Teil 2 zu 1988 – dem 1. Jahr der Superbike WM

Nach dem Rennen von Sugo in Japan ging es in Europa mit der zweiten Halbzeit und 2 Europa-Runden weiter, bevor das Finale in Australien und Neuseeland bevorstand. Im WM-Zwischenklassement führte Davide Tardozzi (Bimota) vor US-Boy Fred Merkel (Honda), Fabrizio Pirovano (Yamaha), Marco Lucchinelli (Ducati) und Stéphane Mertens (Bimota). TT-Legende Joey Dunlop lag immer noch auf Rang 6 hinter dem Belgier. Aber der Nord-Ire hatte nach den ersten drei Runden auf eine Fortsetzung in Österreich und Sugo verzichtet, nachdem er in Donington Park, auf dem Hungaroring und in Hockenheim noch teilgenommen hatte.

Fred Merkel, am 28. September 1962 in Stockton, Kalifornien geboren, war im Paddock überall eine der farbigsten Figuren – hier eine Aufnahme aus seiner Zeit in der AMA. In seiner Heimat wurde er mehrfacher Superbike Meister und schlug dabei unter anderem Fahrer wie Eddie Lawson, Wayne Rainey und Kevin Schwantz.
Der Kalender der ersten SBK-Weltmeisterschaft hatte noch überschaubare 9 Runden. Hauptinitiator und Rechte-Inhaber der Serie war der US-Amerikaner Steve McLaughlin, selber ehemaliger Superbike Pilot in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Le Mans – die WSBK-Runde 6 in Frankreich

Mit dem Circuit Bugatti in Le Mans stand eine traditionsreiche Strecke als nächste Station im Kalender für die sechste von 9 Runden der Superbike Weltmeisterschaft. In Frankreich gab es diesmal eine Besonderheit, weil nur ein Lauf ausgetragen wurde und dabei ausnahmsweise nicht wie nach dem Saisonauftakt in Donington nur halbe Punkte zu gewinnen waren. Es war ein Regenrennen, welches um 15:30 Uhr erst gestartet wurde. Während Pirovano gewann, holte der Franzose Eric Delcamp auf Kawasaki mit Platz 2 hinter dem Italiener das zweite Podium für Frankreich und das Kawasaki Team France. In Ungarn war es Adrien Morillas gewesen, der dort am 30. April 1988 das 2. Rennen sogar gewonnen hatte. Der Belgier Stéphane Mertens sicherte sich mit Platz 3 sein viertes Podium der Saison vor Alex Vieira, Christophe Bouheben und Fred Merkel (alle Honda).

Die Kathedrale von Le Mans, unbedingt einen Besuch wert, genauso die links im Bild beginnende Altstadt.
Davide Tardozzi (Bimota) – der Italiener gab nach Saisonhalbzeit seine Position als WM-Leader ab und verlor danach immer wieder wichtige Punkte. So auch in Le Mans, wo der spätere Ducati Manager nicht über Rang 12 hinauskam. Die WM-Führung nach der 6. WM-Runde übernahm daher sein Landsmann Fabrizio Pirovano auf Yamaha (© WorldSBK).

Runde 7 in Estoril – das letzte Europarennen der Saison

Am 11. September 1988 fand die WM mit Runde 7 in Estoril mit dem letzten Europarennen seine Fortsetzung. Mit Stéphane Mertens und Davide Tardozzi teilten sich die beiden Piloten auf der Bimota YB4 die beiden Laufsiege in Portugal. Der 5-Ventil Vierzylinder Yamaha Motor dieses Bikes war ein Sahnestück, der Autor dieses Artikels kann davon ein Liedchen singen. Mit dem Bimota Fahrwerk in Kombination mit dem Yamaha-Triebwerk war der Italiener in dieser Saison der Mann, den es zu schlagen galt. Mit vier Siegen bis zum Autodromo do Estoril und bis dahin weiteren Podiums-Platzierungen schien Tardozzi auf dem Weg zum Titel zu sein. Doch es waren noch zwei Rennen zu fahren und viel weiter konnten diese fast nicht von Europa entfernt sein, als sie es mit Australien und Neuseeland waren.

Stéphane Mertens auf der Bimota YB4 war einer der beständigsten Fahrer der ersten WSBK Saison 1988. Mit fünf Podestplätzen und einem Sieg kämpfte der Belgier zusammen mit seinem Teamkollegen Davide Tardozzi um den ersten Superbike Titel der Geschichte (© WorldSBK).

Das WM-Vorfinale mit der vorletzten Runde in Australien

Die Strecke in Australien war nur gerade 2,649 km lang, womit eigentlich nicht WM-würdig. In Oran Park landete ein junger Mann einen Doppelsieg, der einige Jahre später in der Motorrad-Weltmeisterschaft seine Gegner zur Verzweiflung bringen sollte. Sein Name war Michael Doohan und er trat auf einer Yamaha bei seinem Heimrennen an. Bereits bei seinem Einsatz im japanischen Sugo war ihm ein Laufsieg gelungen. Auf der heimischen Strecke südwestlich von Sydney war der damals 23-jährige Australier unschlagbar. Für das Marlboro Yamaha Dealer Team holte Quick Mick, wie er bald genannt werden sollte, auf der Yamaha FZR 750 einen lupenreinen Doppelsieg. Bester Ausländer war im ersten Rennen Fred Merkel mit Rang vier.

Für Fred Merkel kam es im zweiten Rennen noch besser, weil er diesmal sogar vor Rob Phillis auf seiner Kawasaki Rang 3 schaffte. Die vielen schnellen Australier und der Neuseeländer Goodfellow schnappten den europäischen Konkurrenten des US-Amerikaners kräftig Punkte weg. Besonders Tardozzi musste mit den Rängen 11 und 10 gewaltig Federn lassen.

Vor dem Final-Event in Neuseeland war es nun unglaublich spannend, lagen doch die ersten 4 Fahrer im Zwischenklassement nur gerade 10,5 Punkte auseinander.
Im ersten Jahr der Superbike Weltmeisterschaft 1988 siegte dieser junge Mann aus Australien auf Yamaha mit jeweils über 20 Sekunden Vorsprung auf seinen nächsten Verfolger und Landsmann Michael Dowson. Aus Michael Doohan wurde kurz danach Mick und auf Honda sollte er 6 Jahre danach zum ersten von 5 Malen in Folge 500 cm³ Weltmeister werden (© WorldSBK).

Bereit zum Showdown im Land der Kiwis

Mit 86 Punkten führte immer noch Davide Tardozzi, doch dicht auf den Fersen klebten ihm sein Landsmann Pirovano und Fred Merkel mit nur 2,5 Zählern Rückstand. Während Marco Lucchinelli bereits aus dem Rennen um die WM war, hatte zudem Stéphane Mertens noch halbwegs intakte Chancen. Doch der Belgier musste mit 75.5 Punkten darauf hoffen, dass die vor ihm liegenden Piloten kurz vor Schluss strauchelten. Mit Manfeild in Neuseeland hätte der Austragungsort für das WM-Finale kaum exotischer sein können. Die Entry List war damals erwartungsgemäss durchaus überschaubar. Nebst 4 Briten inklusive dem Nord-Iren Robert Dunlop hatten sich die beiden italienischen WM-Aspiranten Tardozzi und Pirovano zusammen mit dem Belgier Stéphane Mertens eingefunden. Bis auf den Kanadier Douglas war US-Boy Fred Merkel ansonst der einzige, der nicht aus Australien oder Neuseeland kam

Marco Lucchinelli (Ducati) 1988 auf dem Österreich-Ring – der ehemalige 500 cm³ Pilot gewann nach der Gesamtwertung von Donington auch das erste Rennen in Spielberg. Im zweiten Rennen auf dem heutigen Red Bull Ring kam er jedoch nur 5 Runden weit und verlor wichtige Punkte, um bis zum Schluss um die WM mitzukämpfen (© WorldSBK).

Die Entscheidung um den Weltmeistertitel in Manfeild

Fred Merkel gewann mit dem ersten Rennen seinen erst zweiten WM-Lauf der Saison und übernahm damit knapp vor Tardozzi die WM-Führung. Zweiter war Pirovano geworden, während sich mit Lokalmatador Gary Goodfellow (Honda) und dem Australier Rob Phillis (Kawasaki) noch zwei Fahrer vor Tardozzi und Mertens setzen konnten. Damit war der Belgier bereits aus dem Rennen um den Titel und der letzte Lauf der Saison musste über den Titel entscheiden.

Den letzten WM-Lauf der Saison gewann Stéphane Mertens vor dem Aussie Malcolm Campbell (Honda) und Kawasaki Pilot Rob Phillis. Mit Platz 5 sicherte sich der US-Amerikaner Fred Merkel auf Honda den ersten Titel als Superbike Weltmeister der Geschichte. Tardozzi war gestürzt und Pirovano nicht über Rang 13 hinausgekommen.

Wie für Fred Merkel die Vorstufe für seinen ersten WM-Titel aussah – als AMA Superbike Champion auf Honda dominierte er in den USA ab 1984 dreimal nacheinander. Schon damals war Konstanz seine Stärke, als er seinem ersten Meisterschaftsjahr neunmal in die Top 5 fuhr und zwei Finalrennen gewann. Vor seiner AMA-Superbike Karriere war er 1983 fünfter der Formula 1 Championship geworden. Mit dem internationalen WorldSBK WM-Titel krönte er seine Laufbahn endgültig und trat im Jahr danach mit der Nr. 1 auf seiner Honda als Titelverteidiger an.
Nochmals Fred Merkel auf Honda in der AMA Superbike Meisterschaft – in den frühen 1980-er Jahren hatten die Bikes nur eine Lenkerverschalung.

Die Rangliste der ersten Superbike Weltmeisterschaft 1988 – P1 bis 36

Das Podium des ersten Superbike Rennens der Geschichte in Donington mit von links Sieger Marco Lucchinelli, Fred Merkel (P2) und dem dritten Joey Dunlop (© WorldSBK).

Rang 37 bis 68

Beim Superbike Event von Imola wurde 2019 die Honda VFR 750 RC 30 von Fred Merkel im Paddock präsentiert, mit welcher Fred Merkel die ersten zwei Titel in den Jahren 1988 und 1989 geholt hatte.

Das Jahr 1989: http://www.motoracers.eu/wsbk-story-teil-3/