Der amtierende Weltmeister Troy Corser (Alstare Suzuki Corona Extra) hatte im Jahr nach seinem zweiten WM-Titel wie erwartet anstelle der 11 nun die 1 auf seiner Suzuki GSX-R1000 kleben (© WorldSBK).

Die 1. Saisonhälfte von 2006 – dem 19. Jahr der WorldSBK

Spätestens die sogenannte Entry List mit den Stammfahrern für die Saison 2006 sollte zeigen, dass die Titelverteidigung für Troy Corser alles andere als ein Kinderspiel werden würde. Sein Landsmann und ebenfalls bereits zweifacher Superbike Weltmeister Troy Bayliss kehrte zusammen mit seinem früheren Teamkollegen Rubén Xaus aus der MotoGP zurück. Dazu kam mit Alex Barros für das Team Klaffi Honda ein weiterer Routinier, der viele Jahre in der Prototypen WM vorne mitgefahren war. Sehr viele Fahrer blieben der WorldSBK aus dem Vorjahr erhalten. Zu den Neuzugängen zählten der Supersport Weltmeister von 2002 Fabien Foret, sowie Craig Jones, Michel Fabrizio, Shinichi Nakatomi und Roberto Rolfo. Der australische Vizeweltmeister Chris Vermeulen war nebst dem US-Amerikaner Ben Bostrom aus dem Vorjahr der klingendste Name, der 2006 in der Startaufstellung fehlte.

Der Kalender für die Saison 2006

Gegenüber dem Vorjahr gab es so gut wie keine Änderung gegenüber dem Vorjahr. Die Veranstaltungsorte, sowie auch deren Reihenfolge blieben absolut gleich. Bis auf die Vorverlegung von Phillip Island von April auf anfangs März und Brünn eine Woche später, war es praktisch eine Kopie von 2005. Da es damals nur in Imola feucht gewesen war, eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung, alles wie bisher zu belassen. Trotzdem war dies alles andere als üblich in der Prototypen-Meisterschaft. Oft genug erfolgten in der Vergangenheit von einem aufs nächste Jahr viele tiefgreifenden Änderungen.

Saisonauftakt auf dem International Circuit of Losail in Katar

Im ersten Lauf der Saison kam es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen zwei Japanern, drei Australiern und einem Engländer. Mit James Toseland war Letzteres der Weltmeister von 2004, der am Ende hauchdünn die Nase vor Troy Bayliss hatte. Der neu für Ten Kate Honda angetretene Mann aus Kiveton Park in Sheffield war damit die Überraschung des Rennens. Der erneut für das Ducati Werksteam antretende Bayliss konnte immerhin seine Landsleute Andrew Pitt und Troy Corser hinter sich halten. Für Letzteren war das verpasste Podium als amtierender Titelhalter natürlich eine Enttäuschung. Rookie Michel Fabrizio wurde fünfter vor seinem Honda Markenkollegen Alex Barros, dem brasilianischen Newcomer, der aus der MotoGP in die WorldSBK gewechselt hatte. Nachfolgend das Resultat vom 1. Rennen der Saison.

Nicht belohnt für ihre starken Leistungen wurden beim Saisonauftakt die beiden Japaner Haga und Kagayama, welche bis kurz vor Ende noch um die Führung gestritten hatten (© WorldSBK).

Das zweite Rennen von Losail
Während Yukio Kagayama mit Kupplungsproblemen aufgeben musste, lief es seinem Landsmann Nori Haga diesmal besser. Hinter den beiden Troys, wobei das Suzuki Ass diesmal gewann, wurde der Yamaha Pilot diesmal dritter. Toseland blieb der undankbare 4. Platz vor Pitt, Lanzi, Barros und Fabrizio. Karl Muggeridge wurde achter vor Rubén Xaus, Norick Abe, Fonsi Nieto und Roberto Rolfo. Max Neukirchner war genauso gestürzt wie Frankie Chili und Rookie Craig Jones.

Start zum 2. Lauf in Losail, damals wurde noch bei Tageslicht gefahren (© WorldSBK).

WM-Runde 2 in Down Under

Der amtierende Weltmeister gewann das erste Rennen vor Alex Barros und James Toseland. Es war Troy Corsers bereits 33. Sieg und sein siebter auf der von ihm so geliebten Strecke in seiner Heimat. Niemand konnte damals ahnen, dass es sein allerletzter sein sollte, obwohl er noch für sehr lange dem Paddock der WorldSBK angehören würde. Toseland wurde dritter vor Haga, Rolfo und einem enttäuschten Troy Bayliss. Der Lokalmatador hatte bis zur 16. von 22 Runden geführt, bevor er auf P6 zurückgefallen war. Siebter wurde Rubén Xaus vor Fonsi Nieto, Andrew Pitt, Chris Walker und Lorenzo Lanzi. Nur als elfter kam Suzuki Ass Kagayama durchs Ziel, gefolgt von Régis Laconi, Steve Martin und Michel Fabrizio.

Von uns am 29. Februar 2020 in Phillip Island fotografiert – Troy Bayliss als Co-Kommentator mit Michael Hill an der Paddock Show der ersten WM-Runde in Australien. Ein wahrhaft hochkarätiger Gast, den der Engländer bei dieser Gelegenheit am Mikrofon hatte, um das Rennen zu begleiten.
Ein überraschendes Poster, was auch das Titelblatt des Programmhefts zierte. Mit Andrew Pitt auf der Yamaha YZF-R1 statt einem der zweifachen Weltmeister Bayliss (Ducati) und Corser (Suzuki). Grund dafür war, dass Yamaha der Titelsponsor des Events von Phillip Island war. Eine Lange Partnerschaft, wie wir selbst 2020 vor Ort feststellen sollten. Wir waren zu Besuch, als es Ende Februar zur letzten Veranstaltung vor endgültigem Ausbruch der Corona-Pandemie hier kam.
Die beiden Australier mit demselben Vornamen, links Bayliss und rechts Corser, auf der Zielgeraden von Phillip Island mit ihrer Nationalflagge (© WorldSBK).

Der zweite Lauf von Phillip Island
Nachdem anfänglich noch James Toseland geführt hatte, war es Troy Bayliss, der mit einer Wut im Bauch nach vorne preschte und am Ende mit über 5 Sekunden Vorsprung auf den Engländer gewann. Troy Corser als Sieger des 1. Rennens und bis dahin WM-Leader fiel in Runde 3 durch Sturz aus. Die Führung im Zwischenklassement hatte nun sein Landsmann Bayliss inne, nur einen Punkt vor Toseland, der hinter diesem zweiter geworden war. Sein zweites Podium der Saison holte Alex Barros vor Haga, Pitt, Kagayama, Rolfo und Xaus. Rang 9 ging an Fonsi Nieto vor Walker Fabrizio und Abe. Der für das Team von Lucio Pedercini 2006 neu auf einer Ducati angetretene vormalige Honda Fahrer Neukirchner wurde enttäuschender 13. Während der Deutsche im Vorjahr hier noch mit den Rängen 4 und 3 glänzte, war er in Australien diesmal nicht über 3 Punkte hinausgekommen.

Alex Barros in der Klaffi Honda Box – der Brasilianer stellte seinen Vorgänger Neukirchner gleich zu Saisonbeginn deutlich in den Schatten und vermochte nach dem Wechsel aus der MotoGP auf Anhieb mit soliden Leistungen beeindrucken (© WorldSBK).

Der Europa-Auftakt mit der 3. WM-Runde in Valencia

In seiner Heimat wollte Rubén Xaus nach verpfuschtem Saisonbeginn unbedingt beweisen, wozu er noch fähig war. Immerhin schaffte es der Katalane nach anfänglich nur 14. Position am Ende noch bis auf Rang 7. Die Show stahl ihm am Sonntagmittag jedoch sein ehemaliger Ducati Teamkollege. Troy Bayliss lag zu Beginn lange in der Lauerstellung hinter Leader Corser. In der fünftletzten Runde machte der MotoGP Rückkehrer dann ernst und ging an seinem Landsmann vorbei in Führung. Diese gab er bis ins Ziel nicht mehr ab und sein Vorsprung auf den Suzuki Piloten betrug am Ende 2.765 Sekunden. Dritter wurde Lorenzo Lanzi auf der zweiten Xerox Werks-Ducati vor den drei Japanern Abe, Haga und Kagayama. Hinter Xaus auf Rang 8 landete Laconi vor Toseland, Pitt, Barros, Nakatomi und Fabrizio.

Das zweite Rennen von Valencia
An der Spitze lief es ganz ähnlich wie im 1. Lauf, als bis zwei Runden vor Schluss der amtierende Weltmeister führte und danach erneut sein Vornamensvetter an ihm vorbeizog. Troy vor Troy und Ducati vor Suzuki hiess es danach wieder und dritter wurde wie im ersten Rennen wieder Lorenzo Lanzi, der kurz vor Schluss noch Norick Abe von Position 3 verdrängt hatte. Platz 5 ging an Nori Haga, vor Fonsi Nieto, Chris Walker, Régis Laconi und Andrew Pitt. Achter wurde Fabrizio vor Toseland, Nakatomi und Fabien Foret, dessen zweiter Alstare Suzuki Teamkollege Kagayama 7 Runden vor Schluss gestürzt war. Alex Barros kompklettierte die Punkteränge mit Rang 14 vor Petronas Fahrer Steve Martin.

Yukio Kagayama (Alstare Suzuki Corona) – der japanische Teamkollege von Troy Corser konnte in seinem zweiten Jahr für das Suzuki-Werksteam nicht an seine sensationellen Resultate zu Beginn der Saison 2005 anschliessen. Damals hatte er nach den ersten sieben Rennen einen Sieg und weitere 5 Podestplätze geholt (© WorldSBK).

WM-Runde 4 im königlichen Park von Monza

Vor den zahlreich erschienenen Tifosi und Ducati-Fans wollte Troy Bayliss natürlich zeigen, wer der „Herr im Hause“ im Land des Ducati Werks war. Nach dem bei der ersten Zielpassage noch sein Landsmann Corser auf der Suzuki in Führung gelegen hatte, machte der Ducati Werksfahrer ernst und zog an diesem vorbei. Bayliss blieb an der Spitze und gewann den 4. WM-Lauf in Folge. Hinter ihm hatte am Ende sogar Alex Barros noch Troy Corser abgefangen und holte sich Platz 2. Vierter wurde „Nitro Nori“ Haga vor seinem Yamaha Teamkollegen Andrew Pitt, Karl Muggeridge, Régis Laconi und Roberto Rolfo. Lorenzo Lanzi musste sich in seiner Heimat mit Rang 9 begnügen vor Shinichi Nakatomi, Chris Walker, Sébastien Gimbert und Fabien Foret. In der ersten Runde hatte es einen Massensturz gegeben, dem Gianluca Nannelli, Neukirchner, Abe, Fabrizio, Vittorio Iannuzzo, Rubén Xaus und Fonsi Nieto zum Opfer fielen.

Shinichi Nakatomi (Yamaha YZF-R1) – der Japaner holte in Monza das erste Top Ten Resultat seiner Karriere (© WorldSBK).

Der zweite Lauf von Monza
Erneut stritten sich die beiden Troys mit dem Messer zwischen den Zähen um den Sieg und schon wieder hatte dabei am Ende Bayliss auf der Ducati 999 F06 die Nase vorne. Mit seinem 5. Sieg in Folge hatte der MotoGP Rückkehrer nach dem 1. Saisondrittel damit seine Führung im WM-Zwischenklassement auf mittlerweile 36 Punkte auf den amtierenden Weltmeister ausgebaut. Max Neukirchner war diesmal mit einem technischen Problem ausgefallen. Für das offizielle Resultat des 8. Rennens siehe nachfolgendes Blatt.

Régis Laconi war durch einen Elektrikschaden ausgefallen. Der Vizeweltmeister von 2004 erlebte im PSG-1 Kawasaki Corse Team definitiv eine schwierige Saison (© WorldSBK).
Im königlichen Park von Monza führte hier im Bild Troy Bayliss (Ducati) vor Troy Corser (Suzuki) und Honda Pilot Karl Muggeridge, alle drei aus Australien. Es waren die goldenen Jahre der Fahrer aus Down Under in der Superbike WM (© WorldSBK).

WM-Runde 5 in Silverstone

Diesmal sah es lange danach aus, als würde Noriyuki Haga endlich seinen 20. Sieg der Karriere einfahren. Aber Troy Bayliss war damit nicht einverstanden und überholte den japanischen Publikumsliebling in der 19. von 28 Runden. Der Australier gab die Führung bis ins Ziel nicht mehr ab, es war sein bereits 6. Sieg in Folge. Platz 3 hinter Haga ging an James Toseland vor Xaus, Pitt, Walker, Laconi und Muggeridge. Neunter wurde Barros vor Abe, Nieto, Tommy Hill (Yamaha) und Lorenzo Lanzi.

Das zweite Rennen von Silverstone
Es wurde der dritte Doppelsieg nacheinander für Troy Bayliss, vor Haga, Toseland, Pitt und Barros. Mit Platz 6 musste sich diesmal Corser begnügen, vor Xaus, Muggeridge, Nieto und Abe. Tommy Hill wurde zwölfter vor Kagayama, Laconi, Fabrizio und Lanzi. Neukirchner hatte an der Box aufgegeben und sollte erst wieder in Assen auftauchen, dann aber für ein anderes Team. Mit nur 9 Punkten in der ersten Saisonhälfte war er für das Pedercini Team eine einzige Enttäuschung geworden. Ein Top Ten Resultat und dazu ein 13. Rang in 12 Rennen war schlicht zu wenig vom Stollberger.

Die beiden Troys, hier wie meist Bayliss (Xerox Ducati) vor Corser (Alstare Suzuki Corona) – es sah nach 5 von 12 Runden alles nach einer Wachablösung und einem 3. Titel für den jüngeren der beiden aus (© WorldSBK).

Die 6. Runde an der Adriaküste

Auf dem Autodromo di Santamonica, wie er damals noch hiess, wurde zum letzten Mal in Gegenuhrzeigersinn gefahren. In den vorherigen 28 Rennen hatte 22 Mal eine Ducati gewonnen, dreimal eine Honda, zweimal eine Aprilia und ein einziges Mal mit Scott Russell 1994 eine Kawasaki. Es war Troy Bayliss, welcher Sieg Nummer 23 beisteuerte und damit seine Bilanz auf 4 Triumphe zum Rekordhalter in Misano per 2006 aufpolierte. Das Podest komplettierten James Toseland und Yukio Kagayama vor Alex Barros, Nori Haga und Régis Laconi. Nachfolgend das offizielle Resultat des 1. Rennens von Misano.

Mit Nakatomi, Fabrizio, Walker und Corser waren insgesamt 4 Fahrer durch Sturz ausgeschieden. Der amtierende Weltmeister auf der Suzuki verlor dadurch natürlich noch mehr an Boden auf seinen Landsmann und WM-Leader Bayliss (© WorldSBK).
Alex Barros (Klaffi Honda) vor James Toseland (Winston Ten Kate Honda) – der Brasilianer war dem Weltmeister von 2004 im Zwischenklassement nahe auf den Fersen und erreichte das Ziel nicht selten vor dem Engländer (© WorldSBK).

Der zweite Lauf von Misano
Zum erst zweiten Mal seit Lauf 1 in seiner Heimat schaffte es Bayliss diesmal nicht aufs Podest. Nach einer Runde hatte er die Ziellinie auf Position 6 gekreuzt. Kurz nach Rennmitte lag der Australier auf Platz 2, bevor er es übertrieb und wenig später stürzte. Er konnte sich danach wieder aufrappeln und weiterfahren, aber am Ende musste er sich mit Rang 12 begnügen. In seiner zweiten WM-Saison holte sich mit Andrew Pitt dessen Landsmann seinen ersten WorldSBK Sieg der Karriere. Platz 2 ging an Alex Barros vor Haga, Walker, Kagayama und Fabrizio. Lorenzo Lanzi wurde siebter vor Toseland, Xaus, Foret und Nieto. Hinter Bayliss auf P13 landete Abe vor Muggeridge, Rolfo und Iannuzzo.

Andrew Pitt (Yamaha Motor Italia) – der Supersport Weltmeister von 2001 vermochte in seiner 2. Saison in der höheren Kategorie absolut zu überzeugen. Als WM-Achter im Vorjahr lag er nach seinem Sieg in Misano gar auf dem 6. Zwischenrang (© WorldSBK).

WM-Halbzeit mit einem klaren Leader

Es war nicht der Titelverteidiger auf seiner Suzuki, sondern sein Landsmann und Kontrahent Bayliss auf der Ducati, welcher das Zwischenklassement deutlich anführte. Mit 254 Punkten lag er beinahe deren 100 vor Nori Haga (160) als nächstem Verfolger auf Position 2. Mit 157 Zählern folgte Toseland vor Corser (149), Barros (146) und Pitt (128). Suzuki Pilot Yukio Kagayama als WM-Fünfter des Vorjahres totalisierte bis dahin erst 56 Punkte. Ganze fünfmal war der Japaner in der ersten Halbzeit punktelos geblieben und hatte damit die Chance verloren, um die vordersten WM-Ränge mitzukämpfen.

Troy Bayliss (Xerox Ducati) – eine beinahe perfekte erste Saisonhälfte im Ducati-Werksteam mit 8 Siegen und zwei weiteren Podestplätzen in den ersten 12 Rennen (© WorldSBK).

>>weiter siehe in Kürze Teil 38 über die Geschichte der WorldSBK