Ein verärgerter Scott Redding im Parc fermé nach dem ersten Lauf am Samstag – danach beschwerte er sich bitter über die rücksichtslosen Attacken von Toprak, der sogar einmal mit voller Absicht Jonathan Rea gerammt hatte. Aber wie bei Marc Marquez schauen die FIM-Stewards dabei weg und bestrafen lieber die Nachwuchsfahrer für deren Vergehen.

Nach dem 3. Saisonsturz ist die WM für Rea so gut wie gelaufen

Als die FIM Kommission die Drehzahllimit der neuen BMW M-1000RR und Kawasaki ZX-10RR nur wenige Tage vor dem Saisonauftakt in Aragon veröffentlichte, wurde der erfolgreichste Hersteller der letzten über fünf Jahre um die Früchte seiner Anstrengungen betrogen. Viele Stimmen sprachen danach von einer absichtlichen Manipulation seitens der obersten Rennsportbehörde, womit die Vormachtstellung der Grünen gekappt werden sollte. Dieses Ziel wurde, wenn auch aus Sicht vieler Beobachter auf äusserst unsportliche und unfaire Weise, zweifellos so gut wie erreicht. Nun muss Toprak stürzen oder mehrmals technische Probleme haben, um den ersten WM-Titel der Karriere noch zu verpassen. Es könnte aufgrund seiner teils überhart geführten Attacken auf seine Gegner und durch die künstliche Kastration der Kawasaki durch die FIM jedoch ein Schatten über seiner Weltmeisterschaft liegen. Noch ist die Saison nicht vorbei, aber alles deutet darauf hin, als sei die WM für Rea so gut wie gelaufen.

Vom gefeierten Yamaha Star zum Buhmann – Toprak Razgatlioglu muss aufpassen, dass er sich nicht durch überhart geführte Attacken den Ruf als rücksichtsloser Rüpel wie Marc Marquez in der MotoGP einhandelt.

Einige Fahrerstimmen nach dem ersten Rennen vom Samstag

In der offiziellen Presseaussendung sowohl von der Dorna, wie auch dem Ducati Werksteam wurden die heiklen Passagen vom Interview mit dem Engländer bewusst herausgeschnitten. Dabei hatte sich der Zweitplatzierte bitter über die erneut unfaire Fahrweise von Razgatlioglu beschwert. Wir haben das originale Interview mitgeschnitten und finden es sehr fragwürdig, dass sowohl FIM und Dorna derartige Vorfälle damit versuchen zu bagatellisieren. Besonders vor dem Hintergrund der tödlichen Unfälle von drei Nachwuchsfahrern ist dies absolut unverständlich und nicht nur aus unserer Sicht völlig verantwortungslos.

Scott Redding (Aruba.it Racing): Es war ein gutes Rennen und wenn ich ehrlich sein muss, hatte ich nicht erwartet, die Pace zu haben, überhaupt um den Sieg kämpfen zu können. Als ich die Führung übernahm, versuchte ich, einen Abstand herauszufahren und das Duell zwischen Rea und Razgatlioglu zu nutzen. In den letzten Runden war der Kampf mit Toprak wirklich hart. Morgen werde ich versuchen, wieder vorne zu bleiben und aggressiver zu sein, um den Sieg zu holen.“ (dies die offizielle Version, bei der die heftige Kritik über die rücksichtslose Fahrweise des Türken bewusst weggelassen wurde).

Michael Ruben Rinaldi (Aruba.it Racing): „Es war ein sehr enges Rennen. Ich bin ein wenig enttäuscht, weil wir um den dritten Platz hätten kämpfen können, aber um einen Kontakt mit einem anderen Fahrer zu vermeiden, musste ich ausweichen und verlor damit etwa drei Sekunden. Wir hatten jedenfalls die Pace, um auf dem Podium zu stehen, und damit bin ich zufrieden. Morgen müssen wir noch einen kleinen Schritt machen, um in der Podiumsgruppe zu bleiben.“

Zweimal Ducati vor zweimal Honda – Michael Ruben Rinaldi vor Loris Baz, Alvaro Bautista und Leon Haslam. Am Ende hatte dabei der Franzose mit der Nummer 11 als Ersatz des verletzten Chaz Davies die Nase vorne.

Jonathan Rea (Kawasaki Racing Team, DNF): Das war heute sehr frustrierend. Ich wusste, wenn ich meinen Rhythmus machen wollte, musste ich nach vorne kommen. Ich konnte in den ersten Runden sehen, dass ich geprügelt wurde und vor allem Toprak, der oft an die Spitze gehen konnte. Dies kam etwas überraschend und ich kam nicht weg. Ich konnte sehen, dass ich in den meisten Bereichen der Strecke stark war, aber ohne eine saubere Runde kam ich nicht richtig in den Rhythmus. Scott hatte in Turn 13 einen Fehler gemacht. Darauf hatte ich von diesem Punkt an die Führung und bin einen Moment etwas zu riskant gefahren. Bei starkem Wind habe ich danach auf der Bremse zu hart forciert. Ich hatte gepusht, um auf der Startgeraden einen Vorteil zu haben. Dies musste ich tun, um in dieser Runde einen Vorteil zu erzielen. Aber so weit bin ich jedoch nicht gekommen. Ich bin frustriert für mich, frustriert für das Team, aber wir werden morgen nochmals eine Chance bekommen.“

Alex Lowes (Kawasaki Racing Team, DNS): Ich bin sehr enttäuscht von der Situation. Um ehrlich zu sein, würde ich gerne Rennen fahren, da ich mich wie am Freitag gezeigt sehr schnell fühle und tatsächlich ein paar Runden alleine fahren kann. Nach Gesprächen mit Ärzten und dem Teammanagement empfehlen sie dringend, keine Rennen zu fahren, insbesondere auf einer körperlich anspruchsvollen Strecke wie Portimao. Wenn ich auf eine Rennsimulation hinarbeite, entzündet sich meine Hand und das könnte meine vollständige Genesung für die letzten beiden Runden der Saison herausfordern, also musste eine schwierige Entscheidung getroffen werden. Wie auch immer, trotz der Frustration nach dem großartigen Gefühl von gestern auf dem Bike musste es eine einfache Entscheidung geben. Entweder zu fahren oder nicht und mir wurde geraten, dieses Wochenende auszusitzen.”

Der vielleicht vorentscheidende Moment im Titelkampf 2021 der Superbike Weltmeisterschaft, als Jonathan Rea sich mit einem Crash aus dem Kampf um den Sieg im ersten Rennen von Portimão unfreiwillig verabschiedete.

Leandro Mercado (MIE Honda):Ich bin sehr glücklich, denn heute war ein guter Tag für uns. Mit den Änderungen, die wir für das FP3 vorgenommen haben, hatte ich sofort ein gutes Gefühl und fühlte mich auf dem Motorrad sehr wohl. Wir hatten ein gutes Qualifying, obwohl ich etwas mehr erwartet hatte. Für das Rennen änderten sich die Bedingungen dann und es war etwas windig. Ich hatte einen guten Start, bin dann aber im Verkehr stecken geblieben. Nachdem ich ein paar Fahrer überholt hatte, versuchte ich, ein konstantes Tempo zu halten. Ich schnappte danach Laverty und dachte, ich könnte auch Bassani noch einholen, aber das war letztlich nicht möglich. Am Ende habe ich ein schönes Duell mit Laverty gewonnen, der mich in den letzten Runden noch einmal überholt hatte. Ich bin glücklich, weil wir gefunden haben, was uns an anderen Rennen gefehlt hatte. Nun fanden wir eine bessere Abstimmung für das Heck und damit kann ich mehr angreifen. Vorher musste ich mich eher verteidigen, aber jetzt kann ich angreifen, und so fahre ich gerne. Ich muss dem ganzen Team danken, wie gut wir funktionieren und haben einen langen und immer erfolgreicheren Weg zurückgelegt, seit wir dieses Projekt gestartet haben.“

Leandro Mercado (MIE Honda) vor Eugene Laverty als bestem BMW Piloten am Samstag – der schnelle Argentinier zeigt einen klaren Aufwärtstrend und beweist damit, dass er seinen Platz in der WorldSBK genauso wie Loris Baz verdient.

Toprak Razgatlıoglu (Yamaha): Das erste Rennen war nicht einfach, weil Jonathan und Scott hier sehr stark sind. Nach dem Sturz von Jonny kämpfte ich mit Scott und für mich war es kein einfacher Sieg. Ich freue mich, denn wieder konnten wir gewinnen, aber ich betone gerne, das war sehr schwer erkämpft. Ich hatte das Gefühl, dass wir nicht genug haben, weil die Ducati auf der Geraden sehr schnell war. Aber ich denke, für am Sonntag können wir einige Punkte verbessern und werden stärker zurückkommen. In jedem Rennen verbessern wir uns, auch heute Morgen haben wir mein Motorrad verbessert, weil ich mich gestern nicht wirklich gut gefühlt habe, aber jetzt ist das Motorrad viel besser. Also danke an mein Team für diese harte Arbeit, ich freue mich über den 11. Sieg der Karriere sehr. Ich schaue immer noch nicht auf die Meisterschaft. Es ist nicht gut, dass Jonny gestürzt ist, aber wir pushen auch sehr hart auf der Strecke und dabei versuchen wir alles, nur um zu gewinnen. Ich bin froh, dass es ihm gut geht, ich weiß, dass er am Sonntag stärker zurückkommt. Nun hoffe ich, dass wir morgen auch mein Bike wieder verbessern können und dass wir wieder mit ihm und Scott um den Sieg kämpfen können.“

Andrea Locatelli (Yamaha): Zuerst tut mir Michael so leid, weil ich einen Fehler gemacht habe. Ich wollte versuchen, die Lücke vor mir zu schließen und in Führung zu gehen, weil ich bei einem Fehler in der ersten Kurve viele Positionen verloren habe. Es tut mir auch für das Team leid, weil ich das Gefühl hatte, dass wir heute gute Ergebnisse erzielen könnten. Der erste Teil des Rennens war nicht einfach für mich, hinter Honda und Ducati zu bleiben, und wir haben die Spitzengruppe verloren, aber dies ist der Rennsport und morgen sind wir sicher bereit. Ich bin nicht glücklich über heute, weil ich auch am Samstagmorgen einen Fehler gemacht habe, also werden wir morgen sehen, aber insgesamt sind wir stärker und schneller. Es war einfach ein dummer Fehler und das Gefühl für morgen ist gut und wir werden so weitermachen.“

Andrea Locatelli (Yamaha, links) und der von ihm beim Crash mitgerissene BMW Pilot Michael van der Mark – welcher zuerst extrem verärgert über den Italiener war und diesen beim Spurt zu seinem Bike sogar angerempelt hatte.

Eugene Laverty (BMW):Ich bin mit diesem Rennergebnis zufrieden, denn wir haben das ganze Wochenende Fortschritte gemacht. Die Jungs haben einen fantastischen Job erledigt, damit sich die BMW wie mein Bike anfühlt und ich fühlte mich wie zu Hause. Wir qualifizierten uns schlecht, hatten aber fantastische erste Kurven und konnten viele Positionen gutmachen. Leider hatten wir beim Start ein Problem mit der Kupplung und ich hatte Schwierigkeiten beim Kurvenbeginn, aber als ich mich an dieses Problem gewöhnt hatte, habe ich einen guten Rhythmus gefunden und ein gutes Ergebnis erzielt. Ohne dieses Problem am Anfang, denke ich, hätten wir heute höher stehen können.“

Alvaro Bautista (HRC Honda, DNF):Was für eine Schande nach meinem Crash. Zum Glück geht es mir sonst absolut gut. Ich hatte keinen brillanten Start und lag am Ende der ersten Runde ziemlich weit hinten, aber ich erholte mich schnell und überholte mehrere Fahrer, um allmählich auf den dritten Platz vorzurücken. In der letzten Runde überholte Loris mich durch die erste Kurve und ich dachte, wenn ich ihm die ganze Runde folgen würde, hätte ich keine gute Chance mehr, ihn anzugreifen, also überholte ich ihn sofort und versuchte dann einfach, meine Position zu verteidigen. In der letzten Kurve hatte ich nur probiert, die Linie etwas mehr als sonst zu schließen, aber der Asphalt ist dort etwas holprig. Ich habe die Front verloren und dadurch das Podium, und das ist schade, denn wir haben es hier verdient, noch mehr als in Jerez, weil wir wirklich gut daran gearbeitet haben, das Set-up an einen Reifen anzupassen, den ich normalerweise nicht fahre, zu verwenden. Wir haben jedes Detail angepasst und waren heute wieder da und haben an der Front gekämpft. Auch im Qualifying waren wir stark. Wie auch immer, es ist morgen ein weiterer Tag und wir werden in den beiden Rennen unser Bestes geben.“

Leon Haslam (HRC Honda, P5):Die Top 5 sind nicht so schlecht, aber ehrlich gesagt bin ich etwas enttäuscht, weil ich mit dem Motorrad recht zufrieden war. Es war ziemlich stabil und unsere Rundenzeiten waren konstant. Wir haben in einigen Abschnitten der Strecke beim Bremsen etwas verloren, aber ich war im letzten Sektor konstant schneller als alle anderen. Es gibt also viel Positives daraus zu ziehen, da wir nicht weit vom Podium entfernt waren, aber ich wäre gerne etwas näher im Kampf um die Top Drei gewesen. Wir haben in den letzten Tests definitiv einen Schritt gemacht, aber das konnte ich in den letzten Rennen nicht nutzen, während Alvaro es getan hat. Wir sind noch nicht so weit weg und werden versuchen, uns für morgen zu verbessern. Das Podium ist unser Ziel, also werden wir sehen, wie das Wetter wird. Es sieht so aus, als ob es morgen etwas kälter wird, also müssen wir sicherstellen, dass wir das richtige Motorrad für die Bedingungen haben und uns hoffentlich nach dem heutigen Rennen noch etwas steigern. Wir haben einige gute Ideen, wie wir uns auf den Sonntag vorbereiten.“

Alaro Bautista (HRC Honda) vor Teamkollege Leon Haslam, Michael van der Mark (BMW) und Yamaha Ass Andrea Locatelli – am Ende sah nur der Mann mit der Nummer 91 die Zielflagge, während die 19 mit P3 vor den Augen einen weiteren Crash verdauen musste.

WM-Stand nach dem ersten Rennen in Portugal

P, Rider, Points, Bike
1. TOPRAK RAZGATLIOGLU 474 YAMAHA
2. JONATHAN REA 429 KAWASAKI
3. SCOTT REDDING 395 DUCATI
4. MICHAEL RUBEN RINALDI 240 DUCATI
5. ANDREA LOCATELLI 227 YAMAHA
6. ALEX LOWES 199 KAWASAKI
7. MICHAEL VAN DER MARK 189 BMW
8. GARRETT GERLOFF 180 YAMAHA
9. ALVARO BAUTISTA 169 HONDA
10. TOM SYKES 167 BMW
11. AXEL BASSANI 159 DUCATI
12. CHAZ DAVIES 120 DUCATI
13. LEON HASLAM 115 HONDA
14. KOHTA NOZANE 48 YAMAHA
15. LUCAS MAHIAS 44 KAWASAKI
16. TITO RABAT 41 KAWASAKI
17. LORIS BAZ 33 DUCATI
18. EUGENE LAVERTY 30 BMW
19. CHRISTOPHE PONSSON 29 YAMAHA
20. ISAAC VINALES 28 KAWASAKI
21. JONAS FOLGER 20 BMW
22. LEANDRO MERCADO 20 HONDA
23. SAMUELE CAVALIERI 10 DUCATI
24. MARVIN FRITZ 6 YAMAHA
25. LORIS CRESSON 3 KAWASAKI
26. ANDREA MANTOVANI 2 KAWASAKI
27. LUKE MOSSEY 2 KAWASAKI

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