Jorge Martin (Pramac Ducati Racing) war die herausragende Figur der zweiten MotoGP Runde in Portugal. Der Spanier machte auf dem Kurs, auf welchem er sich in seinem Rookie Jahr 2020 noch schwer verletzt hatte, keinen Fehler und reiste hochzufrieden in seine benachbarte Heimat zurück. Das zweitletzte März-Wochenende brachte viel Dramatik und verlief für den amtierenden Weltmeister Bagnaia ähnlich wie im Vorjahr beim GP von Frankreich besonders peinlich.

Interessantes MotoGP Wochenende auf dem Autodromo do Algarve

Bereits das Qualifying war eher überraschend verlaufen, als im Q1 sowohl Aleix Espargaro wie auch Lokalmatador Miguel Oliveira (beide Aprilia) und dazu Fabio di Giannantonio (Ducati) hängen blieben. Danach schaffte es Titelverteidiger Francesco Bagnaia nicht in die erste Reihe, während sein Werksteam-Kollege Enea Bastianini sogar die Poleposition vor Maverick Viñales (Aprilia) und Jorge Martin (Ducati) holte. Gresini Ducati Neuzugang Marc Marquez stand nach einem Sturz letztlich nur in Startreihe 3 und neben ihm klassierten sich GasGas KTM Rookie Pedro Acosta und Fabio Quartararo, was nach dem eher bescheidenen Abschneiden von Yamaha beim Saisonauftakt in Losail (Katar) nicht zu erwarten war. Mit Jack Miller auf P5 und Brad Binder zwei Reihen dahinter auf Startposition 10 war auch das KTM Werks-Team in den Top-Ten vertreten. Letzterer ist für seine hervorragenden Starts bei der Konkurrenz äusserst gefürchtet, weshalb bereits die Ausgangslage vor dem Sprint-Race viel Spannung versprach.

MotoGP Start auf dem Autodromo do Algarve nahe der Küstenstadt Portimão aus Zuschauerperspektive von der riesigen Haupttribüne. Links oben im Hintergrund der sogenannte VIP-Tower, um welchen die Kurve fünf führt, in welcher bei der zweiten MotoGP Runde der Saison 2024 am Sonntag ein Vorfall passierte, welcher für viel Aufregung sorgen sollte.

Erstes Podium für Ducati Neuzugang Marc Marquez im Sprint-Race

Den Samstagnachmittag des 23. März 2024 werden sich die Fans der Nummer 93 bestimmt in der Agenda mit leuchtenden Farben eingetragen haben. Für den 6-fachen MotoGP Weltmeister Marc Marquez war es nach seinem riskanten Umstieg vom gloriosen Repsol Honda Werksteam zur eher bescheidenen Gresini Ducati Kundenmannschaft mit Vorjahresmaschinen vermutlich das erlösende Erlebnis der noch jungen Saison und vor allem die Bestätigung für dessen Richtigkeit. Vom achten Startplatz brauchte der Ausnahmekönner nur wenige Kurven, bis er hinter Jack Miller (Red Bull KTM), „Pecco“ Bagnaia (Lenovo Ducati) und Maverick Viñales (Aprilia) bereits in den Fight um das Podium involviert war. Überholt hatte er auf diesem Weg schon Polesitter Bastianini, Jorgen Martin, sowie seinen Bruder Alex (alle Ducati) und Shooting-Star Pedro Acosta (GasGas KTM).

Brad Binder (links) und sein seit 2023 neuer Red Bull KTM Teamkollege Jack Miller. Während der Australier nach seinem Debakel in Losail kurz in Führung lag, um danach bis auf Position 5 zurückzufallen, lief es im Sprintrennen für den Südafrikaner weniger gut. Nach nur 3 Runden war für den zweiten im GP von Katar das Rennen infolge Sturz bereits zu Ende (© Red Bull KTM Racing).

Typische Marquez-Aktion an unerwarteter Stelle

Kurz vor der Mitte des nur 12 Runden dauernden Laufs fiel Marc zwar für einige Runden auf die vierte Position zurück. Als Ducati Markenkollege Bagnaia nach dem letzten Drittel einen folgenschweren Fehler beging, schlug Marquez zu. Nachdem er am amtierenden Weltmeister vorbei war, pirschte sich Marc an Sprintkönig Jorge Martin heran. Danach wählte er ausgerechnet Kurve fünf, in welcher er am Morgen im Qualifying noch gestürzt war, um am Pramac Piloten vorbeizugehen. Es war nur eine winzige Lücke, die sich kurz aufgetan hatte, aber für den 6-fachen Weltmeister reichte der kurze Moment. Ohne mit dem Pramac Ducati Piloten zu kollidieren, schaffte er es auf wundersame Weise innen an diesem vorbei und fuhr hinter Viñales und noch vor Martin sein erstes Podium der Karriere auf der Ducati heraus. Francesco Bagnaia musste sich dahinter mit Rang vier begnügen und verlor wichtige Punkte und dazu das virtuelle Podium im Sprintrennen. Am Tag danach sollte es jedoch für den Italiener noch schlimmer kommen.

MotoGP Start aus tieferer Perspektive mit zuvorderst Enea Bastianini (23, Ducati), Maverick Viñales (Nr. 12, Aprilia) und Jorge Martin (89, Ducati). Die 43 gehört Jack Miller und die 31 Pedro Acosta (beide KTM).

Marquez strafte den KTM Motorsport-Direktor Lügen

Pit Beirer gilt im Paddock nicht unbedingt als begnadeter Stratege oder gar wirklicher Kenner der MotoGP und zu seinem Leidwesen wagte er sich vor Saisonbeginn zu weit aus dem Fenster. Der ehemalige Moto-Crossfahrer mit immerhin einem Vize-Weltmeistertitel 1999 bis 250 cm³ behauptete noch kurz vor der ersten Runde in Katar, Marc Marquez werde noch einige Zeit brauchen, bis er mit den besten Ducati Piloten mithalten könne und sich anfänglich mit der Rolle des Herausforderers begnügen müssen. Doch bereits nach zwei Läufen im Wüstenstaat strafte der Katalane den KTM Motorsport-Direktor Lügen, als er mit seinem zweiten Rang im Tissot Sprint-Race schon im dritten Rennen für Gresini Ducati als bester seiner Marke dastand. Die Schützlinge von Beirer vermochten hingegen nur teilweise zu glänzen, wobei der Australier Miller diesmal das bessere Ende für sich hatte, nachdem er in Katar punktelos geblieben war, was das Red Bull KTM Werksteam betraf. Rookie Pedro Acosta konnte immerhin einen siebten Rang einfahren, während die anderen beiden KTM Hoffnungen im Sprint-Race enttäuschten.

Ausnahmekönner Marc Marquez (93, Gresini Ducati) im Fight mit Brad Binder (33, Red Bull KTM). Zwei der unbestritten spektakulärsten Piloten der Königsklasse, welche dafür bekannt sind, keinen Zentimeter zu verschenken. Für den Spanier ist 2024 die erste Saison seit der Pandemie, in welcher er maschinell wirklich konkurrenzfähig ist. Der Mann mit der Nummer 33 hingegen schied im Sprint wie so oft per Sturz aus.

Das dramatische Rennen am Sonntag über die volle Distanz

Als hätte Alfred Hitchcock Regie geführt, war trotz des Start-Ziel-Sieges von Jorge Martin (Pramac Ducati) hinter dem Spanier jede Menge los. Obwohl schon wenige Runden nach dem Start nur wenige Chancen für seine Gegner auf den Rennsieg bestand, bot zumindest das Geschehen auf den Positionen hinter dem Spanier einiges an Spannung. Marc Marquez war dabei wie tags zuvor einer der Hauptdarsteller. Wie am Samstag im Sprintrennen benötigte er von Startposition acht lediglich eine Runde, bis er erneut in den Podest-Kampf involviert war. Vor ihm lagen damit nur noch Jorge Martin (Pramac Ducati), Aprilia Ass Maverick Viñales und der wiedererstarkte Lenovo Ducati Werkspilot Enea Bastianini, sowie dessen Team-Kamerad Bagnaia. Seine Verfolger zu diesem Zeitpunkt waren Miller, Acosta, Binder, Fabio Quartararo und dessen neuer Yamaha Teamkollege Alex Rins. Dieser war wie Johann Zarco (LCR Honda), Binder und Fabio Di Giannantonio (VR46 Ducati) am Vortag noch gestürzt, blieb diesmal jedoch sitzen.

Die drei Hauptdarsteller der ersten zwei Drittel des Grand Prix von Portugal 2024 mit Jorge Martin (Pramac Ducati), Maverick Viñales (Aprilia) und Enea Bastianini (Lenovo Ducati). Der Mann mit der Nummer 89 war an diesem Tag unantastbar und fuhr fehlerfrei seinem ersten GP Sieg des Jahres entgegen, während sein spanischer Landsmann mit der 12 von einem technischen Problem eingebremst wurde.

Übereifrige Aktion kostet Bagnaia die WM-Führung

Während Marc Marquez zwischenzeitlich vom überzeugenden Rookie Pedro Acosta überholt worden war, ereilte in der einundzwanzigsten von 25 Runden auch Bagnaia dasselbe Schicksal. Den Titelverteidiger schien dies etwas aus dem Takt zu bringen und damit witterte natürlich der Gresini Ducati Neuzugang, dessen Bruder und Teamkollege Alex 8 Umgänge vor Schluss bereits gestürzt war, seine Chance. Erneut war es wieder Kurve 5 beim VIP-Tower, in welcher Marc eine Lücke sah und an „Pecco“ vorbeiging, dabei wenig überraschend etwas weit ging und wieder auf die Ideallinie zurückkehrte. Dabei kam es zu einer folgenschweren Kollision mit Bagnaia, der nicht nachgeben wollte und innen am Katalanen einen Konter versuchte, der jedoch nicht funktionieren konnte. Beide stürzten und wie Marquez sprachen praktisch alle Beobachter danach von einem Fehler des Italieners. Ähnlich wie im Vorjahr in Le Mans, als er mit einem irrwitzigen Manöver sich und Maverick Viñales zu Fall gebracht hatte, fehlte es Francesco Bagnaia aber erneut an Einsicht und er wies jede Schuld von sich und beschuldigte sogar Marc Marquez im Interview. Dieser nahm es erstaunlich gelassen und freute sich trotz Ausfall darüber, dass er immer besser mit der privaten Vorjahres-Ducati zurechtkomme.

Kurve fünf bedeutete das Ende eines Duells zweier neuer Markenkollegen, sowie den Verlust der Führung im Zwischenklassement für den Mann in Rot. Nicht zum ersten Mal weigerte sich dieser danach hartnäckig, den Fehler bei sich zu sehen, obwohl fast alle Kommentatoren und Experten ihm dabei widersprachen.

Die Tops und Flops der ersten zwei Runden in der MotoGP

Nebst dem überragenden Sieger Jorge Martin gehörten vor allem Enea Bastianini mit weniger als einer Sekunde Rückstand auf den Spanier und Rookie Pedro Acosta zu den Gewinnern des Grand Prix von Portugal. Dazu die direkt dahinter klassierten Red Bull KTM Teamkollegen Binder und Miller, sowie Fabio Quartararo auf der nach wie vor unterlegenen Yamaha. Leicht enttäuscht hatten hingegen erneut Marco Bezzecchi (VR46 Ducati), Aleix Espargaró, sowie Lokalmatador Miguel Oliveira (beide Aprilia). Genauso wie von Fabio Di Giannantonio waren sie zwar in die ersten 10 gefahren, aber von ihnen wurde im Vorfeld doch etwas mehr erwartet. Während von den gestürzten Piloten nur Marc Marquez und Maverick Viñales (bei ihm führte ein technisches Problem zu seinem Crash) eine glaubhafte Ausrede hatten, gehörten zu den Flops auf dem Autodromo do Algarve natürlich die gestürzten, allen voran Bagnaia. Während Joan Mir mit Rang 12 das derzeitige Potenzial der Honda vermutlich am besten ausschöpfte, schaffte es nur LCR Privatfahrer Johan Zarco ausser dem Spanier noch in die Punkte. Luca Marini hingegen wurde noch hinter dem nach seinem Sturz weitergefahrenen Marc Marquez auf dessen ehemaliger Repsol Honda nur siebzehnter. Nur Pramac Ducati Neuzugang Franco Morbidelli lag noch weiter zurück und dürfte wohl seinen Platz im nächsten Jahr bereits wieder verlieren.

Fabio Quartararo (Monster Energy Yamaha) fuhr nach P11 im Grand Prix von Katar auf dem Autodromo do Algarve zweimal in die Top-Ten. Der schnelle Franzose und sein frischer Teamkollege Alex Rins hatten am Montag nach dem GP von Portugal Wetterpech, als eigentlich ein Testtag vorgesehen war, der jedoch durch die schlechten Verhältnisse so gut wie verungmöglicht wurde (© Monster Energy Yamaha).

Zwischenstand in der Weltmeisterschaft mit wenigen Überraschungen

Natürlich ist es für Prognosen nach lediglich zwei von derzeit 21 geplanten Runden aktuell noch viel zu früh. Aber definitiv kann man bereits behaupten, dass Pedro Acosta jeden Cent, den er von KTM für den Einsatz bei GasGas KTM verdient, wert ist. Von ihm werden in naher Zukunft wahre Wunderdinge erwartet und vielleicht ist dies für den neuen WM-Leader auch ganz gut so. Jorge Martin war als einziger von allen MotoGP Piloten in sämtlichen 4 Läufen stets unter den ersten drei platziert und dazu gewann er je einen Sprint und einen Grand Prix. Dies alles kann jedoch nicht zu den Überraschungen der noch jungen Saison gezählt werden, da der schnelle Spanier bereits im Vorjahr den Titel erst kurz vor der Ziellinie an Bagnaia verloren hatte. Dass letzterer jedoch im Zwischenklassement schon früh hinter seinen Lenovo Ducati Teamkollegen Bastianini fallen würde, hatte niemand erwartet. Dessen Rückkehr in die absolute Spitze hatte nach seiner katastrophalen ersten Saison im Werksteam der Roten, infolge schwerer Verletzung gleich beim Saisonauftakt, eigentlich niemand erwarten können. Dies die vielleicht einzig wirkliche Überraschung der noch jungen Saison 2024.

Nach erst zwei Runden sieht es trotzdem für die japanischen Teams trotz deren Vergünstigung mit neuem Concession-Reglement vorerst ernüchternd aus. Mit Alex Marquez, Marco Bezzechi als WM-Drittem aus dem Vorjahr und Fabio Di Giannantonio liegen drei Ducati Piloten sogar noch hinter Quartararo auf der Yamaha.

Wie es nach der Absage des Argentinien Grand Prix weitergeht

Aprilia Ass Aleix Espargaro liegt trotz 4 Top-Ten Resultaten in Folge zwar noch nicht abgeschlagen zurück, aber vom dienstältesten Piloten im Paddock wird trotzdem eine Steigerung erwartet, sollte er nicht Gefahr laufen wollen, seinen Platz im Werksteam der italienischen Firma zu verlieren. Ähnlich „Jack Ass“ Miller bei KTM, der seit seinem MotoGP Einstieg immer noch den Beweis für die notwendige Konstanz schuldig ist, welche für den Titelkampf benötigt wird. In Texas wäre eigentlich Alex Rins nebst Marc Marquez und Enea Bastianini einer der Topfavoriten. Aber der immer noch angeschlagene Katalane hat seine Beinverletzung aus dem Vorjahr noch immer nicht auskuriert und auf der für ihn neuen und derzeit immer noch wenig konkurrenzfähigen Werks-Yamaha würde ein Triumph von „La Giraffa“, wie ihn viele Landsleute aufgrund seines speziellen Fahrstils nennen, einer Sensation gleichkommen. Auf der Honda gewann er im Vorjahr, aber dieses Kunststück dürfte schwierig zu wiederholen sein. In Austin geht es nach der frühzeitigen Absage des Argentinien Grand Prix weiter und nebst Bagnaia darf sich auch Miller einen Spitzenplatz für die dritte Runde der diesjährigen Meisterschaft ausrechnen. Als siebenfacher Sieger des GP der USA in Texas, sowie davor auch zweimal in Indianapolis und einmal in Laguna Seca, ist jedoch Marc Marquez der abolute Topfavorit,

Unser kombinierter Kalender von MotoGP und WorldSBK mit einem erneuten Wackelkandidaten in Rot, nachdem der GP von Kasachstan bereits im Vorjahr abgeblasen wurde. Nach der zweiten Runde in Portimão (Portugal) wird es im Sommer und Herbst leider zu weiteren Überschneidungen kommen. Planung war noch nie die Stärke von FIM und Dorna, aber laut Gerüchten werden letztere nächstens vom Rechte-Inhaber der Formel 1 übernommen, womit die Fans auf Besserung hoffen dürfen.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© MotoGP).