
Dunkle Schatten über der langweiligsten Saison der WorldSBK
Die Kommentatoren der Superbike Weltmeisterschaft hatten es nach 2022 auch im Folgejahr sehr schwer, so etwas wie Spannung herbeizureden. Von Beginn an waren bereits beim Saisonauftakt in Phillip Island (Australien) die Ducati Piloten der Konkurrenz haushoch überlegen, dass sogar die Werksfahrer gegen die privaten Panigale V4R mit dem Messer zwischen den Zähnen kämpfen musste. Zum zweiten Mal in Folge und so in der WSBK noch nie erlebt, konnte mit Alvaro Bautista ein Ducati Werkspilot Rennen um Rennen gewinnen, ohne in der Regel allzu hohe Risiken eingehen zu müssen. Mangels wie in der WorldSSP schon länger existierend, einer längst überfälligen Einführung eines Minimalgewichts für Maschine und Fahrer samt Ausrüstung, war der kleine Mann aus Talavera de la Reina meist so gut wie unschlagbar. Mit seiner MotoGP Replica, die rein für die Rennstrecke konzipiert wurde, konnte er ohne auch nur Windschatten zu benötigen, auf den Geraden oft mehrere Fahrer miteinander spielerisch leicht überholen. Durch seine gravierenden Vorteile beim Leistungsgewicht holte er auf längeren Geraden in der Regel infolge besserer Beschleunigung und höherem Topspeed locker eine halbe Sekunde pro Runde auf seine Gegner heraus. Aus diesem Grund gewann er seinen zweiten mit beinahe spielerischer Leichtigkeit und Verlierer waren am Ende damit vor allem der Sport und die Mehrheit der Fans, sowie dazu alle Gegnerteams.


Fragwürdige FIM-Entscheidungen sorgten für Kopfschütteln
In der WorldSBK wurde mit einer einseitig ausgelegten Interpretation der Reglemente durch die FIM Kommmissare der Weg zu zwei Titeln von Bautista in Folge ermöglicht. Die Konkurrenz war eigentlich bei den meisten Rennen bereits vor dem Start bereits chancenlos. Wer diese Worte bezweifelt, soll sich das zweite Rennen am Sonntag auf dem Autodromo do Algarve bei Portimão 2023 getrost nochmals zu Gemüte führen. Obwohl Yamaha Ass Toprak Raztaglioglu seinen Gegner Bautista im kurvigen Teil der Strecke wiederholt wahrhaft demütigte und immer wieder überholte, gewann der spanische Winzling im Finish dank besserer Beschleunigung und überlegenem Topspeed seiner Ducati völlig problemlos. Zudem wurde Bautista genauso wie MotoGP Ducati Werkspilot Bagnaia von den FIM Kommissaren gleich mehrfach für ihre Verletzung der Reglemente im Gegensatz zu ihren Gegnern nicht bestraft. Der absolut krasseste Fall passierte in der WSBK war in Magny-Cours bei Alvaro Bautista.

Skandalöse Fehlentscheidung der FIM Kommissare im 26. Lauf der Saison
Der Spanier hatte seinen Teamkollegen Rinaldi im Sprintrennen in Kurve 5 zu Sturz gebracht und führte danach sein Rennen einfach weiter, ohne von den FIM Kommissaren für seine Aktion bestraft zu werden. Wie in der MotoGP im Fall von Marc Marquez oder Ducati Werkspiloten oft beobachtet, wurde von den FIM Kommissaren dabei einfach ein Auge zugedrückt, was viele Beobachter als traurigen Skandal in die Geschichte des Motorradrennsports wahrnahmen. Besonders stoßend dabei ist vor allem, wie auffällig in beiden Weltmeisterschaften Ducati Werksfahrer immer wieder vor Strafen verschont blieben. Im Fall von Magny-Cours und dem von Bautista verschuldeten Crash von Rinaldi musste dieser danach sogar ins Medical Center verfrachtet und dort behandelt werden. Viele Zuschauer trauten danach ihren Augen kaum, als sie zusehen konnten, wie Alvaro auf Rang 2 abgewunken wurde und völlig unbestraft blieb.

Ein Vergleich mit 4 Jahren davor – mit zwei späteren Teamkollegen
Viele fühlten sich dabei an Jerez 2019 erinnert, als Jonathan Rea in der Zielkurve im ersten Lauf nach einem riskanten Überholmanöver Alex Lowes touchierte und dieser danach zu Sturz kam. Obwohl der Engländer später zu Protokoll gab, er sehe dies als normalen Rennunfall und Rea gebe er dabei keine Schuld, entschieden die FIM Verantwortlichen anders. Obwohl Lowes nach dem Crash wieder aufstand und das Rennen fortsetzte, wurde der damals bereits 4-fache Weltmeister bestraft. Alex sah zwar die Zielflagge als sechzehnter und Jonathan Rea wurde zuerst noch als dritter auf dem Podium und danach an der Paddock Show gefeiert. Aber am Abend erfuhr die Öffentlichkeit, dass der Kawasaki Pilot nicht nur Rang 3 an den vierten Marco Melandri verlor, sondern auch noch eine empfindliche Startstrafe für das Sprintrennen am Folgetag erhielt. Ausgerechnet bei Bautistas Heimrennen in Jerez de la Frontera musste Rea dadurch ganz am Ende des Feldes losfahren. Der Nord-Ire schaffte es trotzdem innert 10 Runden noch auf Position 4 und sicherte sich damit eine Startposition in Reihe zwei. Im folgenden zweiten Rennen am Sonntag stürzte Bautista ungefährdet in Führung liegend und Rea wurde hinter Van der Mark zweiter. Es war der Beginn einer Wende im Titelkampf und nach zahlreichen Fehlern sollte Bautista seinen schon sicher geglaubten ersten Titel für Ducati doch noch an Rea auf Kawasaki verlieren.


Bautista und sein MotoGP Gaststart 2023 – eine Lachnummer
Was passiert, wenn der kleine Spanier um jedes Hundertstel einer Sekunde kämpfen muss, konnte man bei seinem Gaststart in Sepang (Malaysia) hingegen im selben Jahr in der MotoGP beobachten. Besonders seine Darbietung am Samstag, dem 11. November 2023 im Sprintrennen war schlicht peinlich. Während sein Landsmann Alex Marquez auf demselben Motorrad dieses Rennen über 10 Runden gewann, sah Bautista die Zielflagge erst 36,5 Sekunden später. Dies bedeutete, dass der Superbike Weltmeister von 2022 und 2023 pro Runde mehr als 3,6 Sekunden auf den schnellsten Piloten des Tissot Sprintrace verlor. Dabei erinnerten sich viele sofort an die Saison 2006 beim Finale in Valencia, mit einer ganz ähnlichen Ausgangslage für den frisch gebackenen dreifachen WSBK Weltmeister Troy Bayliss. Der Australier war, genauso wie der spanische Winzling 17 Jahre später, mit der MotoGP Ducati früherer Jahre schon recht gut vertraut. Wie Bautista durfte er bestimmt davor auch noch für Tests auf der aktuellen Maschine üben. Was er danach beim Saisonfinale in Spanien daraus machte, ging als Heldentat in die Geschichte ein.

Der Vergleich mit einem anderen WSBK Weltmeister 2006
Damals gewann die WSBK Ikone Troy Bayliss als frisch gebackener Champion ebenfalls auf einer Ducati das Rennen mit einem lupenreinen Start-Ziel-Sieg. Wie der Australier hatte auch Bautista davor auf einer Ducati schon viel MotoGP Erfahrung gesammelt. Damit gab er sich in Sepang nicht nur der Lächerlichkeit preis, sondern demonstrierte dabei auch eindrücklich, weshalb er die Superbike Weltmeisterschaft zwei Jahre in Folge ungefährdet zu gewinnen vermochte. Es lag einzig am Material. Mit seinem Gewichtsvorteil und die infolge der fragwürdiger Reglements-Auslegung durch die FIM und Dorna haushoch überlegenen MotoGP Replica Panigale V4R gewann er die Mehrheit seiner Rennen vor allem dank seines überlegenen Topspeeds und exorbitant besserer Beschleunigung gegenüber der Konkurrenz. Ausgerechnet Alvaros Bezwinger des Jahres 2019 im Titelkampf machte 2012 auf Honda ebenfalls vor, wie man sich im Rahmen von Gaststarts hervorragend in Szene setzen kann. Seine Fans ärgerten sich später wohl noch jahrelang darüber, dass Kawasaki sich viel zu früh aus der Königsklasse des Straßenrennsports zurückgezogen hatte.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
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