Alex Lowes und Jonathan Rea auf der neuen Kawasaki ZX-10RR, die erst wenige Tage vor Saisonbeginn durch die FIM Kommissare förmlich kastriert wurde, wodurch die beiden Teamkollegen oft zu sehr ans Limit gehen mussten, um mit ihren Gegnern mithalten zu können (© Kawasaki Racing Team).

Die Superpole: Sykes vor Toprak und Rea mit zum ersten Mal nicht der Pole

Nachdem es am Freitag zwischen den beiden hauptsächlichen Rivalen im Titelkampf ausgeglichen geblieben war, hatte im FP2 Toprak Razgatlioglu am Ende knapp die Nase vorne gehabt. Die Bestzeit von Kawasaki Ass Jonathan Rea aus dem ersten freien Training hatte der Türke dabei nur um 0,05 Sekunden zu unterbieten vermocht. Somit schien die Ausgangslage für am Samstag völlig offen zu sein. Doch laut Wetterprognose war mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 90 % Regen vorhergesagt worden. Bei diesen Verhältnissen galt der aktuelle WM-Leader auf seiner Yamaha als so gut wie chancenlos für eine vordere Klassierung. Am Samstagmorgen blieb es zumindest in der Qualifikation trocken. Zum ersten Mal nach acht Polepositions in Folge startet diesmal nicht Jonathan Rea von Platz 1, sondern sein früherer Teamkollege Tom Sykes auf der BMW M-1000RR vor Razgatlioglu und dem amtierenden Weltmeister. Sollte es jedoch am Nachmittag nicht regnen, rechnen alle damit, dass der Mann aus Huddersfield viele Plätze verlieren wird.

Lucas Mahias in der Kawasaki Puccetti Racing Box – der schnelle Franzose verlor im FP1 auf Kawasaki Markenkollege Johnny Rea knapp eine Sekunde (© Kawasaki Racing Team).

Die Interviews nach der Superpole
Es ist sehr wichtig, meinte Jonathan Rea zur ersten Reihe und mit Platz 3 ist er soweit einverstanden. Es werde vor allem wichtig, am Nachmittag über die Distanz zu kommen bei diesen Temperaturen, wie er in Anspielung auf die voraussichtlich nachlassenden Reifen noch anmerkte. Tom Sykes war nach seinem Sturz am Freitag natürlich überglücklich, die erste Poleposition der Saison zu holen. Sein Bike hätte perfekt funktioniert. Aber erst Mal müsse man abwarten, wie es im Rennen läuft und auch das Wetter könnte dabei eine Rolle spielen, sollte es noch feucht werden. Toprak gab sich mit Position zwei zufrieden und er sei sehr glücklich. Nun gehe es aber darum, auch im Rennen vorne mit dabei zu sein und nach diesen zwei Sätzen verschwand der wortkarge Türke auch schon wieder.

Die Superpole in Zahlen mit der Startaufstellung für die ersten beiden Läufe

Supersport 600 Rennen mit Überraschungssieger bei Regen
Toprak hatte Sorgenfalten auf der Stirn, als er 13 Runden vor Schluss des WorldSSP Laufs beobachten musste, wie starker Regen einsetzte. Während Razgatlioglu hoffen musste, dass es für das WSKB Rennen wieder abtrocknet und nicht mehr nass wird, war es Randy Krummenacher, der in der mittleren Klasse zu Rennmitte das Kommando übernahm. Der Schweizer vertrat zum ersten Mal Luca Bernardi im CM Racing Yamaha Team und vor Steven Odendaal jagte er nach seinem ersten Podium auf dem Circuito de Cataluña seit 2007. Damals hatte er vor unseren Augen, als wir einen von vielen Besuchen beim katalanischen Grand Prix erlebten, in der 125 cm³ Kategorie Rang 3 geholt. Es blieb sein einziger Podestplatz im GP Sport, bevor auf die Saison 2016 zu den Prototypen wechselte.

Harter Kampf um Platz 2 in der letzten Runde
Hinter dem siegreichen Krummenator war es am Ende Manuel Gonzalez, der vor Raffele de Rosa als zweiter die Ziellinie kreuzte. Hinter dem Italiener sah Steven Odendaal als vierter die Zielflagge, musste jedoch aufgrund eines Penaltys um seine Platzierung zittern. Der Südafrikaner wurde deshalb nur auf Rang 8 gewertet, womit er im Kampf um den WM-Titel wichtige Punkte verlor, die er auf den abwesenden Dominique Aegerter hätte gutmachen können. Der Schweizer fährt am selben Wochenende in der MotoE um den Weltcup, wird aber auch nach der Barcelona-Runde definitiv die Führung im Zwischenklassement mit einigem Vorsprung behalten.

Das überraschende Podium der WorldSSP 600 mit von links Manuel Gonzalez (P2), Sieger Randy Krummenacher (beide Yamaha) und Raffaele de Rosa (Kawasaki).

Die Interviews nach dem Supersport 600 Rennen
Raffaele de Rosa war nach Rang 3 überglücklich. Der Italiener sprach von einem schwierigen Rennen, bei wechselhaften Bedingungen, nachdem es gegen Ende wieder trocken geworden war. Ein strahlender Randy Krummenacher bedankte sich bei all seinen Sponsoren, dem Team und überhaupt jeder Person, die ihn unterstützte. Er habe ein super Gefühl auf seiner Yamaha gehabt und einfach gepusht und das Fahren geniessen können. Manuel Gonzalez sah bereits in der ersten Runde Regen und daher sei er auf den Slick-Reifen schnell zurückgefallen. Aber am Ende war es trotz sehr schwierigen Bedingungen mit Platz zwei natürlich prima gelaufen und er werde versuchen, am Sonntag zu gewinnen.

Das WorldSSP 600 Rennen in Zahlen

WM-Stand Supersport 600 Weltmeisterschaft

P, Rider, Points, Bike
1. DOMINIQUE AEGERTER 302 YAMAHA
2. STEVEN ODENDAAL 248 YAMAHA
3. PHILIPP OETTL 189 KAWASAKI
4. MANUEL GONZALEZ 178 YAMAHA
5. LUCA BERNARDI 161 YAMAHA
6. JULES CLUZEL 140 YAMAHA
7. RANDY KRUMMENACHER 109 YAMAHA
8. CAN ALEXANDER ONCU 103 KAWASAKI
9. FEDERICO CARICASULO 103 YAMAHA
10. RAFFAELE DE ROSA 93 KAWASAKI
11. NIKI TUULI 69 MV AGUSTA
12. HANNES SOOMER 57 YAMAHA
13. CHRISTOFFER BERGMAN 46 YAMAHA
14. MARC ALCOBA 40 YAMAHA
15. KEVIN MANFREDI 31 YAMAHA
16. PETER SEBESTYEN 28 YAMAHA
17. GALANG HENDRA PRATAMA 24 YAMAHA
18. VERTTI TAKALA 23 YAMAHA
19. SIMON JESPERSEN 20 YAMAHA
20. ANDY VERDOIA 14 YAMAHA
21. LOIC ARBEL 10 YAMAHA
22. MARCEL BRENNER 10 YAMAHA
23. STEPHANE FROSSARD 10 YAMAHA
24. VALENTIN DEBISE 9 YAMAHA
25. SHERIDAN MORAIS 9 YAMAHA
26. DAVID SANCHIS MARTINEZ 8 YAMAHA
27. MARIA HERRERA 7 YAMAHA
28. GLENN VAN STRAALEN 6 YAMAHA
29. FILIPPO FULIGNI 6 YAMAHA
30. MICHEL FABRIZIO 6 KAWASAKI
31. MAX ENDERLEIN 5 YAMAHA
32. ROBERTO MERCANDELLI 5 YAMAHA
33. FEDERICO FULIGNI 5 YAMAHA
34. HIKARI OKUBO 4 KAWASAKI
35. MASSIMO ROCCOLI 4 YAMAHA
36. LUCA GRUNWALD 3 SUZUKI
37. MATTEO PATACCA 3 YAMAHA
38. UNAI ORRADRE 2 YAMAHA
39. DANIEL VALLE 2 YAMAHA
40. ONDREJ VOSTATEK 2 YAMAHA
41. LUDOVIC CAUCHI 1 YAMAHA
42. OSCAR GUTIERREZ IGLESIAS 1 YAMAHA
43. LUCA OTTAVIANI 1 KAWASAKI
44. LEONARDO TACCINI 1 KAWASAKI
45. DAVIDE PIZZOLI 1 YAMAHA
46. PAWEL SZKOPEK 1 YAMAHA

Starker Regen vor dem WorldSBK Start

Als die 5-Minuten Tafel für die Schließung der Boxengasse angezeigt wird, fahren die Piloten bei strömendem Regen ihre Besichtigungsrunde zur Startaufstellung. Vor dem Wochenende in Montmelo hatte Topraks Mentor Kenan Sofuoglu noch grosse Sprüche über die zermürbende Taktik von ihm und Razgatlioglu gegenüber Rea zu Protokoll gegeben. Nun durfte man gespannt sein, wie dem als regenscheu bekannten Türken dies bei nasser Strecke gelingen wollte. Zweimal hatte Toprak in dieser Saison bereits riesiges Wetterglück gehabt, als es trotz anderer Prognose doch noch weitgehend trocken geblieben war. Nun aber sah die Welt vor dem Start zum ersten Rennen in Barcelona für ihn alles andere als rosig aus.

Für Garrett Gerloff war bereits in der sighting lap das Rennen gelaufen – der US-Boy zerstörte bei einem Highsider seine Yamaha R1 und musste dadurch auf den Start im ersten Rennen verzichten.

Die Anfangsphase mit einem überragenden amtierenden Weltmeister
Nach dem Start war Rea zuerst nur sechster, aber er führte bereits nach der ersten Runde vor Toprak. Dieser musste sich danach in einem harten Zweikampf gegen Axel Bassani zur Wehr setzen. Dahinter folgten Rinaldi, Lowes, van der Mark, Haslam, Locatelli, Sykes und Redding. Nach 5 von 20 Runden betrug der Vorsprung des Kawasaki Piloten 2,5 Sekunden auf Bassani, der sich weiterhin mit Razgatlioglu ein sehenswertes Duell lieferte. Wenig später gingen van der Mark und Lowes am viertplatzierten Rinaldi vorbei und knapp dahinter folgte bereits Leon Haslam. Der HRC Honda Pilot war kurz davor die schnellste Runde gefahren. Dahinter Scott Redding vor Tom Sykes, Andrea Locatelli, Alvaro Bautista und Lucas Mahias.

Bei abtrocknender Strecke – es wurde wieder spannend und kurz danach dramatisch
Als zu Rennmitte die Verhältnisse wieder trockener wurden, fühlte sich der Türke sofort wieder komfortabler und er konnte die Lücke zu Rea schliessen. Als noch 9 Runden zu fahren waren, lag er zum zweiten Mal nach dem ersten Umgang in Führung und dahinter ging wenig später auch Bassani am Kawasaki Ass vorbei. Während Bassani hinter ihm Druck machte, musste Toprak seine Yamaha plötzlich ausrollen lassen und damit war das Rennen für den WM-Leader vorbei. Rea wurde wenig später vom aufrückenden Rinaldi überholt und hatte knapp hinter sich nun Redding und van der Mark. Auch der Ducati Mann ging an der Kawasaki des amtierenden Weltmeisters vorbei, aber dieser musste im letzten Rennviertel nur noch in den Top fünf ins Ziel kommen, um wieder die Führung in der Weltmeisterschaft zu übernehmen.

Das Finale mit dem Ducati-Dreikampf
In der drittletzten Runde übernahm Scott Redding von Axel Bassani die Spitze, dahinter Michael Ruben Rinaldi. Mit einem Respekt-Abstand folgte der von Michael van der Mark bedrängte Johnny Rea, welcher mit aller Kraft versuchte, den Niederländer auf der besten BMW bis ins Ziel hinter sich zu lassen. Ein jubelnder Scott Redding sah als erster die Zielflagge, vor seinen Ducati Kollegen Bassani und Rinaldi. Aber auch Rea konnte mit Rang 4 zufrieden sein, den er vor van der Mark rettete. Ein am Boden zerstörter Toprak war kurz davor in seine Box zurückgekehrt und musste sich von seiner Mannschaft zuerst trösten lassen. Trotz seiner bisher besten Leistung auf nasser Strecke war er diesmal sogar leer ausgegangen und verlor die Führung in der Weltmeisterschaft damit wieder an den Nord-Iren auf der Kawasaki.

Axel Bassani (Motocorsa Racing Ducati Panigale V4R) vor dem Start auf der nur elften Position, von wo er danach die bisher beste Leistung seines Lebens zeigte und im Rennen rundenlang auf Augenhöhe mit den Besten der WSBK zu kämpfen vermochte.

Die Podiums-Interviews nach dem ersten von 3 Rennen in Barcelona
Michael Ruben Rinaldi war mit Rang 3 durchaus einverstanden, aber am Sonntag wolle er noch mehr, betonte der Italiener. Scott Redding wollte nicht, dass ihn eine Ducati schlage, sagte er mit einem Lachen. Irgendwann im Lauf des Rennens hätte er zu sich gesagt, dass er es doch noch ganz nach vorne schaffen könne, nachdem es zu Beginn nicht so ausgesehen hatte. Genau so kam es auch und seine Freude nach dem sechsten Saisonsieg sei natürlich riesig. Axel Bassani sprach von einem sehr schwierigen Rennen auf rutschiger Strecke und er hätte den Kampf mit Rea und Toprak natürlich sehr genossen. Nun sei er mit Platz 2 überglücklich und er freue sich natürlich sehr über das erste WorldSBK Podium der Karriere.

Das erste von 3 Rennen in Katalonien in Zahlen

Stand in der Weltmeisterschaft nach dem ersten Rennen in Barcelona

P, Rider, Points, Bike
1. JONATHAN REA 376 KAWASAKI
2. TOPRAK RAZGATLIOGLU 370 YAMAHA
3. SCOTT REDDING 323 DUCATI
4. ANDREA LOCATELLI 190 YAMAHA
5. MICHAEL RUBEN RINALDI 188 DUCATI
6. ALEX LOWES 186 KAWASAKI
7. TOM SYKES 167 BMW
8. MICHAEL VAN DER MARK 165 BMW
9. GARRETT GERLOFF 147 YAMAHA
10. ALVARO BAUTISTA 122 HONDA
11. CHAZ DAVIES 120 DUCATI
12. AXEL BASSANI 120 DUCATI
13. LEON HASLAM 87 HONDA
14. LUCAS MAHIAS 44 KAWASAKI
15. TITO RABAT 38 DUCATI
16. KOHTA NOZANE 37 YAMAHA
17. ISAAC VINALES 22 KAWASAKI
18. CHRISTOPHE PONSSON 18 YAMAHA
19. JONAS FOLGER 14 BMW
20. EUGENE LAVERTY 14 BMW
21. LEANDRO MERCADO 9 HONDA
22. MARVIN FRITZ 6 YAMAHA
23. LORIS CRESSON 3 KAWASAKI
24. ANDREA MANTOVANI 2 KAWASAKI
25. LUKE MOSSEY 2 KAWASAKI

Der Zeitplan für die katalanische Runde in Barcelona

Einmal mehr wurde kurzfristig die Startreihenfolge geändert (WorldSSP vor WorldSBK am Samstag) und diese Aufstellung hatten wir für die Füchse gemacht. Dabei war seit mehreren Monaten bereits bekannt, dass die MotoGP dank der fürchterlichen Fehlplanung von FIM und Dorna gleichzeitig in Misano antreten würde. Diese laufend in letzter Minute angesetzten Änderungen sind nur ein weiteres Zeugnis für die Unfähigkeit dieser Leute, vorausschauend ihre Pläne aufzustellen.

>WSBK Barcelona Vorschau siehe separaten Bericht auf dieser Seite.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).