Historischer erster Toprak-Sieg für BMW brachte die Erlösung
Während Jonathan Rea einen weiteren bitteren Tag erleben musste, schaffte sein türkischer Widersacher in Katalonien das beinahe Unmögliche. Für den Nord-Iren war das erste Rennen in Barcelona bereits in der ersten Kurve zu Ende, womit der Rekordweltmeister zum vierten Mal in Folge punktelos blieb. Ganz anders Toprak, der anfänglich von der Poleposition aus entschlossen die Führung übernahm. Doch nach wenigen Runden trat ein, was viele neutrale Fans im Vorfeld bereits befürchtet hatten. Zuerst der kurz danach gestürzte Sam Lowes (ELF Marc VDS Racing Team Ducati) und wenig später Niccolo Bulega auf der Aruba.it Ducati zog in der fünften von 20 Runden vermeintlich uneinholbar an Toprak vorbei, um sich von Runde zu Runde immer deutlicher abzusetzen. Auch dessen Markenkollege Andrea „The Maniac“ Iannone vom privaten GoEleven Team überholte den Türken, der sich jedoch vom Italiener vorerst nicht distanzieren liess. Von weit hinten arbeitete sich derweil Bulegas Teamkollege Bautista wie erwartet immer weiter nach vorne, bis er sogar Iannone ein und überholen konnte. Razgatlioglu hingegen hatte sich den Mann mit der Nummer 29 davor bereits wieder geschnappt und kam dem lange Zeit einsam führenden bedrohlich näher.
Bautista nach 6 Siegen in Folge trotz Aufholjagd geschlagen – Bulega zahlt Lehrgeld
Offensichtlich hatte Bulega seinen Reifen ab dem zweiten Renndrittel eindeutig zu viel zugemutet, womit es in der letzten Runde zur Sensation kam und Toprak den Auftaktsieger von Lauf 1 in Australien letztlich noch abfangen konnte. Der historische erste Sieg für BMW auf dies dazu auf dem Circuito de Cataluña war damit Tatsache und brachte die lange erhoffte Erlösung für die bayerische Marke. Seit Michael van der Marks Sprint-Race Sieg in Portugal auf nasser Strecke im Jahr 2021 hatte die deutsche Marke auf diesen Moment warten müssen und dank ihrer Beharrlichkeit und ständigen Weiterentwicklungen, sowie dem Ausnahme-Könner aus Alanya gelang dieses Kunststück ausgerechnet auf dem Kurs, auf welchem es am wenigsten erwartet werden durfte. Ducati bleibt in Montmeló aber weiterhin die Marke, die es zu schlagen gilt und für das zweite Rennen über die volle Distanz dürfte das Ergebnis des Superpole-Rennens vom Sonntagmorgen ausschlaggebend sein. Dank unerwartet schlechter Superpole und einem Penalty aufgrund Schleichfahrt war Bautista nur vom 14. Startplatz ins Rennen gegangen. Im Tissot Sprint-Race wird es Position 11 sein und damit hat er in diesem Lauf immer noch die Chance, auf eine der vorderen zwei Reihen vorzustossen, sollte es der Spanier in die Top-Sechs schaffen.
Erwarteter Rückschlag von Australien Sieger Lowes – Rea am Tiefpunkt
Wir hatten im Vorfeld bereits vor verfrühter Freude auf die WM-Führung von Phillip Island Gesamtsieger Alex Lowes (Kawasaki ZX-10RR) gewarnt. Der schnelle Engländer aus Lincoln machte alles richtig und teilte sein Rennen geschickt ein, womit er im Ziel nebst drei Ducatis nur Ausnahmekönner und Sieger Toprak, sowie Andrea Locatelli direkt vor sich hatte. Dank Platz zwei schob sich Bulega um einen Punkt an ihm vorbei und damit ist Alex nach nur einem Rennen nicht mehr Leader im Zwischenklassement. Für ihn besteht am Sonntag natürlich die Gefahr, dass er weiter an Boden verliert, wobei Toprak und Bautista nach Lauf 1 immerhin noch 17 Punkte hinter Lowes liegen. Die besten Chancen hat das Kawasaki Ass wohl im Tissot Sprint-Race am Sonntagmorgen, um erstens möglichst viele Punkte zu holen und zweitens seine aktuell siebte Startposition noch zu verbessern. Im Vergleich zu seinem langjährigen Teamkollegen kann sich Alex jedoch nicht beschweren. Der bereits vierte Nuller für Yamaha Neuzugang Jonathan Rea ist nur ein weiterer Tiefschlag, nach einem katastrophalen Saisonauftakt und mit 2023 der schlimmsten Saison seit sehr vielen Jahren.
Die Geschichte von Australien scheint sich zu wiederholen
Wie auf dem sehr schnellen Kurs von Phillip Island wirkte auch das Rennen am Samstag in Barcelona wie eine Zweiklassen-Gesellschaft. Wie im Vorfeld erwartet, waren die Ducati-Piloten auf der Panigale V4R der Konkurrenz von Yamaha und Kawasaki mit um 900, respektive 1000 U/Min höherer Maximaldrehzahl auf den Geraden wie in den Jahren davor haushoch überlegen. Lediglich BMW und Honda können in diesen Abschnitten mit lediglich halbem Nachteil (von 600, respektive 500 U/Min tieferer Maximaldrehzahl) halbwegs mithalten. Die Ducati-Konkurrenz fühlt sich damit von FIM und Dorna trotz dem per 2024 eingeführtem Minimalgewicht ein weiteres Mal verschaukelt, da die Ducati Ende 2023 noch um 500 U/Min weniger hoch drehen durfte. Damit deutet vieles darauf hin, dass höchstens einer der Ducati Piloten dem Titelverteidiger aus Spanien seine dritte Weltmeisterschaft in Folge diese Saison streitig machen kann. Einzige Ausnahme dabei womöglich Toprak, sofern es dessen BMW-1000-RR nicht wie im zweiten Lauf von Australien in Zukunft wiederholt an Standfestigkeit mangeln sollte.
Die Gewinner und Verlierer des ersten WorldSBK Laufs von Barcelona
Nebst den drei Männern auf dem Podium war der ehemalige MotoGP Pilot Andrea Iannone der eindeutig Erfolgreichste Pilot im ersten Lauf. „The Maniac“ ist derzeit nicht nur bestplatzierter Privatfahrer, sondern mit dem fünften Zwischenrang und nur einem Punkt Rückstand auf Bautista und Toprak, darf man den Italiener getrost zu den Mitfavoriten auf den Titel zählen. Andrea Locatelli auf der besten Yamaha hatte eigentlich das Podium als Zielsetzung, aber auf Strecken wie Barcelona ist er punkto Beschleunigung und Top-Speed selbst gegenüber den privaten Ducatis deutlich im Nachteil. Insofern muss man ihn als fünften eindeutig zu den Gewinnern zählen. Alex Lowes (Kawasaki) als Sechster und Dominique Aegerter auf der zweitschnellsten Yamaha mit P8 hielten den Schaden in Grenzen und zeigten eine ansprechende Leistung. Danilo Petrucci (Barni Spark Racing Team Ducati) hingegen gehört mit Rang 7 wie Remy Gardner (GYTR GRT Yamaha WorldSBK Team) als nur fünfzehnter und Michal van der Mark mit P9 eindeutig zu den Verlieren vom Samstag. Letzterer lag zeitweise auf Position 4, „Petrux“ kurz nach Rennmitte auf P5 und der Australier tauchte am Ende vom ersten Rennviertel kurz in den ersten sieben auf, bevor auch er deutlich an Boden verlor.
Das erste Europa-Rennen der WorldSSP
Bis zur Rennmitte sah es ganz danach aus, als könnte der Weltmeister von 2017 auf Yamaha um den Sieg mitkämpfen. Aber Lucas Mahias (GMT94 Yamaha) als zusammen mit Raffaele de Rosa (QJMOTOR Factory Racing) erfahrenstem Piloten im Feld war das Glück am 23. März 2024 nicht hold. Der Franzose fiel wie in der WSBK Sam Lowes durch Sturz in Kurve 10 aus und der kleine Italiener blieb wenig später mit einem technischen an seiner chinesischen QJMOTOR SRK 800 RR stehen. Einzig Stefano Manzi (Pata Yamaha Ten Kate Racing) konnte dem führenden Adrian Huertas auf dessen Werks-Ducati halbwegs folgen, während Marcel Schrötter (MV Agusta Reparto Corse) anfänglich wohl zu viel Boden auf die Spitzengruppe verlor, um am Ende noch ernsthaft um den Sieg mitreden zu wollen. Trotzdem darf der Deutsche nach seinem dritten Podestplatz in Folge stolz auf sich sein und im Zwischenklassement fehlen ihm nur 9 Punkte auf Leader Manzi, genauso groß ist sein Vorsprung auf den Sieger im ersten Lauf von Katalonien. Genau wie in der WorldSBK ist die Werks-Ducati auch für den Sonntag favorisiert, aber Huertas muss erst noch seinen Rückstand infolge Ausfall im ersten Rennen der Saison wettmachen, um die Führung in der Weltmeisterschaft übernehmen zu können.
Saisonpremiere für die WorldSSP 300 mit niederländischem Sieger
Für das Freudenberg KTM-PALIGO Racing lagen beim ersten Rennen der Saison Freud und Leid wahrhaft nahe beieinander. Während deren deutscher Nachwuchspilot Philipp Tonn nicht einmal die erste Runde vollendete, stand am Ende mit Jeffrey Buis sein Teamkollege zuoberst auf dem Podium. Allerdings hatte der junge Niederländer die Ziellinie nur als Zweiter hinter Inizio Iglesias Bravo gekreuzt. Aber dem Spanier wurden nach dem Rennen drei Sekunden auf seine Zeit draufgeschlagen, weil er seinen Long Lap Penalty nicht absolviert hatte. Damit wurde der Fusport-RT Motorsport by SKM-Kawasaki Pilot am Ende des Tages lediglich Dreizehnter und erhielt nur 3 statt 25 Punkte. Er war zudem nicht der einzige nach dem Rennen bestrafte Fahrer. Die Italienner Gennai und Bartolini, sowie den Niederländer Buman ereilte dasselbe Los. Wie so oft war die Nachwuchskategorie der Lauf am Samstag mit den meisten Ausfällen, wobei es auch den Superpole schnellsten Julio Garcia Gonzalez auf der chinesischen Kove 321RR erwischte. Nachdem er wegen zuvor gefährlicher Fahrweise von Startplatz vier statt der Poleposition losfahren musste, hatte ihn ein technisches Problem nach nur 5 Minuten ausser Gefecht gesetzt.
Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).
Noch keine Kommentare