Johann Zarco (Pramac Ducati, links) und der spätere Weltmeister Fabio Quartararo (Monster Energy Yamaha) während der Marseillaise, ihrer Nationalhymne nach dem zweiten Rennen der Saison in Losail. Für viele überraschend reiste danach der Mann aus Cannes als WM-Leader nach Portugal weiter. Am Ende der Saison stand jedoch der jüngere der beiden, welcher aus Nizza stammt, ganz oben und feierte seinen ersten Weltmeistertitel in der MotoGP.

Kann der Weltmeister seinen Titel für Yamaha verteidigen?

Vor einem Jahr sprachen die meisten vermeintlichen Experten nach den Losail-Tests von Jack Miller als grossem Favoriten für das Jahr 2021. Wer unsere Vorschau im Winter vor Saisonbeginn jedoch gelesen hatte, war zumindest skeptisch, was dessen Konstanz betraf. Prompt sollte sich in Runde 3 bereits zeigen, dass unsere Einschätzung dazu nicht aus der Luft gegriffen war. Nach zwei enttäuschenden neunten Rängen in Katar war der Australier der erste Pilot, welcher sich bereits kurz nach dem Start im Kiesbett wiederfand. Ganze dreimal sah er später die Zielflagge im Lauf der weiteren Saison nicht und deshalb wurde er trotz zwei Rennsiegen nur WM-Vierter, während sein Ducati Teamkollege Bagnaia bis kurz vor Schluss um den Titel mitkämpfte. Auch dieser stand mehrfach zuoberst auf dem Podium, aber nach einem Sturz beim Heimrennen in Mugello schied er auch beim zweiten Lauf in Misano aus. Titelverteidiger Joan Mir blieb sieglos und schob sich in der Endabrechnung dank seiner Konstanz zwischen die beiden Werks-Ducatis. Aber für kommende Saison stellt sich die Frage aller Fragen: Wer kann Fabio Quartararo im Jahr 2022 schlagen?

Marc Marquez mit seiner Repsol Honda im Kiesbett von Montmeló – bei seinem katalanischen Heim-Grand Prix hatte der Weltmeister von 2019 den bereits dritten Ausfall in Folge zu beklagen. Sofern er wieder ein Wörtchen um den Titel mitreden will, muss er unbedingt konstanter werden und weniger stürzen. Mit drei Saisonsiegen bewies er immerhin, dass er den Speed zum Gewinnen nach wie vor noch hat.

Die gefährlichsten Gegner des Franzosen im Titelkampf

Nebst Marc Marquez gehören natürlich „Pecco“ Bagnaia und Joan Mir zu den vielversprechendsten Anwärtern um die Krone der Königsklasse. Dazu zählen wie letzte Saison die beiden Ducati Asse Jack Miller und Jorge Martin zu den gefährlichsten Herausforderern des Monster Energy Yamaha Piloten. Man sollte aber auch Johann Zarco auf keinen Fall unterschätzen und nebst ihm sollte man auch Frankie Morbidelli nicht ausser Acht lassen. Hinter vielen weiteren anderen stehen jedoch genauso wie bei Marquez und seinem Bruder Alex einige Fragezeichen. Im Gegensatz zu Brad Binder verlangt niemand von dessen jüngeren Bruder nach dem direkten Aufstieg aus der Moto3 Wunderdinge. Dies gilt auch für die weiteren Rookies Remy Gardner, Raul Fernandez (beide Tech 3 KTM), Fabio di Giannantonio (Gresini Racing) und dessen italienischen Landsmann Marco Bezzecchi (VR46 Racing Team). Wen ausser sich selbst kaum jemand für kommende Saison auf der Rechnung hat, ist Andrea Dovizioso. Wie Zarco sollte man jedoch den Mann aus Forlimpopoli nahe Misano nicht zu früh abschreiben. Dies gilt auch für Pol Espargaró, Takaaki Nakagami und Alex Rins. Letzterer gehörte wie „Dovi“ zu den wenigen Piloten, welche Marc Marquez in Topform zu bezwingen vermochten.

Jack Miller ist Australiens Hoffnung im Kampf um die Weltmeisterschaft – aber der Ducati Lenovo Pilot zeigte in der MotoGP bisher zu wenig Konstanz, um ernsthaft ein Wörtchen um den Titel mitreden zu können. Wie Teamkollege „Pecco“ Bagnaia 2021 eindrücklich bewies, fehlt es dafür definitiv nicht am Material. Zwei Stürze in dessen Heimrennen waren der Hauptgrund, dass es für den Italiener am Ende „nur“ zur Vizeweltmeisterschaft reichte.

Schafft KTM den Weg aus der Drittklassigkeit?

Bezüglich ihrer Performance waren vor allem die Orangen in der abgelaufenen Saison die grössten Sorgenkinder der MotoGP. Mit Aleix Espargaró und Maverick Viñales darf man sich im Gegensatz zu den oft etwas zu überheblich auftretenden Österreichern bei Aprilia hingegen für 2022 durchaus zuversichtlich zeigen. Wie falsch die KTM-Verantwortlichen bei ihrer Einschätzung zum eigenen Potenzial oft selbst einschätzen, beweist eine Aussage von Pit Beirer anfangs Januar 2021. „Die Top 3 der Fahrer-WM sind für uns möglich“ titelte deren als neutrale Webseite getarntes Sprachrohr den Motorsportverantwortlichen der Orangen damals. Dasselbe Portal behauptete übrigens noch einen Tag vor offizieller Absage des Sepang Tests durch die Dorna, diese würden dank eines Sonderrechts für den MotoGP Tross wie geplant stattfinden. Sicher ist jedenfalls, dass Ignoranz und Überheblichkeit im Rennsport selten zum Ziel führen. Deshalb dürfte KTM auch im kommenden Rennsportjahr einen steinigen Weg vor sich haben. Der vom Inhaber der österreichischen Marke 2019 noch mehrmals öffentlich denunzierte ehemalige KTM Pilot Johann Zarco war übrigens 22 Punkte vor der besten KTM von Brad Binder klassiert, um dies noch am Rande zu vermerken. Herr Pierer hat sich übrigens bis heute für seine verbalen und sportlichen Entgleisungen von vor 2 Jahren noch nie öffentlich entschuldigt.

Brad Binder (Red Bull KTM) bei einem seiner Stürze seit seinem eindrücklichen Einstieg in die MotoGP – der schnelle Südafrikaner und Sieger des GP von Österreich 2021 ist trotzdem mittlerweile die grösste Hoffnung der Orangen im Kampf um Podestplätze in der Königsklasse. Sein Teamkollege Miguel Oliveira schaffte es trotz eines Sieges in Katalonien hingegen nur knapp in die Top 15 der Endabrechnung, während Binder immerhin WM-Sechster wurde, noch vor Marc Marquez (Repsol Honda).

WM-Endstand der Saison 2021

Der provisorische Kalender für 2022

Nach der Fehlplanung von FIM und Dorna für die zweite Corona Saison im Vorjahr blieben sich die Verantwortlichen erneut treu. Sie planten wiederum munter drauflos, als hätte es nie eine Pandemie gegeben. Nach Katar folgen mit Indonesien, Argentinien und den USA gleich drei Übersee-Veranstaltungen, bis es mit Portimão in Europa losgehen soll. Aktuell ist Portugal trotz einer der höchsten Impfquoten Europas noch als Hochrisikogebiet eingestuft. Singapur lässt grüssen, siehe dazu unseren Rückblick auf die Saison 2021. Als Krönung der Ignoranz empfinden viele Beobachter die Test-Termine am 5. Februar in Sepang (Malaysia) und nur 6 Tage danach auf dem neuen Mandalika Circuit auf der Insel Lombok in Indonesien. Hinter vorgehaltener Hand hörten wir unter anderem dazu auch bereits das Wort Idiotie, was die erneut äusserst riskante Saisonplanung der FIM und Dorna betrifft.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).