Die Ausgangslage vor der zweiten echten Motorrad-Weltmeisterschaft
Weil die erfolgreichsten Piloten und Werke der letzten Vorkriegsjahre bis 1939 in den ersten 4 Jahren der ab 1949 neu eingeführten Motorrad-Weltmeisterschaft nicht teilnahmeberechtigt waren, fällt es schwer diese Bezeichnung dafür zu akzeptieren. Die Deutschen hatten im letzten Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg mehr als die Hälfte der Rennen der damaligen Europameisterschaft gewonnen und nebst ihren Werken waren auch viele ihrer besten Piloten danach wieder aktiv. Trotz äußerst bescheidener Mittel bewiesen vor allem NSU und DKW samt ihren Werksfahrern in ihrem ersten Grand Prix Jahr 1952 gegen die sehr starke internationale Konkurrenz vor allem aus Italien und England sofort wieder, was sie drauf hatten. Trotzdem sie nicht an allen der 8 Runden (mit Ausnahme der Halbliterklasse waren es in den kleineren Kategorien sogar nur 6 – 7) sogleich auf WM-Rang 6 bei den 125-ern und drei Piloten in den Top Ten bis 250 cm³ in der Endabrechnung. Der zweifache Europameister (1938 und 1939 auf DKW in der Viertelliter-Klasse) Ewald Kluge wurde zudem WM-Elfter bis 350 cm³ für DKW. Leider musste dieser nach einem schweren Sturz beim Eifelrennen am 31. Mai 1953 infolge eines Oberschenkelbruchs noch vor dem ersen Grand Prix der Saison seine Karriere beenden. Nachfolgend die zu Jahresbeginn offiziell genannten Werksteams.
Von sechs auf neun – die tödliche erste von neu 9 WM-Runden
Nachdem in den ersten beiden WM-Jahren ab 1949 maximal 6 Runden pro Klasse ausgetragen wurden (bis 125 cm³ waren es allerdings lächerliche drei und bei den 250-ern vier), waren es nach je acht für 1951 und 1952 nun das erste Mal deren neun. Allerdings wurden es am Ende wie im Vorjahr nur acht und dies auch nur bis 350 und 500 cm³. Die Gründe dafür wird man beim neu auf dem Schottenring statt wie im Vorjahr auf der Solitude auszutragenden Grand Prix von Deutschland sehen. Wie in den ersten beiden Jahren der Motorradweltmeisterschaft ging es aber zuerst mal auf der Isle of Man los. Hier war es leider traurige Tradition, dass praktisch in jedem Jahr einer oder gleich mehrere Piloten ihr Risiko mit ihrem Leben bezahlen mussten. Auf der brandgefährlichen Rennstrecke waren in den ersten beiden WM-Jahren je deren zwei, 1951 ganze fünf und ein Jahr danach mit Frank W. Fry „nur“ einer, der hier seinen Tod fand. Tragischerweise wurden es mit 4 weit mehr, als eigentlich zu verantworten war. Trotzdem sollte die für die Vergabe der Weltmeisterschaftsläufe zuständige FIM noch mehr als zwei Jahrzehnte tatenlos zusehen, bevor die Boykott-Drohung mehrerer namhaften Piloten ihnen keine andere Wahl als die Streichung dieser umstrinnenen Veranstaltung aus dem WM-Kalender lassen würde.
Englischer Triumpf bei den 125-ern mit viel zu kurzer Freude
An der TT konnte Les Graham am Donnerstag in der 125-cm³ Klasse endlich seinen ersten Sieg feiern. Nach Cecil Sandford im Vorjahr, war er damit bereits der zweite Engländer, welcher in der sogenannten Ultra-Lightweight Kategorie auf MV Agusta gewann. Die eigentliche Sensation bei diesem Rennen war jedoch mit Werner Haas auf NSU ein Deutscher. Trotz seinem Vorjahressieg beim Heimrennen hatte wohl niemand auf ihn und NSU als Podiumskandidaten getippt. Vor allem hatte sich der Schwabe dabei noch vor Titelfverteidiger und Favorit Sandford auf MV und dessen Teamkollegen Ubbiali (der die Zielflagge am Ende nicht sehen sollte) und Copeta klassiert. Vor allem wurde er trotz mangelnder Streckenkenntnis auf dem über 60 Kilometer langen Snaefell Circuit nur vom Lokalmatador aus England geschlagen. Zudem hatte er dessen neuen Teamkollegen Ubbiali im direkten Kampf besiegt, der an der TT bereits mehrmals auf dem Podium gestanden war.
Die tragische Liste der TT mit davor bereits einem Todesopfer
Es passierte auf dem Hockenheim-Ring (Deutschland) am 10. Mai 1953. Beim 250er-Rennen des Rhein-Pokal-Rennens kam Gotthilf Gehring, der 1952 als erster Deutscher einen Punkt in der Weltmeisterschaft (auf seiner privaten Moto-Guzzi in Bremgarten bei Bern) geholt hatte, bei einem Zusammenprall mit einem Ordnungshüter ums Leben, der auf die Strecke getreten war, um eine verlorene Brille aufzuheben. Auch der junge Polizist wurde dabei getötet. An der TT waren Harry L. Stephen und Thomas W. Swarbrick am 8. Juni 1953 auf dem Snaefell Circuit beim Lauf zur Junior TT bis 350 cm³ die ersten beiden Opfer. Bei Harry war es bei Bishops Court die Kollision mit einer Stange und bei Thomas bei Kirk Michael, nahe dem 13. Meilenstein. Mit Robert Leslie „Les“ Graham erwischte es vier Tage später als Weltmeister von 1949 bis 500 cm³ einen der ganz großen dieser Zeit. Am Freitag, dem 12. Juni 1953, verlor er im 500-cm³-Rennen, an dritter Stelle liegend, im schwierigen Streckenabschnitt Bray Hill kurz nach Start-Ziel bei hoher Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Motorrad, stürzte und starb noch an der Unfallstelle. Geoffrey J. Walker war der vierte, der noch selbentags sein Leben liess. Auch er verunfallte an der Senior TT, in Kerrowmoar. Der tödliche Unfall ereignete sich in der fünften Runde. Geoff stammte aus Tasmanien in Launceston. Am Vortag hatte Geoff zuhause angerufen, um Vorkehrungen für den Kauf einer neuen Norton zu treffen, womit er den Rest der Saison in Europa bestreiten wollte.
Die Lightweight Klasse bis 250 cm³ mit dem ersten Saisonrennen
Im erst zweiten Jahr ihrer Startberechtigung in Weltmeisterschafts-Rennen war die deutsche Delegation auch diesmal verschwindend klein. Trotzdem sollte sie sich aber 1953 in die Geschichtsbücher eintragen. Während die italienischen Werke wie Gilera, Guzzi und MV vor allem aufgrund vieler auf öffentlichen Kursen ausgetragenen Straßenrennen schon seit Jahren auf englische Fahrer als TT Spezialisten setzten, wurde einzig Bill Lomas von den Deutschen verpflichtet. Aber der NSU-Werksfahrer sollte aufgrund einer Handverletzung nach einem Crash bei der Sally Bridge letztlich für die ganze Saison ausfallen. Überhaupt waren die Trainings von zahlreichen Unfällen geprägt. Dreifach-Weltmeister Bruno Ruffo stürzte wegen Nebel, zog sich eine Armverletzung dabei zu und beendete deshalb seine Zweiradkarriere. NSU hatte sogar versucht, Superstar Geoff Duke als Ersatz für Lomas aufzubieten, was jedoch mangels Trainings-Runden wie auch für Len Perry für DKW von den Sportkommissaren untersagt wurde. Mit Anderson (Guzzi) hatten die Italiener jedenfalls früh aufs richtige Pferd gesetzt und der Engländer gewann vor Sensations-Mann Werner Haas auf der NSU (mit 17 Sekunden Rückstand) letztlich deutlich. Trotzdem konnten die deutschen Werke und Fahrer dank Rang 3 von Altmeister Wünsche am Ende mehr als zufrieden sein. Im Gegensatz zu den Italienern zwei Piloten auf dem Podium zu haben, war schlicht hervorragend. Sämtliche anderen klassierten Fahrer stammten bei den 250-ern aus England.
Rhodesischer Doppelsieg in den größeren beiden Klassen
Für die spärlich angereisten Deutschen war Rudi Felgenheier das unglückliche TT-Opfer, als er sich im Training verletzte und danach aus diesem Grund seine Karriere beenden musste. Als Sensationssieger bis 350 cm³ beim Vorjahres Grand Prix von Deutschland ein harter Schlag für ihn und sein Werk DKW. Weil diese kurzfristig keinen Ersatz mehr aufbieten durften, machten die englischen und italienischen Hersteller die Platzierungen in dieser Klasse, genau wie bei den 500-ern deshalb unter sich aus. Weil Rhodesien (bis 1964, heute Simbabwe) damals zu Grossbritannien gehörte, konnten die Briten mit Ray Amm auf Norton einen gleich zweifachen Sieger in den Kategorien bis 350 und 500 cm³ feiern. Allerdings brauchte der schnelle Mann aus Südafrika dabei einiges Glück, weil der nach zwei Runden deutlich in Führung liegende Neuseeländer Coleman seine AJS mit gerissenem Öltank stehen lassen musste. Les Graham als Sieger bei den 125-ern auf MV, musste zudem aufgrund einer rutschenden Kupplung aufgeben. Siegfried Wünsche hatte mit Kolbenbolzenbruch in aussichtsreicher Position ebenfalls Pech und blieb in der zweiten Runde stehen. Bei den 500-ern lag ausserdem anfänglich der von einer Verletzung aus dem Vorjahr genesene WM-Topfavorit Geoff Duke mit über einer halben Minute Vorsprung auf Les Graham und gar 49 Sek. vor Amm in Führung. Wenig später stürzte Les mit über 200 km/h tödlich. Auch Duke rutschte aus, als er bei Quarter Bridge beschleunigte und gab danach mit defektem Tank an seiner MV auf, blieb zum Glück aber unverletzt. Weil auch Kavanagh mit Motorschaden ausfiel und Armstrong mit Vergaserproblemen an der Gilera kämpfte, gewann Ray Amm trotz noch einem Ausrutscher bei Sarahs Cottage mit gebrochener Fussraste vor Jack Brett (Norton).
WM-Runde 2 mit der Dutch TT In Assen
Unweit der deutschen Grenze kam es diesmal zum Exploit des erst 26 Jahre jungen Haas auf seiner NSU. Bezüglich seines Alters gilt es hier noch anzumerken, dass in seiner Zeit sehr viele Piloten bereits deutlich über 40 Jahre alt waren, was auch auf den mit 41 an der Tourist Tropy tödlich verunfallten Les Graham galt. Auf der damals noch 16,49 km langen Dutch TT Strecke gelang es Haas, mit den MV Assen Cecil Sandford und Carlo Ubbiali seine beidenn stärksten Widersacher empfindlich zu schlagen. Bei den 250-ern kam es noch dicker, als NSU mit Haas den Sieg und dem neu verpflichteten Iren Armstrong Rang 3 hinter Guzzi Ass Anderson holt. Dazu mit Altmeister „Sissi“ Wünsche auf P5 und August „Gustl“ Hobl (beide DKW) als sechstem. Innert wenigen Monaten holten die beiden Deutschen Werke damit in der Viertelliter-Klasse vier von damals nur 6 Punktergängen. Haas führte nach nun 2 Runden in der 125-er Weltmeisterschaft und bis 250 cm³ führte er zusammen mit Anderson punktgleich die Rangliste an.
Die Kategorien bis 350 und 500 cm³ an der Dutch TT 1953
Bei den 350-ern gelang Lorenzetti auf der Moto-Guzzi vor Amm und Kavanagh (beide Norton) nach seiner Schlappe in der 250 cm³ Klasse die Rehabilitation. Die restlichen Punkteränge teilten sich die Norton und AJS Piloten untereinander auf, wobei Amm und Kavanagh das Podium komplettierten. Natürgemäss wurde das Rennen bis 500 cm³ mit 16 Runden über die längste Distanz von ganzen 263 km ausgetragen. Die Gileras von Duke, Milani und Colnage starteten aus der ersten Reihe, wobei der Favorit aus England sogleich in Führung ging. Bereits in der ersten Runde war für Alfredo Milani dabei mit einem technischen Problem schon früh zu Ende. Wenig später war das Rennen auch für Anderson und Ernie Ring schon vorbei. Letzterer sollte beim nächsten Grand Prix in Belgien eine tragische Rolle spielen.
Erster Saisonsieg für den Rückkehrer
Auch Lorenzetti musste in der zehnten Runde aufgeben, nachdem der Italiener davor lange auf P7 gelegen hatte. Der lange auf Position 2 gelegene Amm stürzte und BMW Pilot Zeller verlor deutlich an Speed, konnte sich aber immerhin noch auf Rang 7 ins Ziel retten. Dieses hatte Duke vor Armstrong und Kavanagh als erster passiert und nach seinem Ausfall an der TT war es sein erster 500-er Sieg der noch jungen Saison, womit er die Chance auf den Titel wahren konnte. Diesen hatte er vor allem auch aufgrund seiner schweren Sturzverletzungen in Schotten im Vorjahr an Umberto Masetti verloren, welcher nun sein Teamkollege war. Der Engländer hatte Norton nach 1952 klugerweise verlassen, weil er nur mit Gilera an einen weiteren Titel glaubte. Dafür opferte er sogar die Titelverteidigung bei den 350-ern, auch weil das italienische Werk mit ihrer schnellen 4-Zylinder Maschine nur bis 500 cm³ teilnahm. Nach seinen zwei Titeln von 1951 und 52 würde es damit definitiv einen neuen Weltmeister bis 350 cm³ geben.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).
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