Schmutzkrach oder Fiesinger heisst, der Umgang der meisten Schreiberlinge mit der Wahrheit lässt meist arg zu wünschen übrig. Doch in der Werbung werden wir ja auch seit Ewigkeiten belogen, offenbar muss man dies einfach versuchen zu ertragen oder es bestmöglich ignorieren. Wenn Red Bull für eine Sport-News-Seite viel Geld ausgibt, um die eigenen Fahrer und Teams möglichst positiv darzustellen, kann man es ihnen wohl nicht verbieten. Man könnte sich dabei wohl höchstens einen weniger selektiven Umgang mit der Wahrheit wünschen.

Pol Espargaró (Red Bull KTM) – patentiertes Großmaul der MotoGP und laut seiner eigenen Aussage einer der Mitfavoriten auf den Weltmeister-Titel 2020. Laut Markenkollege Miguel Oliveira, einem angehenden Zahnarzt, fehlt es dem Katalanen jedoch am „Hirnkastl“ (wie es der geneigte Österreicher nennen würde). KTM kann eigentlich froh sein, den Bad-Boy der Königsklasse auf nächste Saison an Repsol Honda zu verlieren (© MotoGP).

Wenn der Wunsch Vater des Gedankens ist
Die letzte Aussage gilt genauso für andere Produkte wie beispielsweise Motorsport-Aktuell. Auch an das Motorsport-Magazin sei an dieser Stelle nochmals erinnert. Die Aussage eines Markus Zörweg lautete in einem Artikel von Anfang September 2020, KTM habe das angeblich beste MotoGP Bike des Jahres gebaut. Daher hier nochmals zum Mitschreiben: Der aktuell beste KTM Pilot liegt im WM-Zwischenklassement mit 47 Punkten Rückstand auf den Leader auf Platz 8 und es handelt sich dabei um Pol Espargaró. Der offenbar an Selbstüberschätzung leidende Spanier sah sich zu WM-Halbzeit als klaren Mitfavoriten auf den Titel. Aktuell kann er jedoch froh sein, sollte er es nur schon in die Top fünf schaffen.

Kleines Ratequiz – wer könnte dies bloss sein? Nein, absolut falsch, es ist nicht Inspektor Gadget als MotoGP Rennfahrer verkleidet. Auch wenn die englischsprachigen Kollegen Alex Rins gerne so nennen, der Suzuki Pilot schaut dieses Jahr wesentlich weniger finster in die Landschaft als auf diesem Foto vor dem Start in Valencia 2019 (© MotoGP).

Das WM-Zwischenklassement vor den letzten 3 Rennen

In der Spalte ganz rechts die Veränderung gegenüber der Vorrunde.