Fabrizio Pirovano (Yamaha FZR750) war nach einem gewissen Michael „Mick“ Doohan (im zweiten Rennen von Sugo/Japan, dem 10. Lauf der WSBK-Geschichte) der zweite Pilot, welcher für Yamaha einen Lauf zur Weltmeisterschaft der Superbike gewann. Der schnelle Italiener entschied 1988 das elfte Rennen der Saison in Le Mans (Frankreich) im Regen für sich und wurde vor Davide Tardozzi (auf einer Bimota YB4EI mit Yamaha Motor) in diesem ersten Jahr der WorldSBK Vizeweltmeister. Bereits damals fanden mit Sugo (JAP), Oran Park (AUS) und Manfeild (NZL) 3 von 9 Runden ausserhalb von Europa statt (© WorldSBK).

Suboptimale Planung von FIM und Dorna der WorldSBK

Für das 36. Jahr der seriennahen Weltmeisterschaft beginnt die Saison kommendes Jahr sehr früh. Die ersten beiden Runden finden zudem genau in umgekehrter Reihenfolge zum Vorjahr statt. Während das Event von Phillip Island (Australien) nach dem indonesischen Wochenende auf der Insel Lombok (Indonesien) 2022 das Finale bildet, beginnt ein Jahr danach die Saison in Down Under. Auf den ersten Blick wirkt der noch provisorische und laut FIM und Dorna vorerst unvollständige Kalender halbwegs ausgewogen. Vor allem beginnt die Saison wie 2020, als nach dem Saisonauftakt in Australien danach die Covid-19 Pandemie ein Chaos auslöste, bereits sehr früh am letzten Februar-Wochenende. Vorerst nicht mehr im Kalender ist Estoril (Portugal) aufgeführt, was jedoch nicht bedeuten muss, dass diese 2022 noch im Mai durchgeführte Runde komplett entfällt.

Der provisorische Kalender für die Saison 2023 der WorldSBK, mit laut FIM und Dorna einer noch fehlenden Runde. Diese soll zwischen Frühling und Herbst stattfinden und San Juan in Argentinien wird das Finale einer Saison mit voraussichtlich 12 Runden bilden. Überraschungen wie in der MotoGP – mit den neuen Events in Kasachstan und Indien – blieben bis auf einige Umverteilungen diesmal aus. Auf dem Motorland Aragon dürften die Fans jedenfalls weniger frieren, als in den Vorjahren. Dafür ist auf dem Circuito de Cataluña in Montmeló bei Barcelona diesmal bereits anfangs Mai Action angesagt und nicht erst zweite Hälfte September.
Von unserem Abstecher 2020 nach Phillip Island (Australien) auf einem Rundgang um die Strecke – mit im Hintergrund der Bass Strait. Zusammen mit Donington Park einer der schönsten Circuits überhaupt, aber natürlich für die meisten europäischen Fans fast unerreichbar. Leider waren Essen und Hotel bei unserem Trip teuer und sehr schlecht. Ähnliches galt auch für Alcaniz beim Motorland Aragon, wo es bezüglich Übernachtungsmöglichkeiten absolut am schlimmsten im Vergleich zu anderen Events aussieht.

Sehr lange Pause und viele Terminkollisionen

Auf den zweiten Blick und deshalb haben wir nachfolgend auch den kombinierten Kalender mit der MotoGP zusammengestellt (noch ohne 12. Runde der WorldSBK, da diese noch nicht feststand) zeigt sich kein positives Bild der Planung seitens der Verantwortlichen. Nicht weniger als 4 Runden kollidieren im Kalender, was vor allem für den 9. und 10. September ein grosses Problem darstellt. Mit der WorldSBK-Runde in Magny-Cours bei Nevers im Burgund und dem Grand Prix von San Marino finden sogar zwei Europa-Runden am selben Wochenende statt. Somit schafften es FIM und Dorna ein weiteres Mal nicht, einen ausgewogenen Kalender für die beiden Serien zusammenzustellen. Dies ist für Berichterstatter, Fans und natürlich vor allem die WorldSBK erneut sehr ärgerlich.

Der kombinierte Kalender der WorldSBK- und MotoGP (in Hellblau) Strassenweltmeisterschaft für 2023, mit sehr vielen Überschneidungen in der zweiten Saisonhälfte für die beiden Serien. Dies hat vor allem für Teams, Fahrer und Sponsoren viele Nachteile, da die populärere Prototypen-WM die seriennahe Weltmeisterschaft damit förmlich kannibalisiert. Seitens FIM und Dorna aber absolut nichts Neues, die Protagonisten und Fans sind sich dies bereits seit längerer Zeit gewohnt. Schade ist es jedoch trotzdem.

Die empfehlenswertesten WorldSBK Events

Trotz erneut frühem Termin in der zweiten Aprilhälfte, dürfte für Europäer vor allem Assen als einer der absoluten Klassiker eines der attraktivsten Wochenenden darstellen. In den Niederlanden passt für die Fans in der Regel schlicht alles. Die Verpflegung ist im Gegensatz zu Barcelona (2022 gab es dort beim Haupteingang, dem einzigen überhaupt, mit nur einem offenen Tor, lediglich einen Stand, der vor allem am Sonntag stundenlange Warteschlangen provozierte) hervorragend und die Stimmung ist in der „Cathedral of Speed“ kaum zu übertreffen. Der Klassiker Donington in England (mit 1988 dem ersten Rennen der WorldSBK Geschichte) unbedingt und auch Most mit den vielen Naturtribünen kann auf jeden Fall empfohlen werden. Dazu natürlich die Frankreich-Runde in Magny-Cours, auf einem sehr speziellen Kurs. Der Autodromo do Algarve in Portugal aus ähnlichen Gründen wie Barcelona hingegen nur bedingt.

Unser Blick auf den einzigen offenen Verpflegungsstand innerhalb der Haupttribüne von Portimão in einer der Rennpausen spricht Bände. Wie in Barcelona im September 2022 waren aus Spargründen sämtliche anderen Verkaufsstände geschlossen und die Fans mussten endlos lange anstehen. Genau wie der katalanische Circuito de Cataluña ist der Autodromo do Algarve eine schöne und sehenswerte Strecke, aber für die Fans wird schlicht zu wenig getan.
Unser Schnappschuss vom katalanischen WorldSBK-Rennen mit im schwarzen T-Shirt einer von den Fans völlig unentdeckten WSBK-Ikone als Zuschauer der Paddock-Show – Troy Bayliss sah sich das WSSP Rennen an, bei welchem sein Sohn leider durch Sturz ausschied. Am australischen Wochenende von 2020 hatten wir ihn noch als Gastkommentator fotografiert.

Wie geht es sportlich weiter?

Durch eine fragwürdige Auslegung des technischen Reglements durch die FIM wurde Ducati gegenüber der Konkurrenz klar bevorteilt. Auch wenn praktisch sämtliche Medien und Kommentatoren es ihren Lesern und Zuhörern laufend vorgaukelt, der Wettbewerb ist seit 2019 absolut verfälscht. Und das Märchen von der „Ducati Power“ hat in der WorldSBK genau einen einzigen und leider sportlich aus Sicht vieler Fans wertlosen Hintergrund. Man sieht es von blossem Auge, wenn man Alvaro Bautista auf den langen Geraden an sämtlichen Gegnern förmlich vorbeifliegen sieht. Deutlich mehr Drehzahl seiner Panigale V4 gegenüber allen Konkurrenten in Kombination mit seinem Fliegengewicht wirken wahre Wunder. Auf der anderen Seite wurde Rekordweltmeister Johnny Rea auf seiner seit 2021 komplett erneuerten Kawasaki ZX-10RR komplett eingebremst und sein Motor förmlich kastriert. Deshalb und weil Bautista im Gegensatz zu 2019 fast fehlerfrei blieb, war die Saison 2022 eine der langweiligsten der Geschichte. Daran dürfte sich auch im kommenden Jahr wenig ändern.

Gelb hinterlegt die künstliche Kastration des Weltmeister-Fabrikats von 2015 bis 2020 – trotz komplett neuem Modell wurde nur wenige Tage vor Saisonbeginn 2021 Kawasaki praktisch sämtlicher Chancen auf einen erneuten Titel beraubt. Völlig heimtückisch durch die FIM wurden damit auch alle Vorsaisontests der Grünen so gut wie wertlos, weil Übersetzungen durch die Drehzahlreduktion allesamt nicht mehr passten. Das Resultat waren unzählige Stürze des amtierenden Weltmeisters Jonathan Rea und auch 2022 eine absolute Chancenlosigkeit auf schnellen Strecken gegenüber der Konkurrenz. Bereits in den späten 1960-er Jahren hatte die FIM die japanischen Fabrikate im Grand Prix Sport vor den Kopf gestossen. Ein halbes Jahrhundert später folgte der nächste Streich.
Der Blick auf die 5-Zylinder 125 cm³ GP-Honda von 1966 – ein technisches Wunderwerk und selbst der japanischen Konkurrenz damals überlegen. Der Schweizer Rennzwerg Luigi Taveri gewann die WM dieses Jahres vor Winzling Bill Ivy (England) auf Yamaha deutlich, der im Jahr darauf den Titel holte. Honda hingegen konzentrierte sich ab 1967 nur noch auf die mittlere und grössere Klassen. Mit Erfolg, wie der WM-Titel in der 250-er Klasse von Mike „the Bike“ Hailwood auf der 6-Zylinder Viertakt-Honda bewies. Als vor der Saison 1968 die FIM eine drastische Reglementsänderung zur Eliminierung der japanischen Dominanz beschloss, entschieden sich Honda und Suzuki zum Ausstieg aus der Weltmeisterschaft, was ein sportlicher Skandal bedeutete. Gegen die Dominanz von MV Agusta in der Königsklasse unternahm die oberste Motorsportbehörde hingegen nie etwas, obwohl deren Fahrer teils mit Minutenvorsprüngen Rennen um Rennen gewannen.