Immer dramatischere Verletzungsserie der MotoGP
Um eines vorwegzunehmen, wir freuen uns mit vielen Fans über das neu eingeführte Tissot Sprintrace am Samstagmorgen. Dieses von der WorldSBK seit bereits 2019 bekannte und auf die Saison 2023 auch für die MotoGP übernommene Kurzrennen brachte definitiv frischen Wind in die Szene. Auf der anderen Seite findet die gleichzeitig inkraft gesetzte „Fan Parade“ vor allem unter den Piloten der Königsklasse nicht wenige Skeptiker. Laut Pramac Ducati Aushängeschild Johann Zarco könnte es mit ein Grund für die derzeit ungewöhnlich hohe Zahl an Verletzungen sein, welche die MotoGP zu beklagen hat. Immerhin stört es die Konzentration vieler Fahrer in der Vorbereitung, aber sie haben keine Wahl. Dorna und FIM haben das Sagen und diese selbstherrlichen Organisationen sind durchaus für viele Probleme der neueren Zeit verantwortlich. Unsere nachfolgende Statistik mit dem WM-Zwischenstand zeigt Ausfälle (aufgrund von Stürzen oder technischen Problemen mit „nc“ bezeichnet) und Verletzungspausen (mit „inj“ markiert) in roter Farbe. Die Zahl dieser Fälle ist im Vergleich zu früheren Jahren schlicht haarsträubend.
Honda das logische Hauptopfer des neuen Zeitplans
Bei Betrachtung unserer Grafik fällt stark auf, dass insbesondere Piloten viele Ausfälle hatten, welche auf diese Saison die Marke oder das Team wechselten. Bei Bruchpilot Jack Miller, der vor seinem riskanten Umstieg auf die KTM trotzdem früh zu beeindrucken mochte, waren (zu) viele Stürze bereits auf der Ducati sein Markenzeichen. Lassen wir zudem Marc Marquez aussen vor, gehören vor allem seine neuen Markenkollegen Alex Rins und Joan Mir nach ihrem Wechsel von Suzuki zu den Hauptbetroffenen der verkürzten Trainingsmöglichkeiten. Genauso Pol Espargaró (von Honda zu GasGas-KTM gewechselt), Alex Marquez nach seinem Umstieg von LCR Honda zu Gresini Ducati, sowie die beiden Aprilia Neuzugänge Miguel Oliveira und Raul Fernandez. Weil die Honda als besonders schwierig bei der Abstimmung gilt, leiden Rins und Mir auf der RC213V häufig am meisten. Weil neu bereits im FP1 von Beginn an attackiert werden muss und bereits im zweiten freien Training die Entscheidung für Q1 oder direkt das Q2 fällt, stieg der Druck auf alle Fahrer gewaltig. Dies ist der Preis, welchen die Piloten im Freitag für den neuen Zeitplan zahlen.
Was läuft derzeit falsch und was ist zu verbessern?
Statt in Sepang vor Saisonbeginn zu testen, was für die meisten anderen Strecken für Teams und Piloten völlig wertlos ist, sollte die Dorna besser auf Südeuropa setzen. Auf dem Autodromo do Algarve in der Nähe von Portimão kann das ganze Jahr gefahren werden, genauso im von dort sehr nahe liegenden Jerez de la Frontera. Das spart Unsummen an unnötigen Flug- und Transportkosten gegenüber der weiten Reise nach Malaysia und die Erkenntnisse aus den offiziellen Tests wären bereits früh in der Saison sehr viel wertvoller. Zudem sind Rookies und das Team oder die Marke wechselnde Piloten mit zwei oder drei Tests vor Saisonbeginn wesentlich besserer dran. Ausserdem sollte der Zeitplan umgestellt werden und hierzu wäre ein freies Training am Freitagmorgen von mindestens 40 Minuten sehr wichtig, bei welchem es noch um keine Qualifikation gehen sollte. Danach wie bisher das FP1 für Moto3, Moto2 und MotoGP wie gehabt und nachmittags ebenfalls. Statt der fragwürdigen Fan Parade um 10 Uhr am Sonntagmorgen dazu lieber das zweite Rennen der MotoE. Wir garantieren mit einer solchen Änderung, dass schlagartig Besserung in Bezug auf die dramatisch angestiegene Zahl an Verletzungen eintreten würde.
Genauso wichtig – konsequente Anwendung von Regeln
Wenn wie beim Grand Prix von Le Mans ein Mann wie Francesco Bagnaia komplett ausrastet, nachdem er gestürzt ist und auf seinen Widersacher losgeht, gehört er empfindlich bestraft. Vor allem wenn er mit den Fäusten auf einen Mann wie Maverick Viñales losgeht, der von „Pecco“ bei dessen Sturz unschuldig ebenfalls crashte. Die Fausthiebe auf seinen Helm vom amtierenden Weltmeister sind eine unglaubliche Unsportlichkeit, aber der Italiener kam straffrei davon. Dies ist ein sportlicher Skandal, den völlig unfähige und inkonsequente FIM Kommissare zu verantworten haben. Stattdessen bestrafen sie nach Lust und Laune viel zu oft die falschen für angebliche Vergehen, bei welchen andere ohne Sanktion davonkommen. Während viele Journalisten und Kommentatoren darauf anfänglich selten oder nie eingingen, gehörten wir ab 2019 bereits früh zu den Kritikern dieser fragwürdigen, viel zu oft die Resultate verfälschenden Handhabung.
Es gibt unzählige Fälle inkonsequenter Anwnedung der Regeln
Ein gutes Beispiel dafür war im Grand Prix der Niederlande die doppelte Rückversetzung von Brad Binder, als der Südafrikaner Rang 3 aufgrund seiner Berührung der grün markierten „verbotenen Zone“ erhielt (zuerst im Sprintrennen und danach am Sonntag im GP). Ein Rennen davor begingu sein Red Bull Moto2 Kollege Pedro Acosta bei seinem Long Lap Penalty exakt dasselbe Vergehen, blieb jedoch dafür unbestraft und behielt Platz 3. Derartige Vorfälle schaden nicht nur dem Rennsport, sondern auch dem Ansehen der obersten Rennsportbehörde FIM, welche dies partout nicht wahrhaben will. In Spielberg zeigte sich am ersten Juliwochenende eindrücklich, wie schlecht Track Limits für den Sport sein können, als es über 1000 sogenannter Vergehen gab und die Kommissare völlig überfordert waren, diese zu verfolgen. So kam es bei Nico Hülkenberg zur Verwarnung eines Fahrers, welcher gar nicht mehr im Rennen war, Das offizielle Rennergebnis konnte zudem erst über 5 Stunden nach Fallen der Zielflagge verkündet werden.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).
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